Full text: Der Saarbergknappe (8 [1927])

Nummer 27 
Saorhrücken, den 2. Juli 1927 
8. Jahrgang 
1489 —4 — — —— 
9 9 * —52 * * c⸗ 9357 —— * * 7 7 — 443 * J 9 
— 
A 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
Erscheint jeden Samstkag für die Mitglieder gratis. — Für wirts ch aftli —A— geistige Hebung Geschäftsstelle des 588 Saarbrücken 2, 
3 für die Zahlstellenab ten 5— Fr. il. oh St. Job Sttatze 40. — Anschlußz: Amt 
— k eeen eee des Bergarbeiterstandes Wnneene —** 88 wer nd n 
Auszuhlung von Sonderunterstützung 
Wie unseren Mitgliedern schon durch Rundschreiben 
bekannt gegeben wurde, wird an die Mitglieder des 
Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter, Bezirk Saar— 
revier, demnächst eine Sonderunterstützung gezahlt 
Um diese Unterftützung ist im Saargebiet ein Kamp! 
entbrannt. Da ist es notwendig, darauf hinzuweisen 
daß die Unterstützung als Ausgleich für den Lohn— 
berlust durch Feierschichten im Bergbau gilt. Sie wird 
sobald wie moglich zur Auszahlung kommen. Unsere 
Mitglieder bitien wir, sich nur an die Anweisunger 
ihrer Oraanisjation zu halten. 
Die Revierleitung. 
Sonderzulage zur Knappschaftsnpension 
Weil die vom Reichs⸗Knappschaftsverein zur Ver⸗ 
jügung gestellten Mittel aufgebraucht waren, konnte 
am fälligen Termine für den Monat Juni keine Son⸗ 
derzulage zur Knappschaftspension zur Auszahlung 
kommen. Die beiden Bergarbeiterorganisationen setzten 
aber ihre Bemühungen fort, von anderer Stelle die 
notwendigen Miitel bewilligt zu erhalten. Diese Be 
mühungen führten erfreulicherweise zu einem Ergeb⸗ 
nis. Die Regierungskommission des Saargebietes 
und der Saar⸗Knappschaftsverein garantierten je zur 
Hälfte die notwendige Summe, sodaß nachträglich für 
ben Monat Juni die Sonderzulage zur Knappjschafts 
pension zur Auszahlung kommen kann. Während alje 
andere Kreise, wie die Kommunisten, die Fried, Geh— 
ring und Konsorten, über die Bergarbeiterorganisa⸗ 
tionen herziehen, erzielen diese aber die praktischer 
Ergebnisse, die den Bergleuten und den Venfionsbe— 
ziehern von Nutzen sind. 
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Ueht wahren Gemeinschaftssinn! 
Einige Bemerkungen. 
Die Familie ist das Urbild der Gemeinschaft. In 
einer rechten Familie wird Freud und Leid gemein— 
sam gekostet und getragen. Ein Glied tritt für da⸗ 
andere ein, alle sorgen gemeinsam für das Ganze 
Eine Familie, in der das Zusammenhalten, das Für— 
einander-⸗Eintreten und das Miteinander⸗Wirken in 
der rechten Weise geübt wird, wird leichter Tage de— 
—X 
als die Familie, wo die einzelnen Glieder ausein 
anderstreben. Sie wird auch besser die Aufgaben er 
füllen, die einer Familie auferlegt sind. Wie jam 
mervoll und verächtlich ist beispielsweise das Handelr 
eines herangewachsenen Sohnes, der in Tagen vor 
Sorge und Leid seine Familie verläht, um sich der 
Sorge für die andern Glieder zu entziehen. Er wird 
nirgends Achtung finden. Wie anders aber wird et 
gewertet, wenn er treu zu seiner Familie in allen 
Lebenslagen hält. Wenn er auch auf dieses und jene 
verzichten muß, so gilt er doch als ganzer Kerl. 
Eine Familie in gröhßerem Maßstabe 
bildet eigentlich auch ein Beruf, denn auch er ist eine 
Gemeinschaft. Hier gelten auch gleiche Freuden und 
Leiden. Die Fragen des Alltagslebens, die sich au— 
dem Arbeitsverhältnis, der Stellung in der Wirt— 
schaft und im Volke ergeben, sind für alle Berufs 
glieder gleicher Art. Die Arbeitszeit⸗, die Lohn⸗, die 
Urlaubs⸗, die Knappschaftsfrage interessiert alle Glie 
der gleichmäßig. Vorteile, die erstritten werden, klom 
men allen Gliedern zu gute. Böse Jeiten, die übe 
den Beruf hereinbrechen, belasten alle. 
