Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

Nummer 36 
Saarbrücken, den 8. Sevtember 1928 
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Orqgan des Geweyins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
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Erscheint leden Samstag lut die Mitglieder gratis. — Geschäftsftelle des Saart-Bergknappen“: Saatbrüchen & 
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Jubiläumsfeier des Bezirkes Illingen 
Die wuchtigste Bezirlskundgebung im Saargebiet. 
jaften Ordnung, die man von christlichen Gewerk.! Nachdem der verdiente Beifall verklungen, folg- 
chaftlern erwartet. Puntt 2 Uhr begann der Ab ien zunächst Begrüßungs- und Gratulatfions-An- 
marsch des Festzuges durch die Hauptstraßen Illin- prachen der Gäste. Es sprach als erster Bürger⸗ 
zens nach dem Festplatz, hergerichtet durch die meister Doppler als Vertreter der Gemeinde 
Wirte Kuhn, Meiser und Wirtz. 4000 Sitzplätze und Bürgermeisterei Illingen, dann Kreissyndikus 
waren dorten hergerichtet worden. Sie reichten Dr. Her zog als Vertreter des Kreises Ottweiler, 
nicht einmal für die Hälfte der Festteilnehmer Dechant Knauf als Vertreter der katholischen 
Immer wieder drängten neue Massen, der Festzug Beistlichkeit, Pastor Fiseni als Vertreter des 
schien kein Ende zu nehmen. Und damit man uns Verbandes der katholischen Arbeitervereine, Pastor 
nicht zeiht, wir hätten in unserer Freude doppelt Schäfer als Vertreter der Landwirte, Landes- 
zesehen und gezählt, so lassen wir einwandfreie ratsmitglied Diehl als Vertreter der evangelischen 
zeugen sprechen. So schreibt die „Neunkircher Zei Arbeitervereine sowie Minister Koßmann, der 
ung“ wegen der Zahl der Festteilnehmer: nach seinen Begrüßungsworten besonders darauf 
„Kundgebung der Fehntausend in Illingen.“ inphen ei —8 en iß b 3 n m p. 
Die „Saarbrücker Landeszeitung“ schreibt von schaften und tonfesfionellen Stan— 
einem Aufmarsch der 9 bis 10 ooo. Und soviele des vereinen ist. Er vertrat die auch 
waren es gewiß. Auf dem Festplatze selbst ent. von dem Gewerkverein immer wie— 
vickelte sich bald ein reges Treiben. Rückwärts der bekonte Auffassung, daß jeder 
schauend, tauschten die alten Kämpen unter sich Er christliche Arbeitereinerschristlichen 
'nnerungen aus. Die Jungen lauschten begeister Standes-Organisation angehören 
den Erzählungen der Alten; die meisten taten wohl müsse, zugléich aber auch Mitglied 
das stille Gelöbnis, es den Alten nachzutun. Starkes eines retigiösen Standesvereins 
Interesse zeigten die Festteilnehmer — selbstver verden mäüsse. 
