Full text: Der Saarbergknappe (7 [1926])

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dor Sagr-Rergsknapyrne“ 
Numm— 
Vom geschichtlichen Werdegeng des engeren Ggarlandes 
Von H. JI. Becker 
Wer immer eines Veolkes Geist verstehen und seinen diese Zeit fällt auch der Beginn der eigentlichen Christia- römische Siedelungen zurückführk, fast gleichen Sch 
Lharakter ergründen möchte, wird selten auf das einzig nisierung der Gegend. Der König, der sich im Jahre 406 Außer den Hörigen ließen sich nach und nach auch Leh 
einwandfreie Urteil der Geschichte verzichten können. If von Bischof Remigius zu Reins hatte kaufen lassen leuke und andere freie Bewohner in beiden Orken nied 
doch die Geschichte die Seele eines Landes, die Seele selbs chenkle der Reimser Kirche mehrfach ihm angefallene Be- Ein ansehnlicher Handelsverkehr, der sich auf den al— 
des kleinsten, durch die natürliche Lage oder andere Ge itzungen. Darunter befand sig auch jener Hof, den er zu Römerstraßen, namentlich zwischen Meß und Mainz,« 
meinschaftsinteressen enger umschriebenen Gebieles. Ge öehren des Bischofs „Biskofesheim“ (heute Bischmisheim) faltete, krug nicht wenig zur wirkschaftlichen Hebung 
rade hier entwickelte sich ja aguch das Bewußtsein der Zu nannte. Von hier begann St. Arnualdus zu Anfang des Die Grafen, die das Geleitsrecht für die fremden Ke 
sammengehörigkeit wie der Stammverwandlschaft am leb 7. Jahrhunderts seine Mission im Saargebiet, bei welchen leute erworben hatten, gestalketen nur noch den Weg ü 
haftesten. Denn nur sellen reichten die Verbindungen der Gelegenheit er auch die sogenannte „Heidenkapelle“ aus Saarbrücken unoͤ St. Johann. Reiche Kaufmannszüge 
angefessenen Familien über die nun einmal gedachte Grenze dem nahe gelegenen Halberg, ein bisheriges Milhraeum Venezien und der Lombardei, die über den St. Golthe 
hinaus. Dazu kam ehedem der Mangel an Verkehrsweger ür die Zwecke des ersten christlichen Goktesdienstes her. Straßburg und Saarbrücken gen Flandern zogen, lie 
und Verkehrsmikkeln und nicht zuleßt auch noch manché richteke. Hatte sich das Heidentum auch unter fränkischen beide Orte erheblich an Bedeutung gewinnen und 
landesherrliche Beschränkung des freien Zu- und Weg Herrschaft noch sehr lange zu behaupten vermocht, so Pfalzgrafen Georg Hans zu Veldenz und Lügßelstein 
zuges. Alles Umstände, die geeignet waren, den Familien asteke es besonders schwer auf jenen armen, unglücklichen seinem prophetischen Ausspruch kommen, daß Saarbrüc 
und Blutsbanden noch engere Kreise zu ziehen, sodaß der Zeibeigenen, die stumpf gegen jegliche Kultur der Seele einmal eine gewaltige Kaufstadt werde. Burch Aussh 
Einzelne seines Standes um so bewußter wurde und sich und des Leibes „auf Aeckern und in Wäldern den Tiere; lung des bekannten Freiheitsbriefes verlieh Graf Joh— 
zuglei a⸗ e w gleich, ene Der —— war eine selbst beiden Gemeinden im Jahre 1321 das Städterecht. 
etrachtete, die er seine Väter nannte. Wie sehr sich diese orständliche Erscheinung gewordet 5 
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in schon die 34 er Väter vor ugen b n 3 
führen, die bis zur zwölften Genetation, also über den Zeit e in ree eeea dede Derbasmn s kon 
raum von dret Jahrhunderken hinaus, bereits auf 2001an Fraed ——— — z —* em i ubh 8 
gestiegen ist. Dem käme unkter gleichzeitiger Hinzurechnung I sent aee edarne gen 
8 ilnge n der gsamie iwohnbestann deß ehe⸗ end waren. v trat —S—— durch b e 
maligen Grafschaft Saarbrücken vor dem dreißigjährigen der weit uscete nteg nassauischen Länder diesseits 
Kriege gleich. Was diese breite Ahnenreihe aber jemals seng hes —3 —J9J— ——— 
unter der grimmen Faust einer sagrländischen Geschichte nc eine Zeit Dr Blüke, die 9 die allgemeine6 
desnagen und dunde as i an pern sir re ehher wicklung des Handels und des Wandels neme. ün 
