Full text: Nach der Schicht (24)

Heft 8/1928 
en wollen, um das Militär aus Paris fort⸗ 
zubringen, um ihre Macht zu stärken und dann 
zum letzten Schlag gegen das Königtum aus— 
zuholen. Die neuesten Nachrichten unseres Ge— 
andten am Hofe zu Paris lassen dies deutlich 
erkennen.“ 
„Was raten Sie mir, Fürst, zu tun?“ fragte 
der Kaiser überaus ernst. 
„Wir müssen der drohenden Gefahr, daß 
Frankreich uns den Krieg erklärt, begegnen 
durch schnelle Rüstungen.“ 
„Wieviel Truppen stehen in den Nieder⸗ 
anden?“ 
Fünfzigtausend.“ 
„Und im Breisgau?“ 
„Sechzigtausend. Und dreißigtausend sind aus 
Böhmen abgerückt und stehen unter Marschall 
Bender an der französischen Grenze.“ 
„Fürst,“ sagte der Kaiser nach einer Weile, 
‚es ist mein innigster Wunsch, daß es nicht 
zum Kriege kommt. Berichten Sie nach Paris, 
daß ich von der friedlichen Gesinnung des 
önigs überzeugt bin. Berichten Sie an den 
ranzösischen Minister für auswärtige Ange— 
egenheiten, Herrn Dellessart, daß ich von den 
riedlichsten Absichten beseelt bin. Ich mache 
aber die französische Nation verantwortlich für 
»as Leben meiner Schwester und meines 
Schwagers. Berichten Sie an ihn weiter, daß, 
da bei der Zuchtlosigkeit der französischen 
Munizipalitäten Uebergriffe und Gewaltsam— 
zeiten an den Grenzen der rheinischen FJürsten 
zu befürchten seien, der Marschall Bender in 
Zuxemburg den Befehl erhalten habe, diese 
Fürsten in einem solchen Jalle auf das wirk— 
amste zu unterstützen. Aber ich wünsche und 
joffe, dieser Fall werde nicht eintreten.“ 
„Ich werde alles veranlassen, Maiestät.“ er— 
viderte Kaunitz. 
JFJürst Kaunitz verließ das Arbeitskabinett 
es Kaisers. 
Der Kaiser blickte nach der Uhr. 
Es war acht Uhr abends. 
Er klingelte. 
Ein Diener erschien. 
„Ich lasse meinen Sohn, den Herrn Palatin 
»on Ungarn, zu mir bitten,“ gab er Auftrag. 
Der Diener entfernte sich, um bald mit der 
Mitteilung zu kommen, daß Prinz Alexander 
in seinen Gemächern nicht anwesend sei. Er 
habe sich vor ungeführ zwei Stunden aus der 
Burg entfernt und sei bis zur Stunde noch 
nicht zurückgekommen. 
Der Kaiser nahm diese Mitteilung mit einem 
eichten Kopfnicken und äußerlich gleichgültig 
entgegen. In seinem Innern aber legte er 
sich die Frage vor, wohin sein Sohn sich 
begeben haben könnte. Es war ihm durchaus 
nicht entgangen, daß Prinz Alexander sich in 
der letzten Zeit jeden Abend und immer zur 
elben Zeit aus der Burg entfernte und auch 
mmer zur selben Zeit zurückkehrte. Er hatte 
diesem Umstand bisher keine sonderliche Be— 
deutung beigemessen, heute aber wurde er 
darüber nachdenklich und er fragte sich, welchen 
Zwecken dieses Sichentfernen ohne Begleitung 
dienen sollte. 
Der Kaiser arbeitete weiter. Mehr als eine 
Stunde war vergangen, als er abermals dem 
Lakai klingelte und ihn fragte, ob Prinz 
Alexander bereits heimgekommen sei. 
„Nein. Maiestät.“ lautete die Antwort. 
„Nach der Schicht“ 
Da wurde der König unruhig. 