Pandlich bonnie man sagen an den F Nunmehr ergriff, lebhaft begrüßt, der 
Ansprachen der Führer und Ehrengäste gievierleiter Fritz Kuhnen 
Dichtgedrängt vor der Rednertribüne lauschte man das Wort zu nachstehenden Ausführungen: 
den Worten derer, die man als Führer und Freunde geute feiert der Begzirt Illingen das 25jährige Be— 
der Bewegung achtet. tehen des Gewerkvererns an der Saar Vor Linem 
Der Bezirksleiter Lenhart konnte zunächs Vierteljahrhundert wurde der Gewerkverein hier 
eine Anzahl erschienener Ehrengäste begrüßen, se eingeführt. Langsamer als in anderen Bezirken ging 
u. a. den Minister Koßmmann, den VReichstags- es hier voran, Großze eeeez traten in die 
abgeordneten Hofmann (udwigshafen), Kreis— deinwnd Zwei auf christlicher Grundlage futzende 
6 rganisationen rangen miteinander, um die Berg⸗ 
nditus Or. Her zog als Pertreter des Kreises eute für ihre Ideen zu gewinnen; beide gingen aus 
Ottweiler, Dechant Kmauf, Achtelfangen, Bezirks „on dem Gedanten, dem armen Vergmann zu helfen 
präses Fiseni vom Verband der katholischen Ar ihn kniurell und wirischaftüich voranzubriugen, 
beitervereine, den „Bauern Pastor Schäfer Vor 25 Jahren war die Noi der Bergleute beson⸗ 
Bürgermeister Doppler, Illingen und den erster ders groß. Wärtschaftlich ging es ihnen schlecht, 
Bezirksleiter des seiernden Bezirls, Kamerad 59 politisch waren sie entrechtet. Heraus aus der 
Jockenhöfer, Essen, den Verftreter der evange. Misere der damaligen Zeit, war die Antriebskraft 
ischen Arbeitervereine, Landesratsabgeordneter eee Und n behen Fiter ree 
Die „Holz, wie mehrere Kna aftsärzte. ergarbeiter Gutes zu wirken, kam au ier un 
eb tz 38 Wʒ * der Mensch zum Vorschein, der Mensch mit 
J ann geda z49 e 3 seinen Schwächen. Entgleisungen kamen vor, 
ichen Worten der, anerkennung der nd hier und da wurden die Viskussionen nicht mehr 
Jubilare, die im Allinger Bezirkden jachlich geführt. Doch diese Schwierigkeiten sind, 
Bewerkvereineinführenhalfen und Gott sei Dank, vorüber. Wir haben uns auf wirt⸗ 
denselben, allen Stürmen krotzend schaftlichem Gebiet gefunden und geeinigt und allen 
hielten, auf und ausbauten. dinigen die eewee Drenhan qg für 
Ein besonderes Gedenken galt den Ge die Einigung eingesetzt haben, sei deute herzlich ge— 
vertkvereinstkameraden, die vom Herrgoͤtt bereits in tiseu de Vee I I —I * 
ein besseres Jenseits abgerufen worden waren, wo Fsetzt hat. 
»ei die Festmusik das Lied „Ich hatt' einen Kame Ewäre unklug, heute in Illingen zu jubilieren 
zaden“ intonierte. ohne auf diese Dinge aufmertsam' zu achen. die 
Die Begrüßungs-und Gedenkansprache ließ Len -—chwierigkeiten müssen herausgestellt werden, 
jart in solgenden Sätzen ausklingen: umsomehr können wir uns des Erfolges freuen. 
„Wir wollen am heutigen Tage, gleich ob alt odet Wir dürfen uns heute wirklich freuen. Der Bezirk 
ung, im Gedenken an unsere lieben Toten, ange Illingen hatte 1912, als ich nach Saarbrücken kam, 
ichts unserer Jubilare, geloben, dem e de ee elaeder ue prite k8 emedn 
hristlicher Bergarbeiter Deutschlands in aller ZJu —I.* * 
unft die Treue zu halten. Wir wollen kämpfen für —I sch marschiert 
unjeres Standes Schutz und Recht, wie sie es getan. die Eatwialnng des 6 wer 
Wir wollen am heufigen Tage erneut geloben und Die Entwiglung des Bewerkvereins 
7 zjt zing hier nicht systematisch vor sich Bald war die 
zum Ausdrutk bringen, daß wir als christlich nn eiee de 88 
ationale Arbeiter unentwegi zu unserem Voll und editn nee —5 —— Ihngetn ge 
Vaterland jstehen. — Wir wollen heim; heim ine Froße Opfer bringen müssene Es war“im“ hiesigen 
Vaterhaus, damit wir mit den übrigen Volksge. Febiet doppelt schver, Vertrauensmann, Pionier * 
nossen zusammen arbeiten können am Auf- und Fewerkvereins zu sein. 
