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SAARBRÜCKEN, IM JANUAR 1950 Jahrgang 2
Nummer |
Protest der Gewerkschaften
gegen nachträgliche Textänderungen im Bergbaustatut
Die Gewerkschaft Christlicher
saarbergleute und der Industriever-
and Bergbau haben am 10. Januar
1950 folgendes Protestschreiben an
lie Regierung des Saarlandes ge-
sichtet:
An die
Rzegierung des Saarlandes
Ministerium für Arbeit u. Wohlfahrt
Herrn Minister Kirn
Saarbrücken
Alleestraße
3etr.: Protest der saarländischen
Bergarbeitergewerkschaften
gegen nachträgliche Textände-
rungen des Statuts der Beleg-
schaft der Regie des Mines de
ia Sarre.
sehr geehrter Herr Minister!
Der Außenminister, der Minister
sür Industrie und Handel, der Mini-
ter für Arbeit und Wohlfahrt, der
Pinanz- und Wirtschaftsminister in
Paris haben durch Erlaß vom 9. 10.
1948 den Text des Statuts der Be-
egschaft der Regie des Mines de-la
5arre (saarländische Belegschaft)
'estgesetzt. Dieser Erlaß, nebst dem
Text des Statuts, wurde den Ge-
werkschaften mit Schreiben der
Zegie vom 30. 10. 1948 offiziell be-
sanntgegeben.
Das Statut hat dann in dieser
form bisher, also bereits über ein
Jahr, im Saarland praktische An-
wendung gefunden, obwohl eine
'ormale Voraussetzung, die Ver-
wfentlichung im Journal: Officiel
"resp. im Amtsblatt des Saarlandes
licht erfüllt war.
Das Hohe Kommissariat — Cabi-
ı1et -. Herr Administrateur Rieth,
ıat am 21. 11. 1949 die Vertreter
lies Arbeitsministeriums., der Regie
;owie der beiden Gewerkschaften
u einer Besprechung eingeladen,
ım deren Zustimmung einzuholen,
m Statut, vor dessen Veröffent-
ichung im Amtsblatt, einige text-
iche Änderungen vorzunehmen. Es
ıandelte sich hierbei um Textände-
‘ungen, die sich entweder aus der
Notwendigkeit einer Anpassung an
‘ie besonderen Verhältnisse des
Saarlandes ergeben haben, resp. um
Mne sprachlich bessere Übersetzung
»iniger Stellen des französischen
Textes
Die vorgesehenen Textänderungen
3ezogen sich auf Artikel 4, 7, 8, 12
And 15 des Statuts und, haben in
lieser Besprechung die Zustimmung
alter Beteiligten gefunden.
Inzwischen ist im Amtsblatt des
Saarlandes Nr. 8549 vom 8. 12. 1949
5. 1133 ff. die Anordnung über die
Festlegung des Statuts der Regie des
Mines de la Sarre vom 9. 10. 1948
ıebst dem Text des Statuts veröffent-
icht worden. In einer Fußnote zu
ler Anordnung ist folgendes fest-
gehalten:
„Der in der Anlage (siehe Seite
1136 dieses Amtsblattes) veröffent-
lichte Text stellt eine Zusammen-
"A
Die Anlage des Protestschreibens ist
auf Seite 7? veröffentlicht.
assung des Statuts der Beleg-
ichaft der Regie des Mines de la
jarre dar, und zwar unter Berück-
üchtigung der Anordnung über
lie Festlegung des Statuts der
Zelegschaft der Regie des Mines
le la Sarre vom 16. Juni 1949 so-
vie der Anordnung vom 2. Okto-
‚er 1949 zur Abänderung der An-
ırdnung über die Festlegung des
Statuts der Belegschaft der Regie
les Mines de la Sarre vom 9. Ok-
ober 1948.“
Diese beiden Anordnungen zur
.oänderung der Anordnung vom 9.