Wie bei der Urgemeinschaft kann man auch hier 
jagen: geteilte Freude ist doppelt Freude, geteiltes 
Leid ist halbes Leid. Wenn 
die Glieder eines Berufes zusammenstehen, 
wena sie auch füreinander eintreten und miteinander 
wirken, dann werden die Berufsaufgaben leichter zu 
erfüllen sein dannß wied dem Streben nach vorwärte 
nein gröhßerer Erfolg beschieden sein, daunn werdenbleiben, das fest zur ganzen Berufs- und Standes⸗ 
Leidenszeiten gemildert werden können, dann wird samilie steht. So verächtlich wie das Handeln des 
die Steilung im Wirtschafts⸗ und Volksleben orga- herangewachsenen Fämiliengliedes ist, das Vater und 
nisch verbessert und so ausgebaut werden können, wie Mutter in Tagen von Not verläßt, so verabscheuungs⸗ 
es der Bedeutung des Berufes entipricht. würdig ist auch das Handeln eines Arbeiters, der in 
Das Gemeinschaftsleben eines Veruses oder Ge Tagen wirtschaftlicher Nöte der Gewerkschaft den 
verbes Rücken kehrt. Wer das tut, hat keinen wahren Fa⸗ 
stellt die Gewerlschaft dar. miliensinn, ist ein Egoist, der nur sich kennt und auf 
In ihr pulsiert das Leben des Berufes; sie sorgt jür die Gemeinschaft keine Rückssicht nimmt. 
den Beruf, sorgt für den Einzelnen und für die Ge⸗ Gerade in schlechten Zeiten 
amtheit. Sie verkörpert die Befreiungsbestrebungen muß sich der wahre Gemeinschaftsgeist bewähren, denn 
des Berufes, ja der gesamten Arbeiterschaft. So wie im Feuer erweist Gold sich als echt. In schlechten 
hre Stellung im Wirtschafts⸗ und Volksleben ist, so Zeiten muß der wahre Gewerkschafisgeist die Probe 
ist auch die Stellung des Berufes und Arbeiterstan- hestehhen. Versagt er dann, dann fehlt es an der 
des. Gilt sie nichts, dann gilt auch der Beruf nichts jnneren Vereiischaft, gemeinsam Not und Sorge zu 
wird sie respektiert, wird mit ihr gerechnet von Wirt tragen, dann fehlt es an dem festen Willen, fuͤrein⸗ 
chafts⸗ und Staatskräften, dann auch mit dem Be- ander einzutreten, miteinander zu sorgen und ge⸗ 
rufe und der Arbeiterschaft. Ihr Schicksal ist das neinsam des Lebens und Berufes Lait zu tragen und 
—chickjal des Berufes, dessen Gemeinichaftsleben sie zu mildern. 
arfstellt. Wir leben als Vergmannsberuf gegenwärtig in 
Daraus geht hervor, daß li schweren Zeit. Jetzt muß es sich zeigen, * die 
die Zugehörigkeit zur Gewerkschaft christlichen Saarbergleute rechten Berufs⸗Familien⸗ 
eine dauernde sein mußß. So wie ein Kind Glied sei- sinn kennen und zu üben bereit sind. Sind sie davon 
ner Familie bleibt, so muß auch ein Arbeiter Glied durchdrungen, dann kann es keinen Fahnenflüchtigen 
einer Gewerkschaft sein und bleiben. Er soll ihr Jeben, dann wird die Gemeinschaft Gewertverein 
nicht nur in guten Tagen angehören, sondern auch in hristlicher Bergarbeiter innerlich gefestigt die Krisen⸗ 
schlechten Tagen muß er ein treues. besorgtes Glied eit überstehen. 
