Nummer 4
Sinter uns liegt ein Jahr arbeitsreichen Schaf⸗
— großer — sozialer und sittlicher
ot, v'or uns eine Zeit neuer Hoffnungen, neuer
Säens und Aderns, noch größerer Rot und Bitternisse
Deine ängstliche Frage: „Wird sich im neuen Jahre
unser Schicsal zum Vesseren wenden, wird im Jahre
1032 die liefste Talsohle der Wirtschaftskrise erreich
werden?“, ist berechtigt, aber kann leider, gemefser
an der augenblicklichen Lage, nicht bejaht werden
Wir wollen hoffen, daß unser Herrgott, der Welten⸗
schöpfer, in diesem Wirrwarr helfend eingreift, bevor
die bestehende Wirtschaftsgesellschaft und Staatsord
nung auseinanderbricht.
Gerade der junge christl. Gewerkschaftler, der noch
am Anfange des Lebens steht, das Leben noch ganz
vor fich hat, muß in den nächsten Wochen und Mo⸗
naten den Vorgangen in Staat und Wirtschaft die
größte Beachtung schenken. Könnten wir es als christl
Jungmannen vor Gott und der Geschichte verantwor
len, daß eine alie Lebensordnung gewaltsam zerstört
wird, wenn uns andererseits die Kraft fehlt, eine
neue Lebensordnung aufzubauen? — Wir sagen nein
Wächst nicht diese Gefahr von Tag zu Tag? Wird
in dem neuen Jahre die Entscheidung fallen, durch
welche unser persönliches, politisches, wirtschaftliches
und soziales Leben auf Jahrzehnte bestimmt wird?
Wir finden, daß das neue Jahr noch dunkel vor uns
siegt, unserem Schicksal grollend und drohend. Die
Schatten des Kommenden sind sichtbar, die Wehen
des Werdenden spürbar.
„Liebst Du das Leben, dann verschwende nicht
Deine Zeit; denn aus ihr besteht das Leben.“ Diese
Worte Franklins haben für uns eine hohe Bedeu—
sung. Wir haben es in der Hand, die jungen Jahre
unferes Lebens entweder zu verschwenden oder diefe
Zeit für unsere berufliche und geistige Aus bildung
zu benutzen. Welchen Weg willst du im neuen Jahre
wählen? Den bisherigen, bravo! Also, Du wirst
nicht die kostbare, nie zurückkehrende Zeit deiner Ju—
gend mit unnützen, deinen Stand schädlichen Dingen
ausfüllen, sondern wie bisher an der Seite gleichge⸗
sinnter Kameraden, dir die für den Lebenskampf
notwendigen Kenntnisse zu erwerben suchen. Du wills
im neuen Jahre neben einer persönlichen und gewerk—
schaftlichen Schulung mithelfen, die Jugendbewegung
vorwäris zu bringen, sowie an der Erstarkung des
Gewerkvereins tüchtig mitarbeiten. Im Jahre 1982
wirst du die bisher indifferenten Kameraden an der
gewerkschaftlichen Schulungsarbeit interessieren und
die Außenstehenden der Organisation zuführen. Die—s
soll unser Gelöbnis sein, dessen Einlösung unsere Auf—
gabe im neuen Jahre sein wird im Interesse des um
seine Existenz schwer ringenden Bergmannsstandes
Wir wissen es, daß die menschliche Ordnung sich
nicht von selbst ergibt, daß nichts von selbst wird, —
alles muß erschaffen, jedes Stückchen nach oben mufß
erkämpft werden. Und bei diesen Kämpfen, um
nach oben“ zu kommen, welche täglich sich mehren und
erbitterter geführt werden, wollen wir als junge Ge
werkschaftler dabei sein.
Liebe junge Freunde! Der gute Stand des Gewerk⸗
pereins und seiner Jugendbewegung ist zum großken
Ein Bergmannssaͤnger
Herr Pastor Bruns, Langwarden i. O., Mei in
Evangel. Sonntagsblatt „Sonnenstrahlen“, Rr. 40
dom A. Otrober 1931, die don unserem Gewerkverein
herausgegebenen Gedicht bände von Ludwig Kes
fing: Juͤf zum Licht“? und „Saue und Harfe“ bespro
hen. Wir geben die bemerleswerie Besprechung der
beiden genannten Gedichtbände nachstehend wieder
die beiden schönen Bücher sind noch beim Gewerk⸗—
derein vorrätig und können von der Hauptgeschäfts⸗
stelle, Essen, Ssützenbahn 66, bezogen werden. D. Red.
