Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

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Arbeiter über Racht ihre Gesinnung wie ein schmutzi— 
zes Hemd wechselten! Die freien Gewerkschaften sollen 
zunachst mal zusehen, daß sie die kommunistischen 
Zellenbauer verdauen, und weiter sollen sie zusehen 
daß sie die Unorganisierten bekommen, die im Saar— 
zgebiet herumlaufen und gesinnungsgemäß zu ihnen 
zehören und schon einmal bei ihnen waren. Erst sollen 
ie eine Einheitsfront im eigenen vLager scaffen, 
das ist viel notwendiger, als der Appell an die christ— 
tichen Gewerkschaftler. Die wissen schon, wie sie zu 
handeln haben, wenn es not tut, dem Unternehmer 
jum geschlossen gegenüber zu treten. Die Vergangen— 
heit hat das zur Genüge erwiesen. Mögen die freien 
Hewerkschaften sich also um die Einheit im eigenen 
Laden bemühen, sowie um die Erfassung der ihnen 
gesinnungsverwandten Unorganisierten. Die Arbeiter, 
die in den christlichen Gewerkschaften organisiert sind, 
zdurfen der Fürsorge durch die freien Gewerkschaften 
nicht. 
Steigen der englischen Kohlenförderung 
Wie wir wissen, legte der englische Bergarbeiter— 
reik im vergangenen Jahre fast die ganze Kohlen— 
forderung brach. Der Streik endete mit einer Rieder— 
lage der Bergleute, die sich eine Verlängerung der Ar— 
beitszeit, eine distriktsweise Festsetzung der Löhne und 
eine Kürzung dieser gefallen lassen mußten. Leider! 
Das Hineingleiten der Führung in die Hände des 
tadikalen Kommunisten Cook ist den englischen Berg— 
leuten schlecht bekommen. Möge das eine Warnung 
an alle die sein, die da glauben, wer das größte Mund— 
werk riskiert und die meisten Schlager in die Welt zu 
etzen versteht, sei „̃er Mann“ für die Arbeiter. 
Seit Beendigung des Streikes geht die Förderung 
ununterbrochen in die Höhe. Wie die neuesten Mel— 
dungen der „Deutschen Bergwerkszeitung“ zeigen 
übersteigt die letzte Wochenförderung des Monats 
Januar 1927 die Förderung, die im Wochendurch— 
schnitt der Monate Januar April 1926, also vor dem 
Streik, mit einer größeren Belegschaftszahl, erzielt 
vurde. Nachstehende Tabelle, die der oben genannten 
Zeitung entnommen ist, gibt klaren Aufschluß über die 
Entwicklung der Förderung und der Belegschaitszahl 
nach dem Streik. 
Förderung Belteaschaf 
—X Jan April Köpfe Jan. Apri 
10 — 160 
5173600 100.,00 1103400 1006 
Bochendurchschnitt 
Januar / April 1926 
WVoche endigend 
mit dem 
6. 11. 
13. . 
W. 
7 
l1577 000 
1779 000 
—WV 
— 
20 100 
99 
v1600 ) J— 
O2. 300 öt 0 87,6 
15. 3244 700 01,4 378200 887 
22. 5 197 800 400,5 949 700 89,7 
20. 1. 5 225 100 10130 996 100 903 
Zum Vergleich wird die Durchschnittswochenförderung 
et letzten Jahre und des letzten Vorktriegsjahres 1913 hier 
mit angeführt: 1913: 5527000, 1922: 4 483 000; 1823 
5335 000; 1924: 5176 000; 1925: 4 744 000. 
Die letzte Wochenförderung des Monats Jan. 1927 
hlieb nut mehr um 301 900 1t hinter der durchschnitt⸗— 
lichen Wochenförderung des Jahres 1913 zurück. Die 
durchschnittliche Wochenförderung des Jahres 1925 
wurde hingegen um 4810009 1. t. überschritten. Die 
Belegschaftszahl der letzten Woche des Monats Jan. 
1927 war um 107 300 Personen geringer als die im 
Wochendurchschnitt der Monate Januar April 1926. 
Infolge der steigenden Förderung hebt sich natürlich 
auch die englische Kohlenausfuhr. Wie sich die Aus— 
fuhr hebt, kann an nachfolgenden Tabellen festgestellt 
werden, von denen die eine die Menge angibt, die je 
Woche allein aus den Südwaliser Häfen ausgeführt 
wurden, und die andere die Bezugsländer nebst be— 
zogener Kohlenmenge. 
