Nummer ag
So⸗hrücken. den 28 November 1907
VJahraqungc
Organ des Gewerktvereins christl. Bergarbeiter Deutschlandos für das Saargebiet
X — * Samstag tür die —õS— — Far wirischastuche u. — Febure Disann 9 — 5 2*
eerecen — monan Z3rf des Bergarbeiterstandes et — 5 5 e re ar⸗
Woran fehlt es?
Einige Bemertungen.
In der zweiten Ottoberwoche tagte in Saarbrücken
ein „franzosisch⸗aarlundischer Wirtschafestongrejßg“
Cinberufen war er von der „franco- aarlundichen“
Handelsrammer, die jeinerzeit von einem Hochstapier
namens Bringoif ins Leben gerusen wurde, im Saar—
gebiet selbst aver zur Bedeutungslosigteit veruriteilt
bliebv. Der Kongreß hätte unsere Aufmertzam eil
gar nicht erregt, wenn er nicht von den Herren der
Bergwerisdirettion als Bühne benutzt worden müre
zu AReußerungen, die uns interesfieren müssen. Herr
Generaidirekor Dejline sang dort ein Loblied auf die
Verwaltung der Saargruben, dessen Berechtigung er
durch Unfühgrung der Gewinnsummen nachzuweisen
versuchte. Und gerade die Gewinnsummen inere sieren
uns. Es wird da oifen gesagt, daß nicht nur alle
Neuanlagen bar bezayhlt werden tonnten, sondern
neben dem grotzen Betrag, der dem französj. Schag—
amt überwiesen wurde, auch der Betriersfonds von
Zz4 auf 480 Millionen Franten erhöhyt werden tonnte
Das ist gewiß kein Pappenstiel, wenn im Zeitraum
weniger Jahre neben der Barbezahlung auer Neu—
anlagen — wozu auch die vielen neuen Werkswoh—
nungen zählen —, der Abführung vieler Millionen
an den französischen Staatsschatz, noch 446 Millionen
dem Betriebsfonds zugeführt werden konnten. Das
ijt, wie gesagt, kein Pappenstiel. Und die Saarberg⸗
leute tragen sicher das Hauptverdienst, daßz die
Frubenverwaltung solche Ueberschüsse erzielen konnte.
Sie haben auch sicher ein Anrecht darauf, dahß ihnen
geholfen werden soll, wenn sie sich in Not besinden.
In einer großen Notlage befinden sie sich schon seit
Dionaten. Wer aber nicht hilft, ist die französische
Grubenverwaltung, ist der Verwaltungsrat der Saar⸗
gruben und die französische Regierung. Bisher hörten
wir aus ihren Antworten nur ein Nein heraus.
Trotzdem Herr Fontaine, der Vorsitzende des Ver⸗
waltungsrates der Saargruben und der Jnternatio⸗
nalen Arbeitsorgani'ation, neulich in Berlin sehr
soziale Töne fand. Wir müssen schon sagen, daß hier
soziale Taten ausbleiben. weil es an der — sotialen
Hesinnung föoßlt
Im Preußischen Landtag brachten vor kurzem un⸗
jere Kollegen Steger, Harsich und Effert eine Große
Anfrage ein, die sich mit den jammervollen Zuständen
im niederschlesischen Bergbaugebiet besaht. Es wurde
darauf hingewiesen. daß der Durchschnirtslohn aller
Vollarbeiter im zweiten Vieretljahr 18927, ohne Ver⸗
sicherungsbeiträige, ganze 4,88 Mit. betragen habe.
Anknüpfend daran werden die schrecklichen Folgen
einer solchen Entlohnung gezeigt. Erhebungen im
Kreise Waldenburg. wo die bergmännische Bevölke—
rung hauptsächlich ansässig ist, ergaben folgende
icha uerl ichen Mobhnunosverhältnisie-
43 658 Venjichen, gieich 32,78 Prozent der von der
Erhebung erfaßßten Bevölkerung, hausen in einem
Raume; 50 610 Menschen, gleich 38 Profent der er—⸗
faßßzten Vevölkerung verfügen über ein Zimmer mit
Küche: 26 597 Menichen, eleich 20 Prozent, verfügen
ßbber zwei Zimmer mit Küche. (Aehnlich ist es in der
sührigen Kreisen Niederschleiengen
Reden diese Zaqhlen nicht eine furchtbare Sprache?
