UNummer 4
Saarbrücken. den 20. Januar 1029
o. Sahrgang
* — *
20 D 4 —
8— AssIAoss soagn p sbesß
Urgan des Gewerktvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
— eden —— für die Auitgliedet gtatis. — Für wirtschaftliche u. geistige Hebung Geschäftsstelle des —B——— *
d e e e eee d eeeece des Bergarbeiterstandes —
Wir kömpfen sürs Recht!
Einige Bemerkungen.
Dee französische Rergwerksdireltion legt von Zeit zu
Zrit ein „glünzendes Geschsck“ aun den 2agq, sich selust
dus Geschuft zu versauen. Dieses „Geschick“ rrat schan
zleich zu Unfang ihrer Tätigkeit bei ihrer Absatzpolitin
dentlich hervor. Doschon neuen dem eigentlichen Saar⸗
Indujtriegebiet der üddeutsche Martt die natürliche
Aujatzzone für den Saarbergrau bildete, ließ sie die⸗
en Absjatzmarkt jojort einsach jahren. Was organisch
jsujammengewachsen war. treunte sie gemäß dem Bei—⸗
piel in Versailles in übermütiger Slegerstimmung
mit einem Federst riche. — Wir brauchen heute nicht
mehr näher die Folgen zu beleuchten, die sich aus
dieser wirklich törichten Raßnahme ergaben. Die
Bergwerlsdirektion verdarb sich damit selbit recht
zründluch das Geschäft, und bescherte den Bergleuen
ainnötige Notzeiten.
In ähnlich törichter Weise handelt sie, wenn der
Zaarbergabau eine gute Konjunktur zu verzeichnen
zat. Wir erinnern nur an die Lage zu Beginn des
zahres 1923. Der Abiatz war damals ein guter, die
deistung im Steigen begriffen. somit alle Voraus⸗
ezungen zu der notwendig gewordenen Lohnerhöhung
zegeben. Troßdem verweigerte die Bergwertsdirektion
»ie notwendige ausreichende Lohnerhöyung, und trieb
zre Vergleute in den Streik. Während der Streikzeit
uind noch nachher lonnten die Engländer das Geschäft
nachen, das der Bergwerledicettion abjclat sicher
var, wenn sie klüger beraten gewesen wäre. Wenn
das Jahr 1923 für sie ein recht mageres war, dann
'ann fie sih an die VBruft schlagen und beftennen?: durch
igene Schuld!
Durch eigene Schuld hat sie auch die gegenwärtige
dage im Saarbergban geschafsen. Bei richtiger Ve—
tachtung der Verhältnisse saht man sich an den Kopf.
vie die Bergwerfksdiretticn nur so handeln konnlte.
Ir mühzte es doch darum gehen, eine gute Konjunk—
ur möglichst auszunutzen. Zumal es doch nech das
auszumerzen gilt, was die Swierigkeiten des Jahres
1927 und des eriten Viertels 1928 dem Saarbergbau
auferlegten. Nun haben wir die Tatjsache zu ver—⸗
eichnen. daß, gemessen am durch chnittlichen Leistungs⸗
effe?! des Jasres 1927 — der 740 Kiloer. betrue —
d'e Leistung bis auf 834 Kilogr. im Oktoner 1928
tieg. (Von den beiden folgenden Mongaten liegt das
Ergebnis noch nicht vor.) Das ist eine Erhöhung des
Leistungseffeltes um 34 Kilogr. gleich 12.7 Prezent.
Dieses Ergebnis ist doch keine Kleinigteit. Die För⸗
derun'osten werden dadurch dech wesentlich verbilligt.
das setzt die Bergwerkediretticn in die Lage, ohne
Tohleunbreiserhöhuneg die Löhne zu erkböben
Neben der erheblichen Leistungssteigerung ist auch
zin guter Absatz zu verzeichnen; denn neben der lau—,
enden Förderung konnten die Haldenbestände — die
Anfang 1928 6309 900 Tonnen betrugen — zum größ⸗
sen Teil abgestozen werden. Alsjo ist ein sehr floft
zR hendes Geĩichäft zu verzeichnen. Ein solches Geschäft
darf man sich dech nicht selbst verderben. VRan muß
es nech zu heben juchen, was möglich ist durch Hebung
per Arbeitsfreude, durch weitere Besserung des Wirt⸗
maftssriedens. Beides wird herbeigeführt durch eine
ausreichend und gerecht gestaltete Lohnbemessung.
Das bat die Berewerlsdirektion wieder mal unter⸗
assen. Sie verstard sich nicht zn einer geremten Lohn⸗
egelung. Härte sie sich dazu verstanden, daun wäre
zuch heute eine volle Förderung im Saarberobau zu
erzeichnen. Dann fönnte sie die qute Keniunktur
ooll ausnutzen. Wenn heute ein erbeblicher Förder—
ansfall zu verzeichnen iĩit. dann gilt für sie auch dasür
er Satz: durch eigene Shpuld!
