Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

Saarbrücken, den 831. Dezember 1907 
* J — 2 F —7 J 
U —— —— 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlandos für das Saargebiet 
Twrint eden Samstag für die Mitgliedet —ã—— Für wirtsch aftli che u. geistige Hebuna Geschäftsstelle des „Saat-Bergknappen“: Saardrücken 2. 
is füt die Za enabonnenten 5.— Ft. mon n —A . — n Anschluß: 
aed deteraenen ere oe des Bergarbeiterstandes ee —J4 — * 3 Ant 
— 
Zum Jahresschluß 
Einige Bemerkungen. 
Das alte Jahr ist zu Ende. Es bescherte uns Not 
ind Sorgen,. schwere Arbeit, aber auch Erfolge auf 
pielen Gebieten. Die Erfolge auf einem großen Ge— 
hiete haben wir an anderer Stelle zusammengesaßt. 
In der nächsten Nummer werden wir die Erfolge auf 
dem Gebiete der Sozialversicherung aufzeigen. Das ist 
notwendig, damit wir alle erlennen, daß die Geweri⸗ 
chaftsarbeit sich lohnte. Es ist schon so, daß wir in 
den letzten Monaten und Wochen mehr unsere gemein⸗ 
ame Not und gemeinsamen Sorgen herausstellten 
als die erzielten Erfolge. Da könnte die Meinung 
ich festsetzen, es sei überhaupt nichts erreicht worden. 
Um Jahresschlußz muß es daher unsere Aufgabe jsein, 
auch der erzielten Erfolge summarisch zu gedenken, 
damit wir die Lichtblicke im Dunkel der Tage sehen. 
Wenn immer grau in grau gemalt würde, dann 
vürde man selbst im Fühlen, Denken und Wollen 
zrau und müde. Das darf nicht sein. Wir müssen 
risch, gesund und tatkräftig im Fühlen. Denken und 
Wollen bleiben. Und wenn wir da feststellen können, 
zaß trotz der Schwere der Zeit, daß trotz großen 
Widrigkeiten außergewöhnliche Erfolge und Vorteile 
zrzielt wurden, dann muß man diese am Jahresschlußß 
eigen, damit die Stimmung gehoben und der Wille 
gestärkt wird, mit neu belebter Hoffnung an die Ar⸗ 
heit im aufsteigenden neuen Jahre heranzugehen. In 
diesem Sinne wollen wir unsere Rückschau am Jahres⸗ 
ende halten. Die Lichtblicke, die Erfolge wollen wir 
ehen, das belebt die Hoffnung, stärkt den Mut und 
pornt den Schaffensdrang. Was uns an Sorgen drückt, 
haben wir das ganze Jahr hindurch herausgejstellt. 
Wir kennen sie, der Arbeitgeber kennt sie, die Oeffent⸗ 
lichkeit kennt sie. Die Ersolge sind da, in vielfältiger 
Form, in greisbaren Zahlen. Darauf den Blick ge⸗ 
richtei. damit das Jahresende uns in froher Stim⸗ 
mung sieht! 
Die heuer erzielten Erfolge wiegen ja viel schwerer 
ils die in früheren Jahren erzielten. Wenn gute 
Fonjunktur herrscht, wenn die Welt nach Kohlen 
chreit, dann ist es leichter, auf dem Lohngebiete 
poranzulommen und sonstige Ergebnisse herauszu— 
chlagen. Im letzten Jahre lastete aber auf dem Saar⸗ 
hbergbau eine schlimme Krise, herrschte Absatzmangel, 
drückte die Konkurrenz in nie erlebtem MRaße. Unter 
diesen Umständen Erfolge zu erzielen, ist ungemein 
erschwert. Und doch sind sie errungen worden, sie 
ind da, alle Bergleute haben davon provpitiert, die 
organisierten wie die unorganisierten, weshalb wir 
allen Anlaß haben, uns der praktischen Wirksamkeit 
unseres Gewerkvereins am Jahresschlusse ehrlich zu 
freuen. „Unsere gewerkschaftliche Tätigkeit, unsere, 
zewerlschaftlichen Opfer haben sich gelohnt“, so kann 
ich jedes Mitglied mit Genugtuung sagen, wenn es 
die Jahresbilanz überblickt. Seiner Frau und dem 
Mauschbacher klann jeder organisierte Kamerad voll 
Stolz sagen. daß er durch seine Mitwirkung im Ge⸗ 
werlverein die Not lindern und die Sorgen bannen 
halj. Solche Feststellungen vertiesen den Gewerk⸗ 
schaftsgedanken und sie spornen an, auch in der kom⸗ 
menden Zeit dem Gewerkverein zu dienen, damit er 
erfolgreicher Anwalt der Saarbergqleute bleiben 
ann. 
