Nummer 15
Saarbrücken, den 9. April 1927
8. Zahrgang
erssins
Organ des Gewoerknoreins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
krscheint jeden Samstag für die Mitglieder gratis. —
Preis für die Zahlstellenabonnenten 5.— Ft. monatl. ohne
Botenlohn. füt die Postabonnenten 15.,— Frt. vierteljährl
⸗
Weitere TFeierschichten
auf den Saargruben
Einige Bemerkungen
Die Generaldirektion hatte den Organisationsver⸗
retern gegenüber die Hoffnung geäußert, im Mona!
pril ohne Feierschichten auszukommen. Wenn die
Bergleute auf diese Hoffnung gebaut hätten, dann
näre es ein Sandboden gewesen. Kurz und kategorisch
ieß die Generaldirektion am 1. April den Organisa
ionen die Mitteilung zugehen, daß
am 4. und 16 April Feierschichten
eien. Obschon im Laufe der Woche auf den Gruben
zurchsickerte, im April seien weitere Feierschichten, ließ
die Generaldirektion sich erst gegen Ende der Woche
zerbei, den Organisationen die offizielle Mitteilung
ju machen. Ob die Absatzschwierigkeiten so groj sind,
zaß diese Feierschichten erforderlich waren, wissen wir
nicht. Jedenfalls erscheint es höchst sonderbar, daß die
Absatzschwierigkeiten wachsen sollen, wo die Preise der
französischen Kohlen erst um 4 Prozent und die für
zaarkohlen um 134 Prozent' ermähigt wurden und
noch keine Lohnkürzungen im innerfranzösischen Berg—
hau erfolgten.
Leider werden unsere Bergleute durch diese Maß;
nahme außerordentlich hart betroffen. Gerade um die
diterzeit erwachsen vielen Familien besondere Aus⸗
agen (erste hl. Kommunion und Konfirmation). Und
nur 22 Arbeitstage im Monat April, in dem auch noch
reine weitere Kürzung des Lohnes erfolgt. Not und
Sorge mehren sich im Bergmannshaushalt. Könnte
die Generaldirektion da nicht den
Lohnabbauim April unterlassen!?
Ddann träfe der Verlust der zwei Schichten die Berg⸗
eute doch nicht so schwer, zumal die Generaldirektion
a geltend machte, durch den Lohnabbau Feierschichten
zermeiden zu können. Den Lohnabbau hat sie vorge—
iommen, aber die Feierschichten nicht verhindert. Den
zoppelten Verlust sjollte man doch den Bergleuten nicht
allein aufbürden.
Die einzelnen Grubenverwaltungen müssen auch
Unweisung erhalten, anläßlich der Feierschichten
offenbare Ungerechtigkeiten
zu unterlassen. Von Grube Jägersfreude wurde uns
rämlich mitgeteilt, datz am 28. März von der Beleg—
chaft der Abt. Holzplatz nur 4 Mann anfahren durf⸗
en, hingegen aber 24 MNann der Untertagebelegschaft
ruf dem Holzplatze ihre Schicht verfuhren. Warum
ieh man nicht die Arbeiter der Abt. Holzplazt die not—⸗
vendige Arbeit ausführen? Muß es sie nicht mit tiefer
Berbitterung erfüllen, daß sie zu Gunsten anderer zum
Feiern gezwungen werden!? Müssen sie nicht zu der
Ansicht kommen, daß die anderen besondere Günstlinge
zer Verwaltung sind, denen man auf diese ungerechte
Art die Feierschicht erspart? Gegen diese Handlungs—
veise müssen wir protestieren. Die Generaldirektion
nuß Anweisung erteilen, daß notwendige Arbeiten
on Leuten der in Frage kommenden Abteilung selbit
tusgeführt werden. Das fordert die Gerechtigkeit.
Notwendig ist es auch, daß die Generaldirektion in
er jetzigen Jeit
aAlleUeberschichten vor Kohle
verbietet.
Was soll das heißen, daß immer noch Ueberschichten
ror Kohle verfahren werden in einer Zeit, wo man
Feierschichten wegen Absatzmangel einlegt! Viele
leberjchichten verschulden Feierschichten. Die Kame—
raden dürfen sich nicht mehr zum Verfahren von
lebet schichten vor Kohle hergeben, sonst machen sie sich
nitschuldig an der Schädigung der Beiegschaft. Wenn
»as Wort Solidarität, das so viel angewandt wird,
zinen Sinn haben soll, dann müssen gerade in dieser
Frage die Kameraden ihm praktischen Wert und,
nelfende Wirkung geben.
