UNummer 2
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Saarbrücken, den 8. Januar 1927
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Organ des GeweAns christl Bongorkester Doutschlands für das Saargebiet
Lricheint jeden Samstag für die Mitglieder gralis. —
Preis fd die Zablstellenabonnenten 5.—2 Fr. monatl on
Botenlohn füt die Postabonnenten 15— Fr. vierteljährl
FR—r wirtichaftliche u. geistige
des Bergarbeiterstandes
— —
sttgstelle des Saar ⸗·Betgknappen“: Saarbrüchen 2
obanner Stratze 49. — FernsprechAnschlufz: Am—
Saarbtücken. Rummer 1530. 1062., 2003. 3194
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Erkennen — Wollen — Händeln
Einige Bemerkungen.
Die Arbeiterschaft hat noch zu wenig Vertrauen in
ie eigene Kraft. Es mangelt ihr am notwendigen
Huftriebs⸗ und Gestaltungswillen. Sie erwartet zu
ziel ihr Heil von anderen. Auch läßt sie sich zu sehr
bon Schlagworten und Phrasen blenden. — Diese
kinstellung ist für sie von größtem Uebel. Die Ar—⸗
zeiterschaft muß im ganzen geistig regsamer und auch
itiver im guten Sinne werden. „Selbst ist der
Dtann?“ Dieses uralte Wahrwort muß sie mehr als
hisher beherzigen. Besonders die christ biche Ar⸗
zeiterschaft. Die geistigen Kräfte, die in ihr ruhen,
nüssen immer mehr zur Entfaltung und Wirkung
ommen. „Es ist der Geisi der sich den Körper baut.“
Einer unserer größten Geisteshelden, Friedrich Schil⸗
er, gab diese Erklenntnis kund. Sie muß immerzu
zeachtet werden, jollen die Dinge unsern Geist wider⸗
trahlen. Der Geist der christlichen Arbeiterschaft muh
noch mehr als bisher formend und gestaltend wirken.
darin gerade liegt die große Mission der christlich⸗
nationalen Arbeiterbewegung. Unsere Parole im
neuen Jahre muß also sein, alle christlichen Berg⸗
leute zu gemeinsamer Kraftentfaltung zusammenzu⸗
assen. Darüber hinaus müssen unsere Mitglieder sich
ruch um die Erfassung der christlichen Arbeiter
inderer Berufe bemühen. Es darf ihnen nicht
zleichgültig sein, wo diese sich gewerlschaftlich organi⸗
seren. Sie gehören in die ihrem Verufe entsprechen⸗
den christlichen Verbände, die alle im Saargebiet ver⸗
reten sind. So mehren sich dann die geistigen Trieb—
räfte, die in unserem Sinne wirken und formen. —
Juür die Arbeit der Zusammensassung bietet sich noch
ein weites Feld. Es wird aber erobert, wenn alle
Kertrauen zur eigenen Kraft gewinnen; denn: „Die
Zterne reißt's vom Himmel, das eine Wort:
Ich wilse!“
„Der Arbeitslohn ist die Ausmunterung zum
Fleiße, der, wie jede andere menschliche Eigenschaft,
n dem Grade zunimmt, wie er Aufmunterung er⸗
ihrt. Reichliche Nahrung stärkt die Körperkräfte des
Arbeiters, und die wohltuende Hoffnung, seine Lage
u verbessern und seine Tage vielleicht in Ruhe zu
eschließen, feuert ihn an, ieine Kräfte aufs äußerte
in zujipannen.
Wo der Arbeitslohn hoch ist, finden wir demnach
nets die Arbeiter tätiger, fleißiger und slinker. als
za, wo er niedrig ist ..
„Unsere Kaufleute und Fabritanten klagen viel
über die schlimmen Wirkungen der hohen Löhne auf
die Erhöhung der Preise und die daraus folgende
Kerminderung des Absatzes im In⸗ und Auslande.
Sie jagen nichts von den schlimmen Wirkungen hohen
Kapitalgewinnes. Von den verderblichen Folgen der
eigenen Vorteile schweigen sie und klagen nur über
ne Vorteile anderer Leute...
Diese Wahrheiten sprach der grohße Wirtschafts-
ehrer Adam Smithh in seinem Werke „Volkswohl⸗
tand“ schon im Jahre 1776 aus. Eineinhalb Jahr⸗
zundert ist seitdem vergangen und immer noch haben
wir darum zu kämpfen, daß die Erkenntnis Allge⸗
neingut werde, daß gute Entlohnung und
zute Behandlung die beste Arbeiterpolitit bedeutet.
