Full text: Der Saarbergknappe (4 [1952])

Nummer 
maßes keine Grenzen kennen, zum 
allerwenigsten in der Wirtschaft, Ja 
lie Weltwirtschaft ist ihr bevor- 
zugtes Vorfeld, auf dem sie wir- 
kungsvoll, wenn auch etwas weniger 
gefährlich operieren kann. Und wir 
alle haben das auch im vergangenen 
Jahre zu spüren bekommen. Vielleicht 
der wundeste Punkt dieser in die 
Sefahrenzone geratenen Wirtschaft 
ist die Sozialpolitik, eben weil Lohn 
und Rente, die wirtschaftlichen Ga@- 
ranten der Existenz des kleinen 
Mannes, in eine vorher kaum ge- 
<annte, abschüssige Bewegung ge- 
raten sind. Wir, die wir an den 
Schaltstellen der Sozialpolitik ste- 
hen, die wir uns um die „Gleich- 
schaltung der kleinen Einkommen“ 
ständig und fast täglich erneut be- 
mühen müssen und dabei in unserer 
natürlichen Bewegungsfreiheit und 
Entwicklungsmöglichkeit so sehr ge- 
ı1emmt sind, wir wissen um unser 
aller Gefährdung, um unser aller 
notwendiges Bemühen, das heute 
jchon fast.den Charakter einer aku- 
‚en wirtschaftlichen und sozialen 
Notwehr erreicht hat. Es wird uns 
Funktionären und Mitarbeitern 
wahrlich dabei nicht leicht gemacht. 
Wir können aus eigener Kraft allein 
ler immer noch scharf vorwärts ge- 
ıenden wirtschaftlichen Gesamt- 
bewegung nicht Herr werden. Wir 
ıllein können sie nicht abbremsen 
ınd sie auf einen beruhigenderen 
Punkt zurückführen, schon gar nicht 
an ihren Ausgangspunkt zurück- 
;teuern. Aber was wir tun können, 
ım ihr die Giftzähne auszubrechen, 
ım ihr einen anderen und weniger 
zefährlichen Kurs zu geben, das tun 
wir aus der Kenntnis der Dinge und 
aus dem Bewußtsein unserer sozia- 
len Pflicht heraus heute und auch 
in naher Zukunft. 
Vertrauen tut not! 
Unser Rückhalt in diesem schwe- 
en Ringen ist Euer Vertrauen. Es 
st unsere Seele. unsere Stärke, un- 
sere Chance. Wir gelten nur soviel, 
wie Ihr als berufsständische Ge- 
neinschaft bedeutet. Unser und da- 
mit Euer Erfolg liegt in der ge- 
werkschaftlichen Disziplin und Ge- 
schlossenheit. Die kleinste .Lohn- 
auseinandersetzung, die kleinste be- 
trieblich-gewerkschaftliche Verhand- 
jung bestätigt das. Die Gewerk- 
schaft ist nicht irgendein Interessen- 
verband auf Zeit oder Gelegenheit. 
Die Gewerkschaft ist und muß ein 
ıatürlicher, ein organischer Verband 
mit einem bestimmten sozialen Lei- 
stungs- und Verpflichtungscharak- 
ter sein, Das ist nun einmal ihr un- 
umstößliches Lebensgesetz. Und nur, 
wenn sie dieses strengetens befolgt, 
3ichert sie ihre Existenz und gibt 
sich selbst ihre innere Berechtigung 
als Verband. Das muß im neuen 
Jahre unsere verstärkte Anstrengung 
sein: Immer mehr zu einem festen 
und geschlossenen Berufsstand zu 
werden, innerlich und äußerlich zu 
einer starken Gemeinschaft, zu 
änem Ganzen zusammenzuwachsen, 
das jeder äußeren Gefährdung 
wirksam begegnen kann. Darin liegt 
unser@ Sicherheit und unser Erfolg 
verbürgt. Ihn letztlich zu verwirk- 
lichen, das ist unser aller Aufgabe, 
an der wir im neuen Jahre mit letz- 
er Kraft arbeiten wollen. 
