Full text: Der Saarbergknappe (15 [1934])

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»fen. den 1. Dezember 1034 
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter für das Saarwirtschaftsgebiet 
krscheint jeden Samstag für die Mitglleder gratis — Oeschaͤftsste lle — ——— — Saas⸗ 
Preis für de Zahlstellenabonnenten 8.— Fr. monatl. ohne otsidien 2. St Jobannert Sttaße 409. — Fernlptech Anschlußze 
—AIXXE Amt Saarbrücken. Sammel⸗Nr. 29241 
Wahrheit und Klarheit 
Jetzt sollen die deutschen Sozialversicherungsbeiträge die Status quo⸗Propaganda stützen. 
Nachdem die Status quo'ler erkannt haben, daß es jährige Schlepper genau denselben Beitrag zahlen 
pergebliche Arbeit gewesen ist, als man den saar⸗ muß wie der bestentlohnte Hauer, sondern ist in ge⸗ 
ändischen Versicherten vorschwindelte, auch im Falle wissen Grenzen verschieblich und unterschiedlich ent— 
der Volksentscheidung für den Statut quo würden die 'prechend dem im Monat verdienten Lohn. Diese 
saarländischen Rentensätze die gleichen bleiben wie Beittagsregelung ist zweifellos viel gerechter wie bei 
bisher bezw. müsse die „Heidelberger Abrede“ weiler⸗der Saarknappschaft. 
hin durch Deutschland erfüllt werden, versuchen sie es Und weil man gerade den braven Saarbergmann 
mit einem anderen Trick, von dem sie sich mehr Erfolg' nit unrichtigen Zahlenbeispielen irritieren und kö— 
persprechen. dern will, so halten wir es für angebracht, im Inter— 
Jetzt sollen die Sozialversicherten graulen gemacht esse der Wahrheit und Klarheit Wirtlichteiiszahlen 
werden vor den angeblich hohen Beiträgen, die sie im zu bieten und an Einzelbeispielen darzutun, was rech⸗ 
Falle der Rückgliederung des Saargebietes ans Reich ens ist. 
uu den einzelnen Versicherungen, sei es die Kranken⸗ Zunächst bringen wir die bei der Reichsknappschaft 
Invaliden⸗-, Angestellten⸗, oder Knappschaftsversiche- jellenden Lohntlassen nebst den für dieselben 
rung, leisten müssen. jeltenden Beiträgen pro Monat: 
Den Rednern der Deutschen Front und der Deut— 
ichen Gewerkschaftsfront wird in der Status quo—⸗ 
Presse unter Führung der „Neuen Saar-Post“ vor⸗ 
geworfen, daß sfie es wohl verstünden, den Ver— 
icherten und Rentenempfängern die Segnungen und 
Borteile der „Heidelberger Abrede“ vorzustellen, sie 
indererseits jedoch Mangel an Wahrheitsliebe be—⸗ 
lundeten, indem sie wohlweislich den Interessenten 
r uen 
eie andee I —F Ppaiege dei einem Einkommen bis 75 RM. Lohnkl. 1 * 
sicherten geleistet werdenmüßten. Eine v9 vn monatl 
weitere Unterlassungssünde, der sich die vorgenannten bei einem Einkommen von . ehnt7 
Redner schuldig machen sollen, soil darin zu finden monatl. 
sein, daß sie nicht bei jeder Gelegenheit erwähnen, bel einem Einkommen von* RM. Lohnkl. 3 * 
bon wem die „Heidelberger Abrede“ stammt und wem 1230 RM. monatl 
man dafür zu Ddant verpflichtet ist. bei einem Einkommen von 1285 RM. Lohnkl. 4 * 
Mit einem leichten, willtküͤrlich gegriffenen Zahlen⸗ 1470 RW. monati 
piel vorsucht man dann die Status quo⸗Thesen zu bei einem Einkommen von 150 bis 175 RM. Lohnkl. 5* 
begründen und glaubhaft zu machen. Aber wie! Vonp 1720 RM. monatl 
Wahrheit und Klarheit keine Spur. Nur ein Satz bei einem Einkommen von 175 bis 200 RM. Lohnkl. 6 2 
in dem ganzen Geschreibsel hat uns wirklich gefallen 18 60 XM. monati 
uind findet unsere hundertprozentige Zustimmung, »el einem Einkommen von 200 bis 225 RM. Lohnkl. 7 * 
weshalb wir ihn zu Nutz und Frommen aller Status 2210 RM. monatl. 
quoler hier wiedergeben: el einem Einkommen von mehr als 225 RM. Lohnkl. 8 * 
„Wer Anspruch darauf macht, ein wirklicher Deut⸗ 24,50 RM. monatl 
scher zu sein, der muß vor allen Dingen waher sein, Den Beitrag zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer 
muß ehrlich sein; darf nicht nur das Gute sagen, e zur Hälfte, vorher zahlten die Arbeitnehmer 315 
sondern auch das Böse. Und wer dazu den Mut nicht ind die Arbeitgeber 2/5 des Beitrages. 