Oas war mit eine Entdeckung! Einen Schatz, hab' ick
ensbeckt, ja eine ganze Schatzkammer. Daß es so etwas
noch gibt in unserem zerplagien und verhetßtten, verirrten
und verwirrten, weithin in duntlem Grau nebelkalter
Racht trostlos dahintröttenden Volk. das ist ein blankes
bares Wunder.
Rach Essen an der Ruhr möchte ich wallen, zu den
tleinen Bergmannshäuschen, wo dieser Biedermann, der
88 Elaudius in der staubigen Welt der Schlote
und Zechen, wohnt mit seiner waderen Frau und seiner
woblgeratenen Kinderschar. Die pielge Hand möchte
in der meinen fühlen und in diese bergklaren Augen
schauen, die so königlich ruhig in des Alltags Lasten und
en und so glaͤubig in hohe. ferne Sonntaasfernen
icen.
Ludwig Kessing heißt der schlichte Bergmann, fromme
Deutsche und feine Dichter. Den Namen mußt du dir
erten Seine beiden Gedichtbande Ha ue und Harfee
und ‚Auf zum Laͤtch t“, Verlag Gewerkverein christl
Bergarbeiter Deutschland“, Effen (Rudr), je 250 Mart)
mußt du dir einmal schenken lassen, deutscher Arbeiter.
An“ ihrem hellen Klang kann deine Seele immer wieder
genesen.
In der grauen Not der Tage,
In der Mühsal und der Plage
Jdaß dein heißes Streben nicht!
Ind es töns von deinem Munde
Aus des Herzens tiefsstem Grunde
Immer wieder: Auf zum Licht!
Das ist der, Grundakkord seiner Bergmannslieder
Mutig steht er seinen Vlann. und wager tritt et ein fü—
Recht'und Ehre Adel und Reinheit des Arbeiterltandes
VAer SaareBerrrtnrapper
Leil der selbstlojen Liebe zur Jugend und des Gewert⸗
ereins und dem Glauben an den Wert unserer er
olgreichen Arbeit zu danken. Mit diesen Zeilen sollen
ugleich Dank und Anerkennung für die mühevolle
Arbeit in Jugendbewegung und Gewerkverein sowie
die beften Wünsche zum Jahreswechsel an alle Jugend
führer, Mitglieder und Freunde unserer Bewegung
berbunden sein. In der kommenden Zeit werden gan⸗
besondere Ansorderungen an Arbeitstraft und Schaf
sensfreude aller in der Jugendbewegung tätigen
Jungmannen gestellt werden. Wenn wir unbeirrt um
den Zeitgeist und die bestehenden Schwierigkeiten in
dem Bewußtsein, dieser guten Sache zu dienen, un⸗
seren mühevollen und opferreichen Weg gehen. werden
vir das Ziel erreichen.
Möge uns das Jahr 1932 dem Ziele des Gewerk
ereins christl. Bergarbeiter: — bessere und gerechtere
Bewertung der produktiven Arbeit, ein menschen⸗
würdiges Dasein und eine gerechte Lebensmöglichkeit
Snäher bringen. Das ist unser sehnlichster Wunsch
an der Jahreswende!
So zieht denn nun herauf ein neuer blauer Tag.
tzist Du's, der ungenützt ihn schwinden lassen mag
deraus aus der Ewigkeit ist dieser Tag erwacht;
Zinab zur Ewigkeit sinkt er noch diese Nacht.
Kicht hatie je ein Aug' vordem ihn noch erblidt,
Und schon ist er für ewig dem Auge entrückt.
Zald ist heraufgezogen ein neuer blauer Tag —
Zist Du's, der ungenützt ihn schwinden lassen mag?
Thomas Carlhyle.
P. G.
Selted
ung, wenn gleichzeitig Anspruch auf Waisenrente be⸗
tehi, in Höhe der Waisenrente gum Ruhen gebracht.
us dieser Abteilung sind jedoch mindestens die Lei⸗
tungen der Angestelltenversicherung zu gewähren. In
den Fällen, wo die Neuberechnung der Bezüge nicht
mehr möglich war, muß der für Januar uͤberzahlte
Betrag bei der nächsten Lohnung in Abzug gebracht
werden. Die Beitragserhöhung zuür Familienkranken⸗
hilfe ist d auch in diesen Faͤllen durchgeführtt.
Der“ Knappschafisvorstand hat in seiner Sitzung
vom 16. Dezember 1931 beschlossen, daß zur Ermit⸗
telung des Einkommens aus der Landwirtschaft für
den Hektar Land ein Durchschnittssatz von 1000 —
Frs. jährlich angenommen wird und erst eine Anwen⸗
dung der Ruhensvorschriften unter Prüfung der Ver⸗
hältnisse bei nur landwirtschaftlichem Einkommen
vorgenommen werden soll,
wenn 24 Morgen Land vorhanden sind.
