Gelte 4
Der gewerkschaftliche Gedanke siegt
Ein Rachwort zur Arbeitskaämmerwahl im
Ruhrbergbau.
Hie am 23. Juni im Ruhrbergbau stattgefunden«
Urbeitskammerwahl brachte den Gewert—
schaften einen vollen Erfolg. Sie brachte nicht nur
eine erhebliche Vermehrung der auf die beteiligten
Bergarbeiterverbände entfallenen Stimmen, sondern
kedeutete auch einen derben Schlag für die gelbe Be—
wegung. Die Gelben brachten nicht mal eine vor—
oristamaige Liste zusammen. Obschon sie vom
lnternehmertum gehätschelt und gepflegt werden
tennten sie keinen Einfluß auf die Arbeitskammer
wahl ausüben. Wenn man aber die Unternehmer—
blätter vom Schlage der „Deutschen Bergwerkszeir⸗
tung“ liest, sollen die Gewerkschaften jegliches Ver—
trauen der Arbeiter verloren haben und die gelbe
Bewegung sich in steigendem Maße der Sympathie
der Arbeiter erfreuen. Wie solche Auslassungen ein—
zuschätzen sind, ergibt sich klar aus dem Ergebnis der
Arbeitskammerwahl, das restlos den vier Bergar—
beiterorganisationen zugute kam. Das Wahlergebnis
ist der beste Beweis dafür, daß die Gewerkschaften
das Vertrauen der Arbeiter besitzen und die gelbe
Bewegung ohne jede Bedeutung iñ
Bei der letzten Wahl konnte der Gewerkverein
Hhristlicher Bergarbeiter seine Stimmenzahl wiederum
steigern. Seit der ersten Arbeitskaämmerwahl im
Jahre 1919 ist ein Stimmenzuwachs um fast 20 000
zu verzeichnen. Der Gewerkhperein erhielt nümlich an
Stimmen:
iin Jalire 1919 insgesamt 43 236
1921 47 376
1925 57 453
1927 * 62762
Diese Steigerung ist umso bemerkenswerter, als
gegenüber dem Stande der Vorjahre ein erheblicher
LAbbau der Belegschaft zu verzeichnen ist. So sank die
Belegschaftsziffetr von 5861598 im Jahre 1922 auf
409 370 im Monat Mai 1927. Obschon eine Beleg—
schaftsverringerung um etwas mehr als 150 000 zu
verzeichnen ist, konnte der Gewerkverein seine Stim—
menzahl erheblich steigern, ein Veweis, daß seine
anteilsgemäße Stärke gewachsen ist, ein Beweis aber
auch, daß der gewerkschaftliche Gedanke innerhalb der
Ruhrbergarbeiterschaft sich ausgebreitet hat. Ob nun
daraus die Unternehmer die richtigen Schlußfolge
rungen ziehen, und endlich die künstliche Hochväppe
lung der Gelben aufgebet
Auch bei den Betriebsratswahlen dehn
der Gewerkverein seinen Anteil immer mehr aus.
Nach einer Statistik, die vor einiger Zeit durch die
Presse ging, gestaltete sich der prozentuale Anteil des
Gewerkvereins an den Rotriehsreseamitaliedern wie
folat
— 7555
1920 18.88 Prazen⸗
821 17.14
2 20,59
2707
D
925
926 24,83
1927 25.,76
In diesem wachsenden Anteil des Gewerkvereins
bdruͤckt sich die Tatsache aus, daß immer mehr Berg—
leute dem Gewerkverein ihr Vertrauen schenken
Einerseits ist also ein Wachsen des gewerkschaftlicher
Gedankens überhaupt und andererseits ein Steiger
des Einflusses des Gemertnereins im Ruhrberaba'
festintelsen
—I — d L 1 8 1 Rst
Aus dem Lothringer Kohlergebiet
Famalverbindung für das lothringische Kohlengebie
Die Förderung der lothringischen Steinkohlengruben is
in stetenn Aufstieg begriffen. Ueber die Entwicklung in de
dachkriegszeit gibt folgende Tobelle Aufschluße:
1913 3796 000 t 1919 253110003t
1920 3168000t 1921 3611000 t
1922 4232 000 t 1923 4162 000 t
1924 85 268 000 t 1925 5279 000
ig26 5 324 000
Die höchste Fördetziffer vor dem Kriege wurde im
Jahre 1926 schon um 18 VWiillion Tonnen überschritten.