Den Tag über tief in der Erde, kargen Lohn, schlechte
zZlahrung und dann eine solche Wohnung! Daneben
immer weiter steigende Preise, sich ausdehnender
Luxus, sih ausbreitende Rücksichtslosi skeit und un—
soziale Gesinnung. Virßz da nicht der Kommunismus
wachsen?! Ja, es fehlt an wahrer sozialer Ein—
sestung, es fehlt aber auch am gewerkschaftlichen
Opferwillen der Arbeiter'chaft. Wäre sie geschlossen
opferwillig für ihre Sache, dann schränden solcht
elenden Zustände, wie sie in Riederschlessen zu ver
z2cichnen ünd
Die Tabakarbeiter zählen zu den Gruppen, die am
schlechtesiten bezahlt werden. So beträet beiöpiels—
weiise nach Angabe der Tabakberufsee nossensdtaft das
Jahreseinkonmen eines erwabsenen Tabatarbeiters
937 M. Alss noch nicht mal 80 Vi. menatlich
anoan hollen Familien leben! Die aArmen Menscher
sorderten nun mehr Lohn. Was tut man? Die Ta⸗
zatarbeiter werden auf der ganzen Linie ausgesperrt.
Durch Hunger will man sie rirre machen. So etwas
geschieht in unserm Zeitalter. Es isjt geradezu loill,
vras man der Arvbeiterschaft alles zu bieren wagt.
Warum bietet man es igr? Weil der größte Teil der
Artbeiterichaft Deutschlands immer noch nicht den
Unschlui an die Gewertschaftsbewegung sinden kann.
Sie kann an die eigene Bruit ichlagen und belennen:
Ddurch eigene Shuld.
Am Buß⸗ und Bettag sprach in Saarbrücken Pater
Muckermann. Er legte den Finger auf die Wunden
der Zeit. Wir Arbeiter wollen ihm dankbar sein für
eine mannhaflen Worte. Sagte er doch u. a.“
„Die zweite innere Krankheit des neuen Europas
ist die soziale Krankheit. Die Kriegsfront ijst offiziell
rugebaut worden, die Kanonen sind nach Hause ge⸗
sahren worden, aber die soziale Front ist nicht abge⸗
aut worden, im Gegenteil, sie ist noch viel breiter
reworden, sie zieht sich ducch ganz Europa hindurch.
SZeit Kriegsende ist die Verbitterung noch erheblich
gestiegen. Es ist jsoweit gekommen, daß man ichon gar
nicht mehr sieht, wie man aus dieser Lage heraus—
kommen kann. Auch das Vertrauen ist vollkommen
erichüttert. Die Folgen davon sind ungeheuerlich. —
Pas heute notwendig ist und worauf es ankommt ist
—V 8
——
Mein Hammer
Hei — wie mich dein Glanz erfren
Deiner Fläche Lichtgesunkel!
Freund, ich presse dich erneut
An mein Herz im liefsten Dunkel
Weifßz: in dir pulst Lebenskraft,
Wächst aus Schmerzen Freude — Segen:
Darum will um deinen Schaft
Felter meine Fauft ich legen.
Und die Linlen meiner Hand
Bilden meines Glücks Orakel,
Wenn sie, Freund, dein Holz umspannt —
Zielbewufszt und ohne Mabel
— —
Heidi. Hammer, Schlag auf Schlag
Brech ich doch des Schicksals Tücke:
Durch des Lebens Dornenhag
Schlag ich eine Wunderbrücke.
EChtistorb Wieorecht
Wer will dabei sein?
Jungmann! Hajst du die letzte Nummer gelesen? Wenn
sja. dann weißzt du ja, um was es geht. Wenn nein
dann muhtt du es unbedingt nachholen. Die Nummer ist
dir und deinen Alterskameraden gewidmet. Was sie dir
agt, das mußt du beherzigen und besolgen. Was da ge—
chrieben steht, gilt nicht in erster Linie dem Gewerkverein
sondern dir. Der Gewerkverein wirkt nicht lür sich. son
vern fäüre dich DBarun munt du dabei bine
Du muhtt inmitten der Kämpferschar des Gewerkverein—
stehen. Nicht als Trottel, der gerade so seine Beiträg
zahlt, jsondern als ganzer Kerl, der weiß, wozu er au
Erden ijt. Für die Jiele, die die letzte Nummer dir zeigt
muhßzt du kämpfien. Und zwar in vorderster Linie. Es iß
nicht Ingendart, sich in der hinteriten Linie zu bewegen
Die Juqgend muh voran ÜUuürmmen. Da minkt du dabei lein
Um lä mpfen zu fönnen, muhg man Waffen haben. Die
vermittelt die Jugendbeweguug. Allerdings keine Schieh
ꝛe wehre und HSandgranaten, sondern geistiges Rüstzeng
dicht mit der Fauit wird um den Arbeiteraufftieg ge
kämpft, sondern mit dem Gehien. Geistiges Rüstzeng er—
wirbt man sich nicht hinter dem Ofen oder auf dem Spiel
ann Tautplas, lbondern durch Studiun Iun den Unter—
dies, daßz der Sinn der Volksgemeinschaft vertieft
werde durch die Einfühlung des einen in das Schichal
des anderen. Wir müssen wieder hinschauen, uner
welchen Bedingungen der andere lebt. Blickt man in
das oberschlesische Industriegebiet hinein, so erteunt
man, wie die Wohnverhalinijse der Arbeiter eryeb⸗
lich schlechter find als z. B. die des Ruhrgebietes.