zfugung und ie hebe⸗ Heimot gebracht hat, das alles — Was aber Stadk und Land in diesem Zes 
blieb nicht ohne Einwirkung auf die Bildung fester und un— rneanenas grer ahhdd end edesem An 
beirrbarer Charaklere. Eigenschaften, die den Stammes— Aee gIun g 9 he u gojahrige 
abkömmlingen im Augenblicke des Werdens gleich wieder eß — 8* an mn zt 5 Ag; i 
vererht und in die Wiege gelegt worden sind, damit auch —* a eabrd d ne un &* Vee 
ihre Hingabe und ihre Opferfrendigkeit des Landes Wieder⸗ a ihecee eue eesenen stet Fehdi 
ehen drein ne ee even raze Zand des Krieges“ auf diefem vordem so blühenden« 
ren, und erzählen von des Saarvolkes Väterart, dem ete insbefond jed den Saarstadien feibf 
allerköstlichsten Vermächtnis, aus Urväterzeiken. Mag uns iete. insbesondere jedoch auf den Saarstädten selbst 
berichten von der Treue, mit der das Völklein in des Sobald jedoch die Sonne des Friedens, wenn auch 
Reiches Wetterecke der Zeiten Schwere und Prüfungen zaghaft wieder, über die Trümmer Saarbrückens8 
immer wieder standhaft überwunden, von seiner unerschüt— wuchs bald schon wieder neues Leben aus den Ruin 
erlichen Treue zur Scholle, zur Heimakt und zum Baker Die geflüchteken Einwohner kehrken in die zerstörte Hein 
lan zurück und fingen von neuem an zu bauen und zu pflanze 
Und angesichts des allmählich heranblühenden Landscha 
bildes wäre bald wieder jede Spur unsagbar krüber T— 
verwischt gewesen, hätten sich nicht abermals Wel' 
wolken am politischen Himmel gezeigt. Es war damals, 
Ludwig XIV. die Reunionskriege führle und der Sa 
brücker Graf seine Treue zu Kaiser und Reich mit 
Schicksal der Verbannung besiegelte. Vielleicht war 
der grauenhafteste Augenblick der Saarbrücker Geschichte 
bald danach die Brandfackel des Krieges das kaum 
tandene Städkebild abermals bis auf wenige Häuser 
Flammen aufgehen ließ. Dann wurde die Grafschaft 
rrankreich vereinigt und die inzwischen verwitwete Gre 
Fleonora Klara gezwungen, dem König, den von ihr 
Gatten so hartnäckig verweigerkten Lehnseid zu leisten. 
durch den Frieden von Ryswigk kamen die Saarbrüc 
Grafen wieder in den unbeschränkten Besitz ihres Lam 
zurück. Nochmals kritt eine Zeit der Blüte ein, als 
Saargebiet in Fürst Wilhelm Heinrich (174141768) 
selten großer und eifriger Sozialpolitiker erstand. 
dürfte unstreitig der größte Erfolg um die Entwicklung 
Saargebiekes, namenklich auch in wirlschafklicher Hinsi 
zuzusprechen sein. Als Begründer der Saarindustrien 
derke er insbesondere den Bergbau, den er bei glei 
zeiliger Neuanlage von Steinkohlengruben in dauerni 
Staatseigentum übernahm. Ein geordnetes Kirchen-, Sch 
und Verkehrswesen wurde allenthalben wohltuend empft 
den und ein frischer Z3na qing durch alle bhürgerlichen M 
hältnisse 
Doch auch dieser Zustand friedlicher Kulkurentwicklt 
sollte eine jähe Unterbrechung erfahren durch die Ausu 
kungen der inzwischen eingekrekenen französischen Rex 
lution. Fluchtartig mußtke der letzte Fürst Ludwiges 
Land verlassen, das er niemals wiedersehen sollte, wa 
rend das Volk an der Saar die Schrecken teilte, die 
große Blutgericht in Frankreich heraufbeschworen ha 
Noch einmal wurde das Gebiet der bisherigen Grafsch 
mit Frankreich verbunden und dem von Trier aus v 
walteten Saar-Deparkement angeschlossen. Und bald k 
es, daß auch die Söhne des Landes konskribiert wurd 
und als Soldaken den Fahnen Vapoleons nach Sran 
und nach Rußlond zu folgen hakten. 
Als dann auf des Kaisers endgültige Niederlage son 
quf dringende Bitten des Volkes die Vereinigung 
Saargebietes mit Preußen erfolgt war, krat für Stadt: 
Land die Zeit ihres größken Ausschwunges heran. A 
wieder und wieder wurde der Stadtbann Saarbrücken 
Heldenbluk getränkt, sowohl zu Beginn des Feldzuges 18 
als auch gelegentlich der schweren Fliegerangriffe im leh 
Weltkriege und zeugt noch mancher gar einsam und? 
