Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

Nummer 30 
Sαια᷑ν, den 23. Juli 1927 
Vahrgang 
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Organ des Gerwvoreins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
Ericheint jeden Samstag für die Maugue der gratis. 2 ʒaũr wirtschaftliche u. geistige Hebung — Geschäfksstelle des Saar-Bergknappen“: Saarbrücken 2 
s füt die Zahlstellenab ten 5.— Fr. monail. ohne St. Johanner Straßze 49. — Fernsprech Anschluß: Amt 
un w eeeemen 15. re — * des Bergarbeiterstandes Saarbruchen. Nummer 1580. 1062, 2003. 3194 
2 Wir Menschenkinder sind gar groß in der Kritik 
Einkehr halten! an andern. Es ist mal so, daßz man den Splitter beim 
385 Rächsten eher mertt denn den Balken im eigenen 
Einiae Bewerlunger Auge. So können sich die Arbeiter nicht genug ent⸗ 
rüsten über 
unjoziale Gesinnungder Kapitalisten. 
Es ist ja auch richtig, eine Einstellung zu geiheln, die 
unnötigerweise dem Unfrieden dient, und dem Rebeu— 
menschen das zum Leben Notwendige vorenthält. Nun 
kommt aber ein gewichtiges Aber: nur der Mensch isi 
doch zur Kritit berechtigt (in unserm Falle), der selbsl 
soziale Gesinnung intus hat und zu wahrhaft jsoziale; 
Tat bereit ist. Was müssen wir jedoch erleben? Wi— 
verraten doch kein Geheimnis. wenn wir betonen, daß 
wohl alle einsichtigen Bergleute wenig Hoffnung 
hotten auf das Gelingen der angebahnten Unter 
lützungsaktion. Wenn sie nicht gelungen wäre, muß 
ten sich eben alle Bergleute auch zufrieden geben 
Uun ist sie aber trotz aller entgegenstehender 
dchwierigkeiten gelungen und jeder hat 
den gerecht zugemessenen Anteil 
erhalten. 
zst nun Zufriedenheit da? Beileibe nicht. Weil die 
Unterstützungssätze nicht gleich sind, mault nun diese: 
aund jener. Manche Ledige maulen, weil die Ver— 
jeirateten mehr bekamen. Es ist jetzt schon so, daß die 
Freude an einer Unterstützung, deren Erreichun 
chier aussichtslos erschien, gegenseitig zerstört wird 
Unddas Zerstörungselement? 
Rennen wir es offen bein Namen: Unsoziale 
Gesinnung. Wir wissen es, dah man jetzt auf⸗ 
brausen und so und so tun wird. Damit wird aber 
die ausgesprochene Tatsache nicht aus der Welt ge⸗ 
räumt. Der kinderreichen Familie, die doch am 
meisten unter den Verhältnissen leidet, wird doch 
der höhere Unterstützungssatz mißeg ön ut. Anders 
ist das Geschimpfe draußen gar nicht zu deuten. 
Fragen wir uns doch ehrlich: wäre allen geholfen ge⸗ 
wesen, wenn an alle der gleiche Unterstützungs⸗ 
jatz zur Auszahlung gekommen wäre? Gewiß nicht. 
Mußzte nicht, we un Not besteht, auf 
den Familienstand Rücsicht 
genom men 
werden? Gebot das nicht die von uns so sehr betonte 
Soziale Gesinnung? Oder wird sie nur aus Zweck⸗ 
mähzigkeit betont, und lebt im Innern auch nur 
nackter Egoismus wie bei den Mammonisten? Dann 
wehe dem Arbeiterstande, wenn seine eigenen Ange⸗ 
hörigen zu keinem sozialen Handeln und sozialem 
Verstehen mehr bereit und fähig sind. Wenn wir 
unter uns selbst zu sozialer Liebestat und Hilfsbereit— 
schaft nicht mehr fähig sind, dann wird die Arbeiter— 
bewegung ihre Mission nie erfüllen. Das möge man 
sich merlen und Einkehr halten. Hält man die nötige 
kinkehr, dann wird der Mißmut, dann wird die zer— 
törende Kritik mit einem Schlage verschwinden 
Im Saargebiet ist zur Zeit ein jonderbares Reu— 
gen zu beobachten, an dem sich alle möglichen Men— 
ichen beteiligen. Das Rennziel nennen sie „Be— 
treuung“. Unter denen, die da rennen, sind gar viele 
die noch gar keine Not gelitten haben. Und woller 
doch „betreut“ sein! 
Waie ist das Rennenentstanden? 
