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am Ende der Erfolg im Vergleich zu dem, was er sich vor—
esetzt? — —
zef Da fiel sein Blick auf die beiden Knaben, die den an—
dern nacheilten, und eine tröstliche Stimme sprach ihm zu:
Hast Du nicht da einen wüsten Acker bearbeitet und suchest
nun, daß er eine gute Frucht trägt? — — „Ja, der Gott—
lieb wird brav werden“, sprach der alte Mann unwillkür—
lich vor sich hin, und es fiel ihm ein, wie des Knaben Vater
ein verwahrloster Bursche gewesen, die Mutter fast verkom—
men schien in einer elenden Häuslichkeit voll Schmutz und
Unfrieden, wie der Mann im Bergwerk zu Schaden kam
und lange siech lag, wie das Unglück aber zum Glücke
ward. — — Und des alten Mannes Blick hellte sich auf,
ja er durfte sich sagen, er hatte treulich geholfen, das Un—
glück zum Guten zu wenden; sein Weg in diese Hütte des
Eleuds war ein gesegneter geworden! Er wußte es, und es
erfüllte ihn mit Dank, daß er hatte helfen dürfen, Seelen
und Leiber zu retten von dem Untergang. — — „Der
Gottlieb wird brav werden, Gott steh' ihm bei!“ flüsterte
der alte Mann wieder vor sich hin, und sein Auge fiel
auf den zweiten Knaben, den Andreas, „dem hat Gott
ein größer Pfund anvertraut, er hat ihm manche Gaben
gegeben, die dem stillen anderen versagt waren, ob er das
ihm Anvertraute wohl nützen wird?“ — — —
Der alte Pfarrer stand lange in Sinnen verloren und
blickte die helle, stille Gasse hinauf, wo die Jugend ver—
schwunden war und nur ein paar Spatzen um einen Stroh—
zerrten, dann wandte auch er sich und ging nach
ause. —
⸗ Draußen im Walde aber ging es lustig zu, und am
Fröhlichsten an einem Plätzchen, wo unter jungen Buchen
weiches Moos sich breitete und die Mädchen Sträuße ban—
den aus Maiblumen und gelben Primeln; dazu klangen ihre
Lieder in den Wald hinein wie rufend, und fern und nah
antworteten ihnen die jungen Gespielen. —
Andreas hatte sich langen Wegs im Moose gelagert
und schnitzelte an einem Haselstock, während Gottlieb aus
einem gefällten Baumstamme saß und sinnend vor sich hin⸗
blickte — — — „Nun, Du Duckmäuser, was simulirst Du
schon wieder?“ rief Andreas ihm zu, indem er sich halb
aufrichtete, „ich hab' gemeint, Du könntest die Christenlehr
heut' nicht genug kriegen, und wolltest noch einmal an—
sangen?“
„Ja, wenn ich mir's getraut hätt', ich hätt' wohl mit
dem Herrn Pfarrer noch einmal darüber reden mögen, von
dem Pfunde, es geht mir so im Kopfe herum — —“ sagte
der Angeredete. — —
„Herrgott!“ rief der Andere, „was bist Du ein Kerl!
Wie ein Viertel Wurst, kriegt nicht genug am Catechismus!
Gelt, ihr Mädeln, da sind wir doch andre Leut', ich hab'
gar nicht zugehört und ich hab' recht gut gesehen, wie das
Annemarie dem Kathchen sein neues Halstuch und die
grüne Schürze gezeigt bat! — —“
„O Du Wüster!“ rief das Annemarie und warf dem
Andreas eine handvoll Maiblumenkraut ins Gesicht. — —
„Ihr hättet besser gethan, zuzuhören,“ sprach Gottlieb
ernsthaft, ‚„denn es war heut ein wichtig Kapitel, wie man
sein Leben einrichten soll. — —“
„Das weiß ich ohnedem!“ rief Andreas: „Ich weiß,
was ich zu thun habe. So wie noch zwei Jahre herum
sind, gehl's Marsch in die Welt, hier bleib' ich keinenfalls.
