heft 14/1928
und seine Augen starrten wild und entsetzt auf
den Sohn nieder.
„Du magst nur ruhig sitzen bleiben, Vater,.“
jagte Thomas scheinbar ruhig, aber hastiger
blies er den Rauch der Zigarre
von sich. „Sie ist mir aus dem
Wege, und auch aus dem dei—
nigen.“
Parsey atmete erleichtert auf
und sank auf den Stuhl zurück.
„Ist sie tot?“ fragte er.
„O nein, nur verheiratet!“
„Verheiratet?“
„Ja, verheiatet!“ bekräftigte
Thomas mit Bitterkeit, die er
nicht mehr zu unterdrücken ver—
mochte. „Wir machten ein klei—
nes Versehen, Vater. Sie war
kein gewöhnliches Dorfkind,
vie wir glaubten, sondern eine
Lady — die Tochter eines
Hentlemans und der Günstling
eines Barons. Sie war eine
Lady und ist es jetzt noch mehr
als je — Lady Alice Temple!“
Er warf den Rest seiner Zi—
garre ins Feuer, zündete sich
eine neue an, schenkte dann die
ieeren Gläser voll und trank
das seinige wieder aus, worauf
er einen Stuhl an den Kamin
rückte und sich dort niedersetzte,
gedankenvoll in das Jeuer
tarrend.
„Thomas,“ brach endlich
Parsey das längere Schweigen,
„das ist eine fatale Geschichte;
sie wird vernichtend auf dein
ganzes Leben einwirken.“
„Das sehe ich nicht ein,“
hersetzte Thomas mit der
früheren Ruhe. „Die bloße
Tatsache, mit xinem Mädchen
getraut zu sein, das, nachdem
es sich verlassen sah und guten
Grund hatte zu der Annahme
ich sei tot, einen andern Mann
heiratete, übt vielleicht beine zu
große Wirkung auf meinen
Geist oder meine Konstitution
aus.“
Hätte Parsey seinen Sohn
aufmerksamer beobachtet, oder
wäre er ein besserer Menschen—
kenner gewesen, so hätte er
bemerkt, daß diese Tatsache,
oder vielmehr der Verlust seiner
Frau, bezeits einen tiefen Ein—
druck auf seinen Geist gemacht
hatte.
„Aber du kannst nicht hei—
raten,“ sagte er.
„Ich weiß es nicht,“ entgeg—
nete Thomas. „Das ist ein
Fall, wie er wohl noch keinem
Herichtshof zur Entscheidung
dorgelegen ist: Es fand eine
geheime Trauung statt. Das
Mädchen sah die Anzeige des erfolgten Todes
in der „Times“, und da sich ihr die Gelegenheit
bot, entschädigte sie sich für ihren Kummer durch
die Verheiratung mit einem andern. Sie ist
„Nach der —A
»eswegen nicht anzuklaçen, besonders da der
held ihrer Jugend so freundlich gewesen war,
hr den Rat zu erteilen, ihre Jugendtorheit
zu vergessen und zu tan,. als ob sie nicht be—
Die Glocken
läuten das Olstern ein.
Die Glocken läuten das Oltern ein
in allen Enden und Canden.
Und fromme herzen jubeln darein;
Der Cenz ilt wieder erstanden.
Es atmet der Dald. die Erde treiht
Und klesdet lich lachend mu Moole.
Und aus den schoͤnen fugen reibt
Den Schlat sich erwachend die Role
Das schaffende licht. es flammt und kreisi
Und sprengt die kesselnde Hülle.
Und über den Wallern schwebt der Geist
Unendlicher liebesfülle
fldolt Bot
angen wäre. Wir können sie nicht der Bigamie
eschuldigen, denn sie hat ohne strafbare Ab—
icht gehandelt; wir können auch keine Schei—
uung beantragen, weil der Rechtsgrund., daß
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sie im guten Glauben und ohne strafbare Ab⸗
sicht gehandelt hat, auch in dieser Sache sich
anwenden läßt.“
Aber auch auf dich!“
„Nein! So sonderbar es
auch scheinen mag, habe ich tat—
sächlich doch noch eine Jrau,
bis Lord Sylvan Temple auf
eine Scheidung zwischen mir
und Auce dringt, was er aber
nicht tun wird. Eine ver—
wickelte Geschichle, nicht wahr?
Wenn er aber seine Heirat für
ungültig erklärte, würde sie
unbestreitbar mir zufallen —
eine Wendung, die dir jeden—
falls nicht erwünscht wäre!“
„Welch ein Hindernis für
deine Zukunft!“ rief der ältere
Parsey. „Wie törich bist du
doch gewesen.“
„Die meisten Menschen sind
in diesem Alter töricht und
ich bin nur einer von den
dielen!“ rief Thomas bitter.
‚Aber ich muß mich über deine
Langmut und Geduld wun—⸗
dern, mein Vater,“ fügte er
mit dem Humor der Ver—
zweissung hinzu. „Ich gestehe,
daß ich auf deinen väterlichen
Fluch gefaßt war und mich
vorbereitet hatte, von dir die
Worte zu hören: Geh', du un—
geratener Sohn, und komme
nicht wieder über die Schwelle
meines Hauses! Ich habe hin—
fort keinen Sohn mehr!“
„Hast du mir nicht durch
deinen Leichtsinn Kummer ge—
nug gemacht.“ rief vocwurfs⸗
voll Mr. Parsey, „daß du nun
mein Herz durch solche über—
mütige und unbedachtsame
Worte noch mehr verwundest!“
Thomas wurde plötlich ernst
und seine Stimme kiang tief
»ewegt, als er sagte:
„Verzeihe mir, Vater, wenn
ich mich in meinem Schmerz,
in meiner Verzweiflung zu
Aeußerungen hinreißen ließ die
mir nicht ziemen; du ahnst
nicht, wie schwer, wie bitter
ich den Verlust meines Wei—⸗
bes empfinde! Ich liebe sie
noch — treuer und inniger als
zuvor, nachdem ich erkannt
hjabe, was ich an ihr verloren!
Du wirst meine Gereiztheit
gegen dich begreifen und ver—
zeihlich finden, wenn ich dir
age, daß es dein unseliger
Stolz war, der mich bewog,
die Wahrheit anfangs ver—
borgen zu halten und dann
wie ein Elender zu handeln!“
Jetzt erst erkannte Parsey den inneren Zu—
tand seines Sohnes; er sah seinen tiefen Schmerz
und mußte sich jetzt gestehen, daß auch er sich
nicht ganz von Vorwürfen freisprechen durfte