Full text: Der Saarbergknappe (15 [1934])

Nummer 5 
Saarbrücken, den 3. Februar 1934 
15. Jahrgang 
—339 — 318 u⸗ 4* 
Organ des Gewerlhkvereins christl. Bergarbeiter für das Saarwirtschaftsgebiet 
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Sei kreu! auf Treue steht die Welt, 
VNur Treue gibt dem Menschen Wert; 
Sie ist's, die Menschen wohlgefällt 
Und die von uns der Herr begehrt. 
Treu weist nach Vorden der Magnet 
Und zeigt durch's Meer die rechte Bahn; 
Sei Gott und Menschen kreu, so geht 
Grad durch dein Weg und himmelan. 
J. Sprind 
Bemerlungen 
Für Freiheit der Abstimmung, ohne Beein— 
flussung 
Die 78. Tagung des Rates des Völkerbundes in 
Benf ist beendet. Die Berakungen dieser Tagung 
wurden von allen Saardeutschen, insbesondere von 
den Bergleuten mit Spannung und größtem In 
leresse verfolgt. Olaubke man doch, der Rat würd⸗ 
den Termin der Volksabstimmung über das Saar 
gebiet festsetzen, wie dies nach gewissen Verlaut 
barungen auch angenommen werden konnte. Dies 
hat der Rat nicht getan, sondern eine Entschlie 
hung angenommen, in welcher der Wille bekunde 
wird, „die Durchführung der Volks 
abstimmungim Saargebietim Jahr 
1935s03zu sichern,daßeinefreie, ge 
heime und ehrliche Wahl zustand 
kommt“. Daraus ergibt sich zunächst, daß der 
Völkerbundsrat sich nicht davon abbringen ließ 
den Abstimmungstermin um 5210 Jahre zu ver 
dieben. wie das von einigen Leuten aus Links 
reisen verlangt worden war. Der englische Au 
zenminister wuͤrdigle die Stimmung der Saarbe 
bdölkerung richtig, als er behauptete, eine Verschie 
bung des Abstimmungskermins könne schon des 
halb nicht in Frage kommen, da 95 Prozent der 
Abstimmungsberechtigten für die Rückgliederung 
an Deutschland votieren würden. 
Vach dem Willen des Rates soll dafür gesorg! 
werden, daß die Wahlfrei, geheim sund ehr 
lich erfolgen kann, also, daß keinerlei Be— 
einflussungen der Asbstimmenden in Er 
scheinung kreten. 
Das ist uns gerade recht. 
Der Wille des Völkerbundes erstreckt sich doch 
wohl auf alle Kräfte, die im Saargebiet spielen 
Da dürfen wir wohl zunächst die Hoffnung wiede 
aufkommen lassen, daß der von uns stels als unzu 
lässig bezeichnete Gewissensdruck von den Berg 
arbeitern genommen wird. Es dürfte sich nunmehr 
erübrigen, noch weiterhin deutsche Bergmanns— 
kinder in französische Schulen zu pressen. Galt 
dies bisher schon als unfein, so würde eine weitere 
Druckausübung als offenbarer Verstoß gegen den 
Geist der Humanikät gedeutet werden müssen. 
Ohne irgend jemanden zu nahe kreken zu wollen, 
ist bisher die oftmals geiroffene Feststellung nicht 
widerlegt worden, daß die Schulausbildung der 
Kinder, die die franz. Schule besuchen, unvollkom 
men, ja vielfach absolut mangelhaft ist, besonders 
im Hinblick auf unsere kulturellen und zivilisato— 
rischen Verhältnisse. Viele dieser bedauernswerten 
Kinder sind nach der Schulenilassung beinahe mil 
Analphabeten eaeen Sie kommen im 
Leben nie mit, weil der Mangel an elementaren 
Schulkenntinissen immer wieder den Weg ver 
sperrt. Es wird bestimmt als versöhnlicher Ak 
empfunden werden, wenn die Generaldirektkion der 
Saargruben ihren, Belegschaftsmitgliedern in 
dieser Frage die volle Freiheit zurüchgäbe Aud 
könnken viele ktausende Franken erspart werden,prinzip Geltung bekommt. In allen Betrieben gilt 
die an anderen Betriebsstellen nützliche Verwen lder Unternehmer als Führer; Arbeiter und Ange— 
dung finden könnten. — Dann noch eins, was uns stellte bilden die Gefolgschaft. Anstelle eines bis— 
als Gewerkverein besonders angeht. Anscheinendt her durch Wahl berufenen Betriebsrates tritt ein 
eflissentlich und mit Vorbedacht lassen gewisse Vertrauensrat, der durch den Führer aus der Ge— 
—* in den Kreisen der Belegschaften immer folgschaft bestimmt wird. Dieser Verkrauensrat hat 
wieder durchblichen, als bevorzuge der Arbeit die Pflicht, gemeinsam mit dem Führer dafür zu 
geber im Saarbergbau eine gewisse Organisations sorgen, daß alle Arbeitnehmer in einem Betriebe 
richtung. Ja, wir haben Beweise dafür, daß Unker sich mit demselben verbunden fühlen. Anstelle der 