Seit Anfang Dezember hat sich die Kohlenausfuhr 
aus den Südwaliser Häfen wie jsolgt entwickelt: 
lin Jl. t.) 
indigend mit dem 
7 
298 500 
238 700 
76 0 
izt 
* 
2741 
29,8 
34, 
1 
—8* 
20 904 
—J—— 
* ⁊ 
14. 44 
111 509 
—3116 240 
Ausfuhr nach 
Woche endigend mit den 
4. 2 11. 2. 
16797 161 706 
32 179 67774 
38 5 Oñ g9n 
66 34 139 
14 188 10 622 
7367 70091 
8284 38 916 
— 8 268 
1196 — 
ninß 12 430 
— 
Italien 
Südamerika 
Spanien 
— 
Adee 
Zritischen Kohlen⸗Stationen 
Bereinigten Staaten 
Kanada 
A 
—8* 
4 
— 
) —L 
Kameraden! 
Im vergangenen Herbsl riefen wir Euch zur er⸗ 
öhten Werbekäkigkeit auf. In fast allen Zahl 
lellen wurde diesem Ruse Folge geleistel. Gar 
iele eifrige Kameraden scheuken weder Wind 
ioch Weltker, weder Zeit noch Müh', um möglichst 
iele Fernstehende dem Gewerkverein zu ge— 
vinnen. Ihre Arbeit war nicht vergebens. Wie 
zie Berichte aller Bezirke vom letzten Quarkal 
926 ausweisen, wurden nicht nur die Verluste, 
zie immer einkreken (durch den Tod, Abwandern 
in andere Berufe, Austrilke) wett gemachl, son 
zern noch ein reiner Zuwachs von 1498 
Milgliedern erziell. Das ist ein recht erfreuliches 
Ergebnis, das uns zeigl, daß eifrige Werbearbeit 
ich immer lohnt. Jeht müßt Ihr dafür sorgen, 
afz die Neugewonnenen für immer mit dem Ge—⸗ 
verkverein verwachsen. Und der Erfolg muß Euch 
inspornen, auch weilerhin eifrig für die Erstarkung 
des Gewerkvereins kätig zu sein. Wir benuhtzen 
leichzeilig die Gelegenheit, öffenklich allen 
Werbern und käligen Miktarbeitern für ihre 
Mühewallung herzlhichen Dank auszu— 
prechen. Das Versprechen wollen wir uns gegen— 
eilig geben, auch in der Zukunft verkrauensvol⸗ 
usammen zu arbeilen. 
Die Revierleitung. 
Ausfuhr nach Woche endigend mit dem 
holland 7610 1620 
deutschland 650 — 
æland 11 713 11 626 
zonstigen Ländern 33 748 58 194 
zusammen 411 509 516 240 
Wie wir sehen, ist die englische Kohle in Frank— 
reich wieder auf dem Vormarsch. Dieser Vormarsch 
wird zweifelsohne erleichtert durch die erhebliche inter 
nationale Besserung der französischen Währung. 
— 
— 
Von den Arbeitsftütten 
Schützet Leben und Gesundheit. 
Ein alter Bergmann schreibt uns: 
Fast kein Tag Feesi wo nicht in dieser oder jener Zei— 
ung von einem Unfall leichter und schwerer Art berichte 
vird, In vielen Fällen heißt es in einem iner Bericht. 
die Verletzung ist jedoch nicht lebensgefährlich. Einige 
Tage später wird dann wieder berichtet, der von uns ge— 
neldete Unfall des Bergmannes so und so hat leider zum 
Tode geführt. Müssen es so viele sein? Gewiß nicht. Wenn 
eder Bergmann seinen Kopf schützen würde, dann würde 
nancher Unfall nicht passieren. 
Wir wissen, daß jeder Bergmann bestrebt ist, möglichst 
„iel zu verdienen trotz schlechtem Gedinge. Der Bergmann 
oll aber bei diesem Streben nicht vergessen, seinen Kopf 
zu schützen. Vor einigen Tagen erzählte ein Kollege, daß 
in Kamerad mangels notwendigen Holzes mit Schienen 
derbaut hätte. Wenn da kein Unglück vansiert. dann ist es 
iur ein reiner Zufall. 