0. 1948 über die Festlegung des
;tatuts sind in der gleichen Num-
ner des Amtsblattes veröffentlicht.
Das Studium der veröffentlichten
"exte führt zu der befremdlichen
‘eststellung, daß
a)die Anordnung vom 16. 6. 1949,
welche eine Textänderung des
Art. 3, a), des Art. 8, Abs. 3, vor-
aimmt, sowie einen zusätzlichen
Absatz hinter Art. 15, c) einfügt
ınd endlich den Art. 3, letzter
Absatz der Anlage VI, ändert,
ı;hne vorherige Einvernahme der
zewerkschaften ergangen ist,
der im Amtsblatt des Saarlan-
lies veröffentlichte Text des Sta-
‚uts darüber hinaus mehrere
Fextänderungen aufweist, die
sich weder auf Abänderun“ -
ınordnungen durch Minister -
»rlaß gründen, noch Gegenstand
/orheriger Besprechungen mit
den Gewerkschaften waren.
sinige dieser Textänderungen, die
"Ir in der Anlage wiedergeben,
aussen den schärfsten Widerspruch
er Gewerkschaften hervorrufen
jarüber hinaus erheben die Ge-
verkschaften in aller Form Protes{f
agegen, daß das Statut nachträg-
ch ohne formale Änderungen durch
Ainisterialerlaß Textinderungen er-
itten hat,.die dem ursprünglichen
’ext widersprechen und keinesfalls
‚uf eine Verbesserung in der Über-
etzung zurückgeführt werden kön-
en.
Markant sei dies hinsichtlich der
Zestimmungen des Art. 22 über die
redingefestsetzung herausgestellt,
Lier wurde sowohl der ursprüng-
iche französ. Text des Statuts, der
ich genau mit dem französischen
’ext der Bestimmungen des Art. 13
ler Verfügung Nr. 47—77 des Gou-
‚erneurs de la Sarre betreffend Ar-
eits-, Lohn- und Gehaltsbedingun-
‚en des Personals der bergbaulichen
Zetriebe, deckte, wie auch die
eutsche Übersetzung gegenüber dem
ıns unterm 30. 10. 1948 mitgeteilten
Vortlaut geändert. Diese Änderung
erwandelt die „Muß‘-Bestimmung
'es Art. 22, die feststellt, das Ge-
‘inge sei so festzusetzen, daß Hauer
at normaler Körperstärke und
uter Leistung 60° und solche mit
‘urchschnittlicher Leistung 20" über
’en festgesetzten Mindestlohn ver-
jenen, durch Anfügen des Wört-
hens „können“ im deutschen Text
nd durch eine Umstellung des
Vortlautes im französischen Text
wie aus der Anlage ersichtlich), in
ine „Kann'-Bestimmung.
Es anuß als feststehend angesehen
verden, daß diese Textänderung die
‘olge einer Reihe derzeit anhängiger
zedingeprozesse ist, bei welchen die
legie, weil sie bei Festsetzung des
zedingelohnes die Mindestbestim-
nungen des Art. 22 nicht eingehal-
en hatte, verklagt worden war. Man
Adarhte wohl durch die Textiände-
wie geschehen, diesen Klagen
'en Boden zu entziehen.
Eine solche Taktik aber muß bei
len objektiv Denkenden schärßste
A\blehnung und Verurteilung finden.
jie erschüttert darüber hinaus das
Der Saarkohlenbergbau im Jahre 1949
Aus dem Bericht der Rögie des Mines de Ia Sarre
Produktionsergebnisse
Der Bericht der Regie des Mines
je la Sarre für das Berichtsjahr 1949
veist eine steigende Tendenz in der
7ohlenförderung — sowohl relativ
‚egenüber den Vorjahren, als auch
bsolut - auf.
1948 wurden 12195084 to netto
ahresproduktion, und 41 612 to Pro-
uktion im Tagesdurchschnitt, sowie
202 kg tägliche Kopfleistung er-
sicht.
