Full text: Der Saarbergknappe (15 [1934])

Nummer1 
»ien, den 6. Januar 1934 
13. Jahrgars 
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Organ des Geworknereins christl. Bergarbeiter für das Saarwirts chaftsgebiet 
e e pe ud. eSat wirtschaluuiche .n g2utine vebuns ditn α 
Botenlohn. für die Postabonnenten 15— Fr.viertelsährl. des Bergarbeiterstandes Amt Saarbrücken. Sammel⸗Nr. 2 92 41 
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Die Silvesterglocken sind verkllungen und das Jahr 1934 steht in voller 
Jugendfrische vor uns. Wir begrüßten es herzlich, weil es uns dem giele 
unserer Sehnsucht näher bringt: der Wiedervereinigung mit unserm an— 
gestammten Volk und Vaterland. 
Es war für uns ein furchtbar harter Schlag, als trotz der feierlichen 
Proklamierung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker das deutsche Saar⸗ 
gebiet ohne vorherige Befragung seiner Bewohner der Hoheit des RKeiches 
entzogen wurde. Gewalt wurde einfach vor das Recht gestellt. Die selbst 
proklamierten Grundsatze wurden glatt vergewaltigt. Obschon wir es da⸗ 
mals laut hinausschrien, daß wir bei unserm Volk und Vaterland bleiben 
wollten, hörte man nicht auf uns. Was galten wir deutschen Menschen, wo es 
sich um den Ausbau und die Sicherung der militärischen und wirtschaftlichen 
Vormachtstellung eines gewissen Staates han⸗ 
delte? Wir wurden behandelt, als ob wir 
tote Sache wären. Nichts frug man nach un⸗— 
serm ererbten Recht. Die Tatsache, daß unsere 
schöne Saarheimat seit mehr als tausend Sah- 
ren zu Deutschland gehört, störte die Herren- 
menschen wenig, die das Versailler Diktat 
chufen. Wir wurden einfach vor die harte 
Wirklichkeit gestellt, daßz nicht mehr unser 
eigenes Vaterland, sondern der Völkerbund 
aund eine von ihm eingesetzte Regierungs— 
kommission über uns zu befinden haben. 
Wenn der Völkerbundsrat als Vollstrecker 
des Willens des Volkerbundes dem Geiste 
entsprechend hätte handeln wollen, der den 
Völierbund beseelen müßte, dann hätte er 
es klar und deutlich aussprechen müssen, daß 
das Saargebiet aus der angestammten Hoheit 
des Reiches nicht herausgenommen werden 
dürfe. Aber auch für ihn galten nur die Para- 
zrayhen des Verjailler Vertrages, jenes Do⸗ 
fumentes, bei dessen Abfassung Liebe, Ver— 
söhnung und Gerechtigkeit total ausgeschaltet 
waren. In bezug auf das Saargebiet hätte 
der Völkerbund wahrlich eine Probe aufs 
Exempel machen können. Er hat es nicht ge⸗ 
san, weil er sich als Vollstrecker des ungerech— 
ten Versailler Urteils betrachtete und nicht 
als Versjöhner der Völker. Darum ist er im 
großen und ganzen unfruchtbar geblieben, 
darum hat er auch verflixt wenig zur Befrie- 
dung der Menschheit beitragen können. Aber 
schließen wir diefses Kapitel und sagen wir 
das, was wir wollen. — 
Wir wollen, um das erneut herauszuv⸗ 
stellen, heim zu unserm Volk und Vaterland. Wenn wir das sagen, so ist das 
fein Rafionalismus und hat das mit irgend welcher Parteipolitik gar nichts 
zu ltun. Wir sagen nur das, was in unserm Innern lebendig ist, was in 
uͤnserm Herzen lebt und webt. Es ist ja seit jeher unserm deutschen Volk im 
Hobiete der mitfleren Saar beschieden gewesen, das Schicksal seiner Nation 
sm besonderen Maße zu erleben und zu erleiden. Als die Gefahr vor un— 
krat, von unserm eigenen Volk und Vaterland getrennt zu werden, da brachen 
in unserm Innern Quellen auf, deren Kräfte uns zuraunten: „Das dar 
nimmer geschehen!“ Da empfanden wir erst so recht, wohin wir gemäß er⸗ 
erbter Tradition, Sprache, Sitte und Kultur gehörten. Keine Saite in un⸗ 
serm Innern klang, als die Franzosen unsere deutsche Saarheimat besetzten. 