Nachruf 
Wende] Bhug, Scheuern 
Franz Gimmler, Limbach b. Lebach 
Georg Hirschmann, Püttlingen 
Prau Wwe. Peter Wittling, Heiligen- 
wald 
Reinhard Wendel, Fischbach 
Peter Zimmer, Altenkesesel. 
Nikolaus Sartorius, Hofeld, 
Peter Wilhelm, Oberthal. 
Gewerkschaftliche Verantwortung 
SA 
Senne 
Das hat Methode 
{n unserer August-Nummer haben 
vir uns bereits einmal aus ganz 
Onkretem Anlaß heraus mit dem 
"'hema „Gewerkschaft und Politik“ 
‚efaßt, und uns gewisse Tendenzen 
nd Praktiken des I. V. Bergbau vor- 
enommen, um einmal klar und 
rundsätzlich die _Ssozialpolitischen 
‚ufgaben der Gewerkschaften her- 
uszustellen -und Übergriffe und 
\uswüchse abzustellen. Wir haben 
‚eiterhin des öfteren Gelegenheit 
ehmen müssen, unsachlichen und 
nfairen Polemiken des I. V.Berg- 
au zu begegnen, eben weil wir sie 
n Interesse der Sache und unseres 
'erufsstandes nicht übergehen konn- 
N. 
Wenn wir heute zur Jahreswende 
ochmals die ganze Haltung und 
"'raxis des I. V. Bergbau einer Prü- 
ung unterziehen — er fordert uns 
azu wie zu einem Duell heraus —, 
ann geschieht das nicht, um für 
;:ndere nützlichere Dinge kostbare 
‚eit um irgendwelchen Zankes und 
‘treites willen zu vergeuden. Wir 
2hen uns vielmehr gezwungen. 
vieder einmal ein unmißverständ- 
iches Wort sagen zu müssen, um 
iner unfruchtbaren, ja gefährlicher 
zialpolitischen und gewerkschaft- 
chen Weiterentwicklung vorzubeu- 
en, deren Folgen noch nicht abzu- 
2»hen sind, die aber auf alle Fälle 
ür die Gewerkschaft und besonders 
ür die Bergarbeiterschaft der Saar 
hwerwiegend sein würden 
"rganisation das Lebensrecht schmä- 
ern Oder gar bestreiten wollten. 
Die politische Sicht unserer beson- 
leren saarländischen Lage im Spiege! 
les I. V. Bergbau ist ebensowenig 
reffend wie originell. Es ist ein alt- 
jekanntes Rezept, uns in einen Topf 
nit_anderen Institutionen staatlicher 
der parteipolitischer Art zu werfen 
na üns dort herzhaft „schmoren‘ 
‚uw Tassen. Anscheinend vergißt_deı 
-V.Bergbau, daß auch in seiner 
teihen viele Christen stehen, die 
ich. als solche auch _parteipolitise 
ırganisiert haben und betätigen, Es 
st Ihm Bislang noch nicht eingefal- 
en, diese aus seinen eigenen Reihen 
ıuszuschließen oder ihnen scharfe 
/orhaltungen zu machen. Uns will 
‚icheinen, daß er diese „parteipoli- 
ische Vielseitigkeit“ seiner Organi- 
ation ganz gut gebrauchen kann 
ınd mit ihr auch seine politischen 
zeschäfte besorgt. Das gibt ihm 
ındererseits aber auch keinerle 
Zecht, uns wegen „Darteipolitische) 
zutnachbarlichkeit“ anzufeinden 
»;ehalten wir uns doch bei aller ge- 
egentlichen Betonung von Gemein- 
amkeiten mit politischen Parteien 
’or, unsere gewerkschaftlichen und 
jozialpolitischen Belange nach eige- 
\‚er Maßgabe zu verfolgen. Irgend- 
ver hat uns dabei nichts hineinzu- 
eden. Wir_sind und bleiben als 
jewerkschaft unabhängig und ledig- 
ich die Zweckmäßigkeit von Fall zu 
an kann En zu einem Zusammen- 
‚ehe nach Unseren eigenen Ermes- 
ensgründen_ veranlassen 
Wir. hemmen keineswegs 
en sozialen Fortschritt! 
