Full text: Der Saarbergknappe (13 [1932])

Nummer 49 
Saarbrücken, den 3. Dezember 1932 
18. Jahrgang 
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Yraan des Geworkyereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
—* jeden Samstag für die Mitglieder gratis. — 3 Geschäftsstelle ATAnarBe rgknappen“: e 
Preis für die Zahlstellenabonnenten 5. — Fr. monatl. ohne Für wirssga dotie Hebung — brücken 2,St Johanner Straße 49. — Fernsprech-Anschluß: 
Botenlohn, für die Postabonnenten 15.— Fr. vierteljährl. des ergarbeiterstandes Amt Saarbrücken, Sammel-Nr. 29241. 
Christliche Jungtnuppen! 
Jugend der Arbeit, brich deine Bahn!“ 
Ch. Wieprecht. 
Christliche Jungknappen! An euch ist der Aufruf 
rgangen, in diesen Tagen um die Mehrung der 
ßewerkvereinskraft besorgt zu sein. Diesem Aufruf 
nüßzt ihr restlos nachkommen. Der Aufforderung 
Freiwillige vor!“ muß unsere ganze Jugendbe⸗ 
vegung Folge leisten. Drückeberger und Etappen⸗ 
zrüder darf es innerhalb unserer Jungmannschaft 
nicht geben. Mit Drückebergern und Etappenbrüdern 
läht sich nämlich keine Welt erobern. Wahre Jugend 
nuß sich in Draufgängertum äußern. Nicht in sinn⸗ 
ind plan losem Draufgängertum, wodurch Kraft 
zerzettelt und unnütz verbraucht wird, sondern in 
inn⸗ und plan vollem Draufgängertum, das auf 
die Erreichung eines edlen und großen Jieles gerich— 
et ist. „Jugend der Arbeit, brich de ine Bahn“! 
So ruft euch der Arbeiterdichter Wieprecht zu. Ihr 
eid also aufgerufen, eure Bahn zu brechen. Im Bre⸗ 
hen eurer Bahn muß sich euer Draufgängertum 
ziewähren. Ihr müßt euch die Bahn brechen zum 
zollen Menschentum, zur vollen Achtung und Ehrung 
res Arbeiters im ganzen Wirtschafts-⸗, Volks⸗ und 
Ztaatsleben. Das ist das edle und große Ziel, auf 
as euer Draufgängertum hinwirken muß. Das ist 
zas Ziel, das unsere gan ze Jugend erstreben muß. 
dazu wird die Kraft aller unserer Jungknappen 
henötigt, also nicht nur die Kraft von wenigen 
Freimilligen. 
Christliche Jungknappen, es geht um eure Zu—⸗ 
unst! Eurer Zukunftsgestaltung zuliebe mühtt ihr 
ech te Draufgänger werden. Mit Kopfhängerei, mit 
Tanzkursusmanieren, mit Blasiertheit und greisen— 
jaftem Getue, werdet ihr nie das Schicksal bezwin⸗ 
zen. Je mehr die Not der heutigen Tage euch be⸗ 
zrückt, um so stürker muß der Wille in euch entbren⸗ 
nen, diese Rot zu überwinden, einer besseren Zukunft 
ie Bahn zu brechen. Schlappftiefel brechen keine 
Bßahn, Schlappstiefel machen gleich am Fuße eines 
Berges halt. Rie werden sie des Berges Gipfel er⸗ 
eichen und frei und jroh Ausschau hbalten lönnen 
ins schöne Land. 