kassierer solchen Kameraden, die den Ueberkritt inr bisherigen Schlichter treten die Treuhänder der 
den Gewerkverein vollzogen hatten, in unmißver. Arbeit. Diese haben in erster Linie die Aufgabe, 
ständlicher Weise bedeuteten, daß nunmehr der für die Erhaltung des Arbeitsfriedens Sorge zu 
Arbeitsvertrag gefährdet sei. Auch haben wir Be kragen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, 
weise dafür, daß Kameraden ihre Ueberkritis wurden ihnen eine Anzahl Rechte zuerkannt. Für 
erklärung zurückzogen, weil sie auf Grund dem jeden Bezirk eines Treuhänders der Arbeit wird 
Hinweise ernstlich befürchteten, im Arbeitsver ein soziales Ehrengericht errichtet, welches unter 
hältnis benachteiligt zu werden. Die General Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges und ohne 
direklion bestreitet allerdings ganz entschieden, eine Mitwirkuͤng der Staatsanwaltschaftf über Ver— 
einseitige Haltung ihrer Verwaltungsorgane zu gehen von Beltriebsangehörigen zu entscheiden und 
dulden. Aber auch der Schein muß vermieder entsprechende Strafen zu verhängen hat. Der Kün— 
bleiben. Unser Verhalten als Tarifkontrahent war digungsschutz erfuhr einen besseren Ausbau. Durch 
ist und bleibt loyal eingestellt und erachten wir es die Einführung dieses neuen Gesetzes, das in sei— 
wirklich im beiderseitigen Interesse für erforderlich nen Hauptteilen am Tage der Veröffentlichung im 
daß diesbezüglich keine Aenderungen vorgenom Reichsgesetzblatkt, das war der 23. Januar 1934, in 
men zu werden brauchen. — Wir als deutsche Kraft frat, wurden eine Anzahl bisher gellkender 
Bergärbeiter werden den Willen des Völkerbun sozialpolitischer Gesetze, wie das Bekriebsrätege— 
des in der Abstimmungsfrage respeklieren; hoffen setz, das Gesetz über die Entsendung von Betriebs- 
wir aber auch, daß alle Inkeressentken das Gleich— ratsmitgliedern in den Aufsichtsrat, die Tarifvet- 
tun. tragsverordnung, Verordnung über das Schlich-— 
tungswesen, das Gesetz über die Beisitzer der 
Arbeitsgerichts- und Schlichtungsbehörden u. a. m. 
außer Kraft gesetzt. 
Wann wird endlich das deutsch⸗französische 
Ablommen betr. Sozialversicherung 
in Geltung gesetzt? 
Im Juli 1932 wurde nach einer Anzahl Verhand⸗ 
lungen in Paris zwischen Vertretern der deutschen 
Reichs und französischen Staatsregierung das 
vorbezeichnete Abkommen schriftlich fertiggestellt. 
Es bedurfte zur Inkraftsehung der Ratifikation 
der deteigen Regierungen. Am 9. August ver- 
gangenen Jahres hatten wir in einer besonderen 
Eingabe die deutsche Reichsregierung an diesen 
notwendigen Akt erinnert. Postwendend erhielten 
wir die Antwort, daß die deutsche Regierung das 
in Frage stehende Abkommen bereits rakisiziert 
habe. Demnach liegt der Grund für die —— 
rung bei den französischen Regierungsstellen. Nach 
Eingang der Antwort der deutschen Reichsregie- 
rung hatten wir uns sofort mit der Abkeilung Ver⸗ 
sicherungswesen der Regierungskommission für 
das Saargebiet ins Benehmen gesetztk und hat diese 
uns zugesagt, daß sie sich bei den amtlichen franzö—⸗ 
sischen Stellen bemühen wolle, damit das Abkom- 
men endlich in Gelltung käme. Seitdem haben wir 
von dieser Stelle nichts mehr gehörk. Wir er— 
halten jedoch glaubwürdige Nachrichten aus Elsaß—- 
Lothringen, wonach dorken in den Interessenken⸗ 
kreisen die Behauptung kursiert, als habe die 
französische Regierung das Abkommen ratifizierl 
und die Schuld für die Verzögerung des Inkraft- 
tretens läge bei der deutschen Reichsregierung. — 
Wir möchten doch hier wiederum die dringende 
Bitte aussprechen, daß die Abteilung Versiche⸗ 
rungswesen sich um endgültige Klärung der Ange⸗ 
legenheit bemüht. Hunderte von Interessenken 
harren schon eineinhalb Jahre auf das Inkraft- 
treten dieses Abkommens. Mehrere Versiche- 
rungsträger haben bereits die seit 1920 gewährte 
Rente wieder entzogen mit dem Hinweis, daß der 
französische Versicherungsträger zuständig sel auf 
Grund des Abkommens. MWan sollte doch meinen 
daß es nicht so schwer sein dütflke. das Abkommen 
in Kraft zu seken
	        
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