Vir Sind _aber_klug genug, unsere 
Aöglichkeiten abzugrenzen und ab- 
Zu Wagen und Unsere gewerkschaft- 
ichen _Mittel_nicht Tür aussichtslose 
ıer_ gewerkschaftsfremde Ziele ins 
jpiel zu setzen. a 
Die jüngsten Ereignisse 
Die jüngsten Ereignisse im Ge- 
verkschaftsleben an der Saar — wir 
neinen die Lohnbewegung im öffent- 
ichen Dienst und in ihrem Gefolge 
lie Streikaktion mit ihren Begleit- 
»rscheinungen - zwangen uns selbst- 
‚erständlich zu einem rechtzeitigen 
ınd energischen Eingreifen. Nie- 
nand kann uns das verwehren, zum 
ıllerwenigsten unsere Berufskollegen 
us dem anderen Verband. Wie wir 
insere Aufgabe auffaßten, und wie 
wir sie zu meistern versuchten, das 
nußte uns und unserem sozialen 
>flichtgefühl überlassen bleiben und 
ıemand wird uns hiervon entbinden 
zönnen. Wir haben der Einheitsge- 
verkschaft niemals Verhaltensvor- 
chriften hierbei gegeben, sondern 
ıns lediglich ernsthaft bemüht, sie 
on der Aufrichtigkeit und der 
Zweckmäßigkeit unserer Handlungs- 
veise zu überzeugen. Wenn unser 
Weg letztlich ein anderer war, so 
ag uns alles andere ferner, als ihnen 
'ntgegenzuhandeln und eigenes Ka- 
ital hieraus zu schlagen. Uns ging 
3 um die gewerkschaftlichen Be- 
ange und den sozialen Frieden. Und 
lieser war uns ein Opfer, ein gewiß 
aicht leichtes Opfer wert. Die 
Früchte dieses Opfers sind jeden- 
lalls auch anderen zuteil geworden 
ıls den christlichen Gewerkschaften. 
Wir fühlen uns nirgendwo als 
1emmschuh des sozialen Fortschritts, 
als Reaktionäre sozialen Zielen und 
(Fortsetzung Seite 4) 
Wir sind dabei dem I. V. Bergbau 
eineswegs_ böse. ob_ semer mehr 
der weniger gekonnfen und in An- 
pruch genommenen, oppositionellen 
\oTle: Seine parteipolitische Einstel- 
ıng_ist_in weiten Teilen _ebenst. 
indeuütig, daß er in Entsprechung zu 
ziner ihm _nahestehenden Partei 
ben Upposition spielen muß, ob das 
un im Einzelfall gewerkschaftlich 
nd” sözfalpolitisch angebracht und 
üfzIich Ist oder mehf. Er trägt Ja 
ir sich die Verantwortung, und wir 
im_alterwenigsten_ können sie ihm 
5nehmen. Wir wollen das auch nicht. 
ber wir A 
aD er ie —gewerkschaft!iche und 
OZzIalpoNtische Role, die er nun 
pielt, Körrekt und zweckbestimmt 
nd” verantwortungsbewußt  wahr- 
immt. Und wir werden uns über- 
dort, wo durch sein. Verhalten 
Achtige Belange der Saarberg- 
rbeiterstiraff und der Gewerkschaft 
efährdet "sind, energisch zu Wort 
nelden_und gegebenenfalls zur Wehr 
etzen. 
T 
Zur Arbeitskammerwahl 
Grundzüge der Wahlordnung 
Zum ersten Male wird die saarländische Arbeitnehmerschaft zur 
3timmabgabe für die Beiräte bei der Arbeitskammer aufgerufen. 
Diese Kammer stellt eine gleichberechtigte Körperschaft wie die 
Jandeis-, Handwerks-, Landwirtschaftskammer dar. Gewählt wer- 
len 30 Mitglieder des Beirates und ebenso viel Ersatzitute auf die 
Jauer von vier Jahren. Nach der Wahlordnung wird die Wahl in 
ämftlichen saarländischen Gemeinden durchgeführt. Alle über 18 
Jahre alten Arbeitnehmer, Arbeiter und Angestellten, sämtlicher 
Betriebe und Verwaltungen sind wahlberechtigt. Die Wahlberech- 
ägten werden einen entsprechenden Wahlausweis erhalten, der bei 
ler Stimmabgabe abzugeben ist. Als weitere Legitimation dient der 
Persenalausweis. 