Jedermann weiß, daß die Bergleute in besonderer 
Rotlage sich deshalb befinden, weil die Saargruber 
infolge Absatzmangel nun schon 11 Feierschichten ein⸗ 
legten. Um die aus dem Lohnverlust durch Feier 
schichten entstandene Notlage in etwa zu mildern, be⸗ 
mühten sich die Bergarbeiterorganisationen um eine 
Rotunterstützung. Diese Bemühungen führten 
zu einem Ergebnis. Die organisierten Bergleute er— 
hielten eine Notunterstützung ausbezahlt. Nun will 
nan das Ergebnis der Bemühungen der Vergarbeiter— 
organisationen in eine allgemeine Betreuung um— 
deuten. Und komisch, die Leute tun sich dabei am 
meisten hervor, die der Gewerkschaftsbewegung gat 
nicht angehören. Am lautesten in der Schar der „Ve— 
treuungsrufer“ gebärden sich nämlich die, die mit 
einem Eifer, der einer besseren Sache würdiag wäre 
vie GGewertichften vworfonreßr 
Was wir dazu zu sagen haben? 
Ei, die Leute, die der Gewerlschaftsbewegung fern 
stehen und sie gar noch offen und versteckt betämpfen, 
neüssen schon gar kein Schamgefühl mehr haben, dah 
fie etwas verlangen, was ein Ergebnis der Be— 
mühungen der Bergarbeiterorganisationen ist. Wenn 
ich eine Bewegung als unnütz ablehne und belämpfe. 
dann muß ich auch konsequent bleiben in der Ableh— 
nung dessen, was die „unnütze“ Gewerkschaftsbewe⸗ 
gung erwirkt hat. Greife ich aber doch danach, dann 
beweise ich damit nur, daß ich ein höchst widerlichen 
Fanisft hin. Dder ist es nicht 492 
* 80 2 * vg 
Keichsheihilfen für elsuß⸗otkringische Rentenempfünger 
Die nachhaltige Arbeit des Gewerkvereins Es wird natürlich auch jetzt noch Leute geben, wie 
mit Erfolg geront zum Beispiel die Wortführer der Pensionärvereini— 
Selten wurde so viel auf die Gewerkschaften im en die weiter dapon faseln, die Gewerlschaften 
Zaargebiet geschimpft wie in der gegenwärtigen Zeit hä ten die Interessen der Sozialrentner „verraten“. 
ẽs schimpfen die Unorganifierten, die Sozialrentner, Sie sind auch unverfroren genug zu behaupten, der 
ie Ledigen, die Neuausgenommenen, die Angesteliten Erfolg sei Ihrem Vorgehen“ zu verdanken. Wir freu⸗ 
uͤsw, am lautesten naturlich die Leute, die sich um ten uns wirklich, wenn die Wortführer der genann⸗ 
die Hebung des Arbeiterstandes keinerlei Sorge ten Vereinigungen mal einen Erfolg aufweisen könn— 
machen und zu keinem Opfer bereit sind Trotz aller ten, weil das ja den Rentenempfängern zu gönnen 
Schimpferei, trotz aller Verleumdungen und Verdäch wäre., Praktisch ist es aber bisher so gewesen und ge— 
tigungen arbeiten die Gewerlschaften, insbesonder hlieben, daß die viel gelästerten Gewerkschaften di 
unser Gewertverein, unverdrossen an einer Besserung Erfolge muͤhsam erstreten to —— 8 — 
Zer Lage. Und es muß mal laut und deutlich gesagt 56 streiten können. Die anderen be— 
werden: Noch nie war die gewerkschaftliche Arbeit je uest inzwischen die Zeit, die Gewerkschaften zu ver⸗ 
erfolgreich wie gegenwärtig. Wenn wir von den Wir dächtigen. Und viele fallen darauf herein, die immer 
uhgen der Welltohlenirise, die nicht so ohne weite noch glauben, mit Schimpfen und Verdächtigen lietze 
res Pehoben werden können, absehen, dann muß sid sich etwas erzlelen oder ein Millionensegen müsse 
eder objettiv Urteilende sagen, das es geradezu er ohne weiteres über sie kommen Wir sind fürwahr 
taunlich ist, welche Vorteile die Bergarbeiteroraan; weit gekommen. Trotz allem werden wir aber das 
ationen in letzter Zeit erzielt haben. wnn bertreten und zu erzielen suchen, was verttetbat und 
— nn ieeen —43 Anseren Dite erfütlbat ist. und fteuen uns jedes Erfolges den wir 
nd u für andere erzielen, mögen sie uns lästern oder nicht. 