Zur Wirtschaftslage in Deutschland 
Eine Konjunkturwende ist in Deutschlant 
ingetreten. Die Lage der deutschen Wirtschaft hat 
ich in der letzten Zeit gebessert. Verschiedentlich wird 
ogar von einer Hochkonjunktur gesprochen. Man rech 
net in eingeweihten Kreisen mitf einem zunehmenden 
wirtschaftlichen Fortschritt. Die Arbeitslosigkeit ha 
nachgelassen. Die Zahl der Erwerbslosen ging er 
heblich zurück. Wie das „Reichsarbeitsblatt“ vom 1 
Junind. J. berichtet, hielt die günstige Ent— 
wicklungdes Arbeitsmarktes in der ersten 
Hälfte des Monats Mai weiter an. Die Zahl der bei 
den Arbeitsnachweisen verfügbaren Arbeitsuchenden 
belief sich am 17. Mai auf 138 Millionen. Die Ab— 
nahme gegenüber dem gleichen Zeitpunkte des Vor— 
jahres (226 Millionen) beträgt über 876 000. In 
dei Erwerbslosen- und Krisenfürsorge wurden am 15 
Mai insgesamt 972 260 Hauptunterstützungsempfän— 
ger gezähli. Das bedeutet gegenüber dem Anfang 
des Jahres eine Abnahme um nahezu 1 Million 
Eine besondere Belebung ist auf dem Baumarkt und 
in der Land- und Forsiwirtschaft eingetreten. Auck 
die meisten anderen Industriezweige berichten von 
ziner zunehmenden Beschäftigung. Die Zahl der Ar— 
deitsuchenden im Berg⸗, Hütten- und Salinenwesen 
vird mit 24675 angedgeben. Dem standen 678 offen 
Ztellen gegenüber 
sen geht hervor, wie sich die 
Donatsdurchschnitt 
ihne Saargebiet. entwickelt 
Brennstoffproduktion im 
im jetzigen Reichsgebiet 
haf“ 
Jahr bezw. Steinkohle Braunlohle Koks 
Monat in Mill Tonn. m Mill. Tonn. in Mill Tonn 
1913 11.73 2.64 
1924 9 90 1.98 
1925 2.23 
1926 2.219 
Januar 1926 2.11 
Juni 1926 16 
Juli 1926 294 
Oktober 1926 F 
Dezem ber 1926 281 
Januar 1927 l 268 
Februat 1927 12. 4 12 2.53 
März 1927 12.05 127 270 
April 1927 11.79 t1. 39 2.48 
Dder Ruhrbergbau hatte im Monat Januar 
d. J. eine Förderung von 102 Millionen, im Februar 
bon 988 Millionen, im März von 10,8 Millionen und 
im April von 9,1 Millionen Tonnen. Die Gesamt— 
zahl der beschäftigten Arbeiter stellte sich Ende April 
i827 im Ruhrbergbau auf 414 431 gegen 418 475 
Ende März. Die Belegschaft ist um 40441 Mann redu⸗ 
ziert worden. Nach den Angaben der Bergbauunter⸗ 
iehmer wurden infolge Absatzmangels 243 000 Feier⸗ 
chichten eingelegt. Die Haldenbestände erfuhren eine 
Zunahme. Sie erhöhten sich Ende April auf 1871 000 
konnen. In diesen Zahlen sind die in den Syndikats⸗ 
lägern vorhandenen Bestände mit eingerechnet. 
Der Kalibergbau hatte in den leßten Monaten 
eine günstige Konjunktur zu verzeichnen. Allerdings 
ließ die gute Absatzentwicklung der ersten Monate, im 
April und Mai, etwas nach. Der Absatz des Deut— 
schen Kalisyndikates betrug im WMai 430 713 Doppel⸗ 
zentner Reinkali. Der Absatz in den ersten fünf Mo— 
naten d. Is. betrug 6320 439 Doppelzentner gegen 
5185 859 Doppelzentner Reinkali in den ersten fün 
Monaten des Jahres 1926 
Im Kohlenbergbau hat die Hochkonjunktur nich 
ingehalten. Die durch den englischen Bergarbeiter 
ampf hervorgerufene Absatzlage erlitt einen allmäh 
ichen Rückschlag. Besonders ist für den Steinkohlen 
—E0 
satzes eingeireten. Einen gewissen Ausgleich erfuhr 
dieser Rückgang infolge des zunehmenden In 
andsverbrauches. Durch die fortschreitende 
Besserung in anderen Industrien hatte auch der 
Steinkohlenbergbau entsprechenden Nutzen. Lau 
Rlttermeldungen soll der Brennstoffverbrauch im 
Inlande im ersten Vierteljahr 1927 die Höhe de—s 
Jahres 1913 (jetziges Reichsgebiet) überschritten ha 
ben. Im Monat April zeigt der Steinkohlenbergbau 
zgegenüber dem Vormonat einen Rückgang in der 
Förderung von etwa 16 Prozent. Immerhin ist di 
Steinkohlenproduktion um den gleichen Prozentsat 
döher, als im April vorigen Jahres, dem letzter 
Mongat vor Ausbruch des englischen Bergarbeiter 
fampfes. Auch die Braunkohlenproduktion zeigt 
inen tlinen Rückaana. Aus doen nachstehenden Zab 
Im Eisensteinbergbau war die Produktionsentwick— 
ung ebenfalls nicht ungünstig. Das trifft insbeson— 
bdere für den Siegerländer Eisensteinbezirk und den 
Bergbau an Dill und Lahn zu. Im Metallerzberg— 
hau' war tkeine einheitliche Produktionsentwicklung 
festzustellen. Trotz der nicht ganz günstigen Welt— 
marktpreisentwickkung war der deutsche Metallerz⸗ 
erabau ohne Unterbtechung weiterbeschäftiat
	        
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