ßeringe Mengen Pachtland werden nicht miterfaßt.
Mieiwert der eigenen Wohnung und geringe Miet⸗
einnahmen werden nicht gerechnet.
Die Üebertragung des Unternehmens an einen
Oritten schließt die Berücksichtigung des Einkommens
richt aus. Es ist deshalb zwecklos, daß, wie uns ge⸗
neidet wird, diese Uebertragung jetzt Lggt in den
Fällen geschieht. wo nur ganz geringe inkommens⸗
jeträge herauskommen. Die Ruhensvorschrift wird
erst dann in Anwendung gebracht, wenn
mindestens 500 — Irs. monatliches Einkommen
zei einem Versicherten ermittelt sind, der früher als
zauer beschãftigt war. Dann erst ruht die —A
D 38 unr bei e, ntepen
— 3— Enßs die Penfion erft ganz ruhen. Zu diesen Beträ⸗
Inweisuns der —AXXII zen kommen noch vbeim Vorhandensein einer Ehefrau
sgm b e Jellesten Ind Kinder unter 14 Jahren die Sozialzulagen,
l velche zum Lohn des Bergmannes gewährt werden.
Die Verwaltung der Saar⸗Knappschaft hat durch Die Fragebogen find atle einzusenden. Die Knapp⸗
in besonderes Rundschreiben die Knappschaftsältesten chaftsaitesten müssen, salls die Angaben des Empfän⸗
anseisam henacht, in welcher Form die geu ers nicht den Aaen entsprechen, die Verwaltung
Vrcsnhrung zu bringenden Bestimmungen An- enachrichtigen und die, wirklichen Verhältnisse an⸗
endung sindenꝰ Va der' Inhalt dieses Rundschrei- eben. Das wird am besten gleich auf dem Frage⸗
eie Knappschastsmitgueder wifsenswert und ogen vermerkt. Wir ersuchen auch um Mitteilung,
zon Interesse ist, so geben wir den Hauptinhalt nach- venn
tehend bekannt. — Die Interessenten können sich diese Erwerbslosenunterstützung oder Versorgungsbezüge
Anweisung aufbewahren, damit sie sich nötigenfalls aus der Kriegsbeschädigten⸗ und Hinterbliebenen⸗
darauf betufen können. fürsorge
„Die neuen Leistungs-⸗, Ruhens— und Kürzungsbe- ezogen werden. Die neue Notverordnung der Re⸗
timmungen gelten ab 1. Januar 1032. Die abgeän⸗ nierungskommission sieht auch eine Anrechnung der
derten Bezüge werden bereits bei der nächsten Loh. Versorgungsbezüge vor, soweit sie für die bis zum
ung beim größten Teil der Pensionsempfänger zut 31. 12 1931 abgeschlossenen Verficherungsfälle den
Auszahlung gebracht. Dieselben erhalten nur dann Betrag von 150,— Frs. monatlich übersteigen. Dabei
einen schriftlichen Bescheid, wenn unter Anwendung ind die Bezüge der Invaliden, Witwen, Eltern und
von sonstigem Einkommen oder Bezügen aus öffent⸗ Waisen zu berücksichtigen. Die RNichteinsender der
lichen Kassen und Kassen öffentlich⸗rechtlicher Kor- Fragebogen haben die Einstellung ihrer Bezüge zu er⸗
perschaften sowie durch Herabsetzung der Höchstgrenzen warten und zwar solange, bis der Fragebogen ein⸗
eine Verschiebung in den bisherigen Bezuͤgen eintritt. gesandt und die Nachprüfung erledigt ist.
Erfolgt nur die Kürzung des Stigerungobettagee In den Fällen, wo keine Penstonsbezüge mehr aus⸗
und die Gewährung des Invalidenwartegeides sowiel jezahlt werden, ist auch die reich skn appischaft⸗
das Ruhen des Waisengeldes, dann wird ein —VVV
icher Bescheid nicht erteilt. Da die Ruhens⸗ und ur Hälfte ruht, ruht auch diese Zulage zur Hälfte.
Zürzungsbestimmungen auch für die Adepeigenh tei Erreichung der Höchstgrenzen des Jahresarbeits⸗
eilung elten, sind die Waisengelder dielser Abtei⸗ nerdienstes von 80 v. 8. beim Invaliden. 70 v. H.
