Nummer 39
Saarbrücken, den 25. September 1926
7. Sahrgang
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Organ des Geworkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet
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Botenlohn, für die Postabonnenten 3 Fr, vierkeljährl. des Bergarbeiterstandes Saarbrücken, Nummer 1550, 1062, 2003 3194.
9 Wie sieht es weiter aus mit dem Verteidigen
Woran fehlt es ⁊ der eigenen Organisation, wenn sie von
irgend eĩsnem Maulhelden angegriffen und verdäch—
tigt wird. Gar viele stinmen dann noch mit in das
Heschimpfe ein, anstatt daß sie dem Schwätzer, wie er
es verdient hätte, den ungewaschenen Mund stopften
Auch hier macht sich der Mangel an Opfergeist be—
merkbar, des Geistes, der auch bereit ist, einmal für
eine Organisation einige Flegeleien eines organisa—
zonsschelen Schwäßers hinzumehmen. Wir sind davon
RNrung wird eintreten, je mehr Atgligder vereit sind,
Opier an Zeit, Mühe und Rücksichten zu bringen.
Vergessen wollen wir die Werbetätigkeit
nicht. Auch sie wird genährt und belebt durch wahren
Opfergeist. Fehlt der wahre Opfergeist, dann ist es
um die Werbetätigkeit schlecht bestellt. Ohne Werbe—
tätigkeit aber wird eine Organisation langsam den
Krebsgang“ gehen. Liegt das im Juteresse der Berg—
leute? Gewiß nicht. Daß die Werbetätigkeit nicht
gerade angenehm ist, weiß jeder, der sie aus Liebe
zur Sache betreibt. Aber ohne Werbetätigkeit wäre
er Gewerkoerein niemals groß geworden. Opfer—
Rwillige Mitglieder haben sich jahrelang in den Dienst
der Werbetaͤtigkeit gestellt und nach Tausenden zählen
die Kameraden, die sie auf diesem Wege dem Gewerk—⸗
berein für immer gewannen. Mancher dieser opfer⸗
bereiten Werber weilt heute nicht mehr unter uns
oder wurde durch Krankheit und Alter gezwungen,
die Werbetätigkeit einzustellen. Andere sind im Laufe
der Zeit müde geworden und wünschen, daß andere
mal für sie einspringen möchten. Aber der Ersatz
blieb aus. Und jo ruht denn fast auf der ganzen
dinie die Werbetätigkeit. Hingegen wächst die Zahl
der Unorganisierten, die Jahl der Kritiküber und
Unzufriedenen. Das alles nur, weil es am rechten
Opfergeiste fehlt. Wäre er noch wie früher vorhau⸗
den, dann wäre auch noch eine belebte Werbetätig⸗
keit zu verzeichnen, die allerorts zugange wäte und jede
Gelegenheit ausnutzte. Damit mun uns nicht den Vor⸗
wurf macht, wir malten zu schwarz, richten wir hier
an aͤlle Zahlstellen allen Ernstes die Aufforderung,
mal mitzuteilen, inwieweit Werbearbeit in den letz—
ten Wochen durchgeführt wurde und welchen Erfolg
sie brochte oder in wieweit Werbearbeit für die nächste
Zeit vorbereitet ist und wieviel Mitglieder sich daran
deteiligen. Eigentlich dürfte die Werbearbeit nie
einschlaͤsen, weil ste immer notwendig ist und auch
überöll betrieben werden kann, sei es um neue Mit—
glieder zu gewinnen, sei es um Schwankende wieder
zu festigen, sei es um verkehrt Orientierte der rich⸗
tigen rganisation zuzuführen, sei es um Nörgler
und Kritstüber zu überzeugen, daß sie mit ihren An—
sichten auf der falschhen Jährte sind. Mögen die kom—
menden Wochen, die so recht nach Werbetätigkeit
rufen, doch den Beweis erbringen, daß der alte Opfer—
geist wieder lebendig geworden ist. Dann wird sicher
sn allen Zahlstellen reges Leben herrschen und eine
Stärkung des Gewerkvereins nach jeder Hinsicht wird
die koͤstliche Frucht sein. „Das ist wahrlich recht sozial
gedacht, wenn der einzelne sich zum Opfer bringt für
die Gesamtheit.“ Glücklich könnte sich der Bergmanns—
tand preisen, wenn sehr viele ous seinen Reihen
oscher Seelengröße fähig wären.