Durch die Ausbeute der Flöze im Warndigebiet und durch
umfangreiche Neuanlagen sind die Voraussetzungen zurt
weiteten Steigerung der Förderung gegeben. Man spricht
davon, daß die Förderung nach 1830 eine iährliche Ton—
nenzahl von 9 Millionen erreichen soll
Diese Entwicklung des lothringischen Steinkohlenberg—
baues wird sichet eine Erichwerung der Lebensbedingun
nen der Saargruben im Gefolge haben
Meben der starken Ausdehnung des lothringischen Berg—
baues wird auch eine Besserung der Transportbedingun—
gen geplant. Das lothringische Steinkohlengebiet besitzt
keinen unmittelharen Anschlußz an einen Wasserweg, wie
ihn die Saarkohlen zum Transvort — nach Franlreich
besiken.
Ugber die lothringischen Kanalpläne bringt die „Saar—
renaseurrge (RAummer 28 vom 16. Juli) überaus
beachtlide Auslallungen. Danach oll detr Blas der lothrin
„Der S—
gischen Gruben darauf hinauslaufen, einen Seitenkana
vom Saarkohlenkanal abzuzweigen und in das Herz de—s
othringischen Kohlenbecens selbst hineinzuführen. Im
Tale bei Merlenbach soll ein Zeniralhafen geschafser
verden, der mit dem Saarkohlenkanal über Veningen—
Püttlingen ,Saaralben verbunden werden soll. Stich—
tanäle sollen vom Zentralhafen zu den Gruben geführt
wecden, um so ein unmittelbares Verladen der Kohlen
in die Kohlenkähne zu gewährleisten. Die lothringischen
Gruben versprechen sich von der Durchführung des Planet
eine bedeutende frachtliche Besserstellung und eine Hebung
»cs Absakes nach Südoit- und Südfrantrei
Es ist klar, daß die Verwirklichung des Planes zu einer
weiteren Erschwerung der Lebensbedingungen der Sacr—
zuuben führen wird. Der Wasserweg nach dem Südosten
und Süden Frankreichs (mit Einschluß des Elsaß) wird
für die lothringische Kohle wesentlich kürzer als für die
Saarlkohle sein. Die günstigeren Frachtbedingungen tragen
dann zu einer Erschwerung der Konkurrenz bei. Nach dem
Osten steht den Saarkohlen kein Wasserweg zur Ver—
jügung, so daßz die angedeutete Entwicklung uns mit
großer Sorge um die Zukunft der Saargruben erfüllen
muß. Es muß darum heute schon gefordert werden, daß
gerade der Trans port-zund Frachtenfrage fün
die Saarkohlen allergrößte Aufmertsamkeit und Tat
kraft geschenkt werden. Die Zutunft des Saarbergbaues
und weitester Schichten der Bevöllerung des Saargebiete⸗
jängt von der richtigen Lösung des Trausport⸗ und Frach
tenproblems für die Saarkohlen ab. Wir sehen, daß unsere
Kohlennachbarn in Lothringen sehr rührig sind und weit
gesteckte Pläne verfolgen. Mögen die für den Saarberg
au in Frage kommenden Stellen nicht unttitig iein.
Der Staatszuschuß für die elsaß⸗lothringischen
Knauppfchaftskussen
Der Unabhängige Bergarbeiterverband führt seit 1920
inen zühen Kampf um den Staatszuschuß für die elsaß
othringischen Knappsfchaftstktassen. Als erste Organisatior
zriff er diese Frage auf und führte er sie auch zu einen
Erfolg. Im Dezember 1925 reifte das Ergebnis der jahre
angen Arbeit. Die französische Abgeordnetenkammer
tahm nämlich im Dezember 1925 den vom Abg. Schu—
nann und den bürgerlichen Abgeordneten von Elsaß-Lo
hringen eingereichten Gesetzesvorschlag auf Gewährung
des Staatszuschusses an die elsaß-lothringischen Knapp
schaftskassen an. Wie jedes von der Kammer angenom
mene Gesetz mußte auch dieses dem Senat unterbreite
werden. Die Grubenkommission des Senats versuchte der
Gesetzes vorschlag Schumann in unvorteilhafter Weise ab
zuändern, indem das Datum für das Inkrafttreten des