Das vergangene Jahr brachte uns auch gewerk— 
chaftlich voran. Es gibt kein Kohlengebiet in der 
Welt, in dem die Bergleute so straff organisiert 
vären wie im Gebiet des Saarbergbaues. Das kommt 
och nicht von ungefähr. Es ist der untrügliche Be⸗ 
veis dafür, daß die Erkenntnis hier sich allgemein 
urchgesetzt hat, daß die gewerkschaftliche Betätigung 
notwendig und von großem Nutzen ist. Ueber 90 Pro⸗ 
zent der Bergleute der Saargruben sind organisiert. 
Davon gehört die Mehrzahl unserm Gewerkverein an. 
Das muß uns mit Freude und Genugtuung erfüllen. 
Darin ist ein glänsendes Zeugnis für unsere Tätig— 
keit zu erblicken. Darin liegt ausgedrückt, daß unsere 
hraven Vorstandsmitglieder und Vertrauens männer 
gearbeitet haben. Sie haben außergewöhnliche UAr⸗ 
zeit im ablaufenden Jahre geleistet. Nicht nur die 
egelmäßige Zahlitellenarbeit mußten sie leisten. nein, 
reppauf und treppab liefen sie, um die fernstehenden 
rameraden einzureihen ia die Frout der ehrlich um 
»en Bergmannsaufstieg ringenden Knappen; ihre 
ostbare sreie Zeit opferten sie, um die Listen anzu⸗ 
ertigen für die Auszahlung der besonderen Unter⸗ 
fützungen; manches böse Wort nahmen sie hin, ohne 
adurch in ihrem Eifer sich beirren zu lassen, allen 
rameraden zu dienen. Das muß anerkannt werden, 
veil diese Opferfreudigkeit den Gewertverein voran⸗ 
rachte und allen Kameraden nützlich war. Wir be⸗ 
rachten es daher als unsere besondere Pflicht, allen 
Korstanudsmitgliedern, allen Vertrauensleuten, allen 
Zicherheits/⸗ und Ausschußmännern, allen Knapp⸗ 
chaftsültesten. ja allen Mitgliedern recht herzlich zu 
nanken am Eude des ereignisreichen, sorgenschweren 
iber auch erfolgreichen Jahres 1927, für ihre Arbeit 
ind Mühe, die sie im Interesse des ganzen Standes 
jufgewandt haben. Segen war verbunden mit ihren 
Rpsern, Segen, der allen Bergleuten des Saarberg— 
zaues zuguie kam. Mögen sich das die Kameraden 
inprägen. die erst im Laufe dieses Jahres den Weg 
u uns gefunden haben. Die Opfer brachten unsere 
Zioniere und Bannerttäger doch nicht für sich allein; 
sie brachten sie für alle ihre Kameraden, für die 
organisierten und die unorganisierten. Wahre christ⸗ 
liche Bruderliebe, echtes Solidaritütsgefühl war ihnen 
zer Ansporn zu dieser uneigennützigen Arbeit. Das 
nuß anerkannt, das muß belohnt werden. Und die 
chönste Anerkennung, die die neu beigetretenen Ka⸗ 
neraden abstatten können, ist treues Festhalten am 
hHewerkverein, der sie brüderlich in seinen Reihen auf⸗ 
nahm. Dieser Entschlug muß in der Brust der neu 
zeigetretenen Kameraden am Jahresschlusse sig fest⸗ 
etzen. damit sie dauernd verbunden bleiben der Or⸗ 
janisation, die in so hervorragender Weise die In⸗ 
eressen der Saarbergleute in der Vergangenheit 
vahrgenommen hat. 