Er erhob sich, schritt selbst nach den Ge— 
nächern des Prinzen, und als er sich von der 
Abwesenheit seines Sohnes selbst überzeugt 
yatte, ging er zu seiner Gemahlin, der Kaiserin, 
im sie von diesem unerhörten Vorfall zu ver—⸗ 
tändigen. 
„Wo soll sich Alexander aufhalten?“ fragte 
ie ihren Gemahl. 
Ich habe keine Ahnung.“ 
‚Vielleicht ist er bei Franz in Schönbrunn.“ 
So spät noch?“ 
Oder in der Favorita.“ 
Was soll er dort machen?“ 
Frregt ging der Kaiser auf und ab. 
Die Zeit rückte unaufhaltsam vor. 
Es ging bereits auf zehn Uhr. 
Prinz Alexander war noch immer nicht heim— 
ekommen. 
DP S 66 —— 
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„Ich klopfe an. 
ich klopfe an. Da draußen ist's so kalt 
in dieser Winterszeit. 
ßom Eise starrt der finst're Tannenwald; 
Re Welt ist eingeschneit. 
luch Menschenherzen sind gefroren; 
ich stehe vor verschloss'snen Toren, 
Bo ist ein Herz, den Heiland zu empfahn? 
Ich klopfe an. 
zch klopfe an. Der Abend ist so traut, 
5o stille nah' und fern; 
Hie Erde schläft, vom klaren Himmel schaut 
Nr Abendstern. 
In sol hen heil'gen Dämmerstunden 
hat manches Herz mich schon gefunden. 
denk', was Nikodemus nicht getan! 
Ich klopfe an. 
ich klopfe an. Jetzt bin ich noch dein Gaft 
Ind steh' vor deiner Tür. 
Finst, Seele, wenn du hier kein Haus mehr hast. 
Ddann klopfest du bei mir. 
Wer hier getan nach meinem Worte, 
Hem öffn' ich dort die Friedenspforte; 
Wer mich verstieß, dem wird nicht aufgetan. 
Ich klopfe an G) Gerock. 
9 
E[1M 
„Es wird doch dem Alex nichts zugestoßen 
ein?“ stieß die Kaiserin, deren Unruhe auf 
as höchste gestiegen war, hervor. „Geh, Leo⸗ 
»old, schick' nach Schönbrunn zum Franz, ob 
er Alex nicht doch dort ist.“ 
Der Kaiser entfernte sich und gab den Auf— 
rag, nach Schönbrunn zu seinem Sohne, dem 
ẽrzherzog FJranz, zu fahren. 
Einige Augenblicke später jagte ein Gefährt 
zurch das Burgtor nach Schönbrunn. 
Ein zweites Gefährt sauste zur selben Zeit 
zur kaiserlichen JFavorita in der Wiedener 
Gorstadt. (Fortsetzung folgt.) 
7 
Das heilige Meßopfer. 
Skizze von Eugen Buchholz. 
Fortseßung. 
] 
9 
F verlassen wir jetzt die Ausführungen 
des gelehrten und scharfsinnigen 
Hallenser Professors und wenden wir 
v uns dem einfachen katholischen 
e) Katechis mus zu, jenem unentbehr⸗ 
ichen goldenen Büchlein, das über das „Woher“ 
ind „Wohin“ des Menschen. über den Glau— 
Seite 123 
hen, die Gebote Gottes und die Gnadenmittel, 
also die gesamte göttliche Offenbarung, wie sie 
n der heiligen Schrift und der mündlichen 
leberlieferung (Matih. 28, 20; Joh. 21, 25; 
2. Thess. 2, 15; Tim. 6, 20) niedergelegt ist, 
edermann, ob hoch oder gering, alt oder jung, 
n schlichter Form Auskunft gibt. 