Christliche Jungknappen, soll es denn so bleiben, 
mumer und stäündig, wie es heute ist? Wollt ihr 
es, daß eure Zukunft so ausschauen soll? Lebt in 
X 
zur Geltung zu kommen? Glaubt ihr, weil ein Ar⸗ 
reiterkittel euer Gewand ist, weil Schwielen eure 
zände zieren, müßte das Arbeitertum unten stehen 
zleiben, in den Niederungen des Lebens? Glaubt 
hr, weil ihr eine urwüchsige Sprache redet, könntet 
hr nicht mitgestalten an eurer und des Volkes Zu— 
unft? Seid nicht kleingläubig und verzagt. Die 
Lheisten der ersten Jahrhunderte hatte man in die 
atakomben verdrängt, und doch stiegen sie auf zum 
hellen Licht, und doch überwanden sie eine stolze und 
nächtige heidnische Welt, weil der heilige Wille da⸗ 
u in ihnen loderte. Christliche Jungknappen, wer⸗ 
det euch eures Wertes bewußter! Ihr entreißt der 
Erde Schoßz das Brot der Wirtschaft. Auf euch ist 
»as Volf angewiesen. Ihr bildet eines seiner wert⸗ 
zollsten Glieder. Wollt ihr euch da selbist als min⸗-— 
derwertig halten? Nur charalterlose Gesellen 
önnen sich selbst als minderwertig einschätzen. Ihr 
nüßt euch als vollwertige Glieder der ganzen 
Nation fühlen. Wer sich selbst als Vollwertiger ach⸗ 
set, der muß für die Beseitigung entehrender Zu⸗ 
tände kämpfen. Es geht doch um eure Zukunft, um 
euer ureigenstes Schicksal. Für eure Zukunft müßt 
hr die Bahn brechen. Zäh, nachhaltia und ohne 
Unterlaß, alle Schulter an Schulter. vereint in einer 
inzigen Sturmtruppe. 
Christliche Jungknappen! Eure Sturmitruppe ist 
insere Jugendbewegung und unser Gewerkverein. 
Ihr müßßt dafür sorgen, daßz die ganze Jugendbe⸗— 
vegung, daß der gan ze Gewerkverein auf breiter 
Front zum Angriff vorgeht. Es geht doch um Edles 
ind Großes, es geht um eure Ehre, um eure Geltung, 
um euer Schicksal. Nicht die Aussicht auf Prämien 
arf das Ausschlaggebende für euer Draufgänger tum 
ein, sondern der ständig wache Wille, euer Schicksal 
ruüs eigener Kraft gesitalten zu helfen. Ihr sollt 
doch nicht für an de re kämpfen, weshalb besondere 
sßage erforderlich wäre, sondern für euch selbst 
Um den Kampf für euer Schicksal aussichtsreicher und 
rsolgversprechender zu gestalten, müßt ihr Mit⸗ 
dämpfer werben, die gleich euch zu Dra ufgän— 
ern gemacht werden müssen, für eure und für ihre 
igene Zukunft. Darum geht es doch, für eine bessere 
zukunft sollt ihr kämpfen und streiten und werben. 
Christliche Jungknappen, so ist der Aufruf zur Werbe 
urbeit zu verstehen, den wir heute an euch richten 
S5chiller sagt: „Immer strebe zum Ganzen, und kannst 
zu selber kein Ganzes werden, als dienendes Glied 
chließ an ein Ganzes dich an!“ Vereinzelt wer— 
det ihr gar nichts ausrichten, werdet ihr reine Sta— 
isten im Wirtschafts- und Volksleben bleiben. Als 
Ganzes steht unser Gewerkverein und seine Ju—⸗ 
gendbewegung vor euch. Diesem Ganzen müßt ihr 
als dienendes Glied angehören, damit das Ganze für 
euch wirken kann. Und zu dieser Ganzheit Gewerk— 
perein gehören alle die christlich eingestellten 
Jungknappen, die unserm Gewerkverein noch fern 
tehen. Sie zur Ganzheit Gewerkverein zu füd— 
ren, das ist eu re Aufgabe, sie zu dienenden 
Hliedern der Ganzheit zu machen, ist wiederum 
