Full text: Der Saarbergknappe (4 [1952])

m nr Char 
‚Der Saarbergknappe', Organ der Gewerkschaft Christlicher saarbergieule, erscheint mon&. 
Einzeipreis im Zeitschriftenhande: 12 
—A — - 
- SAARBRÜCKEN 
Nummer 11 
AI 
« Vierteljäurlich »u. 
3. einschl. POStZUSsSTe /iINL« 
Jahrgang 4 
Wir fordern Verkürzung der Arbeirszeit im Bergbau! 
© Die menschliche Arbeitskraft bedarf des Schutzes - Werbung für den bergmännischen 
Nachwuchs dringend geboten 
Seit längerem vertreten die Bergleute aller bergbautreibenden 
Länder des Westens die Forderung auf Herabsetzung der Arbeits- 
zeit. Auf einer kürzlich in Heerlen in Holland stattgefundenen 
Tagung der Christlichen Bergarbeiter - Internationale wurde in 
ainer Entschließung die Forderung auf Verkürzung der Arbeits- 
zeit erhoben, für deren baldige Verwirklichung man sich in allen 
Ländern mit Nachdruck einsetzen wird. Dieser keineswegs über- 
raschenden Entscheidung hat die Gewerkschaft Christlicher Saar- 
In der Bundesrepublik wer- 
jen auf Beschluß der außerordent- 
ichen Generalversammlung und 
ıach der Entscheidung des Haupt- 
v‚orstandes der Industrie-Gewerk- 
schaft Bergbau, die Bergarbeiter in 
ajner Urabstimmung über geeignet 
arscheinende Kampfmaßnah- 
men beschließen, die die 7'/zstün- 
Jige Schichtzeit durchsetzen sollen. 
Es gibt heute schon an der Ruhr 
mehrere Großbetriebe, die eine 
Schichtzeit von 7!/a Stunden haben, 
und auch der holländische 
Bergbau hat seit längerem eine 
Sonderregelung. Er verfährt an 
Samstagen nur eine Arbeitsschicht 
son sechs Stunden. . 
An der Saar besteht zur Zeit 
noch eine Nachkriegsregelung der 
Arbeitszeit, die aus dem Jahre 1947 
;stammt und für alle Berufe einheit- 
ich — auch für den Saarbergbau 
— eine achtstündige Tagesarbeit vor- 
‚orsieht. Diese Regelung wider- 
;pricht der seit Jahrhunderten be- 
stehenden Vorrangstellung des Berg- 
mannsberufes, dessen Arbeitszeit 
;tets kürzer als die der anderen Be- 
;ufe war. Sie verkennt die Schwere 
;einer Arbeit und stellt auch eine 
Mißachtung seiner Nachkriegslei- 
stung dar, die eine weseniliche Vor- 
zusetzung bildete für die über- 
:aschend schnelle Überwindung des 
wirtschaftlichen Chaos nach dem 
Kriege. Die Verkürzung der Arbelis- 
zeit muß insbesondere als ein wirk- 
sames Mittel zur Erhaltung der 
verivolien Arbeitskraft des Berg- 
mannes gelten und ist zugleich ge- 
signet, die überhand nehmende Sili- 
cose, jene gefährliche Berufskrank- 
ıeit des Bergmannes, einzudämmen, 
Zugleich aber kann von der Verkür- 
zunz der Arbeitszeit wieder jene 
WNerbewirkung ausgehen für den 
3ergmannsberuf, der wie kein ande- 
„er in der Gegenwart einer starken 
Abwanderung ausgesetzt und durch 
nangelnden Nachwuchs 
> rnstlich bedroht ist. 
Die Entwicklung der Arbeilszeit 
Zum besseren Verständnis unserer 
Forderung auf Verkürzung der ArT- 
»eitszeit sei nachstehend kurz ein 
‘Sberblick über deren Entwicklung 
mn den letzten Jahrzehnten gegeben: 
Zu einer Zeit, in der der Übertage- 
ırbeiter noch zehn bis zwölf Stun- 
len beschäftigt war, arbeitete der 
zZergmann unter Tage nur 8!/z Stun- 
len täglich. Nach 1918 wurde im 
jaarbergbau die 7!/2-Stundenschicht 
ingeführt, die bis zum Jahre 1935 
yjeibehalten wurde. Nach 1935 er- 
algte wieder eine Erhöhung auf acht 
itunden, Während des Krieges hatte 
nan dem Bergmann eine tägliche 
hichtzeit von 874 Stunden aufer- 
egt, und im Jahre 1945 wurde dann 
vieder der Achtstundentag einge- 
ührt. Dieser Achtstundentag ist eine 
llgemeine Regelung, die für alle 
Zerufe gilt. 
