Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

NMummer 3 
qↄüαννν—ιιen, den 10. August 1920 
10. Jayegant 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
aAscheint sede Samstag füt die Mitglieder gratis. — Für wirtschaftliche u. geistige HSebung Geschaftsste lle des Saar-Berghnappen“ Ac 
te cdie ellenabonnenten 5.— Fr. mona ne drucken 2, St. Johanner Straße 49. — Fernsptech-Anschluß: 
— — — —3 des Bergarbeiterstandes d —— n e 2003. 3194. 
J Rei 
8899 
10 Jahre Reichsverfassueng 
Dahin das itolze Kaiserreich, s Die Freiheit und Gerechtigkeit 
das alte Schwarz⸗weißz⸗rot, Umfriede jedes Haus. 
Als Erbe blieb der Republitk Die Staatsgewalt und alle Macht 
Ein Voll in tiefster Not. ßeht nur vom Volke aus. 
And mancher sonst nicht üble Mann 
Steht abseits nun und grollt, 
Er sieht nicht Schicksal, sieht nur Schuld, 
Und schmäht auf Schwarz⸗rot⸗gold. 
werden, gewiß das Leben lebenswerter — 
sofern man nicht seinen wahren Zweck aus dem 
Auge verliert. Mag eine Wirtschafts⸗ oder Staats 
sorm aussehen wie immer sie mag, das eine bleibt 
eine Binsenwahrheit: körperliche Arbeit bleibt 
imm er sauer, besthert im mer Schwielen, preßt 
mmer bitteren Schweiß aus. Und nie wird sie 
die geldliche Weriung sinden, daß der Arbeiter 
sich der irdischen Genüsse wahllos und gemäß der 
Begier, die durch tausend Einjlüsse geweckt und ge— 
nährt wird, hingeben könnte. Das Maßzhalten 
vird jür ihn immer oberste Lebenzmaxime bleiben. 
Frei das Gebet! — Ein gleiches Recht 
Im Staat und im Betrieb. 
Was frommen Bitten unerfüllt 
Aus alter Zeit verblieb,. 
Iit nun verfassungsmähig uns 
Für immer garantiert. 
Fin Gut, das uns für alle Jeit 
Zur Treu verpflichten wird. 
zhn lehrte nicht die neue Jeit, 
Er schaut nur starr zurück. 
die Arbeit auf dem Trümmerfeld 
Verblieb der Republik. 
Ddie ging ans Werk und wies den Weg 
Es ging nicht immer glatt. 
Sie machte in der Elendszeit 
Den schlimmsten Hunger jatt. 
Was nun, wenn der Arbeiter aber glaubt, das 
Leben erschöpfe sich im Diesseits? Kann ihn 
dann eine zehn- bis zwanzigprozentige Mehrung 
— sagen wir mal, real gesehen — jeines Lohnes 
rejtlos befriedigen? Kannes ihm dann genü—⸗ 
gen, wenn er im Betriebe auch etwas zu 
agen hat und in der Politik etwas gilt? Seine 
Arbeit ist noch genau so stchwer und sauer 
als vordem. Unseres Erachtens kann ihn das 
allein gar nicht zufriedenstellen, auch dann nicht, 
wenn die Wiritjchaft den Arbeitern gehörie. 
Es gibt eben kein irdisches Gut, das es vermöchte, 
den Ewigkeitswert des Menschendaseins zu ersetzen. 
darum geht ja auch so ein tieser Zug der Ent⸗ 
täuischung durch die sozialistijchen Massen, die 
sich trotz üußerer Errungenschaften noch genau so 
unbefriedigt als früher jühlen. Darum sinden wir 
dort die Strömungen, die wieder irgendwo am 
Religiösen anzuknüpfen suchen, sich aber mit 
komischer Schen davor hüten, dies in konsequenter 
und gründlicher Weise zu tun. Es ist schon so, daß 
alle Gewerkjschaftsarbeit keüne Freude und 
Benugtunng auslösen wird, wenn alles mit 
dem Befriedigungsmaßstab irdischer 
Wünsche gemessen wird. 
Darum dürfen wir Arbeiter es nie vergessen, das 
nenschliche Leben von seiner richtigen 9weck⸗ 
etzung aus zu werten. Erst dann werden wir 
Frende am geringsten Erfolge haben, wenn wir ihn 
nicht rejtlos mit dem Maßsiab irdischer Genuß 
befriedigung messen, sondern auch den Fortschritt 
erkennen, der in der Wertung unseres Mensthseins 
zemacht wurde. Diese Einstellung bleibt notwendig, 
wollen wir den Alten Elan in unserer Bewe— 
zung erhalten, den Elan, welchen die Gründer zeit⸗ 
ebens in der praktischen Tat zeigten, und der bei 
hnen mächtig quoll aus der richtigen Wertung des 
menschlichen Lebens, die ja auch erst der Arbeit an 
ich ihren fleferen Slnnundeine gött— 
fücheweihegibt. 
„Seid untertan der Obrigleit, 
Sie trägt ihr Amt von Gott“, 
zo lehrt der heil'ge Glaube uns, 
zo ist des Herrn Gebot. 
Wir sind auch ehrlich überzeugt, 
des deutschen Volks Geschid 
zst unlösbar verbunden nun 
MNit dem der Republik. 
ks kam Verjsailles, ein harter Gaug. 
