Full text: Der Saarbergknappe (10 [1929])

Rumemer 29 
Saarbrücken, den 20. Juli 1929 
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
krscheint jeden Samstag fur die Mitglieder gratis. — Für wirtschaftliche u. geistige Hebung Geschaftsstelle des SaarBergkna — Saat · 
de e ne et des Bergarbeiterstandes 8 4 *28 5 de 8 
Unser Gewerkverein 25 Jahre im Saarrevier 
2 2 2 2 — 2* 
Zur ersten Erinnerungsfeier am 21. Juli in Saarbrücken 
Fünjundzwanzig Jahre sind in der Menschheitsgeschichte eine gewißß nur raden ihre Ansicht. Sie lietzen auch dann nicht vom Gewerkverein ab, 
sehr kurze Zeitspanne. Für eine lebende Generation bedeuten sie aber sehr venn sie gemaßregelt wurden. Sie zeigten sich bereit, jür ihre Ueberzeugung 
biel. Besonders viel bedeuten sie im Leben der Arbeiterbewegung, edes Opjer zu bringen. Das ermutigte auch die anderen, jodaß die läah⸗ 
ie ja erjt einige Jahrzehnte alt ijt. mende Menschenjurcht nach und nach schwand. 
Unser Gewerkverein wirit jetzt 35 Jahre innerhalb der deutschen Ar— Heute erjcheint es sast unglaublich, daß es so gewesen sein soll, wo jeder 
beiterbewegung. Für die Saarbergleute begann sein Wirten vor Arbeiter sich gewerkschaftlich und politisch jrei betätigen kann. Dieser 
25 Jahren. Dieses Wirken war opjervoll, aber auch jehr ersolgreich. So Freiheit durch Ueberwindung der Nenjschenjurcht 
besteht denn aller Anlaß, die 25jährige Wiederkehr der Einjührung des Ge— die Gajjerfm Saarrevier gebahnt 
werkvereins chrijtlicher Bergarbeiter im Saarrevier, festlich zu begehen. zu haben, ijt und bleibt das große Verdienst des Gewerkvereins christlicher 
Bergarbeiter. Er verhalj dem unterdrückten Saar⸗ 
Ueberwindung der Menschenfurcht bergmann wieder zu seiner Eh re u nd Würde, 
Es klingt heute fajt banal, wenn man sagt, daß er gab ihm sein Menjcheien zurück. Er jörderte 
der Gewerkverein bei jeinem Einsetzen im Saar die Selbstachtung und Selbstehrung, welthe durch 
revier zuerst die VNienschenjurcht überwinden Denunziantentum, Kriechertum und Schmiersysten 
mußte. Es war aber jo. Vach dein Eingehen des zöllig versthüttet worden war. Selbstbewußte Berg 
Rechtichutzvereins war ja jede jelbständige Kegung leute erzog er, die wieder Verujsstolz fühlten 
der Saarbergleute unterdrückt worden. Von ihnen und gegen die Entrechtung ihres Standes mulvoll 
war ein gewisser Kadavergehorsam“ verlangt lämpften. Wenn heute sich manches geändert hat, 
worden. Ihnen durjte man vorschreiben, wo sie wenn der Bergmann auch ein gewichtiges Wört- 
ihr Bier trinken durjien, welche Jeitung sie halten hhen überall mitreden kann, dann ist das die Aus- 
jollten und welche Partei sie zu wählen hatten. wirkung der vom Gewerkverein geleisteten Be« 
Wenn es möglich war, daßz der Bergmann unter⸗ ir eiungstat. — 
drückt wurde, welcher am Lohntage keinen Taler Auf diese Jat können die christlichen Saarberg 
für seinen Vorgesehten opferte, so kann man er⸗ eute mit Retht jtolz jein. Sie wiegt am schwersten. 