Sodann ilt die Frage aufzuwerfen:
Für wirtschaftliche u. geistige Hebung
des Bergarbeiterstandes
Geschäftsstelle des „Saar-Bergknappen“: Saarbrücken 2,
St. Johanner Straßze 49. — FernsprechAnschluß: Amt
Saarbrücken, Nummer 1530, 1062, 2003, 3194
Könnte die Bergwerksdirektion nicht
anordnen, daß an den Tagen, wo Feier⸗
scchichten wegen Absatzmangel eingelegt
werden, Reparaturen im großen Um⸗
fange vorgenommen werden?
Wie aus den Berichten der Kameraden hervorgeht,
chreien sozusagen die Grubenbaue nach der notwen⸗
igen Ausbesserung. Durch die Anordnung einer großß—
iigigen Ausbesserungsaktion könnten Feierschichten
ich vermeiden lassen. Die Generaldirektion müßzte doch
Ales tun, um der Belegschaft die Lage zu erleichtern
Wir haben aber auch eine Frage an die Belegschaf!
lbst zu richten:
Könnte man nicht an den Tagen, an
denen Feierschichten eingelegt sind, zur
Vornahme notwendiger Arbeiten den
Kameraden den Vorrang lassen, die in
besonders gedrückten Verhältnissen leben?
Ein Familienvater, der eine groje Schar unver—
orgter Kinder zu ernähren hat, oder ein Kamerad,
dessen Familie viel von Krankheit heimgesucht wurde
der wird, oder ein Kamerad, der selbst längere Jeit
rank jeiern mußte, wird doch schwerer von den Feier—
chichten betroffen wie der Kamerad, der nicht nur auf
einen Verdienst angewiesen ist. Wir dürfen Hilfe und
krleichterung der Lage nicht nur vom Arbeitgeber und
anderen Volksschichten fordern, wir müssen uns auch
elbst gegenseitig helsfen. Hier könnte sich der Geist der
Bruderliebe in schönsten Zügen offenbaren, wenn man
dem mehr leidenden Kameraden den Vorrang ließe zur
Vornahme notwendiger Arbeiten an Feierschichten—
tagen. Dadurch wüchse das Gefühl des Verbundenseins
und träte der Geist, der die Gewerkschafisbewegung
veseelen muß, in voller Klarheit zutage.
WA
Das Ergehnis der Tarifbewegung im Ruhrherghan
j j j 3 Weiter haben drei Tagesarbeitergruppen eine acht—
Haben die Vergleute —A erzielt? stündige Arbeitszeit bekommen. Das sind die Pech—
Wie unsere Kameraden wissen, wurde im Ruhr— acker und Pechfahrer, in Teerdestillationen sowie die
zebiet eine Doppelbewegung geführt für die Aufbesse— Aschefahrer in engen Kanälen.
ung der Löhne und für den Abschluß eines neuen Die Arbeiter in den durchgehenden Tagesbetrieben
Manteltarifes. In den Verhandlungen die die Tarif— erhatten fürt die zehnte Stunde einen Vohnzuschlas.
rganisationen (als solche gelten im Ruhrbergbau der z. * F onen d einen Tariflohn
nur die Bergarbeiterorganisationen) mit den Ver— v Iihe aeee —8 Worac
retern der Zechen führten kam es zu keiner Cinigung ur Veirsebstate ver ihren Vejaht ungen die ne
a die Zechenvertreter wesentliche Verschlechterungen zchicht zeit gilt.
urchdrücken wollten. So mußte die Streitfrage vor Durch die eingetretene Schicht verklürzung in den Tages⸗
em Schlichtungsausschuß ausgetragen werden, dessen zetrieben darj kein Lohnabzug vorgenommen werden.