Hesetzes vom 1. Juli 1923 auf den 1. Januar 1926 zurück
verlegt werden sollte. Gegen diese Stellungnahme prote—
stierte der Ungbhängige Bergarbeiterverband sofort ir
entschiedenster Weise Seinem Vorgehen ist es zu danken
daß der Senat schließlich auch das Geset mit rückwirkende—
Jraft ab 1. Juli 1923 annahm
Das nunmehr zustande gekommene Gesetz befriedig
aber nicht ganz. Wie der „Unabhängige Gewerk'schaftler“
nit Recht scharf bemängelt,
ioll der Zuschuß für die ausländischen Arbeiter nicht
gewährt werden,
soweit kein Arbeitsvertrag mit der in Frage kommenden
Ration besteht. Der „Unabhängige Gewerkschaftler“ ver—
ichett, daß der Unabhöngige Bergarbeiterverband alles
run werde, um eine Aenderung dieser Bestimmungen zr
erwirken. (Unsere von elsaß-lothringischen Knappschafts
vereinen pensionierten Mitglieder müssen uns mitteilen
ob sie den Staatszuschuß zur Knappschaftspension erhalten
»der nicht, damit wir entsprechend handeln können))
Nach dem Gesetz wird den elsaß-lothringischen Knapp
schaftskassen ein Betrag von 1 Prozent des verdienter
Lohnes jährlich zufließen. Der Berichterstatter der Finanz
tommission schätzte den jährlichen Betrag auf annähernt
3 Millionen Franken. Für die Jahre 1923 bis 1925 komm—
zine Zuwendung von 45 Mill ionen Franken in Frage
Diese Zuwendungen erlauben zweifelsohne eine Aufbesse
rung der Pensionssätze. Darauf zu halten, betrachtet de—
Lnabhängige Bergarbeiterverband als seine Pflicht.
Die Erledigung dieser Frage hat wiederum gezeigt, das
der Unabhängige Bergarbeiterverband mit Entschieden
heit und Ecfolg sich für die Interessen der elsaß-lothrin
gischen Bergleute einsetzt, und daß er als einziger Ver
hand sich auch der Insteressen der ANuslönder aunimmf
9 J 9
Deutschlunds Kohlengusfuhr im Juhre 1926
Die gesamte Kohlenförderung und -Erzeugung Deutsch
ands im * 1926 betrug folgende Mengen de Klam
nern die Zahlen für 1913 für den heutigen Gohietsum
ang des Reiches):
1. Steinkohlen 145 363 000 (140 753 IN
2. Braunkohlen 1398377 000 87 228 000
3. Koks 26 255 900 31 668 N
Braunkohlenbrikett« 34 355 000 21 498 000
Die Steinkohlenförderung von 1926 übersteigt die von
Fahre 1913 um rund 46 Millionen und die Braunkohlen—
örderung um 526 Millionen Tonnen. In einigen Jahren
der Rachkriegszeit war die Braunkohlenförderung höher
als die Steinkohlenförderung. So ist der Steinkohle in
iqenen Lande Konkurrenz in der Rraunkahl⸗e erwachsen
Die geförderte Kohlenmenge konnte in Deutschland
Alein nicht abgesezt werden. Ein erheblicher Teil wurde
in andere Länder ausgeführt. Auf die Ausfuhr war der
deutiche Bergbau von jeher angewiesen. Infolge des eng
ischen Bergarbeiterstreils konnte die deutsche Kohle wie—
der alie Absakßgebiete zurückerobern. Nach Beendigunt
des englischen Bergarbeiterstreiks verschärfte sich die Kon
kurrenz wieder, was auf den deutschen Bergbau nicht ohn
Rückwirkungen blieb. die sich heute teils in Arbeiterent
lassungen, teils in der Einleaung von Feierichichten aus
—
Aummer 31.
Die Aussuhr von Stein lohlen
ohne Repargtionskohle nach den verschiedenen Ländern
bhetrug im Jahre 1326 (in Klammern die Zahlen von
13):
Holland
Schweiz
Nordische Lände
Tschechoslowate
Frankreich
Belgien
Italien
Andere Länd
Zusammen 30 408 000 (36 901 000) 3
Die Ausfuhr an Koks
ohne Reparationslieferungen betrug im Jahre 1926
3622 000 Tonnen gegen 6 433 000 Tonnen im Jahre 1913.
An Brauntohlenbriketts (ohne Reparationslieferungen)
kamen 1926 zur Ausfuhr 1844 000 Tonnen gegen 861000
Tonnen im —38 1813.