Auf die Frage, welches das Opfer des Neuen 
Bundes sei, antwortet der Katechismus also: 
„Das Opfer des Neuen Bundes ist Jesus 
Shristus, der Sohn Gottes selbst, der durch 
einen Tod am Kreuze sich seinem himmlischen 
Bater für uns aufgeopfert hat.“ 
In den ferneren Fragen und Antworten wird 
dann des weitern ausgeführt, daß mit dem 
Tode Christi nicht jedes Opfer aufhören, son— 
dern das Opfer, welches Christus einmal dar— 
gebracht hat, sollte an allen Orten und zu 
illen Zeiten vergegenwärtigt, erneu— 
»rt werden. Dies immerwährende Opfer des 
Neuen Bundes ist das heilige Meßopfer, 
das vollkommenste Lob-, Dank⸗-, Bitt— 
ind Sühneopfer, das schon im Alten 
Bunde ducch Vorbilder wie das Opfer Mel— 
hisedechs und die Speiseopfer sowie Weis— 
agungen (Ps. 109,4; Malach. 1. 10. 11) vor⸗ 
ser verkündet wurde. 
Eingesetzt hat Christus der Herr das 
eilige Meßopfer beim letzten Abend— 
nahl, als er zu den Aposteln die Worte 
prach: „Tuet dies zu meinem Andenken!“ 
Dann belehrt uns der Katechismus weiter 
iüber das Wesen des hl. Meßopfers, den 
Unterschied zwischen diesem und dem Opfer 
Christi am Kreuze, indem er sagt: 
„Das heilige Meßopfer ist das immer— 
währende Opfer des Neuen Bun— 
des, in welchem Christus der Herr sich selbst 
inter den Gestalten von Brot und Wein durch 
den Priester seinem himmlischen Voter unblu— 
iger Weise aufopfert.“ 
„Das heilige Meßopfer ist das nämliche 
Opfer wie das Opfer Christi am Kreuze, nur 
die Weise zu opfern ist verschieden und 
dies deswegen, „weil in beiden derselbe opfert 
ind geopfert wird — Christus der Herr.“ 
Katholischer Katechismus für die Diözese Erm⸗ 
and, S. 90 ff, Braunsberg, Ermländ Verlags- 
druckerei.) 
Der eigentliche Opfernde bei der hl. Messe 
st also Christus der Herr. Daß der Priester 
»loß sein Stellvertreter, sein Werkzeug ist, er⸗ 
zibt sich schon aus den Worten, die er bei der 
Wandlung spricht: „Das ist mein Leib“, 
‚das ist mein Blut“, obwohl er nicht das 
Brot in seinen Leib und den Wein in sein 
Blut verwandelt. Auch die Opfergabe, die bei 
»er hl. Messe dargebracht wird, ist Christus. 
Christus ist der Priester“, sagt der heilige 
LAugustinas, „der das Opfer darbringt, und 
er selbst ist auch das Opfer.“ Und der 
Il. Johannes Chrysostomus schreibt: 
‚„Der nämliche opfert und wird geopfert“. 
Spirago, Kathol. Volkskatechismus, III., 
Lingen (Ems), Verlag van Acken.) 
Nur in der Art der Darbringung 
interscheidet sich das Meßopfer vom Kreuzes— 
»pfer. Am Kreuze opferte sich Christus blau⸗ 
niger weise als Mensch, in der hl. Messe da— 
zegen unblutiger weise mer den Gestal—⸗ 
en des Brotes und Weines. 
Man hört mitunter die Behauptang auf— 
verfen, der Heiland habe das heiligste Al—⸗ 
arssakrament, aus dem Griechischen Eucha— 
nistie, d. h. Danksagung oder cuch Gate Gabe 
ind Liebesgabe genannt, nur als Seelen— 
peise und nicht als Opfer eingesetzt. Eine 
weite Schwierigkeit bietet selbst manchem 
Theologen die Frage, welches Verhält— 
ris zwischen der Abendmahlsfeier und dem
	        
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