Zeyntausende von Arbeilern sind untergebracht in
Wohnbaracken, in Schlafräumen, die nicht nur für
eine Nacht, jondern für ein ganzes Leben dienen
müssen. Die Armut blickt von allen Wänden. Dann
muhz man sich in die Gedankenwelt dieser armen
Menschen hineinversetzen, wie auch sie die tiese Sehn⸗
sucht auf ein besseres Dasein in sich wachhalten, die
Sehnsucht auf den Tag der Freiheit. Es bleibt in
ihnen noch ein dumpfes Etwas von dem, was man
Leben nennt. Nichts kann der Arbeiter seinen Kin—⸗
dern schenten in der trostlosen Wüste, die man Leben
nennt ... Durch das Anwachsen der sozialen Not
wird neuer Haß heraufziehen, der sich furchtkarer aus⸗
breiten wird als wir je geträumt haben.“
Wahre Worte, eindringliche Worte — ob sie aber
beachtet werden? Wir Arbeiter wollen sie beachten
und sie beherzigen. Die andern denken wur an sich,
es fehlt die soziale Gesinnung, darum fehlt die soziale
Tat. Wir aber müssen diese erkäümpfen durch treues
Zusammenwirlen in der chritlichen Gewerlichaĩts⸗
dewegung.
—
—
i Ggtc
zen?
richtskursen, in Konjerenzen und Versammlungen wird
geistige Nahrung geboten. Je gröhßer das geistige
Rüstungslager der Arbeiter ist, um so leichter gelingt der
Auistieg. Darfit du fehlen, wo geistiges Nüstzeug ge—⸗
chmiedet wird? Nein. da mußt du dabei leint
Die Jugend muß sich in Kampfformationen zusammen⸗
inden. Unsere Jugendabteilungen bilden sie. Nicht alle
sungen Mitglieder des Gewerkvereins gehören einer In⸗
gendabteilung au. Das ist von Nachteil. Und zwar für
die Jugend selbst. Gehörst du einer Jugendabteilung an?
Wenn nein, dann lofort den Auschluh geincht Da mnt
zu dabei sein!
In vielen Zahlstellen sehlt überhaupt die Kampffor⸗
nation der Jugend. Das mußz sofort anders werden.
Ueberall müssen Jugendabteilungen ins Leben treten.
Kein Jungmann dari sich ausschliehen. Die Tapjersten
müssen voran. Ein gutes Beispiel müssen sie geben Und
dva mußt du dabei bein?
Alle christlichen Jungktnappen müssen im Gewerkverein
and jeiner Jugendbewegung vereinigt werden. Um dieses
Ziel zu erreichen. hat die Jugendleitung zur Werbetätig⸗
keit aufgerusen. Diese muh auf der ganzen Linie ein⸗
jetzen. Es geht um die Jugend und für sie. Will du
dich ausschließen von dieser Apostelarbeit? Willst du
tatenlos abseits stehen? Willst du nichts tun für dich
und deine Kameraden? Das darf nicht sein. Dem Rufe
der Jugendleitung mußt du Folge leisten. Dem Ruse:
Wer wmill dabei sein?“ mußt du die Antwart geben⸗
Ach will1l daß⸗13e21289
Der Vertrauensmann
Vertrauensmann! Welch eine schöne Bezeichnung! Der
Vertrauensmann unserer Organisation ist ein Mann des
Vertrauens, ein Mann, dem die Mitglieder der
Zablstelle, dem der Zahlstellenvorstand die Bezirks und
Zenttalleitung Vertrauen schenken. Alle sind davon
überzeugt. daß er tüchtig und gewessenhait genug ist. um
seinen VPosten voll und ganz auszufüllen. Und das sagt
viel. denn sein Posten ist überaus wichtiä. Was vände
und Füße für den Menschen bedeuten. das bedeuten die
Vertrauensmänner dür unsern Gewerkverein Sie sind
die stärksten Siützen. die ihn auftecht erhalten und vor⸗
märts bringnen Der gewissenhafte und küchtine vier—
rauensmann darf also recht stolz sein. weil er ein Mann
ist. dem alle vertrauen, dann aber auch. weil er sich zu
ven Haunptitüken der Otoanisation 26lL doo — NMNouckh