Unsere Kauflente und Fabrikanten (Unternehmer)
on heute sind noch genau so eingestellt, wie ihre
Kollegen vor 150 Jahren. „Sie haben nichts gelernt
ind nichts vergessen.“ Weil dem so ist, müssen wir
Arbeiter dafür sorgen. daß unsere Gewertschaftsbe—
vegung start bleibt, damit wir zu jeder Zeit den ge⸗
dechten Anteil am Produktlonserirage uns sichern
uünnen
Der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns hat vor
iniger Zeit folgendes geschrieben: „Die soziale Ver⸗
tändigung ist nicht nur eine Frage des Wissens, son⸗
zern vielleicht noch mehr des Wollens, und zwar auf
zeiden Seiten, der Geplagten und Enttäuschten, wie
nuch bei den oberen und besitzenden Schichten. Man
zarf mit Recht verlangen, daß die letzteren den An—
ang machen und den anderen die versöhnende Hand
eichen. Die notleidenden Schichten unseres Voltes
nüssen von dem Gefühl befreit werden, daß die
Führer in Staat, Gemeinden und Wirtschaft kein
zerz für ihre Not haben und noch weniger guten
PVillen, wenigstens nach Kräften zu helsen. Dieses
Hefühl ist heute noch vorhunden und wird hier und
za auch genährt.“
Wegen dieser Worte, die mit ofsenem Freimut eine
chwärende Wunde am Vollkskörper zeigen, wurde der
Neichsarbeitsminister von der Unternehmerpresse
ticht zu kuapp angegrifjen. Bei der Mentalität, die
n bestimmten Unternehmerkreisen herricht, ist das
weiter nicht verwunderlich. Aber mit den Angriffen
vurde die Wahrheit des Gesagten nicht erschüttert
Wir können doch täglich auch im Saargebiet feit
tellen, daß nicht der notwendige Verstündigungs-
ville auf der Gegenseite vorhanden ist. Wenn di⸗
vreiten Vollsschichten des Saargebietes tatsüchlich das
Gefühl haben, daß sie von den andern, den Unter⸗
nehmern, den Besitzenden, den Gebietenden usw. nicht
in der rechten Weise geachtet und behandelt werden,
dann liegt das eben an den Taten, die die Ar⸗
beiterschaft erlebt. Es braucht da nur an die „be⸗
rühmte“ Betrenungsaktion erinnert zu werden, die
hrem ganzen Wesen und ihrer ganzen Aufmachung
nach weiter nichts als gröbste Mißachtung der Ar⸗
zeiterschaft ausdrückte. Wir registrieren gerne den
Lerständigungswillen, der kürzlich in dem Vortrage
des Bergassessors und Geschäftsführers des Arbeit⸗
geberverbandes des Saargebietes, Tezmar, zum Aus—⸗
druck kam. Wir vermissen jedoch die den Worten ent⸗
prechenden Taten bei den Mitgliedern des Arbeit⸗
geberverbandes. Darauf kommt es doch an. Wenn
die Taten auch fernerhin ausbleiben, wenn das Ver⸗
halten aller anderen gegenüber der Arbeiterschaft so
pleibt wie bisher, dann darf man sich nicht wundern
über die tiefe Abneigung, die in der Arbeiterschaft
zegenüber den andern weiter haften bleibt. — Wir
ber wollen nach wie vor dafür sorgen, daß wir aus
igener Kraft emporwachsen, damit die anderen uns
zeachten und achten müssen.
Aus dem Leen
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gaenisaltion
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Beachlke und handle!
Wenn jedes Mitglied plöklich die Frage gestell!
etäme:
„Was stand in der letzten Rummer des
Saarbergknappen?“.
»ann wüßte gar maucher keine Vatwort zu geben
Pir machen immer wieder die wirklich betrübende
krfabrung, daß viele unserer Mitglieder ihrem Ver—
andsorgan nicht die notwendige Beachtung schenken
Oft treten Nitglieder mit Fragen an ihre Bezirks
eiter oder die Rechtsschutzbeamten heran, die wieder:
jolt im Saarbergknappen behandelt und beauntworteil
varen. Wenn sie dann darauf aufmerksam gemacht
nerden, erfolgt meistens die kleinlaute Antwort
Ich habe das nicht gelesen.“
Dieser bedauerliche Zustand darf nicht länger an—
zalten. Unsere Zahlstellenvorstände müssen
ahin wirken, daß die Mitglieder das Verbands—
orgau auch beachten und lesen. In jeder Zahl—
tellenversammlung muß dazu angehalten
derden. Besonders wichtige Aufsätze, Artikel oder
Utitteilungen müssen dabei hervorgehoben werden
damit das Interesse der Mitglieder geweckt und ge—
nährt wird. Die Mitglieder müssen auch angehalten
verden, die Nummern sich Aufzubewahren
die besonders Wichtiges enthalten.
