NUNummer 5
Saarbrücken, den 29. Januar 1927
Sahrgang
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—
Organ des Gewervereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
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Erkennen — Wollen — Hundein
Einige Bemerkungen
Die Zahl der Menschen aus anderen Volksschichten,
ꝛie sich aus innerster Seele auch dem körperlich arbei⸗—
enden Menschen verbunden und verpflichtet fühlen
die dessen heizes Streben nuch Luft und Sonne mit
janzer Hingabe unterstützen und fördern und ihm
zeistiger Nährvater sind, ist nicht groß. Zur Zahl
zeret, die aus innerster Bereitschaft heraus schon seit
dahrzehnten der Arbeiterschaft und deren Bewegung
uneigennützig dienen, gehört vor allen Prälat Dr.
August Pleper, der einige Jahrzehnte hindurch dem
Volksverein für das katholische Deutschland als Direk⸗
tor vorstand und auf ein Lebenswerk zurückblicken
ann, das eine wahrhaft soziale Rote und eine tiefe
ziebe zum arbeitenden Volke widerspiegelt. Sein
eißes Vemühen geht dahin, durch Wort und Schrift
dem arbeitenden Menschen und den anderen Volks—
schichten den tieferen Sinn der Arbeiterbewegung
aufzuschließen und nahe zu bringen. Aus einer reinen
Arbetterbewegung sollen nach seinen Zielweisungen
ie Arbeiter zu einen Stande emporwächsen, der
ruf allen Lebensgebieten — dem politischen, wiri
chaftlichen und kulturellen — gleichberechtigt und
aleichwertig neben den anderen Ständen und diesen
viederum verbunden und verpflichtet, lebt und wirkt
Diesem Großzziele dienen auch zwei seiner neuesten
S„chriften: „Kapitalismus und Sozialismus ale
eelische Pronleme“ und „Verussacdante und Berufs
tand im Wirtschafisleben.“
Die beiden Schriften wurden auch in einer soziali
uischen Jeitschrift, der „Fulernationalen Revue für
Sozialisuus und Politik“, von Richard Seidel be
arochen. Die Besprechung zeigt eine solch' schnoddrige
Urt, daß der Schriftsteller Dr. Unton Heinen sich ver
aulaßzt sah, in der Zeitschrift „Deutsche Arbeit
Nrt. u1927) dem Rezensenten Seidel eine Antwort
u geben in Form eines „Offenen Briefes“ an den
Schriftleiter der internationglen sozialistischen Revue
die sich „gewaschen“ hat. Diese Untwort wird der vor
laute Rezensjent sich gewiß nicht hinter den Spiegel
stecken. In iht sind aber Sätze enthalten, die wir chrisi—
ichen Arbeiter uns unbedingt einprägen mijsssen, weil
ie uns in aller Kürze das hohe Ziel und denm tieferen
Sinn unserer christlichen Gewerkschaflshewegung er
chlieisen. Es heißt da u. a.
„Für Pieper ist der Sinn der Arbeiterbewegung
ie Freihbeit des Arbeiterstandes, dah.
nicht in lekter Hinsicht mehr Lohn und weniger Ar—
deitszeit, sondern die wirtliche Freiheit der Mit
dest immung und itverantwortung
im wirtschaftlichen, politischen und tulturellen
ehen. Deshalb sind ihm Arbeiterorganisottonen
eiwas ganz auderes als gesäftliche Interessenver⸗
bünde, die immer vom JInstintte der Selbstsucht ge
fragen sind. Es sollen Genossenschaften
ein, in denen der herolsche Genossenschaftsgeist
das: „Wir lassen einander nicht im Stich, wir sind
als NMensitchen solidarisch miteinaunder verbunden“
die treibende Vlacht ijt. Vit dlesem Genossenschafts
geiste verbindet sich die christliche Grundidee der
Gottes- und Brudertiebe dergesialt, daß jener als
don dieset überhöht und geistig geadelt erscheint.“
Erscheint uns die Gewerkschafisbewegung. wenn
vir diese Sätze lesen und beherzigen, nicht in einem
zanz anderen Licht? O wie ganz anders stünde die
Arbeiterschaft da, wenn sie immer nach den Worten
»andelte:
Wir kassen etnander nicht im Stich, wir sind als!