Wir alle wollen hochgemuten Sinnes das alte Jahr 
eschlietzen. Wir sind aufrecht stehen geblieben, wir 
ind voran gekommen; diese wertvolle Feststellung soll 
inseren Willen stählen, im neuen Jahre mit ver⸗ 
aehrtem Eifer unserer Sache zu dienen. Reichen wir 
us im Geiste alle die Hand und 88 wir: 
Gewertkverein, dir halten wir die 
Treue, jetzt und immerdarl! 
VAeretuter Kraft gelingt viel 
Veretnter Krast gelingt voee 
Ein Jahr der Sorgen — aber auch gbieten vergleichbar. Hingewiesen sei nur auf zwei 
eöhni Erfol zroße Tatsachen: einmal die ortsgebundene, nicht 
ungewöhnliche rfolge luttuierende Belegschaft, die auf den Gruben eines 
Als das Jahr 1927 aus dem Zeitenmeer herauf— inzigen Besitzers arbeitet, dann die Unmöglichkeit 
tieg war der wirtschafiliche und sozliale Himmel mit üne. größere Zahl entlassener Bergleute in sonstigen 
usseren Woiten verhangen. Eine graue Stimmung Industriezweigen des Saargebietes in Stellung und 
agerte auf den Bergieuten. Eine folgenschwere Krise u Brot zu bringen. Diese Verhältnisse klar zu er— 
wr über den Bergbau der Weit hereingebrochen, die ennen und entsprechend zu wirken, war die große 
uch den Saarbergbau in Mintteidenschaft zege Die ind schwierige Aufgabe der Organisationen. Es muß 
znglisch deutsche Koͤhlenkonkurrenz setzte gerade zu Be— stgehalten werden, daß es dem geschickten und zähen 
in des Jahres 1527 in Frankreich in verschaͤrftem Arbeiten der Organisationen gelungen ist, die drohen⸗ 
Naße ein VDer verlorene englische Bergarbeiterstreit Rn und als nicht abwendbar erscheinen den Ver⸗ 
idee mit diner Verlängerung der Arbeitszeil und chlechterungen sehr wesentlich zu mildern, wenn nicht 
nit einer Kürzung der Laͤhne. In dem größten deut- dar gänzlich hintanzuhalten. Darüber hinaus wollen 
chen Kohlengebiet, dem Ruhrkohlenbecken, war eben- vir aber auch ehrlich anerkennen, daß die Bergwerks⸗ 
u ane Verlangerung der Arbeitsgeit durchgeführt. direktion setbst bemüht war, eine scharfe und die 
ine dianmaßige“und iemlich rigorose Ranmcnaiisie- Sergleute schwer treffende Rationalisierung nicht 
ung hatte dort zu einer erheblichen Verminderung gemäßigt vorzugehen, wenn 
der Belegschaft uns zur Stillegung von minderergie, duch die Verhältnisse dazu nicht sehr günstig waren. 