„Das ist wahrlich recht sozial gedacht, wenn der
einzelne sich zum Obfer brinsét füur
die Gesamtheit. Nur wenige sind solchet
Seelens röße fühig. Und doch beruht aller Erjolg
aller Fortschritt in der Kulturbewegung der
christlichen Arbeiterschait auf diesem Geheimnie
des freudigen Opfergeistes. Niemals wird sit
Lorbeeren vflücken, nienals die gestedten Ziele
erreichen, ohne daß jeder Einzelne Opfer
gebracht hätte. Opfer persönlicher Wunsche und
Räcksichten, Ovier der Bequemlichteit, Opfer an
Zeit, Mühe und Gelud.“ Arbeiter-Taschenbuch
1808 des Verbandes Weitdeutscher Arbeiterver—
eine.
Herbstes Orgel
Verklungen ist des Lenzes süßer Flötenton.
Des Sommers helles Saitenspiel dahin,
Und durch die Welt brauft nun gewaltig
Ein schönes, stolzes, majestätisches Lied.
Des Herbstes Orgel.
Aicht zum Erstenmal zitieren wir Vorstehendes aus
dem genannten Arbeitertaschenbuch. Wenn wir es
wieder den heutigen Ausführungen vorausschicken,
dann ist das ein Beweis dafür, daß sich von Zeit zu
Zeit die bittere Rotwendigkeit dazu ergibt. Denn
das ist klar: schwindet der Opfergeist innerhalb der
Arbeiterschaft, dann ist es auch aus mit jeder Arbei—
terbewegung und jedem Fortschritt für die Arbeiter—
ichaft. Ohne Opfergeist wäre niemals eine Arbeiter—
bewegung ins Leben getreten, ohne seine praktische
Uebung wäre niemals eine Gewerkschaft zur Wirklich—
keit geworden. Diese Wahrheiten herauszustellen, ist
ein besonderes Gebot der Stunde. Jeder soll erkennen
ernen, daß in dem Maße, wie der Opfergeist und
die aus ihm geborenen Taten schwinden, die Arbeiter
bewegung an Schwungkraft, an Stoßkraft, an An
sehen und auch an Beständigkeit verliert. Die Ar—
beiterbewegung wird nur immer das sein, wozu sie
der Opfergeist der Arbeiter selbst befühigt. Genau
so wie ein Volk aus der Geschichte verschwindet, keine
Mission mehr zu erfüllen hat, das keiner Opfer mehr
fähig ist, so wird auch ein Stand zum Hörigen ande—
ren Stände werden, der für dseine eigenen Belangt
keine Opfer mehr brinat
Wir wissen es, daß mancher mit der Faust auf den
Tisch schlagen wird beim Lesen dieser Zeilen. Ei
wird entrüstet auf die Beiträge verweisen, die er doc.
noch wöchentlich leistet. Aber gemach, die Erfahrun
gen, die hundertfältig gesammelt werden, zeigen un—
lrotzalledem, daß der alte Opfergeist gelitten hat
Faugen wir da mal bei den Versammlungen
an. Wie steht es damit? Bleibt nicht der größt
Prozentsatz der Mitglieder den Versammlungen fern
Ihnen ist noch zuviel, hier das kleine Opfer an Be
duemlichkett und Zeit zu bringen. Hunderterlei Ent—
schuldigungen wissen sie für ihr Fernbleiben vorzu—
bringen. Und warum bleiben die meisten fern? Da—
mit sie die Wahrheiten nicht hören sollen, die in den
Versammlungen zum Gehör gebracht werden. Alle
möglichen Veranstaltungen, die keineswegs im In—
teresse der Arbeiterschaft gelegen sind, erfreuen sich
eines guten Besuches, zumal, wenn es sich um die Aus—
tragung irgend einer „Meisterschaft“ handelt. Aber
wenn Standesfragen erörtert werden, dann glänzt
man durch Abwejsenheit. Und der Arbeitgeber nimm
das schmunzelnd zur Notiz und freut sich, daß die Ar—
beiterschaft so wenig Interesse für ihte eigenen Le
bensfragen zeigt. Dieses mangelnde Interesse wächs
doch legten Eudes aus mangelndem Opfergeist. Wer
zu jeder Zeit für seinen Stand opferwillig. ist, wird
auch immer bestrebt sein, dessen Vorankoumen zu
dienen. Und gerade die Mitgliederversammlungen
des Gewerkvereins dienen dem Vorankommen des
Bergmannsstandes. Beweisen wir also dem Arbeit⸗
geber und allen unseren Geanecn, daß noch Opfergeist
in uͤns lebendig ist, daß wir bereit sind, Zeit und Be⸗
quemlichteit zu opfern für unsern Gewerkoerein, für
unsere Standessache, in dem wir alle Versammlun—
gen, die vom Geweikverein einberufen werden, auch
HYtann für Mann besuchen, Das hebt das Ansehen des
Gewerkoereins, das verfehlt seine Wirkung auch auf
den Arbeitgeber nicht, das erbaut gegenseitig und
gibt neue Kraft und Autequng zun unernmüdlichen
Wirten für den Knappenstand. Bringt also im Ju
teresse der eigenen Sache, wenn gerufen wird, da⸗
viituch tleine Obier an Zeit uud Bequenlichteitt
Ddes Frühlings Traum ist wahr geworden
Verheißung ist Erfüllung.