Wahlvorschläge können nach dem Gesetz nur über die Berufs- 
»rganisationen, das sind Christliche Gewerkschaften und Einheits- 
zewerkschaft, eingereicht werden, Beide Gewerkschaften werden 
ihre Kandidaten benennen, 
Um allen Arbeitnehmern die Stimmabgabe innerhalb ihrer Wohn. 
gemeinde zu ermöglichen, wurden Samstag, der 16. und Sonntag, 
ler 17. Februar zu Wahltagen bestimmt. 
Für die Grenzgänger, das sind die aus dem Bundesgebiet im Saar- 
and beschäftigten Personen, werden an den Grenzübergangsstellen 
Wahllokale eingerichtet. Die Beamten und Beamtenanwärter aller 
Verwaltungszweige sowie Post und Eisenbahn fallen nicht unter 
las Arbeitskammergesetz, sie sind daher auch nicht wahlberechtigt. 
Für sie wird eine besondere Vertretung mit körperschaftlichem 
Rechtscharakter geschaffen werden. In den einzelnen Städten und 
Gemeinden werden je nach Bedarf Stimmbezirke analog denen bei 
len Gemeinde. und Landtagswahlen gebildet. Die Wahlyorstände 
werden aus Veriretern der beiden Gewerkschaften paritätisch zu- 
'ammengesetzt. 
Man darf erwarten, daß sich die saarländische Arbeitnehmerschaft 
m dieser 1. Wahl einer bedeutsamen Körperschaft, deren Wirkungs- 
kreis sich auf die verschiedensten Gebiete erstreckt, restlos beteiligt, 
Selbstverständlich erstreckt sich das Wahlrecht und die Wählbarkeit 
such auf alle berufstätigen Frauen, ganz gleich, ob sie in der In- 
Hustrie, im Handel, den Banken oder im Haushalt tätig sind. 
Entscheidend für das Wahlrecht ist, daß der Arbeitnehmer oder 
die Arbeitnehmerin eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus- 
übt. 
Alle Einzelheiten werden in Kürze durch den Wahlausschuß bzw. 
Bie Geschäftsführung der Arbeitskammer in der Presse bekannt- 
gegeben. 
Die Christlichen Gewerkschaften werden bei ihrem Wahlvor- 
schlag sämiliche Berufe und Gebiete berücksichtigen und die Kan- 
didaten nach ihrem fachlichen Können sowie ihrer gewerkschaft=- 
lichen Eignung auswählen, — Aufgabe unserer Mitglieder ist es, 
durch eine umfassende Propaganda unserem Wahlvorschlag zum 
Siege zu verhelfen. 
„Sturmjahr 1952“ 
So_überschreibt der „Saarbergbau“ 
einen Leitartikel aus Anlaß der 
ahreswende, Wir sind mit ıhm aa 
A einig, daß ‚das begonnene Jahr 
in sehr bewegtes und entschei- 
lüngsschweres sein wird, sowoh? 
icht _ Innerhalb unserer Grenzen 
Ind wir sma ale letzten, are eine als 
otwendig erkannte Weiterentwick- 
Ing durch Lässigkeit „Oder irgend- 
velchen privaten Egoismus hemmen 
valliep. Dafür haben wir eine zu 
usgeprägte und zu pfiichtgeträagene 
/orstellung von der Gewerkschaft 
nd der Sozialpolitik als gewählte 
nd oftmals durch ein Votum be- 
tätigte Organisation 
Damit widerlegt sich aber auch die 
ich immer wiederholende Angriffs- 
erie des I. V. Bergbau, der bis heute 
ıoch nicht unsere Existenz als tirist- 
iche_GewerRrschaft-verwinden Wann 
ınd im ständigen Kampf gegen uns 
inen Teil seiner eigenen Existenz- 
»erechtigung zu suchen scheint, Wir 
lagegen sind nicht so kurzsichtig 
ınd so eigensüchtig, daß wir einer 
n ihren sozialpolitischen Zielsetzun- 
‚en uns vielfach verwandten Berufs-
	        
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