Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

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I esten die in der Stadt gekauft werden sollten, aufzu— 
aden. 
Martin fetzte sich nach beendetem Frühstück auf den 
Wagen. Aber Herrmann hatte noch etwas Heimliches mit 
dem Wirthe zu sprechen. „Herr Wirth“ sagte er, „ich 
hätte noch eine Bitte an Sie. Da mir mein Geld auf der 
Reife ein Bischen knapp geworden ist, so möchte ich Sie 
ersuchen, mir doch einige Thaler vorzustrecken, bis wir wieder 
zurückkommen; dann werden wir Alles pünktlich besorgen.“ 
— „Mit allem Vergnügen“, erwiederte der Angeredete, 
„befehlen Sie nur, wie viel Sie haben wollen.“ — „Na 
ich denke, zwei Thaler werden schon ausreichen,“ meinte 
Herrmann. Der, Wirth griff in seine Tasche und reichte 
ihm 8 Thaler in klingender Muͤnze. Herrmann meinte 
zwar, daß das etwas Viel sei, doch schlug er das Aner— 
bieten nicht aus, drückte seinem Gastgeber noch einmal die 
Hand „bis auf Wiedersehn“ und schwang sich dann auf 
den bereitstehenden Wagen. Die Peiische des ungeduldigen 
Bauers fuhr zischend durch die Luft, daß sie sich unsanft 
auf das Reisegespann niederließ, und fort ging es aus 
dem Dorfe. 
Nach einer Fahrt von 83 Stunden, welche man mit 
Pferdegespann allerdings in der halben Zeit hätte zurück— 
legen können, erreichte man das einfache, aber sehr alte 
Landstädtchen W. Hier wurde bei dem ersten Gasthause 
„zum weißen Lamm? Halt gemacht. Herrmann befahl dem 
Bauer, auszuspannen und die Ochsen in den Stall zu 
stellen und sie gehörig zu füttern, daß sie ausdauern könnten 
für die Rückreise. Der Bauer that, wie ihm befohlen war. 
Herrmann und Martin ließen eine extrafeine Flasche Wein 
kommen und luden den Bauer ein, mitzutrinken. Als die 
Flasche bereits über die Hälfte getrunken war, sagte Herr— 
mann dem Bauer, er möge sich ein gutes Mittagessen geben 
lassen, sie würden unterdessen auf die Post gehn, um den 
Koffer dort abzuholen und hätten auch noch verschiedene 
Einkäufe zu machen; es könnte wohl zwei Stunden dauern, 
bis sie wieder zurückkämen, er sollte nur tüchtig essen und 
trinken, sie würden für Alles einstehn. 
Damit empfahlen sie sich und verließen das Wirths— 
haus. Aber jetzt ging es durch die Straßen des Städtchens 
ohne Aufenthalt weiter. Als sie wieder ins Freie kamen, 
sangen sie ein Bergmannslied: 
Die Bergleut, das sind brave Leut, 
Haben sie kein Geld, haben's andre Leut. 
Ja, ja, Glück auf Viktoria! 
Schöne Bergleut, die reisen auch gern. 
Sie reisen wohl durchs ganze Land, 
Und sind in der ganzen Welt bekannt. 
Ja, ja. Glück auf Vikttoria! 
Und horcht, wie der Wirth von Tiefenbach spricht: 
Einen Bergmann, den verlaß' ich nicht; 
Hat er auch kein' Rock nicht mehr, 
So borg' ich ihm auf seine Ehr. 
Ja, ja, Glück auf Viktoria! 
Doch bald verstummte der Gesang. „Glück auf!“ hieß 
ihr Abschied. Man hat es gehört, aber weiter keine Spur 
mehr von ihnen gesehen. — 
Dem Bauer im Gasthause mundete es unterdessen 
prächtig, er ließ es auch seinen Ochsen an Nichts fehlen. 