Instinktiv wurde uns bewußt. daß wir mit dem Franzosentum aber auch 
gar nichts gemein haben. Wobei wir bemerken möchten, daß wir das fran⸗ 
zösische Volk nicht hassen oder verachten, sondern wegen seiner patriotischen 
Halfuͤng achten. Aber wir können mit ihm nicht eins sein, weil wir anderer 
Herkunft und Kinder des deutschen Volkes und Paterlandes sind. Wir ver—. 
langen nur. daß die Franzosen anch uns achten als aufrechte deutsche Men— 
schen, die auf dem ererbten Schein bestehen mit ihrem angestammten Moll 
wieder vereiniat zu werden. — 
So gibt es für uns überhaupt keinen Zweisel, wie wir uns am Abstim— 
mungstfage entscheiden werden. Wir können nur so handeln. wie es uns 
unses Insseres befiehlt: Für Deutschland. Das eine sei hier eingeflochten 
IKk der Plterbunmdaraf die Nerpflichtung hat. dafür zu sorgen. daß der 
Abstimmungstag mit dem Tag des Ablaufens der 15.jãhrigen Abtrennungs⸗ 
frijt zusammenfallt. Es ist unser gutes Recht, das entschieden zu fordern. 
Zosern man es nicht im Laufe des neuen Jahres einsehen will, daß die 
ünsftlich geschafsene „Saarfrage“ im Interesse der Verständigung zwischen 
deutschland und Frankreich radikal aus der Welt geschafft werden muß, so 
nüssen wir fordern, daß man uns unsere Entscheidung aber auch keinen Tag 
iber die 15-jährige gwangsfrist hinaus vorenthalten darf. Wir gehören zu 
den deutschen Renschen im deutschen Saargebiet, die für eine bedingungslose 
Rückgliederung eintreten. Unser Wille, mit unserm eigenen Volke wieder 
dereint zu sein, ist nicht auf Schachergeschäfte eingestellt. Wir haben niemals 
ansern Kückkehrwillen beeinflussen lassen von parteipolitischen Machtverhält⸗ 
nissen im Reiche, auch nicht von der Gestaltung der deutschen Staatsform. 