Ein ordentlicher Bergmann verbaut vor allen Dingen 
uerst, sofern dieses notwendig ist, bevor er anfängt zu ar⸗ 
»eiten. Er muß sich auch davon überzeugen, daß keine 
Z„chlagwetter vorhanden sind. Leider, und das ist das tief⸗ 
bedauerliche, ist oft kein Holz weit noch breit. Der Steiger 
hat „vergessen“, Holz in die Abteilung zu liefern. Der 
Kamerad sucht nach Holz, findet aber keins, und kehrt dann 
zur Arbeit zurück. Jetzt wird „versucht“, ob es noch geht 
ohne Holz. Es gelingt einmal und edtl. zweimal. Beim 
drittenmal ist das Unglück geschehen. Helfe, wer helfen 
kann, der Kamerad so und so liegt unterm Bruch. Zu spät! 
Rur noch eine Leiche oder ein dauernder Krüppel kann 
herausgezogen werden. Jetzt wird gegrübelt, wie das nut 
gekommen ist. Das Grübeln ist jetzt zu spät. Der Unfall 
wäre nicht passiert, wenn ordnungsgemäß verbaut worden 
wäre. Zu Hause jammern Frau und Kinder über ihren 
Ernährer, oder ein atmes Mütterlein beweint ihren Sohn, 
hren einzigen Ernährer. Mußte dieses sein? Wenn die 
Unfallziffet herabgedrückt werden soll, dann kann dies nur 
jeschehen, wenn jeder Bergmann es sich zur Pflicht macht 
zevor er seine Tätigkeit aufnimmt, zuerst ordnungsgemäß 
u verbauen. Erst wenn diese Pflicht erfüllt ist, wird 
t1onches Elend unterbleihenß A5 
Division Helene. Vertrauensmännersitzungç 
im 15. Februar 1927. Im großen und ganzen wurden 
vieder die alten Beschwerden, die fast in jeder Sitzung ge— 
ührt werden, vorgebracht. So wegen schlechtem Gezähe 
die Pickelstiele Wd seht schlecht. Es wurden Alazienstiele 
erlangt. Prüfung wurde zugesagt. Dann wurde Be 
chwerde geführt über die verschiedenen Systeme von 
zchrämmaschinen, Bohrhämmern, Rohren und Ventilen 
die cdonzen Erlakteile pasen nicht aufeinander, es wird 
Nummer 10 
Jehr viel Arbeitszeit verschwendet, die bei der Gedinge 
regelung nicht berücssichtigt wird. Die Verwaltung erkenn 
die Schwierigkeiten an, auch die Zeitverschwendung, abe 
am Gedinge könnte man es nicht berückhsichtigen Da 
Ytaterial wäre nun einmal da und müßte verwendet wer 
den. (:—) Dann wurde der mangelhafte Zustand der Wasset 
wagen kritisiert. Das Wasser ist nicht zu genießen. Dan 
wurde Beschwerde geführt über den mangelhaften Zustan 
der Saarsohle. Ferner wurde die Vezahlung des Unter 
ichtes für Schießmeister verlangt. Die Verwaltung sag 
ßenehmigung zu, Für Abteilung 2a, ha und Abteilung 
wurde die Wahl eines Sicherheitsmannes beantragt. Si 
PVerwaltung hat Bedenken dagegen und versagte die Ge 
nehmigung. Ueber schlechte Löhne wurde in Abt. 1, 6 um 
geklagt. Prüfung wurde zugesagt. Betreffend Wotb 
nungsfrage wurde die Instandsetzung der alten Wohnun 
len (Grubenwohnungen) sowie die Instandsetzung de 
srubenwege beantragt. Eine längere Debatte wurde übe 
Behandlung geführt. Die Verwaltung wurde gebeten 
doch endlich dem Fahrsteiger Borschel nahe zu legen, den 
Arbeitern eine menschliche Behandlung zuteil werden 3i 
assen. Es wäre nun höchste Zeit, da sich die Belegschaf 
diese Behandlungsweise nicht mehr gefallen ließe. Dies 
st bereits das vierte Mal, daß in der Sicherheits- und 
Lerttrauensmännersitzung über das rabiate Vorgehe 
dieses Herrn Beschwerde geführt wurde. Ebenso möchte di 
Kerwaltung auch dem neuen Fahrhauer Menzer nah 
egen, die Leute menschlich zu behandeln, denn die Gurge 
ieße man sich von diesem Meunschen doch nicht zudrücte 
—DD 
Nachruf. Am 14. Februar verunglückte auf Grube Hein 
inser Kamerad Paul Schlösser rödlich. Er stand er 
in 22. Lebensjahre. Seit seinem 16. Lebensjahre war 
Mitglied unserer Zahlstelle. Den Eltern hat der Schnitte 
Tod einen braven Sohn und uns ein treues Mitglied ge 
iommen. Sein Andenken werden wir stets in Ehren halter 
Der Vorstand der Zahlstelle Lautzkirchen. 