aufbringt, ist kein deutscher Mann.“ Nunmehr einige vergleichende Beispiele: 
Das hat uns gefallen; lieber wäre es uns aber dch Angenommen: Ein 1jähriger Schlepper im Saar⸗ 
schon gewesen, wenn die Status quo-Propagandisten »ergbau verdient pro Schicht 22 — Irs. Er verfährt 
dies auch beherzigen wollten. Denn nachstehend wer- 20 Schichten (hochgegriffen). Dies ergibt einen 
den wir beweisen, daß uns in jeder Beziehung an Bruttolohn von 440 Frs. Als Beitrag zu seiner Pen⸗ 
Wahrheit und Klarheit liegt. jonskasse muß er zahlen rund 60,— ärs. aleich 10.— 
Die deutschen Versicherungsbeiträge haben nichts Nark. 
Schrechaftes an sich; sie sind in ihrer heutigen Höhe Ein Schlepper im deutschen Bergbau hat den glei— 
von denselben Ministerien festgesetzt worden, die daut! hen Lohn. Er zahlt aber keine 10— Mark als Bei— 
sür die Schaffung der „Seidelberger Abrede“ be⸗ rag, sondern nur 3,70 RM. gleich 2220 Frs. 
anspruchen. Angenommen: Ein Vollhauer im Saarbergbau 
In der deutschen Krankenversiche rung ist perdient 40, — Frs. pro Schicht. Er verjährt im 
durch Gesetz zwingend vorgeschrieben, daß der Bei-Vionat 20 Schichten und erhält einen Bruttolohn von 
hrag s Prozent des Grundüohnes nicht W0O Frs. Sein Pensionskassenbeitrag ist 6b6.— Frs 
ü berssteigen darf. (Nach dem Gesetz vom 5. Juli Zein Kamerad im Reich zahlt unter genau gleichem 
ds. Is., welches demnächst in Kraft tritt, zahlen Lerdienst keine 10, — RMi., sondern nur 733 RM. 
Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag je zur it gleich 44,10 Frs. 
hälfte; bisher hatte der Arbeitnehmer zwei Dritiel, Wir wollen aber auch dem Beispielgeber in der 
der Arbeitgeber ein Drittel des Beitrages zu zahlen. Neue Saar⸗-Post“ gerecht werden, der den Saar 
— Im Saargebiet besteht die Vorschrift, daß die sergmann in liebenswürdiger Weise einen Phantasie- 
Kassenorgane berechtigt sind, einen Beitrag bis zu ohn von 1128 Frs. pro Monat verdienen läßt. 
z Prozent des Grundlohnes festzusetzen. Gäbe der Herrgott, daß es wahr werde!) Auch bei 
Auch in der deutschen Invaliden-u. Hinter- diesem Lohn ist der Monatsbeitrag zur Pensionskasse 
bliebenen versicherung ist der Beitrag auf auf 60,— Frs festgesetzt. Der Bergmann im Reich 
Prozent des Endbetrages der Lohn-ahlt bei genau gleichen Voraussetzungen auch noch 
stufe, in welche der Versicherte auf Grund seines eine 10 RVi. sondern 8,80 Rye, gleich 58.80 Frs 
Lohnverdienstes eingegliedert ist, festgesegt und wird! Na, was willste noch?) Für Waährheit und Klar— 
e zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer ge- heit, bitte! 
tagen. Um jedoch den Herrschaften gar keinen Schnür— 
In der reichsknappschaftlichen Ver- enkel zu lassen, an dem sie sich jesthalten können, ge— 
iche rung ist der monatliche Beitrag festgesetzt auf tehen wir, ohne den geringsten Schaden zu nehmen. 
38 Prozent vom Endbetrag der Lohnklasse, die dem gerne ein, daß in der Invalidenversicherung nach der 
eweiligen Lohn entspricht. Der Beitrag ist nicht ein- dückgliederung an einer Beitragserhöhung nicht vor— 
jeitlich und starr für alle Knappschaftsmitglieder, wie heizukommen ist. Leute, die genau im Bilde sind 
jum Beispiel bei der Saarknappschaft, wo der 16-lauf Grund ihrer amtlichen Tätigkeit, stellen heute 
schon glaubhaft dar, daß im Falle des Status 
quo die heutigen Beiträge verdoppelt 
werden müssen. Eine diesbezügliche telefonische 
Anfrage bei der Landesversicherungsanstalt oder bei 
der Saar⸗Knappschaft wird, wenn gewünicht, Klarheit 
bringen. 