Hätte es das deutsche Schicksal mit sich ge⸗— 
bracht, daß Thälmann zur Herrschaft gelangt 
wãre, dann hätten wir am Abstimmungstage 
unsere Entscheidung auch für Deutschland ab⸗ 
gegeben. Diese Entscheidung ist und bleibt 
unabänderlich und unbeeinflußbar. Das am 
Anfang des letzten Jahres vor dem Abstim— 
mungstermin nochmals in aller Oeffentlich- 
keit jestzustellen, ist uns heilige Pflicht. — 
Zu dieser Feststellung fühlen wir uns um so 
mehr berechtigt, da wir selbst über uns am 
Abstimmungskage zu entscheiden haben. Wir 
Abstimmungsberechtigten tragen die Verant—- 
wortung für das zukünftige nationale Schick— 
sal unserer Heimat. Es ist eine unerhörte An— 
maßung, wenn Mienschen, die nicht abstim— 
mungsberechtigt sind, im Namen des deuf— 
schen Volkes im Saargebiet die Weltöffentlich— 
keit zu täuschen versuchen. Wer nicht selbst 
Verantwortung um die Abstimmung zu tra— 
gen hat, soll schweigen und zurücktreten, wenn 
es sich um die Frage unserer nationalen 
Zugehörigkeit dreht. Wenn die Regierungs— 
kommission objektiv sein wollte, dann müßte 
sie eine Verordnung herausgeben, wonach es 
jedem nichtabstimmungsberechtigten Menschen 
im Saargebiet verboten wäre, sich in die 
ureigne nationale Angelegenheit des abstim— 
mungsberechtigten Volkes einzumischen. Tat— 
sache ist es nämlich, daß Menschen, die erst 
kürzere oder längere HZeit nach dem 28. Suni 
1919 ins Saargebiet kamen oder heute hier 
als Emigranten ein Asyl bezogen haben, sich 
anmaßen, im Namen des abstimmungs— 
berechtigten Volkes die Welt irre zu führen 
oder das abstimmungsberechtigte Volk zur Untreue gegenüber seinem Vater— 
land verleiten zu wollen. Dieser Gesellschaft, die keine Verantwortung in sich 
pürt, müßte die Regierungsktommission das Handwerk legen. Das abstim— 
mungsberechtigte Volk, zu dem wir gehören, will heim zum deutschen Vater— 
land. Die Sehnsucht nach der deutschen Heimat ist ja noch stärker geworden, 
jeitdem dem elenden Parteihader ein Ende bereitet und das Werk der inneren 
nafionalen Einigung in unserem Vaterlande erfolareich vorwärts schreitet. 
Der Generaldirektion der Saargruben auch noch ein ernstes Wort: Seit— 
»em Frantreich die Saargruben zu eigen bekommen hat, haben die Mitglieder 
inserer Organisation immer vollauf ihre Arbeitspflicht erfüllt. Und Frank— 
eich wußte es, als es sich die Gruben und Kohlenvorkommen übereignen 
ieß. daß es eine rein deutsche Belegschaft übernimmt. Der Wille dieser 
Belegschaft, wieder vereinigt zu werden mit ihrem angestammten deutschen 
Holk, war und bleibt unveränderlich. Diesen Willen muß die Generaldirektion 
ichten und ehren. Möge man darum aufhören mit der Bevorzugung 
olcher Menschen, die ihr nationales Erstgeburtsrecht verkauft haben und Ab— 
tand nehmen von der Anwendung von Drutrkmitteln, deutsche Bergleute zur 
Untreue gegen ihr eigenes Volk zu zwingen. Das müßte man doch schon 
ängstens erkannt haben: Keiner Macht wird es gelingen, das Saargebie 
dem deutschen Vaterland zu entreiken. Wir schwören es ernent am Anfanc 
es Jahres 1934: 
Unsere Liebe und Treue gehören dem deufichen Volk und Naterland 
MDDie Närgler 
Walter Dehmel — 77 
Wo immer Menschen für Großes streiten 
mit heißem Herzen, da trifft man sie bald. 
die Nörgler, die alle Widrigkeiten 
und Hemmnissie mehren mit aller Gewalt. 
Sie stehen beiseite und murren verbissen 
und haben schon alles vorher gewußt. 
Sie richten die Blicke emsig beilissen. 
und alles. was fehlging — das ist ihre Lust. 
Und ist irgendwo ein Erfolg beschieden, 
sie nörgeln ihn wieder schnell hinweg. 
Sie find mit keiner Sache zufrieden. 
und alles Errungene ist ihnen ein Dreck 
Und fallen im Kampf einmal derbe Worte 
sie rümpfen die Nase, sie haben Niveau. 
Sie sind eine ganz feine Edelsorte, 
sind immer sauber, sie ind nicht so — — — 
Sie spötteln und witzeln, sie tun überlegen. 
sie halten über alles Gericht. 
Nur dazu sind sie nicht zu bewegen: 
mit Hand anzulegen — das wollen sie nicht!
	        
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