Unsere Zahlstelle verlor durch den Tod den Kamerade 
Karl Blind. Er war stets dabei, wenn es galt, seine 
Stande Ehre gngulegyn und seiner Organisation zu diene: 
Als Vorbild soll er in unserem Andenken fortleben. 
Der Vorstand der Zahlstelle Kölln-Sellerbach 
Widerruf. Die Aussage, die ich gegen den Bergman 
Lang Friedrich aus Münchwies gemacht habe, nehme * 
nit Bedauern als unwahr zurück. 
Dunaweilert, den 19. 2. 1927 Oswald Emich 
r 
Abschrift. A. V. 163.2 
Im Namen der Regierungskommission des Saargebiete— 
In der Privatklagesache 
l. Hetterich Ludwig, Bezirksleiter beim Vergarbeiter 
verband, Saarbrücken 2, Sophienstraße Rr. 23, 
2. Frank Jakob, Kassierer beim Bergarbeiterverband 
Saarbruͤcken 2, Sophienstraße Nr. 23, Privatkläger 
zegen den Hans Nikolaus, Bergmänn in Lautenbach, Au 
jeklagten, wegen Beleidigung hat das Schöffengericht i 
zomburg (Saar) in der Sitzung vom 9. Februar 1927.* 
relcher teilgenommen haben: 
Amtsgerichtsrat Schreiber, als Vorsitzender, 
Eisel August, Wirt in Mittelbexbach, als Schöffe, 
Reinhard K, Bergmann in Wiebelskirchen, als Schür⸗ 
Gerichtsaktuar Weber, als Gerichtsschreiber 
ir Recht erkannt: 
Der Angeklagte Hans wird wegen zweier öffentlich be 
zangener Vergehen der Beleidigung gemäß 88 180, 20 
R.⸗St.-G.-V. zu Geldstrafen von je fünfundsiebzig Franten 
zusammen also zu einhundertundfünfzig Franken, umge 
wandelt für den Fall der Uneinbringlichkeit in eine Ge 
fängnisstrafe von 15 Tagen, sowie zur Tragunga der Koste 
des Verfahrens verurteilt. 
Den Beleidigten, dem Vezirksleiter Ludwig Hetterid 
und dem Kassierer Jakob Frank, beide aus Saarbrückten 
wird die Befugnis zugesprochen, den verfügenden Teil de 
Urteils innerhalb drei Wochen nach Rechtskraft je einma 
n den beiden, zu Saarbrücken erscheinenden Zeitunget 
„Der Bergknappe“ und „VBVergarbeiterzeitung“ auf Koit⸗ 
des Angeklagten einrücken zu lassen. 
gez. Schreiber Bealaubiagt: Loeber. Gerichtsaktuar 
Bekanntmachungen 
Für die Mitglieder der Zahlstellen Holz, Lummenr 
chied, Kutzhof und Walschied wird von nun a— 
eden 2. und 4 Montagnachmittag, von 3 bis b Uhr, in de 
WVohnung des Kameraden Veter Meier in Walschi⸗ 
hechtsschunß erteilt Di⸗ Mezirksleitung 
An die Jugendabteilungen! 
In den letzten Monaten haben in sast allen Jugendab 
eilungen die Generalversammlungen stattgefunden. Wi 
benötigen nun umgehend von allen Vorstandsmitglieder! 
und Vertrauensmännern der Jugendgruppen die genauei 
Adressen und bitten, dieselben an das Jugendsekretaria 
des Gewerkvereins christlicher Vergarbeiter, Saarbrücken? 
St. Johannerstr. 49, einzuschicken. Jugendabteilungen, il 
denen keine Generalversammlung getätigt wurde, erbitte 
wir trotzdem, auch ihre Adressen nach hier anzugeben. 
Das Jugendliekretariat. (A. Wi 
Nikolaus Schillo, aus Bardenbach-Viel, hat im Arbeiten 
zuge von Limbach bis Büschfeld den Ruchsack vertausch 
der Eigentümer lann ihn gegen Rückgabe des andern b⸗ 
dem Kameraden in Empfang nehmen 
Der 10. Wochenbeitrag (Woche vom 27. Februar be 
tz. Mez ie bieser, Mahe fälsin 
—— — —— — — — — — 
Für die Redaktion verantwortlich: P. Kiefer. 
Verl. des Gewerkvereins christl Bergarbeiter Deutschland 
Dend Snphrücker Hruckerei und Verlaa A 6G
	        
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