Weil wir nun wirklich so versessen darauf sind, der 
Wahrheit zu dienen, können wir nicht umhin, den 
Leuten, die so schöne Sätze prägen können betr. Wahr⸗ 
heit und Klarheit, zu beweisen, daß sie die Wahrheit 
elbst mißachten, mit Füßen treten und lentlich unter⸗ 
chlagen. 
Wenn wir immer wieder unseren Sozialversicher⸗ 
en und Rentnern im Saargebiet mit berechtigtem 
Stolz sagen können, daß die Leistungsgestaltung der 
deutschen Sozialversicherung weitaus besser ist als 
in allen anderen Industriestaaten der Welt, wenn 
wir darauf hinweisen können, daß das deutsche 
Knappschaftsrecht als vorbildlich für alle Länder gel⸗ 
ten darf, wenn wir andererseits betonen können, daß 
die Beitragsgestaltung sich in einem annehmbaren 
Rahmen bewegt, so frägt der denkende Mensch mit 
Recht: „Ja, wo kommt denn dann das Geld her, um 
olche Leistungen bieten zu können“. Hier ist der 
wunde Punkt, an den die Status-quoler nicht heran⸗ 
gehen. Sie könnten ja auch schließlich i hre Geld— 
geber kränken. 
Das Deutsche Reich zahlt, um die Leistungsfähig⸗ 
keit der Invalidenversicherung zu sichern und um Bei⸗ 
ragserhöhungen zu vermeiden, alljährlich aus öffent⸗ 
lichen Bitteln den Betrag von 200 Millionen Reichs⸗ 
mark an die zuständigen Versicherungsträger. 
Das Deutsche Reich zahlt, um die Reichsknappschaft 
in ihrem Bestande zu erhalten und um die Beitrags⸗ 
belastung tragbar zu halten, an die Kasse der Reichs⸗ 
nappschaft aus öffentlichen Mitteln 100 Millionen 
Reichsmark. Obgleich die Lex Brüning nicht mehr 
angewendet werden kann, weil deren Voraussetzungen 
weggefallen sind, zahlt heute noch das deutsche Reich, 
das wirklich unter schwerer Wirtschaftsnot zu leiden 
hzat, diese Zuschüsse im Jnteresse der Versicherten und 
Rentenempfünger. 
Es sei auch hier anerkannt, daß derfran zösische 
Staat in Aeen der Schwere und Gefährlichkeit 
der bergmännischen Berufsarbeit erhebliche Zu—⸗ 
ichüsse zur französischen Bergarbeiterpensionskasse 
eistet, nämlich jährlich 45s5 Prozent vom 
sßesamtlohnaufkommen im Bergbau 
Frankreichs. 
Allgemein ist bekannt, daß die Bergarbeitergewerk— 
chaften bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der 
Regierungskommission für das Saargebiet forderten, 
den guten Beispielen der großen Nachbarstaaten 
Deutschland und Frankreich zu folgen und relativ zur 
anappschaftspensionskasse der Saarbergarbeiter die— 
elbe Hilfsstellung einzunehmen, wie diese Staaten 
s bei den Knappschaftskassen getan haben. Haben die 
Bergarbeiterorganisationen sich nicht immer bitter 
zeklagt, daß sie bezüglich solcher Vorstellungen nur 
tauben Ohren predigten? Hätte die Regierungskom⸗ 
nission füür das Saargebiet hier nut halbwegs Ent⸗ 
gegenkommen gezeigt, dann hätte die Saarknappschaft 
nicht ihre verhältnismäßig geringen Pensionstassen⸗ 
leistungssätze noch um 10 Prozent abzubauen brauchen 
und stände nicht so erheblich bzw. garnicht in dem 
Defizit, wie dies zur Zeit festzustellen ist. 
Wenn die Pensionen der Berglente an der Saar 
heute so gering sind, dann trägt einzig und allein die 
Schuld daran die Regierungskommission für das 
Saargebiet, die für das berechtigte Begehren der 
anappfchaftspensionäre Jeit ihres Bestehens wenig 
»der gar kein Verständnis aufzubringen vermochte. 
Aber diese Wahrheit wird wohl den Status⸗quolern 
unbequem sein, was uns aber nicht hindern kann. sie 
zäffentlich zu künden. 
Propagandisten des Status quo! Wenn Euch die 
aarländische Arbeiterschaft auch bezüglich des neuesten 
Beitragsschwindels einer gründlichen Abfuhr für 
vürdig befindet, so laßt trotzdem die Köpfe nicht hän— 
gen. Sucht nach neuen Viotiven gegen unser deutsches 
Vaterland und bringt sie vor. In solch bewegten 
zZeiten soll jeder, der es vermag, dazu beitragen, daß 
zurch gesundes Lachen die Stimmung gehoben wird
	        
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