Full text: Der Saarbergknappe (15 [1934])

Nummer 10 
nucken, den 10. März 1934 
13. Jahrgang 
— 
Yss —Xussß— 9e 
a I 
ä 960 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter für das Saarwirtschaftsgebiet 
—XX jeden Samstag füt die Mucn. der gratis. — J 
Preis für die Zablstellenabonnenten 35.— Fr. monatl. ohne 
Botenlohn. für die Postabonnenten 15— Fr. viertellährl. 
Oeschaͤftsstelle des SaarBergknappen“: Saar— 
brücken 2. St Johannet Strahze 49. — FernsprechAnschluß: 
Amt Saarbrücken. Sammel⸗Nr. 29241 
Nach der Schicht 
Aus brandender Teufe, aus Skaub und Nacht 
Entstieg der Häuer dem däuenden Schacht; 
Und Feierabend erblüht im Haus, 
Vom Werken ruhen die Hände aus: 
Friede! 
—A 
Blondhaarig quillt das Gelock hervor 
Aus dufligem Häubchen, das Mutter gefügt, 
Die Dorfflur entlang eine Schwalbe fliegt: 
Friede! 
Wo jüngst noch der lärmende Alllag zu Gast, 
Da hält nun die Stille geruhsame VRast. 
Verträumt ragen Schlote und Schachigerüst — 
Frau Sonne das feiernde Radwerk kuͤßt: 
Friede! 
nährstand erfichtlich. In seinen Bereich fallen —5 
Forstwirtschaft, Gartenbau, Jagd und Fischerei, die 
Herarbeiter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und der 
randhandel, sowie die landwirtschaftlichen Genossen⸗ 
chaften. Die vom Nährstand zu lösenden Aufgaben 
rstrecken sich auf die Regelung der Erzeugnisse, des 
Absatzes und Preises von landwirtschaftlichen Er— 
eugnissen, auf den Zusammenschluß der Angehörigen 
es Standes und der Gruppen, Unternehmungen und 
kinrichtungen, die landwirtschaftliche Erzeugnisse her⸗ 
tellen und verarbeiten. 
Ob die übrigen Stände in gleicher Weise aufge— 
zaut werden, und was alles in ihren Wirkungskreis 
ällt, ist noch nicht sicher. Einen weiteren Einblick 
ind weitere Klärung brachte das am 20. Januar er⸗ 
assene „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“, 
Jas in erster Linie dazu dienen soll, dem Arbeiter 
die Gleichberechtigung zu bringen, welche die Grund⸗ 
age des Standes bedingt. Eine solch gewaltige, hoch⸗ 
mtwickelte, weit und fein verzweigte Wirtschaft wie 
zie unseres Vaterlandes, kann man ja nicht von heute 
ruf morgen von Grund aus umgestalten. Zu einem 
olchen Unternehmen gehört neben genauer Kenntnis 
er Sachlage und Ueberlegung auch die entsprechende 
zeit. Ist aber ein solcher Umbau schon in normalen 
jeiten bei einer gesunden Wirtschaftssage gefahrpvoll 
ind schwierig, so erst recht in einer Krisis von solchem 
lusmaße, wie wir sie gegenwärtig erleben. Nicht zu 
nergessen ist ferner, daß neben der Neuordnung der 
Wirtschaft auch eine völlige politische Neugestaltung 
des Reiches vor sich geht. 
Mag aber auch die Neugestaltung der gesamten 
Wirtschaftsordnung, selbst zum Teil in ihren Grund— 
ügen. von uns noch nicht ganz ersichtlich sein und 
uns die Erkenntnis und das Verstehen dieser und je— 
ner Einzelheiten noch mangeln. so berechtigen doch die 
rroßartigen und tatkräftigen Anfänge zu den 'chön— 
ten Hoffnungen. Aeußerst günstige Aussichten für 
zie solide Neugestaltung unserer Wirtschaft bietet der 
eue Staat vor allem dadurch, daß er 
14. den marrxistischen Sozialismus zerschlagen hat 
der das Privateigentum ablehnte und damit je— 
dem persönlichen Streben starke Hemmungen ent—⸗ 
gegenstellte und daß er an Stelle des Klassen—⸗ 
sampfgedankens die Kameradschaft und den Ge⸗ 
danken der Volksverbundenheit in besonderer 
Weise pflegt. 
Dem Kapitalismus die Spitze gebrochen hat, d. h. 
dem liberalen Wirtschaftssystem, das als ein⸗ 
iges Ziel nur das „Verdienen“ kannte, schärf⸗ 
* Kampf ansagte und diesen Kampf auch durch 
oe Ferner (daß er) als obersten Grundsatz 
n der neugeformten Wirtschaft den Satz auf⸗ 
jstellte: Gemeinnutz geht vor Eigennutz. 
3. Daß er mit allen zu Gebote stehenden Mitteln 
an die Entproletarisierung Hand anlegte. 