Wir verweisen da auf die Aufsätze und Artikel, die
uiser garundsätzliche Einstellung n Heute
vird heftig auf der Arbeitsstelle, im Arbeiterzug. auf
»em Wege zur und von der Arbeitsstelle, im dte
aus, ja sogar in der Familie, heftig debattiert über
Fragen, die im Weltanschaulichen wurzeln und im
Arbeiterleben eine große Rolle spielen. Junge kom—
nunistische Morthelden beherrschen vielfach das Feld
veil unsere Mitglieder keine Antwort zu geben wissen
zie schweigen still, obschon es gar keiner „Gelehrt;
eit“ bedarf, den kommunistischen Phrasenschwall alt
ohse Seifenblase zu kennzeichnen.
Warum schweigen fie?
Weil sie nicht attelfest“ sind, was daher kommt
aß sie fich niemals die Zeit nahmen, die grundsätz
ichen Aufsätze und Artikel, die der Saarbergknappe
rachte, zu lesen und in sich aufzunehmen.
Geradezu beschämend ist es, wenn ein Mitglied
zicht genau Bescheid weiß über die Bestimmungen des
dohntartifes und des Manteltarifes. Der
dohntarif (nebst Multiplikator und den notwendigen
zemerkungen) wird nach jeder Reufassung im Soar
eraknapven verefentlicht Uarum wissen viele Mit
zlieder nicht Bescheid über das, was der Lohntari
enthält? Weil sie den Saarbergknappen nicht genau
durchsehen. So entgehen ihnen die wichtigsten Sachen.
Wird mal ein Betgmann aus einer Lohnklasse in eine
andere versetzt, dann weiß er über die Lohngruppen
und Zulagekategorien keinen Bescheid, obschon bei
jeder Reuordnung die Lohngruppen und Zulagekate⸗
gorien (nebst den Arbeitern, die zu den —5 —
Hruppen und Kategorien zählen) in unserm Organ
veröffentlicht wurden. Wenn wir eine Rundfrage
dahin vornähmen, wer sich diese Nummern des Saar⸗
bergknappen aufbewahrt habe, dann würde sich nur
ein kleiner Teil unserer Mitglieder melden können.
Aehnlich ist es mit den Dienstanweisungen
betr. Deputatkohlen, Sprengstoffkosten, Zulagen, Ar⸗
beitszeit für die in der Förderung Beschaäftigten, usw.
Müßten nicht alle Interessierten diese Dienstan⸗
wetsungen 9 aufbewahren? Marum kun sie es
richt? Weil sie hnen entgehen
Ständig berichten wir über die Fragen der So⸗
ialve i che rung. Jedes Mitglied müßte im
ast allen Fragen genauen Bescheid wissen, wenn es
die Abhandlungen betr. Sozialversicherung lesen,
dudieren und sich aufbewahren würde. Unsere Rechts⸗
chußbeamten müssen oft feststellen, dyß manches Vtit⸗
lied durch eigene Schuld Nachteil erleisden muß.
Varum? Weil man inm den einfachsten Dingen der
3ozia lversicherung keinen Bescheid wußte, obschon der
zaarbergknappe in — Weise die Frage be⸗
prochen. getlärt und Rerhaltunasmakßregesn ⸗rteIt
datte.
Ob man durch Schaden klug geworden ist?
Wir möchten das bezweifeln. Gerade die Nachlässig⸗
eit haftet ja dem MNenschen mit besonderer Beharr⸗
ichkeit an. So müssen denn unsere Zahlstellen vor⸗
tande zu erreichen suchen, daß alle Mitglieder ihr
Lerbandsorgan genau befolgen und Nummern urit
besonders wichtigen Vrtteilumgen sich aufbewahren
An dieser Erziehungsardbeit müssen sich
zorwiegend die Vertrauenslente beteiligen.
Bevor sie eine Rummer zur Verteilung brengen,
müssen sie sich selbst genau orientieren, was sie ent—
hält. Dann ist es ihre Aufgabe, die Mitglieder oder
deren Frauen zu machen au die
wichtigen Abhaudlungen. Das duterehe zum Lesen
muß so ständig geweckt und genährt werden. Immer
wieder müssen die Vorstandsmitglieder und Ver—
rauensleute bei jeder sich bietenden Gelegenbeit di
Aagae an Mitalieder rchten;