Atenschen salidariich niiteinander verbanden
esonders in der leßten Hölite des Monats. Die
dameradschaften bleiben infolgedessen im Lahne
urück. Als die großen Gedingezeitel nach Monats—
inde verteilt werden, ist darauf nur der Mindestlohn
ermerkt. Darob große Enttäuschung und auch wohl
zorn im Herzen. Aber — den Mut zur Beschwerde
ringt kein Kameradschafisältester auf. Sie machen
zule Fäuste in der Tasche und schimpfen auf die subal
ernen Beamten wie Rohrspatzen — dort, wo es nie
nand höri und keinem weh tut. Auf die Frage,
warum sich keiner beschwert, erfolgt die vielsagende
Antwort: „Sie sind sich nicht einig. einer hat Angst
zor dem anderen.“ Und weil sie sich nicht einig waren,
wurde für den folgenden Monat das Gedinge noch ge—
zürzt. Alle haben das hingenommen, „weil sie sich
richt einig sind und einer vor dem anderen Angit
zat.“ — Ist das nicht traurig? Wo bleibt hier das
hebot: „Wir lassen einander nicht im Stich!“ Fühlen
ie Kameradjchafien sich in der rechten Weise als
Henjchen und Gleichleidende verbunden?! Dabei
verden oft in solchet Lage und bei solchem Handeln
roch aroße Sprüche von „internattonalet
Zolsdarität“ geklopft, und man bringt noch nicht mal
oviel Solidaritätsgefühl auf, um sich in der kleinsten
ind am nächsten liegenden Schidjalsgemeinschafit
gegenseitig zu unterstützen und zu helfen. Wer den
-zchaden davon hat, brauchen wir wohl nicht näher zu
rtlären
Sie verzagt gar bald. Vor der kleinsten Schwierigkeit
apituliert sie. Daraus ziehen natürlich die anderen
hren Rutzen. Sie sind eben selbstbewußter und
zämpfen mit Zähigkeit und Beharrlichteit für die Er⸗
reichung ihres Zieles. Wann ziehen die Arbeiter
daraus die notwendigen Schlußfolgerungen? Beach—
ten wir. was Wilh. Elfes in der WAZ. (Mr. 3119027)
als Schlußabjatz in einem Artitel „Arbeitervolk“
chreibt:
Die Arbeitermassen sind das schaffende deutsche
Volt.
Diese Erkenatnis muß nicht nur in Deuischland.
ie müßte vor allem einmal in den Arbeiter-
nassenselbst lebendig werden. Denn wie viel
»erzehrende Zweifeljucht und wie viel lähmender
Zleinmut steckt noch in ihten Reihen. Sie zweifeln
in sich und zweifeln an anderen und sind verzagt.
Zie wissen eben nicht, was sie sind und was Je
zedeuten. Diese Erkenntuls aber muß ihnen
ommen, denn sie gibt ihnen stolzes Selbst-—
»ewußtfseinundheroischen Willen.
Die Arbeitermassen sind das deutsche Volk! Wenn
ie einmal ihre Kraft erkennen. wenn sie einmal an
ich glauben, dann formen sie die Welt nach ihrem
tarken Willen. Denn nichts kann ihnen widet—
stehen!“
Bedarf es nun noch vieler Worte, um unser Wollen
ind Handeln zu erkennen? Ringe sich jeder zum Glau—
hen an sich und seinen Stand durch, dann haben wir
rewonnen.
Es steikt allzuviel Kselnmut in der Arbeiterichaft
*
Uns den Muttergebiet der Kun misten und Gelhen
u uet At isitil u
Einige Vezirke glichen vorübergehend nur unoch einem
gewerkschafthichen Trümmerfelde.
Das war Wasser auf die Mühlen der Unternehmet
VNeitfkeldeutschlands. Diese lachten sich ius Fäustchen
aber die unfteiwillige Hilse detrt Kommumssten. Die
Stchwmächung der gewerkschaftlichen Macht stärkte
hnen das Rückgrat. Rücksichtsloser denn je wur—
den die Arbeiter behandelt. Die Zwölfstunden schicht
blieb, während sie im Kolner Gebset schon im Früh—
ahr 1925 abgebaut wurde.“
Was lehrt uns diese Darstesllung? Daß unsere
Zchlußfolgerung in dem angezogenen Artikel richtig
st: die Kommunisten schüdigen durch ihr Wirken die
Arbeiterschaft. Die Spuren ihrer Tätigkeit sind Jer⸗
ctzung, Vernichtung des Glaubens in die Wirkungs—
kraft der Gewerkschaften, woraus dann die bitteren
Folgen wachsen, unter denen die mitteldeutiche Bera—
arbetterschaft nun zu leiden hat.