Ausbau unseres Vaterlandes, damit dasselbe wie Doch die Alten haben alle diese Opfer auf sich ge⸗ 
der die ihm gebührende Weltaeltung erlanat. Da zommen und ihnen sei herzlich auch von dieser Steile 
valte Gott.“ aus gedankt. Unsere Jugend kann sich heute kein 
Das war ein Erleben, dieses Bezirksjubelfest in 
Illingen, am Sonntag, den 25. Aug. Es ist kaum 
möglich, die Gefühle zu schildern, die jeden überkamen 
in Ansehung der heiligen Begeisterung, des echten 
gewerischaftlichen Stolzes, der unbedingten Festes 
sreude, von denen die alten und jungen Gewerkver 
einler des Bezirkes erfüllt waren in wirklichem und 
wahrem Festgeiste. Mit Worten ist ein solches Er 
lebnis nicht wiederzugeben. Wir sind uns gewiß 
daß allen Teilnehmern an der JVubelfeier die Er 
innerung an dieselbe nie sthwinden wird. Undt 
vielen der alten treuen Gründer und Kämpfer im 
Bezirk Illingen mag diese trefflich gelungene Jubi- 
läumsveranftaltung Anerkennung und Entschädi- 
zung gewesen sein für ihre Hingabe zur christlichen 
Hewerkschaftssache, jür die gebrachten Opfer und 
ihre wirkungsvollen gewerkschaftlichen Arbeiten 
Wenn uns der rührige Bezirksleiter Lenhart 
der den Bezirk, der vor dem Kriege von den fün 
Agitationsbezirken an Mitgliederzahl der schwächste 
war, zu dem heute zahlenmäßig stärksten Bezirl 
emporentwickelt hat, am festfolgenden Tage sagen 
konnte, daß dieses herrliche gewerkschaftliche Erlebnis 
ihn vollauf entschädigt habe für alle von ihm als 
Bezirksleiter aufgewendeten Mühen, Arbeiten und 
Sorgen in den vergangenen Jahren, so konnten wir 
es ihm mit ganzem Herzen nachfühlen. 
Der selbständige Bezirk Illingen wurde im Jahre 
1911 gegründet. Vordem wurden die gahlstellen in 
diesem Bezirk von Saarbrücken aus verwaltet. Die 
Einführung des Gewerkvereins war in diesem Be— 
zirk besonders schwierig, bildete doch dieser Bezirf 
das Hauptfeld für die Austragung des Richtungs 
streites zwischen der katholischen Fachabteilung und 
den christlichen Gewerkschaften. Dieser Streit ist ja 
eider nicht immer mit Vornehmheit geführt wor— 
den. Hier wieder auf denselben einzugehen, wäre 
Platzvergeudung und geitverschwendung. Wir 
frreuen uns, daß die Streitärte, hoffentlich für 
immer, begraben sind und heute ein einigendes und 
einziges gewerkschaftliches Band alle christlich ge— 
innten Bergknappen umsshlingt. 
Der erste Leiter des Bezirkes war der jetzt bei der 
hauptverwaltung in Essen tätige Kollege Hermann 
Jockenhöfer. Anfang des Jahres 1914 wurde 
Kollege Lenhart durch Beschluß des Hauptvorstan 
des mit der Leitung des Bezirks betraut. Vor dem 
Kriege zählten wir im Bezirk knapp 1000 Mit 
glieder. Am 1. JAuli d. J. war der Mitgliederstand 
34601. Dazu ist noch zu beachten, daß der Bezirk bei 
der Neubildung des Bezirkes St. Wendel mehrere 
bedeutende gahlstellen abgab. Die außerordentlich 
günstige Entwickelung des Bezirkes ist um so be— 
merkenswerter, als dieselbe sich bis zum Jahre 1922 
unter Reinungskämpfen, manchmal recht kräftiger 
Art. vollzog. Wenn man heute von einem 
Siea der christlichen Gewerkschaftsidee im 
Illinger Bezirk 
sprechen kann, so dürfen die alten christlichen Ge 
werkschaftler in diesem Bezirk besonders stolz sein 
Wer an den Sieg der christlichen Gewerkschafts 
idee im Illinger Bezirk nicht glauben konnte oder 
wollte, dem wurde durch die Jubiläumskundgebung 
offenkundig, was Wirklichkeit ist. Sthon der An 
marsch der Tausende aus den vielen Zahlstellen, von 
chönster Festsonne begünstigt, bewies, daß einet 
Demonstration für eine Idee im Gange war, die 
sich sieghaft durchgesetzt hatte. Daran gibts nichte 
mehr zu rütteln und zu deuteln. 
Der Aufmarsch zum Festzuge vollzog sich in aner 
tennenswerfer Rube und Ordnung. Mit der mann
	        
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