Ein bitt'rer Friedensschluß, 
Da flammte Haß im eig'nen Laud 
Von Kapp bis Spartakus. 
zin Sturme stand die Republik, 
Das Fahnentuch entrollt. 
Sie schützte vor dem letzten Sturz 
Im Jeichen Schwarz⸗rot-⸗gold. 
VBerfassungstag! — Volksfeiertag! 
Sollst du uns allen sein. 
Wir wollen uns der Republik 
Und damit Deutschland weih'n. 
vott, der du alle Herzen lentst, 
sei uns'rem Volke hold. 
Schent uns die deutsche Einigkeit 
Im Zeichen Schwarz⸗rot⸗gold! 
AInd die Verfassung gab dem Volt 
Ein neues, bess'res Recht. 
Vor dem Gesetz sind alle gleich, 
Es gibt nicht Herr, nicht Knecht. 
J. W 
— — —— 
Zum Nachdenken 
Einige Bemerkungen. 
—D& 
weegunn g. Sie ilt entstanden aus dem Willen tände gesorint worden, die dem Arbeiter jeine Gei 
chlichter Bergleute, die sitz Geltung und Ach; ung als Vienjch und Gotlesgeschöpf geraubi hatten 
umng erringen wollten. Eine faljche Gesellschafts. s war darum ein infonjequentes Beginnen weite 
and Wirtschaftsordnung hatte den Justand gejchaf· ter Arbeilerschichten sich nun de msen ben Mia 
en, daß ein Mensth, der den Arbeitskittel trug, nur erialismus hinzugeben, der ihre eigene unglug 
nehr als Arbeitsware Wertung jand. Der iche Lage verursacht halte. Konsequenter weijs— 
Arbeitsware ertannte man so viel an Lohn zu, daß nuͤßte sich die ga'n ze deutsche Arbeiterbewegung 
ie gerade noch erhalten blieb. Ueber die Höhe des Hraͤst Unch einsiellem Denn das Christentum beton 
Lohnes bestimmte der Unternehmer oder sein Be⸗ den Perfön lichkeitswertund hebt dami— 
auftragter selbstandig. Der Arbeiter hatte dabei den Jtenschen über Sasche n wert hinaus. Erj 
uichts mitzusprechen. Im Betriebe selbit hatte er er Persönlichteitswert, der jedem Nenschen eiger 
zuth gar nichts zu melden. Aehnlich ging es dem si, gibt ihm ein Aurecht auf heö ch jt e Wertung 
Arbeiter im Vollks und Staatsleben. Hier rangierte die Tatsache, daß der Mensch Gottes Antuitz trägt 
x Als eine Fifser. Er jand hohstens Wertung als ind eine unjterbliche SGeeie besihn macht ihn zun 
53timme, nicht aber als Mitbelstimmen- Zdönig allen Lebewesens und alles dessen. was 
Ne r hienieden erschafsen wurde. 
So mußte sich un sere Bewegung, wollte sie eine 
Berechtigung dazu haben den Arbeiter aus 
dem Zustande der Unwürdigkeit und Entehrung 
jerauszujühren, bewußt chrilstlich ein 
tellen. 
Aber noch ein anderer Grund war maßgebend 
ind muß maßgebend bleiben. Der Menschist nicht 
ullein für das Diesseits vom ewigen Herrgott 
erschaffjen worden; sein höchster Daseinszweck wur 
elt im Senseits. Diesem höch sten Daseins 
werk dient das Christliche. Und in diesem 
zöchsten Daseinszweck liegt ja erst das versöh⸗ 
nende Moment jür all das Herbe, Schwere, 
Bittere, jür all das Elend und jür die Nöte, die der 
Arbeitermensch im Diesseits durchkosten und er 
eiden muß. Es ist gewiß richtig — und mit aller 
Lraft wollen wir auf diesem Wege weiterwirken — 
em Arbeiter den zustehenden Lohn, die zustehendt 
ichtung und Werkung in allen Lebenslagen zu er 
ingen. Das macht, wenn großze Fortschritte erreich 
sechweres Grubenunglüd 
* ⸗ 
in Niederschlesten 
Im Waldenburger Steinkohlengebiet (Nieder⸗ 
hlefien) ereignete sich am 29. Juli, abends gegen 
Uhr, ein sehr schweres Grubenunglück, das bisher 
7 Todesopjer forderte. Die Unglücksgrube heihßzt 
„Glückhilf⸗Friedenshoffnungsgrube“ und liegt bei 
Nieder-Hermsdorf. Wie es heißt, handelt es sich um 
einne Schlagwetterexplosion, die große Ver⸗ 
heerungen anrichtete. Ihrer Gewalt erlagen sofort 
23 Bergleute, während 12 schwer verletzt — meistens 
chwere Brandwunden — wurden. Ihren Verletzun⸗ 
jen sind in den folgenden Tagen 7 Bergleute erlegen 
o daß die Zahl der Toten 306 beträgt. 
Die Tagespresse brachte erschütternde Berichte über 
Reses grausige Unglück, von dem unser Bergmannus— 
tand wieder heimgesucht wurde. Die Gefährlichteit 
es Bergmannsberufes trat wieder in ihrer ganzen 
bröhe vor die Augen der Menschheit. Allgemein iss
	        
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