Vergleicht man nun die Arbeits- 
eit im Bergbau mit der der ver- 
chiedensten Berufszweige, so ergibt 
jich ohne weiteres, daß man der 
ichwere des Bergmannsberufes 
zeine eonderliche Berücksichtigung 
ngedeihen ließ, 
In diesem Zusammenhang muß 
‚uch herausgestellt werden, wie dies 
üngst Kollege Gier bei der Be- 
ründung der Forderung auf Ver- 
Blick auf das Kraftwerk St. Barbara 
bergleute grundsätzlich zugestimmt. Sie erhebt für den Saarberg- 
bau die Forderung auf Herabsetzung der Arbeitszeit von 8 auf 
7!/z Stunden und verlangt an Samstagen eine Sonderregelung, 
nämlich die Verfahrung einer Sechs-Stunden-Schicht, Diese For- 
derung wird selbstverständlich unter Beibehaltung des bisherigen 
Globallohnes erhoben. Im Sinne der bestehenden Verordnung soll 
die 40-Stunden-Woche als erfüllt gelten, wenn fünf Schichten zu 
1/2 Stunden verfahren sind. 
kürzung der Arbeitszeit in einem 
Rundfunkvortrag tat, daß es bei der 
schichtzeit des Bergmannes eine ganz 
jesondere Bewandtnis hat, Durch 
lie Ein- und Ausfahrt, die Besor- 
zung betrieblich notwendiger For- 
nalitäten, die Selbstbedienung in 
ler Lampenkaue, das Umziehen, ein 
rühzeitiges Verlesen, dem Gezähe- 
Jmtausch- und -Ersatz, oder nach 
jer Abfahrt das Waschen und Um- 
jehen in der Waschkaue, ist der 
3ergmann mindestens neun Stun- 
len auf der Grube beschäftigt. Dabe! 
nd nicht einmal die An. und Ab- 
narschwege berücksichtigt, ganz zu 
chweigen von der Schwere der Be- 
ufsarbeit. 
Die Kohle ist der Lebensnert 
ınserer heutigen Wirtschaft, Sie is! 
vichtigster Rohstoff und erstrangiger 
inergieträger, daher unersetzlich 
ınd gleichsam das Herz der Wirt- 
schaft. Für uns an der Saar ist die 
<ohle, eingebettet in den Schoß un- 
(Fortsetzung auf Seite ?* 
Streikschicht = 
BP = meischicht 
Allen Bergleuten, die am 11. Februar 
‚952 an dem von den Gewerkschaf- 
lien beschlossenen Streik teilgenommen 
hatten, wurde von der Regie des Mines 
ein Zwölftel der Ergebnisprämie in 
Abzug gebracht mit der Begründung, 
daß die verfahrene Schicht als Fehl- 
schicht anzusehen sei. Da der 
Yauptschlichtungsausschuß der Regie, 
ler in der Frage des Abzugs der Er- 
gebnisprämie angerufen worden war, 
nicht zu einer Einigung kam, hielten 
wir es wegen der grundsätzlichen Be- 
leutung für geboten, diesen Rechtsstreit 
‚3 einer Klage unseres Kameraden 
Ditzler vor dem Arbeitsgericht zu ver- 
‚reten. In der Klagebegründung wiesen 
wir auf den Streik als gesetzliches 
Kampfmittel hin, der in der Verias- 
jung des Saarlandes in Art. 56 aner- 
kannt ist und daher als gesetzliches 
Mittel im Sinne des Artikels 30 des 
Personalstatuts der Regie des Mines 
setrachtet werden muß. Durch den 
Abzug der Ergebnisprämie für die nicht 
verfahrene Schicht am Streiktuage sei 
diese Sireikschicht ungerechtferiigt 
einer Bummelschicht gleichgeseizt 
worden. Der Abzug der Ergebnisprä- 
mie sei umsomehr nicht gerechtler{iigl, 
als die ganze Belegschaft gestreikt 
habe. Damit habe sich das Ergebnis 
der Produklion verringert, so daß dıe 
Ergebnisprämie auiomatisch durch den 
streik gesunken se 
Die Klage des Kameraden Ditzler 
vor dem Arbeitsgericht wurde mit der 
Begründung abgewiesen, daß nach dır 
Dienstanweisung Nr. 292 der Regie alle 
Fehlschichten mit Ausnahme der in hr 
ausdrücklich genannten Versiumuis- 
schichten (unter denen die 
Sireikschichtfehlt1!) den Ver- 
lust der Ergebnisprämie nach sich 
ziehen. Zwar stelite das Gericht iatls- 
drücklich fest, daß diese Dienslanwei- 
sung der Regie des Mines keines- 
wegs den sozialen Antor- 
derungen entspreche, zumal 
selbst bei Erkrankungen der 
Forttall der Ergebnisprämie einirete 
und auch das durch Verletzung 
erzwungene Fernbleiben von der Ar- 
beit zu Kürzungen der Ergebnispräimie 
führe, Da aber diese Vertügung be- 
steht, glaubie das Arbeitsgerkit Fu 
keinem anderen Urteil kommen ww 
können. 
Gegen dieses Urteil des Arbeits- 
gerichtes müssen wir uns allein schw 
{Fortsetzung auf Seite 23 
Foto: Actuelle
	        
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