Stunden auf Stunden vergingen jedoch, ohne daß die 
beiden Bergherrn wiederkamen. Es moöchte ungefähr Nach— 
mittags zwei Uhr sein, da meinte der Bauer. dem die Sache 
etwas bedenklich wurde, er müsse doch wohl sich einmal 
aufmachen, nach den Bergherrn zu suchen. Zuerst ging er 
auf die Post. Auf seine Frage, ob noch keine Bergherrn 
dagewesen wären, die nach einem Reisekoffer gefragt hätten, 
erwiederte ihm barsch der Postbeamte, er habe keinen Berg— 
herrn gesehen und wisse auch Nichts von einem Koffer. 
Murrend ging der Bauer weiter von einem Wirths- und 
Geschäftshause zum andern, aber vergeblich, nirgends wollte 
man Etwas wissen. Endlich kam auch um 4 Uhr der Post— 
wagen an. Unser Bauer war sofort auch hier wieder bei 
der Hand, aber all seine Mühe blieb vergeblich. Nun sagte 
ihm der auch gefragte Postillon, daß ihm allerdings vor4 
Stunden zwei Bergleute auf der Wanderschaft im Marter— 
thal begegnet wären, die müßten aber jetzt längst über alle 
Berge sein. 
Dem Bauer fing bereits Alles an klar zu werden, sein 
letztes Hoffen war zu Ende und, einen kräftigen Fluch 
zwischen den Zähnen murmelnd, entschloß er sich, nach 
seinem Dorfe zurückzufahren. Bei dem Wirthe zum weißen 
Lamme war er glücklicher Weise gut bekannt, so daß er ihn 
mit einem Thaler 10 Sgr. losließ. Als er Abends in 
Tiefenbach wieder angekommen war, saßen dort die neuge— 
worbenen jungen Bergleute und thaten sich gütlich auf ihre 
erste Schicht. Aber wie erstaunten sie, als nun der Bauer 
ohne die beiden Bergherrn zurückkam. Der Bauer erzählte 
haarklein, wie es ihm auf der Reise ergangen sei, und 
forderte trotzig seinen Lohn vom Wirthe. Ihr habt mich 
einmal bestelll, und von Euch will ich bezahlt sein.“ 
Das war nun ein gewaltiger Vämpfer für die Be— 
geisterung von Wirth und Gäste. Kleinlaut erhoben sich 
alle von ihren Stühlen. „Glück auf, es kommt Alles vom 
Bergmann her!“ rief spottend einer aus der Mitte und die 
ganze Gesellschaft stob dann auseinander. 
Aber der denkwürdige Bergmannsspruch wird sich so 
bald noch nicht vergessen bei den Bürgern Tiefenbachs. Noch 
heutzutage müssen die damaligen ,Bergburschen“ ihren 
Gruß häufig genug scherzweise wieder hören und es wird 
noch manches Jahr verfließen, bis er vergessen ist. — 
Das ist die Geschichte vom reisenden Bergmann. 
Wenn sie auch wirklich sich so zugetragen hat, so soll sie 
doch bei Leibe nicht als ein Beispiel zur Nachahmung hier 
erzählt sein, im Gegentheil. Nur die eine gute, Lehre mag 
Jeder daraus sich entnehmen, daß man nie Zu leichtgläubig 
von losen Burschen sich bethören lassen soll, vielmehr fest- 
halten an dem guten alten Sprüchworte: 
Trau', schau', wem! 
Deuische Spruͤche. 
Aller Freund kannst du nicht sein 
Präg' dir dieses Sprüchlein ein. 
Ein volles Ja, ein offenes Nein, 
Das soll dir stets das Liebste sein. 
Marktpreise am 11. Januar. 1873. 
zu Saarbrücken. zu St. Johann. 
* * MN —2 * 
— 27 6 
— 10 — 
— 8 — 
Centner Kartoffeln 
Pfund Butter 
Dutzend Cier 
òIIIITAIXNMAEEECAeEDSTTTAXT In EMC EEE
	        
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