Was kann ich werden hier? Ein armer Bergmann, wenn's
hoch kommt, ein Steiger! Aber ich will mehr und will wei—
Drucker und Verleger: Gebruder Hofer in Saatt Acken. (Erpedition der Saarbrücker Zeitung.)
ler. Seht Ihr, da schnitz' ich mir schon meinen Wander—
stab zurecht,“ und er hob den Haselstock in die Höhe. —
Die Mädchen lachten. „Ja, Du wirst weit kommen“
riefen sie.
„Meint Ihr? Nun, Ihr sollt's schon sehen und könnt
dann Augen machen, wenn ich einmal vierspännig gefahren
komme. Denn das sage ich Euch, ich gebe mich nicht zu—
frieden mit dem bischen Armuth, was man hier haben kann,.
ich will ein Herr werden! —“
„Und wie willst Du das anfangen?“ fragte Gottlieb
ruhig. — Der Andere wurde ein wenig kleinlant.
„Laß mich nur einmal draußen sein!“ rief er. —
„Willst Du auch fort, Gottlieb?“ fragte Annemarie
den Gottlieb, aber sie sah ihn dabei nicht an, denn sie
band eben ihren Strauß zusammen und bog an den duftigen
Blüthen hin und her. —
„Nein,“ antwortete Gottlieb, „ich will hier bleiben
und will suchen, mein Pfund recht zu verwerthen, damit es
einmal ohne Vorwurf von mir kann genommen werden;
ich weiß, ich bin nicht über Vieles geseßzt, aber ich will in
dem Wenigen getreu sein. — —“
„Du könntest alle Tage Pfarrer werden!“ rief An—
dreas spottend. Ich will Viel, Viel!“ — und er reckte sich
und streckte die Arme empor, als könne er es nur so er—
zreifen, was er verlange. — „Schöne Kleider, gutes Essen
und ein Herrenleben, das will ich!“ —
„Ja, wer nur so zu wollen brauchte!“ — meinte An—⸗
nemarie kopfschüttelnd. —
„Sorge, daß Du dein Pfund nicht verschleuderst!“ sprach
Bottlieb warnend. —
„Jetzt aber hab' ich's genug!“ rief Andreas aufstehend.
„Ich meine gar, Du willst fortsetzen, Christenlehr' zu halten?
Wenn Du ein Herz hast, gehst Du mit mir, die Kegelbahn
in Wagner's Garten ist heute frei, da wollen wir es ein—
nal probiren.“
„Nein,“ antwortete Gottlieb, „ich hab' der Frau Schicht—
meisterin versprochen, noch heute für sie einen Botengang
zu thun.“ — — —
„Der geizigen, alten Frau? Die wird Dir ein schön'
Trinkgeld geben!“ rief das Kathchen herüber.
„Ich verlange keins. Wie meine Mutter so lange krank
gelegen, hat sie ihr Wochenlang die Suppe geschickt, und
meine Schwester hat sie nähen gelehrt aus purer Gutthat.“
„Du bringst's in Deinem Leben zu Nichts,“ sagte An—
dreas wegwerfend, „was kümmert Dich das alte vergangene
Zeug, das Dir nicht einmal zu gut gekommen ist? Was
die alte Schichtmeisterin Euch gethan hat, das hat ihr
nicht weh gethan, aber so sind die reichen Leute, sie wollen
von Unsereinem noch Dank in Jahr und Tag. Geh' mir
weg, aus Dir wird im Leben Nichts!“ — —
(Fortsetzung folgt).
Deutiche Spruͤche.
Strauchelt der Gute und fällt der Gerechte,
Dann jubiliren die höllischen Mächte. (Schiller.)
Marktpreise am 16. August 1873.
zu Sanrkhrücken. zu St. Johanu.
5 N e -
Centner Kartoffeln 1 15 —
1Pfund Butter — 14 6
1 Dutzend Cier — 7 6