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I esten die in der Stadt gekauft werden sollten, aufzu—
aden.
Martin fetzte sich nach beendetem Frühstück auf den
Wagen. Aber Herrmann hatte noch etwas Heimliches mit
dem Wirthe zu sprechen. „Herr Wirth“ sagte er, „ich
hätte noch eine Bitte an Sie. Da mir mein Geld auf der
Reife ein Bischen knapp geworden ist, so möchte ich Sie
ersuchen, mir doch einige Thaler vorzustrecken, bis wir wieder
zurückkommen; dann werden wir Alles pünktlich besorgen.“
— „Mit allem Vergnügen“, erwiederte der Angeredete,
„befehlen Sie nur, wie viel Sie haben wollen.“ — „Na
ich denke, zwei Thaler werden schon ausreichen,“ meinte
Herrmann. Der, Wirth griff in seine Tasche und reichte
ihm 8 Thaler in klingender Muͤnze. Herrmann meinte
zwar, daß das etwas Viel sei, doch schlug er das Aner—
bieten nicht aus, drückte seinem Gastgeber noch einmal die
Hand „bis auf Wiedersehn“ und schwang sich dann auf
den bereitstehenden Wagen. Die Peiische des ungeduldigen
Bauers fuhr zischend durch die Luft, daß sie sich unsanft
auf das Reisegespann niederließ, und fort ging es aus
dem Dorfe.
Nach einer Fahrt von 83 Stunden, welche man mit
Pferdegespann allerdings in der halben Zeit hätte zurück—
legen können, erreichte man das einfache, aber sehr alte
Landstädtchen W. Hier wurde bei dem ersten Gasthause
„zum weißen Lamm? Halt gemacht. Herrmann befahl dem
Bauer, auszuspannen und die Ochsen in den Stall zu
stellen und sie gehörig zu füttern, daß sie ausdauern könnten
für die Rückreise. Der Bauer that, wie ihm befohlen war.
Herrmann und Martin ließen eine extrafeine Flasche Wein
kommen und luden den Bauer ein, mitzutrinken. Als die
Flasche bereits über die Hälfte getrunken war, sagte Herr—
mann dem Bauer, er möge sich ein gutes Mittagessen geben
lassen, sie würden unterdessen auf die Post gehn, um den
Koffer dort abzuholen und hätten auch noch verschiedene
Einkäufe zu machen; es könnte wohl zwei Stunden dauern,
bis sie wieder zurückkämen, er sollte nur tüchtig essen und
trinken, sie würden für Alles einstehn.
Damit empfahlen sie sich und verließen das Wirths—
haus. Aber jetzt ging es durch die Straßen des Städtchens
ohne Aufenthalt weiter. Als sie wieder ins Freie kamen,
sangen sie ein Bergmannslied:
Die Bergleut, das sind brave Leut,
Haben sie kein Geld, haben's andre Leut.
Ja, ja, Glück auf Viktoria!
Schöne Bergleut, die reisen auch gern.
Sie reisen wohl durchs ganze Land,
Und sind in der ganzen Welt bekannt.
Ja, ja. Glück auf Vikttoria!
Und horcht, wie der Wirth von Tiefenbach spricht:
Einen Bergmann, den verlaß' ich nicht;
Hat er auch kein' Rock nicht mehr,
So borg' ich ihm auf seine Ehr.
Ja, ja, Glück auf Viktoria!
Doch bald verstummte der Gesang. „Glück auf!“ hieß
ihr Abschied. Man hat es gehört, aber weiter keine Spur
mehr von ihnen gesehen. —
Dem Bauer im Gasthause mundete es unterdessen
prächtig, er ließ es auch seinen Ochsen an Nichts fehlen.
Stunden auf Stunden vergingen jedoch, ohne daß die
beiden Bergherrn wiederkamen. Es moöchte ungefähr Nach—
mittags zwei Uhr sein, da meinte der Bauer. dem die Sache
etwas bedenklich wurde, er müsse doch wohl sich einmal
aufmachen, nach den Bergherrn zu suchen. Zuerst ging er
auf die Post. Auf seine Frage, ob noch keine Bergherrn
dagewesen wären, die nach einem Reisekoffer gefragt hätten,
erwiederte ihm barsch der Postbeamte, er habe keinen Berg—
herrn gesehen und wisse auch Nichts von einem Koffer.
Murrend ging der Bauer weiter von einem Wirths- und
Geschäftshause zum andern, aber vergeblich, nirgends wollte
man Etwas wissen. Endlich kam auch um 4 Uhr der Post—
wagen an. Unser Bauer war sofort auch hier wieder bei
der Hand, aber all seine Mühe blieb vergeblich. Nun sagte
ihm der auch gefragte Postillon, daß ihm allerdings vor4
Stunden zwei Bergleute auf der Wanderschaft im Marter—
thal begegnet wären, die müßten aber jetzt längst über alle
Berge sein.
Dem Bauer fing bereits Alles an klar zu werden, sein
letztes Hoffen war zu Ende und, einen kräftigen Fluch
zwischen den Zähnen murmelnd, entschloß er sich, nach
seinem Dorfe zurückzufahren. Bei dem Wirthe zum weißen
Lamme war er glücklicher Weise gut bekannt, so daß er ihn
mit einem Thaler 10 Sgr. losließ. Als er Abends in
Tiefenbach wieder angekommen war, saßen dort die neuge—
worbenen jungen Bergleute und thaten sich gütlich auf ihre
erste Schicht. Aber wie erstaunten sie, als nun der Bauer
ohne die beiden Bergherrn zurückkam. Der Bauer erzählte
haarklein, wie es ihm auf der Reise ergangen sei, und
forderte trotzig seinen Lohn vom Wirthe. Ihr habt mich
einmal bestelll, und von Euch will ich bezahlt sein.“
Das war nun ein gewaltiger Vämpfer für die Be—
geisterung von Wirth und Gäste. Kleinlaut erhoben sich
alle von ihren Stühlen. „Glück auf, es kommt Alles vom
Bergmann her!“ rief spottend einer aus der Mitte und die
ganze Gesellschaft stob dann auseinander.
Aber der denkwürdige Bergmannsspruch wird sich so
bald noch nicht vergessen bei den Bürgern Tiefenbachs. Noch
heutzutage müssen die damaligen ,Bergburschen“ ihren
Gruß häufig genug scherzweise wieder hören und es wird
noch manches Jahr verfließen, bis er vergessen ist. —
Das ist die Geschichte vom reisenden Bergmann.
Wenn sie auch wirklich sich so zugetragen hat, so soll sie
doch bei Leibe nicht als ein Beispiel zur Nachahmung hier
erzählt sein, im Gegentheil. Nur die eine gute, Lehre mag
Jeder daraus sich entnehmen, daß man nie Zu leichtgläubig
von losen Burschen sich bethören lassen soll, vielmehr fest-
halten an dem guten alten Sprüchworte:
Trau', schau', wem!
Deuische Spruͤche.
Aller Freund kannst du nicht sein
Präg' dir dieses Sprüchlein ein.
Ein volles Ja, ein offenes Nein,
Das soll dir stets das Liebste sein.
Marktpreise am 11. Januar. 1873.
zu Saarbrücken. zu St. Johann.
* * MN —2 *
— 27 6
— 10 —
— 8 —
Centner Kartoffeln
Pfund Butter
Dutzend Cier
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