Full text: Nach der Schicht (32)

32. ARGANG - 1936 
3 
SEPTEMBERVWOCHE-NMR. 38 
F 
— 4 
ILLVSTRIERTE EEIISCHRIFILCVUR UNTERHALTUNG UND BELEHRUNG FIRDAS VOLX 
HIRTENGLuuCC 
Unsere Leser werden der 
Auffassung sein daß das neben— 
stehende Bild sehr schön und 
lieblich ist. Wir konnen ihnen 
aber heute nur zu einem Teile 
darin beipflichten. Denn ei— 
gentlich hat uns beim ersten 
Betrachten des „Hirtenglücks“ 
det biedete Darsteller ein klein 
wenig leid getan! 
Wesbalb wohl? Eben da— 
rum. weil der unbarmherzige 
Kameramann. der nach Moti⸗ 
ven auf Jagd zieht, den bie— 
deren Hitten in einem Augen⸗ 
blick angetroffen hat, der zu 
schön und personlich ist, als 
daß et auf seinem Film fest— 
gehalten und jedetmann vor⸗ 
gelegt wird. 
Witr Stadtleute wissen ja 
gar nicht. welch innig-besorgtes 
Verhaltnis zwischen einem ech⸗ 
ten Hitten und seiner Herde be⸗ 
stehen kann und bestehen muß. 
Hitt und Herde teilen Reqen 
und Sonnenschein, teilen Frost 
und kalte und die wohltuende 
Sonne des Sommers. Ein 
echter Hitte ist auch nicht nur be⸗ 
sotgt um aute Weide- und Ru—⸗ 
heplatze, sondetn ist seiner Her— 
de auch ein wobltuender Arzt. 
Aus diesem Grunde bildel 
ich zwischen dem Hitten und 
einer Herde auch unbewußt 
und von selbst ein so inniges 
Verhältnis von Treue und 
Anhanglichkeit heraus. wie es 
- man verzeihe uns diese Be⸗ 
obachtung — zwischen hoheren 
und viel edleten Lebewesen 
auf Erden ostmals nicht der 
—R 
sen wir. Das Tier kann im 
Gegensatz zum Nenschen nicht 
eblen und sundigen. Es spielt 
und streitet auch nicht im 
GBrunde wie der Nen'ich um 
eine ganze Ewigkeit! 
Abet das Tiet. das dem 
Menschen in seinem Dasein auf 
dieset Erde beigegeben und 
untetgeordnet wurde. damit es 
him diene und so zu dessen 
überweltlichem Zwedke mithelfe, 
rägt oft in sich einen wohl⸗ 
tuenden Reichtum von Treue 
und Bereitschafi. die der Schop⸗ 
fer in es hinemgelegt. daß wir 
uübettascht und vielleicht auch 
manchmal beschamt sind. Auf 
unsetem Bilde sehen wir. wie 
der Lenket aller Dinge auch 
abseits sedet Kultur und Tech⸗ 
nik noch Aittel und Wege ge⸗ 
funden bat. das Dasein eines 
kinsamen Hirten schon und vol⸗ 
let Inbalt zu machen, ihn Gute 
und Anhanalichkeit verspüten 
zu lassen, dak et trotz Wind und 
Wetter über alle Sorgen noch 
lächeln kann. Wierner Geißer 
. D *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.