eure Aufgabe. In dieser Hinsicht muß sich euer 
Ddraufgängertum zu er st bewähren. Darum aan 
wir, daß nicht nur Freiwillige, sondern die ganze 
Front vorgehen muß, um der Ganzheit Glieder zu⸗ 
ufügen. Die dann mit euch kämvpfen und itreiten 
für eure gemeinsame Zukunft, für eine bessere 
Bewertung eures Menschentums, für mehr Achtung, 
Ehre und Würde. Wollt ihr für diese eure ureigene 
Aufgabe „BVarbezahlung“ verlangen? Wollt 
ihr euch auf eine Stuse stellen mit Leuten, die un⸗ 
eren Sausfrauen gegen Prozente zweifelhafte 
Versicherungszeitschriften aufschwätzen? Habt ihr 
nicht mehr Ehre in der Brust? Seid ihr nicht stolzer 
und selbstbewußter? Wo es um ein edles und hohes 
Ziel geht, wo es um eure Schicksals- und Zukunfts⸗ 
gestaltung geht? — — — 
Christliche Jungknappen, wir reden diese Sprache 
zu euch um eurer selbst willen. Ihr sollt klar er⸗ 
kennen, um was es geht und wo für ihr küämpfen 
und streiten und werben sollt. Ihr sollt euch eure 
Vahn selbst brechen. Darum mühßt ihr zum Gan⸗ 
zen stehen und dafür sorgen, daß neue Glieder dem 
Ganzen gewonnen werden. Geschlossen müßt ihr vor⸗ 
gehen, um dem Ganzen noch alle fernstehenden Jung⸗ 
knappen zu gewinnen. Und wenn alle gewonnen 
sind, muß die ganze Kraft auf das große und edle 
Ziel hinwirken, beständig und ohne Unterlatz. Danu 
wird es sich für euch bewahrheiten: 
„Es bricht einst ein Morgen, 
Ein sonniger Morgen 
Herauf auch für uns. 
Es läuten die Täler die Glocken des Friedens — 
Sie läuten für uns“ 
An die Werhegrheit/! 
Heute steht das Wort werben eigentlich im Mit— 
elpunkt des Geschehens. Menschen werben, die einer 
ür den Frieden, die anderen werben für den Kampf 
zede Regierung wirbt für ihr Programm, die Par— 
teien werben für ihre Ideen. Die einen wollen das 
zute, das alte, das sich bewährt hat, beibehalten, 
vollen es der Notzeit anpassen. Andere werben für 
janz neue Ideen, wollen eine neue Staatsform hil— 
den und werben für das Neue. 
Wir sehen wie die Geschäftswelt wirbt. Ja, 'ie 
nuß werben. Die Kaufkraft wurde geringer, die 
zahl der Kaufenden immer schwächer und nun gilt 
s, die noch vorhandenen Käufer für sich zu gewin— 
nen. Die Werbung der Kaufleute hat sich den ver— 
inderten Verhältnissen angepaßt. Viele haben es 
erstanden, trotz der Not der Zeit ihr Geschäft zu er— 
zalten, der Konkurrenz die Stirne zu bieten und 
zurch geeignete Werbung die Käufer anzuziehen. 
Die intensive Werbearbeit, besonders für eine gute 
zache, ist auch heute noch, genau wie früher, von Er 
'olg gekrönt. Das gilt auch für die christl. Gewerk 
chafts bewegung. Wir finden es bestätigt. Jene 
Zahlstellen, die mit Energie in den 
etzten Monaten geworben haben, be— 
ichten über erstaunliche Erfolge. Wir 
zürfen im Gewerkverein christl. Bergarbeiter in der 
Werbearbeit nicht erlahmen, erst recht jetzt nicht, wo 
alles gegen uns steht und versucht, uns die Erfolge 
der Gewerkschaft streitig zu machen. Die Massenent— 
assungen in den verschiedensten Berufsgruppen ha— 
jen die Gewerkschaften geschwächt, ja, deren Existen; 
ür die Zukunft in Frage gestellt. Es gibt nicht nu 
ine Wirtschaftskrise. nein, wir erleben auch 
eine Gewerkschastskrise. 