Für 1949 wird eine Gesamtförder-
sistung von 14,3 Millionen to, eine
"agesleistung von 46 641 to und eine
fopfleistung von täglich 1345 kg an-
enommen. Bemerkenswert ist das
"ages-Mittel von 52960 to. und die
ıuittlere tägliche Kopfleistung von
429 kg in der Woche vom 27.11.
is 3. 12. 1949. Im abgelaufenen Jahre
lief sich der Umsatz aus dem Ver-
rauf von Kohle und Nebenproduk-
en (Gas, Wasser, Elektrizität, Teer
ı15Ww.) auf rund 48 Milliarden Fra.
m Vergleich zu 1948 ist damit eine
‚jefriedigende Aufwärtsentwicklung
u verzeichnen. Der Bericht ver-
nerkt. daß damit „der saarländische
zZergmann das physische und mora-
sche Gileichgewicht vollkommen
viedergefunden hat“. In diesem Zu-
ammenhang wird darauf hıngewie-
en, daß die technischen und finan-
tellen Anstrenzungen der Regie des
Aines de la Sarre für die Wieder-
nstandsetzung und Modernisierung
ler Anlagen zu dieser Leistungs-
teigerung wesentlich beizetragern
aben.
Der Prozentsatz der Abwesenheit
er Belesschaft weist als Mittel
2,57° a auf, und hat damit eine Ver-
(Foriselzung Seite 8)
Vertrauen, das bislang zwischen
Gewerkschaften und Regie bzw. den
‚uständigen Dienststellen des Hohen
X<ommissariats bestand.
Die Gewerkschaften nehmen diese
/orkommnisse zum Anlaß zu for-
lern:
ı) Die saarländische Regierung möge
bei der französischen Regierung
eine Untersuchung darüber einlei-
ten lassen, auf wessen Veranlas-
Aus cem Inhalt:
Protest der saarländischen
Bergarbeitergewerkschaften
- Das Bergbaustatut — Die
sozialpolitische Entwicklung
1949 — Der Saarkohlenberg-
bau 1949
zung das Statut in einem anderea
Worliaut veröffentlicht wurde, als
ar durch den Beschiulßß des Iranzö-
szischen Ministerrates festgeiezt
worden war.
ı Die saarländische Rezierunz möge
veranlassen, daß das Statut ınier
Niderruf der Veröffentlichung in
\r. 3549 des Amtsblattes in der
Tassumg veröffentlicht wird, wıe
»s durch Beschluß des franzosi-
‚chen Ministerrates festoel2:ıt bzw.
m Einverständnis mit dern saar-
ändischen Gewerkschaften durch
rgänzende Ministeriaierlasse for-
nal (ormgerecht abgeändert wurde,
Es wird festgestellt, daß diese Vor-
zommnisse zu einer großen Erre-
zung unter der Belezgschalt der
Zaurgruben zeführt haben und daß
jer hierdurch aufgetretene Ver-
rauensschwund in einem Auzeu-
lick, in welchem saariändisch -fran-
‚Ösische Verhandiunzgen über das
sünftise Schicksal der Saarsruben
seführt werden, besonders schwer-
viegend ist.
Die Gewerkschaften sind gehul!ten,
hren Protest in der ihnen gevignet
rscheinenden Form der Saargra-
yjenbelesschaft zur Kenntnis zu
ringen.
Abschließend erklären die Cie-
verkschaften, daß. falls die in Rede
tehenden Textänderungen mcht
Ȋnnen einer Frist von 4 Wochen
‘Uückgängig gemacht werden, sie den
Arbeitsfrieden im Saarberabau nicht
nehr garantieren können.
Genehmigen Sie, sehr geehrter
derr Minister, den Ausdruck unse-
er vorzüglichsten Hochacihatung!
. Gewerkschaft
Christlicher Saurberzleute
Ruffing
Vorsitzender
Industrieverband Bergbatk
der Einheitszgewerkschaft
Schmitt
Vorsitzender