jeben Der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter — — 28* 
bemüht sich schon seit vielen Monaten um eine Besse — freuen Vr un⸗ auch des für die elsaß⸗lothrin⸗ 
ung der Lage der eisaßloihringischhen Rentenemp gischen Sozialrentner erzielten Erfolges, wenn wir 
anger soweit sie im Saurgebiet Und im Reich woh auch wissen, daß es auch unter ihnen viele geben 
nen' Es ist klar, daß der Erfolg bei der Schwierig wird, die sich niemals selbst um ihre Lage bemühten, 
keit der Loͤsung der Frage nicht sofort reifen konnte denen der Erfolg „nicht weit genug geht“. Ihnen 
Anser Vaterland mußte erst seine Währung in Ord raten wir, dann auf das Erzielte doch zu verzichten, 
iung bringen, die ja zu einem Nichts entwertet war und es denen zu überlassen, die bisher treu und red— 
es muß Lasten über Lasten tragen, es muß eine lich in der Gewerkschaftsbewegung mithalfen, der 
Villionenschar Arbeitsloser unterhalten, kurz und Zache des ganzen Arbeiterstandes lesnichüekch 
gut, es hat eine derart schwere Bürde zu tragen, daß * alreni ⸗ di 
es ihm nicht leicht gemacht war, nun auch noch den Sozlalrentner) zu dienen. — 
Teuten zu helfen, die durch das Verschulden anderer Anschließend lassen wir das Schreiben des Reichs— 
n Notlage sich befinden. Wenn nun das Reich sick arbeitsministers Dr. Brauns an den Gewerkverein, 
entschlossen hai, den elsaß-lothringischen Rentenemp sowie die Bekanntmachung über die Reichsbeihilfen 
angern beizuspringen. dann muß diese Tat mit Dant folgen. Unsere Mitglieder machen wir jetzt schon da⸗ 
barkeit quittiert werden Wir wissen es allerdings rauf aufmerksam, daß sie ihre Anträge durch unsere 
dasßß Dankbarkeit eine seltene Tugend geworden ist Rechtsschuzbů sellen to Der 6 7 
Kerade deswegen halten wir es für unsere Vflicht echtsĩ utz uros ite en assen können. Der Gewert⸗ 
ae eiheregicrung und besonders Hetrn Reichs Lerein wird für die nötigen Formulare Sorge tragen. 
heile niniters Du Brauns hier unsern Dank auszu Sobald die näheren Bestimmungen übert die Durch⸗ 
prechen, daß sie unseren Vorstellungen Gehör ge führung erlassen und in unserm Befitz sind, werden 
shentt und den elsaß-lothringischen Rentenempiän wir, wenn notwendig — nochmals auf die Angelegen— 
rern die erbetene Hilfe gewäbrt bahben beit aurückkommen 
Ob eine „allgemeine Berreuung“ vorgesehen oder 
beschlossen ist, wissen wir gar nicht. Wir wissen das 
eine, daß die Bergarbeiterorganisationen eine Not 
unterstüßung für die Bergleute erwirkten, die Feier— 
schichten erlitten. Für weiteres haben mir keine Ver— 
antwortunog zu tragen. 
Nun gibt es aber unverschämte Burschen, die außer— 
halb der Gewerkschaftsbewegung herumtanzen, die 
jar noch „Rechenschaft“ von den Bercarbeiteroraani— 
fißnnen nwersandgen 
Das iit schön der Gipifel! 
Die Bergarbeiterorganisationen sind nur ihren 
Hauptvorständen und Mitgliedern verantwortlich, 
das möge sich jeder merten, der nunmehr auch Geliiste 
nach der Bergarbeiterunterstützung verspiirt. Die 
Bergarbeiterorganisationen haben die Notunter⸗ 
stützung erwirkt, sie haben sie ausbezahlt, wie das ihr 
gutes Recht war und bleibt. Niemand, der außerhalb 
steht, hat da hineinzureden. Mgg man also schreien 
wie man will, uns läßzt das völlig unberührt. Wir 
werden auch weiter so handeln, wie wir es im In⸗ 
teresse unserer Mitglieder und des Bergmannsstandes 
für gut halten. Die Hauptsache ist und bleibt, etwas 
Praktisches für die Vergleute, die das verdient haben, 
zu erreichen. Darin werden uns auch die vielen — 
zum Teil mit übelsten Verleumdungen gespickten — 
Briefe an gewisse Stellen nicht stören. — Das ist 
unsere Antwort an die Neider, Nörgler, Egoisten und 
Gewerlschaftsscheuen. So: nun Streusand drauf und 
damit basta! Wem das nicht gefällt. mag den Vond 
anagraulen
	        
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