Mit Angĩt und Sorge beobachten ernste Gewerkschaft— 
er die Entwicklung der Bewegung, an der sie mit 
eder Faser ihres Herzens hängen. Gewerkschafts— 
irbeit ist keine geschäftliche Sache. nein, sie wird 
deal geleitet im Interesse der Bedrängten. Jeder 
erantwortungsvolle Führer weiß, daß das Zurück— 
rängen der Gewerkschaften. Beschneidung des Ein— 
lusses der Arbeiter auf wirtschaftlichem, sozialem. ja, 
ruch auf politischem Gebiete bedeutet. In der Ver— 
sjangenheit haben wir oft sehen müssen, daß Unter. 
iehmer bei Entlassungen in erster Linie auf gewerk 
chaftlich organisierte Arbeiter zurückgriffen. Aller— 
ings gab es auch einzelne Menschen in den anderen 
-chichten, die mit Recht herausstellten, daß den Ar— 
eitern dieselben Rechte wie den anderen Berufs 
hichten zu gewähren seien. Solche Leute stehen ver 
einzelt da und werden immer seltenef. Wir müssen 
uns auf unsere eigene Kraft besinnen, uns selbst hel— 
fen, dürfen nicht erlahmen und nicht müde werden 
Deshalb hieß es für uns schon bei der Gründung 
„Werben“, hieß es seit Bestehen des Gewerkvereins 
„Werben“ und heute heißt es erst recht: 
„An die Werbearbeit!“ 
Es gibt Vertrauensmänner, die sagen, wo sollen 
wir denn werben, die Zahl der Arbeiter wird immer 
geringer. O, es gibt noch immer unorganisierte Berg— 
arbeiter, auch an der Saar, die innerlich zu uns 
gehören. Diese müssen in erster Linie gewonnen 
werden. 
Die Jugend ist im Bergbau fast ausgestorben. 
Die Zahl der jugendlichen Arbeiter ist so gering, daß 
die Grubenverwaltungen auf die Dauer nicht daran 
vorbeikommen, Jugendliche einzustellen. Deshalb 
müssen die jugendlichen Bergmannssöhne schon jetzt 
unserer Jugendbewegung zugeführt werden, damit sie 
in dem Augenblick, wenn die Verwaltung sie braucht. 
bereits von uns erfaßt sind. 
Die Pensionäre gehören ebenfalls in den Ge— 
werkverein, denn gerade der Gewerkverein hat sich 
für sie eingesetzt. Gewiß sind die Renten knapper 
geworden. Wenn sie überhaupt noch in der Höhe ge⸗— 
zahlt werden, dann ist das in der Hauptsache ein 
Verdienst des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter. 
Auch in der Zukunft wird sich der Gewerkverein für 
die Pensionäre einsetzen. Die Renten können nicht 
geschützt werden durch das Geschrei der Pensionär— 
vereinigungen, sondern nur dann, wenn sich die Pen— 
sionäre mit den aktiven Bergleuten verbinden. Ak— 
tive Bergleute verwalten die Kasse und zahlen Bei— 
träge, womit ein großer Teil der Renten aufgebracht 
wird. Wir wollen sicher keine Pensionärvereinigung 
sein, doch die christlich eingestellten Pen— 
jionäre aus dem Bergbaugehörenmit 
den aktiven Bergleuten und der her— 
anwachsenden Jugend, der kommenden 
Generation des Bergbaues, zusammen 
in den Gewerkpereinschristl Beraoar— 
beiter. 
Unsere Pflicht ist es, uns der usgesteuerten 
Bergarbeiter, der Opfer der Arbeitslosigkeit 
anzunehmen und dafür zu sorgen, daß diese bedauer— 
lichen Opfer der Krise in unseren Reihen bleiben 
Diese armen Menschen brauchen eine Stütze, einen 
Halt. Den finden sie, wenn sie bei uns bleiben. un— 
sere Versammlungen besuchen und den „Saar-Berg— 
knappen lesen. Diese Leute dürfen unserer Bewegund
	        
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