Full text: Der Bergmannsfreund (3.1873)

36 
am Ende der Erfolg im Vergleich zu dem, was er sich vor— 
esetzt? — — 
zef Da fiel sein Blick auf die beiden Knaben, die den an— 
dern nacheilten, und eine tröstliche Stimme sprach ihm zu: 
Hast Du nicht da einen wüsten Acker bearbeitet und suchest 
nun, daß er eine gute Frucht trägt? — — „Ja, der Gott— 
lieb wird brav werden“, sprach der alte Mann unwillkür— 
lich vor sich hin, und es fiel ihm ein, wie des Knaben Vater 
ein verwahrloster Bursche gewesen, die Mutter fast verkom— 
men schien in einer elenden Häuslichkeit voll Schmutz und 
Unfrieden, wie der Mann im Bergwerk zu Schaden kam 
und lange siech lag, wie das Unglück aber zum Glücke 
ward. — — Und des alten Mannes Blick hellte sich auf, 
ja er durfte sich sagen, er hatte treulich geholfen, das Un— 
glück zum Guten zu wenden; sein Weg in diese Hütte des 
Eleuds war ein gesegneter geworden! Er wußte es, und es 
erfüllte ihn mit Dank, daß er hatte helfen dürfen, Seelen 
und Leiber zu retten von dem Untergang. — — „Der 
Gottlieb wird brav werden, Gott steh' ihm bei!“ flüsterte 
der alte Mann wieder vor sich hin, und sein Auge fiel 
auf den zweiten Knaben, den Andreas, „dem hat Gott 
ein größer Pfund anvertraut, er hat ihm manche Gaben 
gegeben, die dem stillen anderen versagt waren, ob er das 
ihm Anvertraute wohl nützen wird?“ — — — 
Der alte Pfarrer stand lange in Sinnen verloren und 
blickte die helle, stille Gasse hinauf, wo die Jugend ver— 
schwunden war und nur ein paar Spatzen um einen Stroh— 
zerrten, dann wandte auch er sich und ging nach 
ause. — 
⸗ Draußen im Walde aber ging es lustig zu, und am 
Fröhlichsten an einem Plätzchen, wo unter jungen Buchen 
weiches Moos sich breitete und die Mädchen Sträuße ban— 
den aus Maiblumen und gelben Primeln; dazu klangen ihre 
Lieder in den Wald hinein wie rufend, und fern und nah 
antworteten ihnen die jungen Gespielen. — 
Andreas hatte sich langen Wegs im Moose gelagert 
und schnitzelte an einem Haselstock, während Gottlieb aus 
einem gefällten Baumstamme saß und sinnend vor sich hin⸗ 
blickte — — — „Nun, Du Duckmäuser, was simulirst Du 
schon wieder?“ rief Andreas ihm zu, indem er sich halb 
aufrichtete, „ich hab' gemeint, Du könntest die Christenlehr 
heut' nicht genug kriegen, und wolltest noch einmal an— 
sangen?“ 
„Ja, wenn ich mir's getraut hätt', ich hätt' wohl mit 
dem Herrn Pfarrer noch einmal darüber reden mögen, von 
dem Pfunde, es geht mir so im Kopfe herum — —“ sagte 
der Angeredete. — — 
„Herrgott!“ rief der Andere, „was bist Du ein Kerl! 
Wie ein Viertel Wurst, kriegt nicht genug am Catechismus! 
Gelt, ihr Mädeln, da sind wir doch andre Leut', ich hab' 
gar nicht zugehört und ich hab' recht gut gesehen, wie das 
Annemarie dem Kathchen sein neues Halstuch und die 
grüne Schürze gezeigt bat! — —“ 
„O Du Wüster!“ rief das Annemarie und warf dem 
Andreas eine handvoll Maiblumenkraut ins Gesicht. — — 
„Ihr hättet besser gethan, zuzuhören,“ sprach Gottlieb 
ernsthaft, ‚„denn es war heut ein wichtig Kapitel, wie man 
sein Leben einrichten soll. — —“ 
„Das weiß ich ohnedem!“ rief Andreas: „Ich weiß, 
was ich zu thun habe. So wie noch zwei Jahre herum 
sind, gehl's Marsch in die Welt, hier bleib' ich keinenfalls. 