Der Förderausfall ichädigt allerdings beide Seiten,
venigitens soweit das ma'erielle in Fra⸗e dommt.
Das wäre verm'eden geblieben. wenn die Brrorerte⸗
direkticn ein beiseres Geichict zur Wohrung ihrer
wirklichen Interessen bekundete. Sie mußßte es enau
visjsjen — umal die Vereandenheit ihr äas klar oe⸗
zeiot batte — daß die Saarberelente sich nicht zw
vissenlosen Kreatüren berabwürdigen lassen. Die
AÆAE—
das ist ihr guies Recht. Sie tragen doch ihre „Haut
zu Viarkte“. Sie sind doch kein totes Sachgut, sondern
Menschen mit Leib und Seele. Sie haben dech einen
in best reitbaren Auspruch darauf, daß das Entgeld
ür die Dienjte, die sie leisten, regelrecht vereindarit
vird. An diesem natürlichen Recht können sie niemals
ütteln lassen. Sie können sich unmöglich der Gnade
der Ungnade des Arbeitgebers ausliefern. Und wenn
ie die Bergarbeiterorganisationen mit ihrer Ver—⸗
retung beauftragt haben, dann wrar es doch die selbsit⸗
ꝛerständliche Pflicht der Bergwerksdirektion, mit die⸗
en die notwendig gewordene Lohnregelung — die
kentgeldleistung für die Dienste der Bergleute — zu
er⸗Nnaren und vertragqlich jestzulegen
Das ist der sprinßzende Punkt
Gerade ihn lien die Bergwerksdirektion — sicher
nit voller Alsicht — außer Ucht. Sie war wohl der
UNeinung, die gule Konjunktur dann am besten für
ich ausnutzen zu können, wenn sie den Bergleuten
zach völlig eigenem Ermessen das Entgeld festsetzte.
dem einen furchtbar wenig, dem anderen viel: — das
rar bei ihr der Weisheit letzter Schluß. Damit
zlaubte sie einen „untriebsmotor“ zu schassen, der
en Bergmann antreibe, seine Kraft bis zur völlizen
krschöpsung anzuspannen. Das mag rein kapilalistisch
zesehen etwas für sich haben. Der Bergmann ist aber
iuch Vlensch und hat eine Würde zu vergeben. Dieser
Vürde will er sich nicht enläußern. Er will haben,
ritens, daß alle Bergleute einen ausreichenden Lohn
rhalten, und zweitens, diese gerechte Lohnbemessung
nit seiner Oreanisation vereinvart wird. Das ist die
ichtige Grundlage zur Regelung des Arbeiteverhält⸗
isses. Sie läßt keinen Stachel zurück; denn der eine
oll nicht nach eigenem Ermessen diktieren, hier Vegel
rih oder stirb, sendern das Arbeitsverhältnis muß
urch die Vertreter beider Kontrahenten oerent re⸗
egelt werden im Rahmen des Ertrages des Unter⸗
29mens.
Diese einfachen und selbstverständlichen Dinge miß—
ichtete die Bergwerksdirektien. Hätte sie sich daran
ehalten, dann räüre es im Saarberebau nicht zum
tampfe oekommen, dann wäre nach wie vor eine seyr
zute Förderung zu verzeichnen, dann könnte die Kon⸗
untktur voll ausgerutzt werden — und beide Teile
natten dabei ihren Vortel.
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2grab z31t:
Die Lage, die durch das unkluge Verhalten der
Bergwerksderektion in der Lohnfrage im Saarbergbau
zeschaffen wurde, veranlaßte auch den Landesrat des
Zaargebietes in eingehender Weise dazu Stellung zu
1uhmen. Die Berectigung dazu ergebt sich aus der
Tatsache, daß der Konflitt im Bergbau die größte
herufsschicht im Saargebiet trifft, die übrige 820
erung stark in Pitleidenschaft gezogen wird, und das
VKorgehen der Bergwerksdirektion bei näherem Zu—
chen sich als ein Anschlag auf den Tarifgedanken er—
veist. In unsern Mitgliedern, den Landesratsabge
ordneten Hürschmann, Diehl und Baches fan—
den die Saarbergleute am 14. Januar sehr warme
Anwälte. Sie fanden die Aufmerlsamkeit des ganzen
»auses bei ihren Ausführungen und auch dessen volle
Unterstützung, als sie ihre Forderungen der Regie—
tungskomm ession vortrugen. Die Ausführungen, die
Us erster Kamerad Hirschmann machte, erfolgten im
Eeinverständnis der übrigen Kameraden die fsie nach—
jer noch weiter ausdehnten und besonders unter—
trichen Wegen der Bedeutung, die den Ausführun—
jen des Kameraden Hirschmonn zukommen, lassen wir
ie nachstehend ziemlich ausführlich folgen, mit dem
zemerken, daß die Regierungskomm'ffton aus ibnen
rkennen kann wasg 6fes Amtes ist
„Die augenblickliche Lage im Saarberabau 2wingt
ins zur Stellunanahme. Es scheint, als dürfe die
nergarbeltersbaft nie zur Ruhe kommen Im Kampfe
ms tägliche Brot aibt man ihr nur so viel. daß sie
erade nach venetieren kann
Es geht bei dirsem Kampfe
um ein Grundrecht
Kamerad Hirschmann hat es im Landesrat richtig
zusgesprochen als er sagte, es geht um den Tarif⸗
jedanten. JIst das etwa ein Tarisverrrag. wenn der
lnternehmer etwas dittiert, das die Arbeiterver⸗
reter nur zu unterichreiben haben? Das märe ein
„Vertrag“ für Heloten, lann aber niemals von auf⸗
echten Bergleuten, die etwas auf ihre Ehre und Men—
cheunwürde halten, anerlannt werden. Uebrigeus, ist
es dem guten Einvernehmen zwischen Acbeitgeber und
Urbeitnehmer gedient, wenn der Arbeitgeber versucht,
wuirch einseitige Vaßznahmen dem Antreibe⸗s und
Raubbausystem — in diesem Falle vor allem Raub⸗
mau an der menschlichen Gesundheit — Vorschub zu
eisten und den Kameradschaftssinn zu zermürben?