Spruch zwar den Forderungen der Bergarbeiter— Das ist ein großer Vorteil für alle Tagesarbeiter,
rganisationen nicht ganz gerecht wurde, jedoch keine Delhe eeee ra ibaltew
der Forderungen der Zechenvertreter bewilligte. Der * *7 d e
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den Bergarheiterorganisationen als auch von den ichen Aspruch auf drer Tage Uriaub —
zechen abgelehnt. Als letzte Instanz entschied das In Zukunft können nicht mehr ohne weiteres ent—
Keichsarbeitsministerium, das den Spruch auf Grund chuldigte Feierschichten vom Urlaub abgezogen wer—⸗
einer Vollmachten für verbindlich erklärte, wodurch den. Im 8 3 Ziffer 5 des Tarifvertrages heißt es:
ch„Gesetzeskraft“ erlangte. Die Bedingungen des Wer, sein Ie— tags zuvor dem zuständigen un⸗
5pruches müssen nunmehr von beiden Seiten aner— mittelbaren Vorgesetzten ansagt, gilt als entschuldigt.“
nnt werden e nß de An ihaaereldtr Senien 5 es
daiye 5 35 zis rühet vielfach war, aufhören. Jetzt kann jeder, der in
Wie überall entfalten die Kommunisten eine wüste iotwendigen Fällen feiern muüß, dieses dags vother
detze gegen die Organisationen, weil diese von einem nelden. Das genügt. Seine Fehlschicht wird dann
Streile absahen und durch zähes weiteres Arbeiten nicht mehr als willkürliche Feierschicht angefehen und
die noch nicht erfüllten Forderungen durchdrücken zicht mehr auf den Urlaub ängerechnet.
vollen. Zweifelsohne liegt das Vorgehen der Berg— Die Urlaubserteilung kann zukünftig nur im Ein⸗
arbeiterorganisationen, die die Verantwortung für vernehmen mit der Betriebsvertretung erfolgen. Der
das Schicksal der Bergleute zu tragen haben, nuͤr in etriebsrat hat also in dieser Frage gquf allen Zechen
eren Interesse. Die Kommunisten stört das aber ———
venig. weil sie es hauptsächlich auf die politische Seite Bergarbeitern die Arbeitslosigkeit bis zu ßG Monaten
ibgesehen haben und ihr Weizen nur blühen kann ß
Voy e, 9 iicht als Unterbrechung im Sinne der Urlaubs—
venn die Bergarheiterschaft durch aussichtslose Kampf— vegelung. Einen, weiteren Fortschritt bedeutet die
ührung verelendet. Um die notwendige Aufklärung luistellung einer Urlaubsliste aui jeder Schachtanlage
u schaffen, hat unser Essener „Bergknappe“ in einem m Monat März. Außzerdem ist festgelegt, daß der
emerkenswerten Artikel das durch den Schiedsspruch lrlaub möglichst in den Sommermonaten gewährl
krreichte dem gegenübergestellt, was die Unternehmer RF Das ist auch eine mesentliche Var—
vollten. Wer diese Gegenüberstellung genau prüft, erre .4.. J
—— 2z88—— 868 Ein wichtiger Fortschritt wurde durch die Erhöhung
vird finden. daß die gejsihrte Bewegung füt die Berg— )»es Mindestlohnes fur die Gedingearbeiter erzieit,
eute doch von Erfolg begleitet war. Dieser Erfolg durch den Schiesbsspruch ist der Mindestiohn“der
ann von den Kommunisten nicht geleugnet werden. hedingearbeiler auf den vollen Rebaralurarbeiter⸗
Er paßt aber nicht in ihre Berechnungen, weshalb sie ohn erhöht worden. Bisher betrug der Mindestlohu
zie wüste Hetze entfalten. um die Beraleute zu Tor— 3,935 Bit., nach der neuen Fassunag iedach 7 429 Mt.
eiten zu verleiten also 0.35 Vt. mehr.
Bei Lohnstreitigkeiten der Invaliden und älteren
Arbeiter (353 Ziffer 14) im Betriebe hat der Betriebs⸗
ausschuß ein Mitbestimmungsrecht erhalten. Früher
hieß es im 8 5 Ziffer 14, daß bei Meinungsverschieden—
heiten der Lohn im „Benehmen“ mit dem Betriebs—
ausschuß festzuseßen ist. Das Wort „Benehmen“ ist
durch das Wort „Einvernehmen“ erseßt worden.
Der 8 5 des Tarifvertrages hat in Ziffer 5 einen
veiteren Zusatz erhalten. Bisher war die Bestimmung
etreffs Zahlung des Soziallohnes in Krankheits⸗
jüllen dein Bestandteil, sondern ein Anhang des Tarif⸗
ertrages. Durch den Schiedsspruch ist diese Bestim⸗
nung in den Tarifvertrag auijgenommen worden.
Beziiglich der Lieferung von Hausbrandkohlen ist
»zurch den Schiedsspruch eine Verbesserung eingetreten.
Die Bezugszeit für die Deputatkohlen ist bestehen
gebhlieben. Jedoch hat die Ziffer 3 eine wichtige Er—⸗
tänmzung erfahtren. BRei der Entnahme der Deputat⸗