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Die wahre Frömmigkeit.
In dem bayerischen Wallfahrtsort Altötting
stteht ein Kapuzinerkloster, in dem 41 Jahre
hindurch ein gar merkwürdiger Klosterbruder
den mühsamen Dienst des Pförtners versauh.
Bruder Konrad (geb. am 22. Dezember 1818,
p am 21. April 1894) kann als ein leuchten⸗
des Vorbild in der treuen Erfüllung des großen
Gebotes angesehen werden, das alle übrigen in
sich schließt: „Liebe Gott über alles und Deinen
Rächsten wie Dich selbst.“
Er war ein großer Freund des Gebetes. Die
Majestät des Allerhöchsten anzubeten, zu loben,
zu danken, Fürbitten einzulegen, der armen
Seelen sich anzunehmen, das alles war seine
Lieblingsbeschäftigung. Er war sozusagen ganz
in Gott versenkt. Doch versäumte er dabei
keineswegs die Pflichten seines Pförtneramtes,
die bei dem großen Andrang der Wallfahrer,
Bettler, Hilfesuchenden aller Art sehr umfang—
reich waren. Mit nie versiegender Geduld und
Freundlichkeit begab er sich beim Glockenzeichen
an die Tür und bewahrte selbst dann die Ruhe,
wenn zuweilen ein recht zudringlicher Bettler
seine Geduld auf eine harte Probe stellte.
Einmal warf ihm gar ein Stromer die Suppe
dor die Füße, daß die Schüssel in Scherben
ging. Der fromme Bruder las die Trümmer
auf und sagte: „Die magst Du nicht, gut, ich
hole eine andere“. Solche Sanftmut lernte er
in der Schule des Gekreuzigten. „Das Kreuz
ist mein Buch“, so schrieb er in einem Brief.
Da las der stille schweigsame Mann alle Tage
von der Liebe, Geduld und Menschenfreundlich—
keit unseres Herrn. Und so gelangte er selbst
zur wahren Frömmigkeit. (Siehe das schöne
Büchlein: „Bruder Konrad“ von P. JVos. Anton
O. Min. Cap. erschienen bei Kösel in München,
Preis 2 Mark.) Ein billiges sehr wertvolles
Buch. Jeder Buchhändler kann es dir ver—
chaffen.
Demgegenüber gibt es auch manche Leute, die
eine falsche Frömmigkeit an den Tag legen.
Sie bilden sich etwas ein auf ihre langen Ge—
hbete, gehen vielleicht auch oft zur heiligen Kom—
munion, aber wenn es sich darum handelt, im
Dienst der Nächstenliebe Opfer zu bringen, dann
versagen sie und wissen sich vorbeizudrücken.
Gern drücken sie ihr großes Bedauern aus
mit der Not des Rächsten und damit beruhigen
sie ihr Gewissen. „Ihr gläwt net, Herr
Pastur, wat ech en Dauer hann met dem
Fend,“ sagte einmal ein Mann zu mir, an den
ich das Ansinnen gestellt hatte, ein kleines
Tind ins Haus zu nehmen. Er war der
aächste Verwandte im Ort, die Mutter des
armen Würmleins war kurz zuvor gestorben
und der Vater ein Mann, der sich selber kaum
borstehen könnte. „Ech kann et awer net en
mei Haus hollen.“ Es fehlte nur am Opfer⸗
sinn. Mit der „Dauer“, dem Bedauern war
es nicht weit her. Ein vielgeplagter Familien—
zater, der selber zwölf Kinder hatte, nahm noch
ein dreizehntes auf, das beide Eltern verloren
jatte. Und es ging auch. „Wo ein Wille ist,
findet sich auch ein Weg“, sagt das Sprichwort
und Gottes Segen ergießt sich reichlich über die.
welche recht guttätig sind.
Zur rechten Frömmigkeit gehört wesentlich,
daß der Mensch sich seinem Herrn und Schöpfer
unterwerfe. Ich kannte eine ganz einfache Frau—
„Nach der Schicht
zie das ganz trefflich verstand. „Wie es Gottes
Bille ist“, das hatte sie beständig in ihren
zedanken. Als ihr Mann schwer erkrankte,
etete sie nicht um seine Wiedergenesung so lieb
ie ihn hatte, sondern „wie es Gottes Wille ist,
o soll es geschehen“. Er wurde wieder gesund,
je starb nach wenigen Jahren plötzlich dahin.
lls der Mann sich betrübte, daß sie nicht ver—
ehen worden sei, konnte ich ihn leicht trösten.
Ber so denkt und handelt, der ist immer bereit,
en großen Schritt ins andere Leben zu tun.
dem ist es Ernst mit seinem Christentum.
hne Kämpfe und Schwierigkeiten geht das
ber nicht ab. Denn: „meine Wege sind nicht
ure Wege“, spricht der Herr, „und meine Ge—
anken sind nicht eure Gedanken“. Und so
cifft manchmal eine Fügung ein, die eine
ramilie im ersten Augenblick ganz niederschmet—
ert, irgend ein unverhoffter Sterbefall, Ver—
nögensverlust, Krankheit, oder gar, was fast
— —2*
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ssol' aus!