kinem solchen Versuche dursren die Bergleute sich nicht
eugen. Sonjt wären sie für immer unter das kau⸗
inische Joch gezwängt gewesen. Sie waren also ver⸗
»flichtet, sich gegen offensichtliches Unrecht. gegen die
,VRergewaltigung des Tarifgedankens und die Verächt⸗
ichmachung des Tarifrechtes zu wehren. Wenn aus
d'ejem pflichtgemäßen Sich-zur-Wehr⸗setzen die starke
Vlinderung der Förderung gewächsen ist, dann mag
die Bergwerksdirettion oifen und ehrlich bei sich be⸗
ennen, daß sie wieder mal ein verflitt schlechtes Ge⸗
chick an den Tag legte. um ihrem Unternehmen zu
dienen.
Es gibt nun einen ganz einfachen Weg. um aus
dem jeßigen Dilemma herguszukommen: baldige
Bereinbarung eines gerecht gestalte—
en Lohntarifes. Die Bergleute wollen gar
aicht mehr. Sie wollen nur gleichberechtigte Kontra⸗
senten bleiben, wollen ihr Entgeld für ihre Dienste
als Gleichberechtigte durch ihre Organijationen mit
der Bergwerksdirektion vereinbart wissen. Das ent⸗
pricht dem natürlichen BRenschenrecht. Und entspricht
man ihm, dann wächst daraus nur Gutes. Diesem
Huten, das der Bergwerksdirektien genau so zustatten
ommt wie den Bergleuten, ist sie auch zu dienen ver⸗
ilichtet. Das ist der bößrere Sipn jeder Unternehmer⸗
ätigkeit. Darum dürfte es ihr doch nicht schwer
allen, mit den Organisatlonen sich an einen Tisch zu
ohen urd einen erehten Lehntarif zu vereinraren.
Je eber das geschieht, um so eher kommt es wieder zu
geordneten Verhältnissen.
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F
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Seter Kampf
st in der Vergangenheit der Weggenosse des Saar—
ergmannes gewesen. Alle Anzeichen deuten darauf
In, daß es aumh kunftig so bleiben werd. BVer Ar—
drrterschaft ist mehr als jedem anderen Stande eine
Last auigebürdet, die kaum noch zu tragen ist. Nach
dem Kriegsende erhielten die Bergleute einen frem—
den Arbeitgeber. Es schien für eine kurze Zet, als sei
nun die Bergarbeiterschaft bevorzugt. Doch heute sehen
wir, daß der Bergarbeiter mit an letzter Stelle steht.
Das Einkommen anderer Berufsgruppen überflügelt
das der Bergleute, die den schwersten Beruf ausüber.
Trosdem hat die Bergarbeiterschaft iahrelang
freiwillig Beiträge
zur Sicherung der Lebenshaltung der Vensionäre,
Witwen und Waisen geleistet. Wie es scheint, kann
und will man es nicht verstehen lernen, daß eine solche
Arbeiterschaft eine bessere Behandlung und Wertung
verdient. Wenn man die Bergleute richtig behandeln
ind werten wollte, dann dürfte die jekige Lage im
ßkRerahau nicht zu verzeichnen sein
Wie ist die Lage?
Die Bergwerksdirektion hat den Lohntarif kurzer—
and gekündigt und den Versuch unternommen, den
Bergleuten ein Lohndiktat aufzurwingen. Wir und
snsere Vertretungen, die Gewerkschaften, können das
ntiemals gutheißen Wir verlangen nur Gerechtigkeit
ind soziales Verständnis. Dazu b'eten wir unsere
zand niemals einen Keil in die Beragaarbeiter—aft