Es ist das unverkennbare Streben des neuen Staa⸗ 
es, allen Volksgenossen die Existenz und nicht nur 
diese, sondern, nach dem Worte des Reichskanzlers, 
ruch ein Kulturleben auf einer bestimmten Höhe zu 
ermöglichen. 
Trotz aller günstigen Aussichten. die der jetzige 
Staat für die Neugestaltung der Wirtschaftsordnung 
hdietet, wird dennoch ein ungeheurer Aufwand von 
räften und auch eine entsprechende Zeit notwendig 
sein, um größere sichtbare Erfolge zu zeitigen. Es 
gilt nicht nur, materielle Hindernisse zu überwinden, 
ondern auch geistige. Der deutsche Mensch muß zum 
zroßen Teil erst für diese Ideen geschult und erzogen 
werden. Es müssen die rein egoistischen Gedanken, 
die Sucht nach Gewinn und das zügellose Streben 
nach Besiß langsam ausgemerzt, und der Geist der 
Solidarität, der Volks- uünd Schicksalsverbundenheit 
gepflegt werden. Die christlichen Gewerkschaften. die 
auf das gleiche Ziel hinsteuerten, haben da schon 
gute Vorarbeit geleistet. 
Arbeiten wir daher hier an der Saar in der aleichen 
Weise weiter. Machen wir uns mit dem Ausbau 
dieser Ideen und auch soweit sie praktische Formen 
angenommen haben. vertraut. damit wir. wenn wir 
demnächst ins Vaterhaus zurückkehren, uns heimisch 
sühlen und in der Lage sind, mit dem Einsatz unserer 
Aräfte mitzuhelfen am Aufbau der neuen Wirtschafts— 
zrdnung und unseres deutschen Vaterlandes. 
J. 3. 
Albert Korn. 
Neugeftaltung 
der Wirtschaftsordnung 
Die wenigsten unserer Leute wissen, welch gewaltige 
Umwälzungen in unserem Vaterlande vor sich gehen. 
Sie hören und lesen von Neuordnungen und Umge— 
taltungen, erkennen aber zumeist nicht die Tiefe und 
Tragweite dieses gewaltigen Geschehens. In den 
etzten Nummern des „Saarbergknappen“ wurde uns 
zon der Neuordnung der Deutschen Arbeitsfront und 
der Sozialpolitik berichtet, aber auch das sind nur 
Teile des großen Apparates, der im Umbau begrif⸗ 
en ist. In unserem Vaterlande sind Riesenkräfte am 
Werk, um neben dem politischen Aufbau auch die 
Wirtschaftsordnung völlig neu zu gestalten. 
Daß eine Aenderung in der Wirtschaftsordnung 
kommen mußte, darüber waren sich alle klar. Wie 
aber diese Neuordnung vor sich gehen sollte, darüber 
jab es Dutzende von Meinungen und Vorschlägen 
Parteien und Verbände, Gesellschaften und Vereine 
Helehrte und Fachleute haben viel darüber geschrie— 
hen und gesprochen. Allmählich konnte man aus die⸗ 
em Wirrwarr von Meinungen eine Dominante 
heraushören, der Ruf nach der berufsständischen Ord⸗ 
nung. Leider war es auch da nur der Titel. auf den 
ich viele geeinigt hatten. In der Sache herrschte die⸗ 
selbe Unklarheit wie früher, da jeder von der berufs— 
tändischen Ordnung ein eigenes Bild und eigene Be— 
griffe hatte. Jahrzehnte wären schließlich noch ins 
Land gegangen, bis die einzelnen Interessenten sich 
in dieser Sache einig geworden wären. Hätte man 
aber auch eine Einigung erzielt, so fehlte immer noch 
die starke Hand, den Plan ins Werk zu setzen. 
Die Führer im neuen Deutschland waren sich bald 
einig im Plane, fanden aber auch den Mut und die 
Kraft, das Werk in Angriff zu nehmen. Während 
man in anderen Ländern noch immer über die be⸗ 
rufsständische Ordnung disputiert und sich in theore⸗ 
tischen Streitigkeiten ergeht, hat man in Deutschland 
die Sache praktisch angepackt und in der kurzen Zeit 
bon nicht ganz einem Jahre Gewaltiges geleistet. 
Heute ist man in Deutschland der berufsständischen 
Irdnung näher als in irgend einem anderen Lande. 
Immer schärfer treten die großen Linien hervor, im⸗ 
mer deutlicher werden die Umrisse dieser neuen Ord⸗ 
aung, und immer klarer kristallisieren sich die stän 
dischen Gebilde 
Gibt es eine krisensichere Wirtschaftsform? 
Die Wirtschaft ist eine menschliche Einrichtung. 
Die Wirtschaftsform ist eine Begleiterin der Ent— 
aicklung der Kultur und — was wir nie übersehen 
dürfen — der Geistes haltung der Mensch— 
hdeit. Es gibt darum keine Winrtschaftsform, die 
ils en dgülhtig bezeichnet werden könnte. 