Igen Zechen geführt Die Technsterung wurde duf Diese objettipe Feststellung müssen wir machen wenn 
en moödernsten Sltand durchgeführt. Wenn auch im Lit kein einseitiges Bild zeichnen wollen. Wer das 
kKuͤhrgebiet nach und nach eine Ausdesserung der bemühen der Betgwerksdirektion in der Hinsicht zu 
Löhné erfolgte, so blieb der Kohlenpreis doch unter leugnen suchte, beugte eben die Wahrheit. Im In— 
en Preise der Saartoahlen, Die Efseltioleistung im eresse der Bergleute machen wir diese Feststellung 
nglischen wie auch im Ruhrbergbau liegt eben erheb damit auch weiterhin die Bergwerksdirektion sich mit 
n ber ver Effetlibleistung in Saarbergbau. Richt den, Organisationen bemüht, die Wirkungen der 
da als Folge größeren Fleißes der englischen und *ationalisterung. die an sich nicht zu umgehen ist. 
Ruhr⸗Bergleue; nein, nein, die höhere 3 wird nöalichst zu mildern 
eruͤrsacht' durch die größere Ergiebigkeit der Flöze 
zurch die bessete Technisierung, aber auch durch die 
igotos durchgeführte Rationalisierung, die zu wenig 
qücksicht auf das Los der Bergleute nahm. 
Dieser Lage standen wir am Anfang des Jahres 
zegenüber. de eine kürzere Arbeitszeit, schlechter 
Flöze mit geringerer Ergiebigkeit, höhere Kohlen. 
zreise, die die Konkurrenz gegenüber der englischen 
ind deutschen Kohle sehr etschwerten. Diese Lage 
nüssen wir klar herausstellen, damit unsere Mit— 
zlieder umso schärfer die Schwierigkeiten erkennen, die 
zor den Organisationen sich auftürmten und die Er— 
olge um so besser würdigen können, die trotz dieser 
chier unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten im 
aufe der Monate errungen wurden. Errungen wur— 
»en dank des Zusammenhaltens der Saarbergleute 
iuf gewerkschaftlichem Gebiete und der überau— 
msigen Tätigkeit ihrer gewerkschaftlichen Führung. 
Der Lohnabbau 
Die Teuerung, die im Sommer 18926 insolge des 
chlechten Standes des französischen Franken rapide 
gjestiegen war, zeigte im Monat Oktober 1926 ihren 
höchststand mit 688,9 Punkten. Der Franken besserte 
ich auf seinen heutigen Stand, den er nunmehr übert 
ein Jahr beibehalten hat. Die Teuerung sank, wenn 
auch nur langsam und nicht in dem Ausmaße der 
Frankenbesserüng. Aber die Tatsache der Teuerungs⸗ 
rmäßigung lag vor. Wer kein Demagoge ist und 
wirtschaftliche Vorgänge richtig zu beurteilen vermag, 
vpußte, daß im Zusammenhang mit der Erschwerung 
der Absatzverhältnisse ein Lohnabbau erfolgen werde. 
Ihn hinauszuschieben und möglichst zu mildern, 
mußt da die Aufgabe der Organisationen sein. Das 
ist den Organisationen geglückt, wenn auch die Kom— 
nunisten aus parteipolitischer Agitationsmache anders 
hehaupten. Die Tatsachen, die wir hier kurz an— 
ühren, zeigen klar das Verdienst der Organisationen. 
Mit Beginn des Jahres setzten die Bestrebungen 
der Bergwerksdirektion ein, den Lohn abzubauen. Die 
etzte Lohnerhöhung erfolgte ab 1. November 1926, 
hon welchem Termine ab der Multiplikator 236 galt. 
Da die Bergarbeiterorganisationen dem Vorhaben 
der Direktion sich mit allem Nachdruck widersetzten, 
dersuchte die Direktion nach den gescheiterten Ver— 
Was odͤrohte den Saarbergleuten 
zu Beginn des Jabres? 
In kurzen Strichen sei es heute gesagt: Es drohter 
dohnabbau, starke Verminderung der Belegschaft 
5tillegung unrentabler Gruben, scharfe Rationalisie 
ung mit'allen den für die betroffenen Vergleute se 
itteren Folgen. Das hiesige Kohlengebiet ist eber 
mancher Beziehung nicht mit anderen Kohlenge
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.