messen, welcher Geist im Saarbergbau herrschte. Das nutzt ein angenehmes Dasein, wenn ith im 
Stchreiber diejer Feilen kann sich aus seiner Jugend helotentum schmachtel Denanderengleich⸗ 
sehr gut erinnern, daß die Bergleute förmlich zit- berechtigtsein: das istder Urtriebge— 
kerten. wenn der Obersteiger mit ihnen sprach. wesen, welcher die ersten Pioniert 
der Obersteiger galt als der Kegenteines Berg⸗ zumOpjern trieb. Ihre Jahl ijt nicht meht 
mannsories. Wehe dem Bergmanne, der vor azllzu groß. Hunderte und abermals hunderte dechkt 
seinem Hause jtehend vor dem herankommenden der kühle Rasen. Ihnen aber und den noch leben⸗ 
Brubenbeamten nicht schon Auf zehn Meter Ent— hen JAubilaren wollen wir aus Anlaß unserer 25 
sernung die Mütze zogl ahrigzn Erinngrungeeier herzlich danken, daß sit 
gst es da nicht vecständlich, daßz die Bergleute den Mut zur Aeberwindung der Menjstchenfurtht 
in jiändiger 8 53 —2833 lebten! — daß sie bereit waren für uns zu opserr 
Sie, die noch die Maßregelung in frischer Erinne⸗ n eiden, daß sie für uns gesiegt haben und 
rung hatten, welche viele führende Kameraden e ie Freihet schentten. Unsere Pflicht abe 
des Rechtsschutzvereins erleiden mußten! ist es, ihren Geeust in uns aufzunehmen, damit 
Dohi sehrnen sie sich nach wir auch Kampfer für wahre Freiheit bleiben, zut 
en F . J . Ehre und zum Vorteil unseres altbewaährten Berg 
Bejreiung aus diejsen nnwürdigen Verhaltnijjen. manusstaudes, aber auch zur Kräjtigung und zum weiteren erjolgreichen 
Als dann der Gewertverein 1904 seine Führer ins Saarrevier schitkte, Wirken unseres Gewerkvereins. der jur uns die Erlösungstat im Saar— 
m den Saarbergleuten zu helsen, da hielt aber die blasse Furcht die Masse revier vollbracht hat 
zurück, dem Werbungsrufe zu folgen. Die Bergleute, welche die Versamm— 
ungen bejuthten, sahen sich auj Schrill und Tritt von den Grubenbeamten 
derjolgt und beobachtet. Sogar beim Austreten jolgten Grubenbeamte, um 
'o jede Möglichkeit illujoristh zu machen, ungejehen einen Aufnahmezettel 
unterschreiben zu können. In einem Berichte der „Kölnisjchen Voltszeitung“ 
iber die ersten öffentlichen Bersammlungen des Gewerkvereins am 1. Mai 
1904 in Altentesjsel, Püttlingen und Dudweiler heißt es u. a.:: „Die Gewerk⸗ 
chajtssekretare Ejjert (Osjterfeld) und Stegerwald (Kköln), die als 
Redner zugegen waren, juchten in der Hauptsache 
die Furcht gegenüberder Kgl. Bee rde 
zu zerstreuen, welche die Arbeiter Er⸗ 
kenntnis der Notwendigkeit der ge.. schajt- 
lbichen Organisationimmernochabhält, derselben 
beizutreten.“ 
Diese Furtht war verständlich, da die Kgl. Bergwerksbehörde ihre Ar⸗ 
veiter vor dem Besuthe der Versammlungen hatte warnen lassen. In 
der Jeitschrisjt des Gewerkvereins, „Der Bergknappe“ Nr. 29 1904, heißt 
es wiederum: „Eine gewisse Furscht jthien an verschiedenen Orten unter 
den Kameraden zu herrschen. Waren Grubenbeamte im Saale anwesend, 
und dieses war meijtens der Fall, se konnte man merlen, daß mancher 
Ramerad zu ängjstlich war, den Aujnahmezetlel zu unterschreiben. Freilich 
dlieben in verschiedenen Lokalen auch die Beamtenen ach der Versammlung 
noch sitzen . 
Die Bergwerksverwaltung jnchtle ihre Arbeiter in der Furcht zu 
jalten. Sie glaubte, dann die Einjührung des Gewerkvereins hindern zu 
sönnen. Das glückte ihr aber nicht. Es war zwar zuerst nur ein kleines 
haãuflein. das die Mensichenfurcht überwand. Mutig vertraten diese Rame-
	        
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