Josef ßamp.
s trieb mich einst des Wissens starker drang
tur 5chmiede, wo die feueressen glühten;
im Amboß stand der wackre 5hhmied und schwang
jen hammer, daß die roten funken sprühten.
zr hämmerte mit stillem fleiß und gab
dach Meisterart und kunstgerechten stormen
Jem rohen, glühendweißen kisenstab
jestalt und rechte, wohldurchdachte formen.
uind Wahrheit ist es, was ich da ersann:
Aie Welt ist eine große feuerkammet,
jer 5chmied bin ich, bift du, ist jedermann,
lind unser Wille ist der kisenhammer.
dir alle sind mit zühem fleiff bemüht,
as Leben in die rechte form ju bringen;
jur nicht gesäumt, solung das kisen glüht,
onnst du es zwingen.
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as Aergste ist, der gute Name wird einem
urch Verleumdung geraubt.
In solchen und ähnlichen Fällen gibt es
einen andern Ausweg, als den, der uns im
zuch Job so meisterhaft geschildert ist. Job
zar in die äußerste Bedrängnis geraten. Doch
r hielt treu an Gott fest: „Der Herr hat es
egeben, der Herr hat es genommen. Wie es
em Herrn gefallen hat, so ist es geschehen.
der Name des Herrn sei gebenedeit.“ „Ich
veiß daß mein Erlöser lebt.“ — Wunderbar
»nar es zur Zeit des Weltkrieges zu sehen,
zie Tausende und Abertausende als wahrhaft
hristliche Helden in den Tod gingen, oder als
zerwundete litten, das Los der Gefangenschaft
rugen, den Tod teuerer Angehörigen hin—
ahmen. Damals zeiate sich viel echtes
christentum.
Und jetzt? Man möchte manchmal recht
raurig werden beim Anblick der gegenwärtigen
zustände. „Verführen und Verführt werden
t die Welt heutzutage“. So schrieb der Römer
zeneka zur Zeit Neros. Das qilt auch heute
Heft 38 1928
vieder. Doch „Die Wahrheit des Herrn bleibt
n Ewigkeit“. Glückselig wer sich an sie hält
ind nach echter Frömmigkeit strebt: „Du sollst
Hott über alles und den Nächsten wie dich
elbst lieben“.
J — A
serlossen
Roman von Ga. Mocner.
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38) Nachdruck verboten. Fortseßung
Fr las den Brief, den er in größter Er—
regung geschrieben, nicht wieder durch
M— er wolite nicht wissen, was er
A geschrieben —, sondern siegelte ihn und
adressierte ihn an Lindsays Klub. Er
vußte, daß er so früher oder später in seine
dände kommen mußte.
In London erregte die Krankheit Lord
Temples allgemeine Teilnahme: nur Mrs.
dernot nahm die Nachricht kühl auf. Sie
vußte, daß ihre Erzählung die Ursache der
drankheit war, und tat es ihr auch nicht leid,
aß sie einen so tiefen Eindruck gemacht hatte,
o war sie darüber doch auch nicht erfreut;
Denn das hatte sie nicht beabsichtigt. Es war
nicht unmöglich, daß Alice, obwohl sie im Aus⸗
and sich aufhielt, von dem Zustand ihres
Hatten hörte und auf jede Gefahr hin zu ihm
urückkehrte.
„Ich werde mich sicherer vor ihr fühlen, wenn
ch Lady Harding bin,“ sagte sie in ihren Be—
rachtungen; „es liegt eine große Sicherheit
n einer hohen Stellung.“
Baronet Harding hatte nach seiner Erhebung
n den Adelsstand nichts Eiligeres zu tun,
ils sich ein stattliches Haus in dem vornehmsten
Ztadtteil zu mieten und es entsprechend aus—
tatten zu lassen; nur fehlte, es ihm an Geld,
im sich auch noch mit einem betreßten Diener
uimgeben und eine eigene Equipage halten zu
zönnen. Er spekulierte daher auf eine reiche
deirat, zu der ihm sein Titel verhelfen sollte.
Mrs. Kernot war er müde. Er konnte jetzt
eine ganz andere Partie machen. Freilich wuͤßte
er, daß Mrs. Kernot sich nicht so leicht ab—
veisen ließ, aber es mußte geschehen, wenn es
iuch nicht ohne heftige Szenen abging.
Mes. Kernot begab sich sogleich nach ihrer
Unkunft in London zu ihm. Es war noch
rüh und sie fand ihn gerade beim ersten
Frühstück.
Die Türe seines Zimmers war angelehnt, so
rat sie ungehört ein und näherte sich ihm leise;
ann blieb sie hinter ihm stehen und beobachtete
hn längere Zeit, bis er sie endlich bei einer
ufälligen Wendung des Kopfes gewahrte.
„Ah. Laura!“ rief er in freudiger Ueber—
aschung. „Ich dachte. du wärest in
incolnshire!“
„„Ich war dort, bin es aber jetzt nicht mehr,
vie du siehst, mein lieber Reginald,“ antwortete
Mrs. Kernot mit ihrem süßesten Lächeln.
„Was führte dich hierher?“
„Die Sorge um dich. Ich wußte, daß du
n deiner neuen Stellung nicht länger bohne mich