Aber noch etwas onderes hat das Wirlen der
Kommunisten im 8 ein Aufblührn der gelben
Vecein igungen. die heute unter dem einschmricheln
den und irreführenden Ramen „Wertksgemeinschaf⸗
ten“ ihr Leben fristen und die „Gnade des Unter⸗
nehmertums“ sich zu erwerben suchen. Die irre⸗
geführten Paenrschen, denen der Glarbe an die Ge⸗
werkichaftsbewegung verekelt wurde, werden so etne
Schuhtruppe des Unternebmertums. Wie das Undber«
nehmertum sie aber achtet und einschätzt, lehrt klat
dessen Verhalten in der Arbeitsgeitfrage. Das Unter⸗
nehmertum geht sogar sowelt, in der Presse zu be—
eichten, „auch heute noch set die große Vehrhett der
Arbeitnehmerschaft für Vetbehaltung der gegenwät—
tigen Arbeitszeit.“ (Kölnische Zeitung vom 30. Dez.
1926.7 Mie solche, Vieinungen“ zustande kommen,
wissen wit an der Saar ja aus Erfahrung. Jie der
Hüttenindustrie zumal ‚bluühte“ bls zum Kriegsende
zie „gelbe Werksbewegung“. Wenn der Unterneumer
rief, marichterten die atmen Arbeiter, die ihr Koall⸗
lonsrechts etnes Linsenmuses wegen verkauft hatten,
zu Paradeveranstaltungen auf, bei denen dann auch
Be'chlüsse“ gefaßt wurden — die allerdings der
Unternehmer aufgefetzt batte nach seinem Gutdünken.
Als dann die Revolution“ kam, erwies sich das
zamze gelbe Gebäude als faul. Es beruhte sa nicht
r— ta nnn dem freien Entschluß
Vor einiger Zeit wiesen wirt auf das arbeiter—
häadtgende Wirken der Kommunisten hin. Dabe
Irwiejen wir auch auf die in Mitteldeutschland herr
chenden Verhältnisse und hoben hervor, daß dort mi,
ie längste Arbeitszeit bestände. Tatsächlich besteh
in mitteldertichen Braunkohlengebiet die Zwölf—
Ziundenschicht. Im Rheintichen Braunkohlengeb!et
do unser Gewerkderein einen statken Einfluß besitzt
ist es in zähem Ringen gelungen, die vorübergehendt
ngefühtle Zwölfstundemschicht wieder zu kürzen. In
HNcttteldeutschland führen die Gewerkschaften natür
lich auch einen scharsen Kantpf gegen die unerhöti
ange Arbeltszeit, die den Urbeiter zum richtigen
Arbeltstier herabgewürdigt. Ein Erjsolg blieb bisher
zersagt.
Beider Untersuchung der Ftage, wer schuld an
iesem PMißerfolg ist, kontiint unfer Essener „Bera
nappe“ zu folgendem Ergebnis:
„PMirteldeutichland gehört zum „Mutterlaud“ der
delben Werksgeneinschaften (den „Liebkindern“ der
Dentiihhen Bregwettszetlung“ uind anderet Unter—
Achmerergane. D. Red.). In den letzten Jahren
wurde die gelbe Bewegung von einem Teil der
Braunkohlenindustrirüen und ihren Trabanten mit
ꝛUlen Mitteln hochgepäppelt. Manche Arbeiter waren
dumm genug. den ge!ben Sitenengesüngen zu
plauben. Statt sich auf ihre eigene Kraft in der ge—
werkschüftlichen Organtjation zu besinnen, hofften sie
zuf „fretwillige Zugeständnisse“ der Unternehmer
Sie sind aber btter euttäuscht wotden. Die Werts
gemeinschaft brachte ihnen weder tarifliche Lohn
rhöhungen noch eine Vertürzung der unmenichlidh
angen Zwölfstundenschicht.
Aber nicht nur die Werksgemeinschuften 8 an
der Tragödie in Mitteldeutichland schuld. Die
Kommunisten haben sehr viel zur Zerstörung
ver gewerkschuüftlichet Macht getan. Ihre frivole«
Hetze gegen die Gewerkschaften umd ihre Führer trieb
biele Wiitglieder aus den Gewerkschaften heraus.
Vornehmlich in den fresen Gewerkschaften konnten
ije thr gewerkschaftsfeindilches Spiel treiben. Da im
Zerabau Vitteidrurschiänds die soziallstische Ar—
eiterbewegung steits von ausschloggebender Vedeu—
na war, blieb dieser „Brudertampf“ nicht ohne
intrtirna aasf de fron nr chnfiäheonuna
In einem Bremsbetge artbeiten elf Kameradschaf—
en. Das Gedinge ist so gestellt, daß der zustehendr
Lahn verdient werden könnte. Aber die Förderung
traßptenicht. Eg fommen nicht genug Uoaen hFeran