Die gelieferten Reparationsmengen
hetrugen im Jahre 1926:
Kohlet Koksst Brikettsst
an Frankreich 4506 526 3826118 487 819
an Belgien 2059813 82 998 30 010
an Italien 2721 037 4 068
Zusammen 9287 376 3913184 517 829
lebrige Ausfuhr 30 408 000 b 622000 18440 000
Besamtausfuht 39 685 376 10 535 184 2361 829
913 36 901 000 b6 433 000 861 000
Die deutsche Kohleneinfuhr
zing im Jahre 1926 stark zurück (eine Folge des eng⸗
ischen Streiks). Sie — in den angegebenen Jahren
ind nach Sorten (in 1000 Tonnen):
1813t 1923 t 19240t 1925 t 1920t
Z„teinkohle 10567 23652 13016 7571 2556
Braunkohle 7108 1306 2172 2487 2235
oks 595 1641 335 89 91
Die überaus hohe Einfuhr ausländischer Kohle im
Jahre 1923 findet ihre Ursache in der damaligen Besetzung
odes Ruhrgebietes durch die Franzosen und Belgier. Es
wäre zu wünschen, wenn es der einheimischen Kohle ge⸗
änge, den deutschen Markt auch weiterhin so zu behaup—
en wie im veragaangenen Tahre
Von den Arbeitsstaͤtten
der Kgwergden
Tongruben Hettenleidelheim-Lautersheim. Schon seit
Monaten sind hier eine Anzahl Tongrubenarbeiter mit
den Grubenbesitzern eiftig an der Arbeit, den Austritt
aus der knappschaftlichen Versicherungspflicht zu erreichen.
Zu diesem Zwecke sind bereits eine Anzaähl 3
vorgenommen und eine Reihe von Eingaben sowie Be—
sichwerden an das Reichsarbeitsministerium gesandt wor—
den. Mit dieser Angelegenheit hat sich auch eine Beleg—
schaftsversammlung beschäftigt und nach reiflicher Aus—
prache nachstehende Entsichliekung einstimmig angenom—
Nnen —
Entschließung.
„Die heute, den 14. Juli, in Hettenleidelheim im Saale
»er Wirtschaft Scheuermann stattgefundene Belegschafts⸗
rersammlung der Tongrubenarbeiter in Eisenberg und
zettenleidelheim beauftragt die Gewerkschaften, bei dem
geichsarbeitsministerium und der Reichsknappschaft zu er⸗
lären, dem bereits geforderten Austritt der Gruben be—
iehungsweise der Belegschaftsmitglieder aus der knapp⸗
chaftlichen Versicherungspflicht die Genehmigung zu ver⸗
agen. Die Bergarbeiter genannter Grube haben in lan⸗
zer Vorarbeit im Jahre 1918 erreicht, de der bayer.
Staat sie als Knappschaftsversicherungspflichtige aner—⸗
kunnt hat. Dadurch wurde einem lang gebegaten Munsch
or Measlsooĩschrft Mohnnunqg dgotrano—
In den Gruben erfordert die Tätigkeit ein großes Maß
oon bergmännischen Kenntnissen. Ein tüchtiger und ge—
chulter Arbeiterstand ist notwendig. Nur so ist es mög—
lich, die Sicherheit in den Gruben zu erreichen, sowie Le—
ben und Gesundheit der Bergarbeiter zu schütßen. Der
hierzu notwendige Arbeiterstand kann nur in jahrelanger
Arbeit hetrangezogen werden. Ein Austritt aus der
Knappschaft steht der Durchführung dieser Notwendig—
eiten hindernd im Wege. Die Beibehaltung der knapp—
chaftlichen Versicherungspflicht liegt deshalb nicht allein
m Interesse der Arbeiterischaft. sandern auch in dem—
enigen der Betriob⸗
Die Belegschaftsversammlung erklärt mit aller Be—
timmtheit, nach wie vor an ihren Knappschaftsrechten
estzuhalten und hofft mit aller Entschiedenheit, daß die
uständigen Stellen hierfür, unbekümmert einzelner Au—
zenseiter, nach wie vor auf dem Standnunkt inovpichai⸗
icher Versichetung stehen bleiben“
Es erscheint in der Tat unverständlich, wie hier eine
zrößere Anzahl Arbeiter in vollständiger Verkennung der
Situation sich zu Schritten hinreißen lassen, die nicht
allein ihnen, sondern auch den kammenden Generatianen
zum agrößten Schaden gereichen
Bekanntmachung
Der 31. Wochenbeitrag (Woche vom 24. bis 30.
Juli) ist in dieser Woche fällig.
Für die Redaktion vetantwortlich: P. Kiefer.
Verl. des Gewerkvereins christl Bergarbeiter Deutschlands
Pruck: Saorbrücketr Druckerei und Verlag 6