Kühn sagt er die Wahrheit den Unterdrückern wie
Verhetzern. Gläubig erwartet er den Sieg des guten
Rechtes.
Ob wir an der Oefen Ween Schein.
Sb wir ringen tief in dunkler Grube,
Dö wir wirten in der Handwerkstube,
der mühen uns in Flur und Hain:
Immer 3— uns frohen Muts erheben
Christlich. soziales Streben.
Führwahr eine feine Losung! Dding lebt diesen Dreiklang.
Wenn ich tief im Gtund durch feuchte
Nacht ziehe meiner Arbeit zu,
Gotl, der Herr, ist meine Leuchte,
Meine Hilfe, meine Ruh.
Das ist der tragende Grund seines Lebens, Dichtens
Ind Schaffens. Aber er wandelt nicht auf den blumigen
»zöohen eines sorglosen, leichten, sonnigen Lebens dahin
zergmann sein heiszt ein Leben im Schatten führen!
Die Schicht war so lang und der Schacht war so tief,
ünd ich wußte, daß droben die Ftreude mich rief,
8 die Rachligall sang, daß die Rose erblüht,
dah die Quelle wildschaumend zutage gesprüht,
Daß die Falter fich wiegten, das Waͤldhorn erklang,
Der Lenz um die Berge den Blumenkranz schwang,
Daß die Lerche sich schwang zum Himmel empor
In liebliches Blau sich die Ferne verlor —
Da schritt — gebückt bei der Lampe Schein
And weint' in den Kohlenwagen hinein.
Aber er verzagt nicht, er flucht seinem Dasein und Beruj
ucht. er liebt ihn mit seiner Schwere und steten Lebens⸗
zefahr. Wie der, Bauer den schweißgedüngten Acer, so
ebl er sein duntles Reich tief im Schoß der Erde, und
ist des Segens froh, den er, wenn auch oft ohne Dank und
im geringen Lohn, zu Tage fördern darf:
Die Haue, ich schwing sie zur Ehre, des Herrn,
Den Brand und die Glüt zu entfachen!
Die Sarfe, ich stell' in den Dienst fie so gern
Der Armen, Bedrudten und Schwachen.
Und ein glühendes Herz hat er fürs Vaterland. Dat
füngt durch all seine Lieder hindurch. So sehr er Aus—
beuter, leblose Schwelger und gewissenlose Spartakisten
haßt, so sehr weiß er fich verbunden mit jedem rechten
deutichen Mann. So sehr er leidet unter Deutschlands Not
Ind Schmach so gewißn alaubt er an eine bessere Zukunft.
Und Wge Schweiß auch von der Stirn uns tauen,
Und ob die Not an unfre Türe pocht,
Die Lust zur Tat wird nicht uns unterjocht,
Und auf die Zukunft setzen wir Vertrauen.
So zagt denn nicht in rauchgefüllten Stätten,
Iegt ew'ge Racht wird über Deutschland sein!
Es fiegt das Recht — hell strahlt der Freiheit Schein.
Und seht; zerschlagen liegen alle Ketten.
Am sonnigsten aber leuchten seine Lieder, wenn er
vom Familienglück singt.
Kinder, öffnet eure Arme,
Lächle, liebes Weib, d
Denn nach Müh' und stillem Harme
ZSuch bei euch ich Trost und Ruh.
Wiederum in harten Stunden
Fühlte ich der Sünde Fluch,
RNeine Seele stöhnt von Wunden.
Die ihr harte Rede schlug
Reicht mir Labung! Oh, umfangen
zält der Kleinste still mein Knie!
Fomm an meine bleichen Wangen,
Daß mir aller Unmut flieh'.
Manch schönes Gedicht davon werden wir gelegentuo
ringen. Kessing singt nicht ausgesprochene Heilands⸗
sedet, er zeigt uns keine ferne Wunderwelt, aber tiefe,
in Frömmigkeit durchweht all eine Lieder und mehr
ils die schönsten Dichterträume bedeutet die wahre Le⸗
Xenstunft, darin Kessing Meister ist, den nüchternen Alltag
n Ewigkeitsgold zu tauchen.
62 Jahre zählt der Dichter und Bergmann heute.
Mösge ihm und seiner wadeten Gattin ein Lebensabend
zeschieden sein, da fie schon etwas spüren von dem reichen
dFentesegen eines arbeiisreichen Lebens, wie Kessing es
schlicht und sein im Gedicht „An mein Wieib“ sich
wvünscht:
Laß die letzte Strecke gehen
Stuͤtend nun uns Hand in Hand.
AÄbeind wird es — näher sehen
Rzir der Sterne Wunderland. —