Was kann ich werden hier? Ein armer Bergmann, wenn's 
hoch kommt, ein Steiger! Aber ich will mehr und will wei— 
Drucker und Verleger: Gebruder Hofer in Saatt Acken. (Erpedition der Saarbrücker Zeitung.) 
ler. Seht Ihr, da schnitz' ich mir schon meinen Wander— 
stab zurecht,“ und er hob den Haselstock in die Höhe. — 
Die Mädchen lachten. „Ja, Du wirst weit kommen“ 
riefen sie. 
„Meint Ihr? Nun, Ihr sollt's schon sehen und könnt 
dann Augen machen, wenn ich einmal vierspännig gefahren 
komme. Denn das sage ich Euch, ich gebe mich nicht zu— 
frieden mit dem bischen Armuth, was man hier haben kann,. 
ich will ein Herr werden! —“ 
„Und wie willst Du das anfangen?“ fragte Gottlieb 
ruhig. — Der Andere wurde ein wenig kleinlant. 
„Laß mich nur einmal draußen sein!“ rief er. — 
„Willst Du auch fort, Gottlieb?“ fragte Annemarie 
den Gottlieb, aber sie sah ihn dabei nicht an, denn sie 
band eben ihren Strauß zusammen und bog an den duftigen 
Blüthen hin und her. — 
„Nein,“ antwortete Gottlieb, „ich will hier bleiben 
und will suchen, mein Pfund recht zu verwerthen, damit es 
einmal ohne Vorwurf von mir kann genommen werden; 
ich weiß, ich bin nicht über Vieles geseßzt, aber ich will in 
dem Wenigen getreu sein. — —“ 
„Du könntest alle Tage Pfarrer werden!“ rief An— 
dreas spottend. Ich will Viel, Viel!“ — und er reckte sich 
und streckte die Arme empor, als könne er es nur so er— 
zreifen, was er verlange. — „Schöne Kleider, gutes Essen 
und ein Herrenleben, das will ich!“ — 
„Ja, wer nur so zu wollen brauchte!“ — meinte An—⸗ 
nemarie kopfschüttelnd. — 
„Sorge, daß Du dein Pfund nicht verschleuderst!“ sprach 
Bottlieb warnend. — 
„Jetzt aber hab' ich's genug!“ rief Andreas aufstehend. 
„Ich meine gar, Du willst fortsetzen, Christenlehr' zu halten? 
Wenn Du ein Herz hast, gehst Du mit mir, die Kegelbahn 
in Wagner's Garten ist heute frei, da wollen wir es ein— 
nal probiren.“ 
„Nein,“ antwortete Gottlieb, „ich hab' der Frau Schicht— 
meisterin versprochen, noch heute für sie einen Botengang 
zu thun.“ — — — 
„Der geizigen, alten Frau? Die wird Dir ein schön' 
Trinkgeld geben!“ rief das Kathchen herüber. 
„Ich verlange keins. Wie meine Mutter so lange krank 
gelegen, hat sie ihr Wochenlang die Suppe geschickt, und 
meine Schwester hat sie nähen gelehrt aus purer Gutthat.“ 
„Du bringst's in Deinem Leben zu Nichts,“ sagte An— 
dreas wegwerfend, „was kümmert Dich das alte vergangene 
Zeug, das Dir nicht einmal zu gut gekommen ist? Was 
die alte Schichtmeisterin Euch gethan hat, das hat ihr 
nicht weh gethan, aber so sind die reichen Leute, sie wollen 
von Unsereinem noch Dank in Jahr und Tag. Geh' mir 
weg, aus Dir wird im Leben Nichts!“ — — 
(Fortsetzung folgt). 
Deutiche Spruͤche. 
Strauchelt der Gute und fällt der Gerechte, 
Dann jubiliren die höllischen Mächte. (Schiller.) 
Marktpreise am 16. August 1873. 
zu Sanrkhrücken. zu St. Johanu. 
5 N e - 
Centner Kartoffeln 1 15 — 
1Pfund Butter — 14 6 
1 Dutzend Cier — 7 6
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.