streut liegende Grabhügel im Umkreise Saarbrückens, 
die Geschichte von Staͤt und Land, selbst bis in die N 
zeit hinein, vielfach mit Blut geschrieben ist. Ungeach 
aller politischen Stürme jedoch rangen Technik, Han 
und Verkehr in stels unverdrossen friedlichem Wetlbew 
miteinander und führten das Land zu jener achtu 
erheischenden Enfkwicklung, in dor soeine honfine Bodeuft 
liegt 
Die aber einst gebangt und gesorgt um das Schic 
und die Wohlfahrk ihrer Heimal und die ihren Trol 
aus dem Kelche der Weltgeschichte genossen, sind da⸗ 
gegangen, Geschlecht um Geschlecht, samt ihren küh 
zoffnungen, ihrem Weh und dem Sonnenschein einsl 
chönerer Tage. Doch ihr köstlichstes Vermächtnis i 
Zaarbevölkerung verblieben, auf daß es auch die T 
jal gegenwärtiger Zeiten mit neuen Hoffnungen verki 
in der Treue zur Scholle. aur Heimot und zum No 
Um dieses Elend zu lindern, war also St. Arnualdus ge 
zommen und baute jenseits der Saar in dem Dorfe Mer 
zingen die erste Kirche des Saargebiekes, die als Seelsorge 
Zentrale für die weitere Umgebung in Bekracht kam. Bald 
folgten auch die Gründungen der Klöster zu Mekklach und 
Tholey, im 9. Jahrhundert auch die des Kollegiakstiftes zu 
Veumünster (Ottweiler). Damit begann das Aufleben der 
mittkelalterlichen christlichen Kullur, deren Segnungen vor 
allem auch der friedlichen Entwicklung des Saargebiete? 
zugute kamen. Als Gründer des Kolleglatstifktes St. Arnual 
aber gilt Odoaker, der Gaugraf des Bliesgaues, der sich 
gegen Ende seines Lebens in das Stift St. Arnual zurück— 
zog. Odoaker wird aber auch mit der Erbauung der „Burg 
an der Saarbrück“ in Verbindung gebracht. Sie erhob sich 
auf einer mäßzigen Anhöhe, die nach einer Seite zu ihf 
jähes Felsgestein in die Fluten der Saar kauchte. Es war 
dieselbe Höhe, auf der auch das nachmalige Grafenschloß 
erbaut wurde. Kaiser Otto III. schenkte die Burg und den 
nach der Römerbrücke benannten Könighof „Sarabrucca“ 
dem Bischof Adalberk II. von Metz, der die ausgedehnken 
Güter später einem weltlichen Lehnsherrn überkrug. Se 
findet sich denn die Burg gegen Ende des 11. Jahrhünderts 
als Lehen in den Händen eines Grafengeschlechtes, welche? 
von ihr seinen Namen annahm und sich mit Siegeberke] 
und dessen Bruder Friedrich erstmalig als „Grafen vor 
Saarbrücken“ bezeichnete. Etliche Jahre später bereits 
wurde die Burg auf Befehl Kaiser Friedrich Barbarossas 
ungeachtet seiner nahen verwandtschaftlichen Beziehunger 
zu diesem Grafengeschlecht, zugleich mit der Schutz- uünt 
Grenzburg auf dem Stiesel zerstört. Doch schon im dahreé 
1120 war damit begonnen worden, unmitlelbar um die 
Burg Häuser zu erbauen, womit der Grund zur heutiger 
Stadt gelegt wurde. Mit Burg und Stadt verband sick 
ürderhin das Schicksal fast des ganzen Saargebietes 
Mit der Almählichen Entwicklung Saarbrückens hielf die 
znige non St Jobonn das seinen Urirrung ahenfalle — 
Wie sehr nun auch immer die heimische Kulkur in de 
cömischen aufging, eins hat die Bevölkerung nie aufge 
geben: nämlich ihre Stammeseigenart. So kommt es auch 
daß sie ungeachtet der Uebernahme zahlreicher römische 
Gottheiten ihren Kult nach wie vor in der stillen Abgeschie 
denheit der Buchen- und Eichenwälder auszuüben pflegte 
Für diese germanische Eigenark sprechen männigsache, kie! 
und verborgen in den Wäldern angelegte Kultstätten, wie 
jene bei Sengscheid im Grumbachtale, wo heute noch Dar— 
stellungen der beiden Gottheiten Silvanus und Ceres ar 
abgeschrokeler Felswand erhalten sind. Ein ähnliches Hei— 
ligkum ist in der Nähe von Wallerfangen nachzuweisen 
Auch dürfte sich ein solches im Kasbruch bei Neunkirchen 
befunden haben. Sogar in Dudweiler wurde noch vor efwe 
zwei Jahrzehnten ein Silvanusbild als vormalige; 
Quelsenheiligkum entdeck 
Her Römerherrschaft folgte jene Zeit, von der St 
Hieronymus im Jahre 409 geschrieben: „Unzählige wild 
Völker haben ganz Gallien besetzt. Alles Land Zwischer 
Alpen, Pyrenäen, Rhein und Ozcan haben Quaden, Van 
dalen, Sarmaten, Alanen, Gepiden, Heruer, Sachsen, Bur 
zunder, Alemannen und Panonier verwüstet. Worms is 
nach langer Velagerung zerstört, Reims, Amiens, Ars 
Speyer und Straßburg sind germanische Städte gewörden.“ 
— So waren es die alemannischen Stämme, die gegen End« 
des 4. Jahrhunderts in das Saargebiet einbrachen und die 
Reste römischer Kultur in Trümmer und Branöͤschutt wan 
delten. Doch schon bald nach dem Siege des Frankenkönig— 
Lhleoöwig über die Alemannen machle sich auch die Herrt 
Haoft der Franken in doer Saargegend hamarbbar Jf
	        
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