Im Laufe der bezeugten Geschichte der Menschheit 
jab es viele Wirtschaftsformen. Es hat aber noch 
eine gegeben, die unbedingt krisenfest war. Es 
wird auch in Zukunft keine geben, die dauernd und 
unerschütterlich den reibungslosen Ausgleich zwischen 
krzeugung und Verbrauch sichert. Denn alle Krisen 
ntstehen ja eben dadurch, daß zwischen Erzeugung 
ind Verbrauch ein Mißverhältnis eintritt. 
Wir erleben es augenblicklich, daß die sogenannte 
freie Wirtschaft“ für die furchtbare Krise verantwort— 
ich gemacht wird, und daß man in der Welt die Krise 
zurch eine Abdrosselung der „freien“ und eine Züch— 
der gebundenen Wirtichaft zu beheben 
ucht. 
Ohne Zweifel ist man dabei auf dem richtigen 
Weg. Die schlimmsten Feinde der gebundenen Wirt⸗ 
chaft sind jedoch jene, die von ihr das rasche und 
große Wunder und die endgültige Form erwarten. 
A ee eee viel zu 
Am meisten ausgeprägt erscheinen bis jetzt der ahlreiche, perschiedene und schwankende Faktoren als 
— —— An —S— daß menschliche Voraussicht fie ein deutig porausbest im⸗ 
ner.Diese beiden Stände haben auch bereiis eine men und in unerschüttetrlichet Hatmonie zusammen⸗ 
jesekzliche Grundlage erhalten in dem Gesetz vom 13 ordnen könnte. Man denke nur an die unberechen⸗ 
September sür den Reichsnährstand und in dem Ge⸗- baren Widerstände der Ratur, an die Schwankungen 
eß vom 22. September für die Keichskullurkammer, des Klimas, an die Unbeständigkeit der Mode und an 
die übrigen ständischen Gebilde, wie der Reichsstand, die Rückwirkungen der Volitik auf die Wirtschaft. Ge⸗ 
des Handwerks, des Handels und der Industrie el viß kann eine planmäßzige gebunden Wirtschaft eine 
noch in der Entwicklung begriffen. zroße Reihe jener Gleichgewichtsstörungen verhindern 
Welche Personen von den einzelnen Ständen er⸗ ie im liberalen freien) Wirtschaftsspstem unvermeid⸗ 
jaßt werden und welche Aufgaben von ihnen zu lösen ich sind; nicht aber kann sie diese Störungen. deren 
ind, ist bis jetzt auch am deutlichsten an dem Reichs⸗Artsachen ja zu einem Teil außerhalb des Bereichs 
nenschlicher Willkür liegen, völlig unmöglich machen. 
Ubrigens wäre eine vollkommene Stabilität der Wirt— 
ichaft keineswegs wünschenswert, weil sie mit Still⸗ 
stand gleichbedeutend sein müßte. Stillstand aber 
mnüßte jeden wirtschaftlichen und technischen Fortschritt 
verhindern.“ (P. Müller „Dossiers“.) 
Und die christliche Wirtschaftsordnung? 
Wie steht es da mit der christlichen Wirtschaftsord⸗ 
aung, wie sie in den päpstlichen Enzykliken propa⸗ 
ziert wird? Gibt fie die Garantie dafür, daß fortan 
keine Krise mehr kommt? 
Das Hauptziel der christlichen Wirtschaftsordnung 
und der für sie werbenden päpstlichen Rundschreiben 
ist nicht die Schaffung eines neuen Gerippes für den 
organisatorischen Ausbau der Wirtschaft, sondern die 
5chaffung eines neuen Geistes, der die 
Wirtschaft und alle, die an ihr teilhaben, durchdrin⸗ 
gen muß. 
Freilich gibt es unentbehrliche organisa— 
torische Voraussetzungen, ohne die dieser 
neue Geist nicht fruchtbat werden kann. Aber diese 
organisatorischen Voraussetzungen der christlichen 
Wirtschaftsordnung lassen der Wirtschaft einen 
zroßen Spielraum, der es ihr gestaittet, sich der 
fortschreitenden Kultur, der Technik, der Schmälerung 
oder Erweiterung der Rohstoffbafis usw. leicht anzu⸗ 
re 
Wir dürfen das Heil der Wirtschaft nicht allein in 
einer Umorganifierung suchen und dürfen auch nicht 
von der gebundenen Wirtschaft die wunderbare Ret⸗ 
tung für heute und morgen erwarten. Die Form 
der Wirtschaft wird und muß beweglich bieiben. 
Waswiraberbrauchen, ist die Stetigkeit 
einer geistig-morglischen Grundhal— 
zung, die wir neu schaffen age Die 
saeue Wirtschaftsgesinnung iß die uptsache.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.