die Bluͤte aber reife, edle Frucht.
Und der Entschlußz ward herrlich Tat
Nur Gaben sieht das Auge prangen
Wohin es leuchtend freudig blickt.
NRaätur, nun bist du Mutter worden
Und läßt die Orgel jauchzend spielet
Vom Glück, vom übergroßen Glück.
Ja, brause durch die Welt gewultig
Dein schönes, stolzes, majestätsches Lied
Da Herbstes Orgel.
Geora Nick
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überzeugt, daß es bald still in den Eisenbahnzügen
und uf dem Grubenwege würde, wenn alle unsere
Pitglieder aus rechtem Opfergeist heraus den Mul
zur Verteidigung ihrer guten Sache und Ueberzeu—
zung fünden Wo wäre der Gewerkverein geblieben
venn seine ersten Pioniere so wenig Opfergeist und
Mut aufgebracht hätten, als viele seiner heutiger
Mitglieder! Aufgerafft, Opfergeist und Mut bekun
det, dann wird es auch in der Hinsicht besser werder
ind die Maulhelden werden sich still verhalten!
Dann erst die Dienstheistungin den Zahl
tellen! Jeder möchte sich drücken vor der Ueber
jahme eines Amtes. Anstatt alle acht Tage die Bei
rräge einzukassieren, wartet man oft 14 Tage, mit
nker 4 Wochen. Daß dann vielen Familien die Bei
ragsleistung schwer fällt, ist schon verständlich. Und
Der Saarbergtnappe“ kommt auch nicht rechtzeitig
in den Besitz der Mitglieder, obschon jede Zahlstellen⸗
verwaltung bestrebt sein müßte, ihn sofort nach Ein—
treffen oder spätestens am fälligen Samstag bezuw
Sountag den Mitgliedern ins Haus zu bringen. Es
sut einem in der Seele weh, wenn man so gelegent.
lich feststellen muß, daß sogar Kinder zum Austrager
des Saarbergknappen“ und zum Einkassieren de
Beittäge benutzt werden. Sind das nicht Zeichen da—
für, daß es doch am rechten Opfergeist fehlt? Wärte
et überall vorhanden, dann dürfte in keiner Zahl
stelle Mangel an opferbereiten Vorstandsmitgliedern
ind Vertraäuensleuten bestehen. Und wenn dem einer
mal was zustößt, wenn er durch Krankheit, Unglücks
fall oder Fomilienverhältnisse verhindert ist, sein
Amt zu versehen, sollten da nicht gleich zwei ander«
jinspringen, um seines Dienstes zu walten und die
Zahlstelle in Schicß zu halten?! Wäre jedes Mit
zlied aus Innerstem besorgt für den Gewerkverein
zen Sachwalter seines Standes, dann müßten in jeder
Zahlstelle sich die Besten nach vorne drängen, un
zurch irgend eine Amtsausübung der großen gemein
amen Soche zu dienen. Es ist schon notwendig, wie
her reihten Opfergeist zu wecken, damit gerade hie
de Arudernuna zum Vessern eintritt. Diese Aende
An die Jungmannen des
Gewerkdereins
Meine jungen Freunde! Heute wende ich mich be—
sonders an euch mit einem besonderen Anliegen.
Dieses Anliegen betrifft unsern Gewerkverein und
cure Zutunft, Ich hoffe, gerade bei euch das not—
wendige Verständnis zu finden für Fragen, die
ernster Natur sind und eure Zukunft berühren. Dies
umsomehr, als ja der bittere Ernst des Lebens euch
frühzeitig betannt wird und der schwere Kampf ums
ägliche Brot euch nicht verschoni
Ihr wißt, meine jungen Freunde, daß wir wiedet
chwere Zeiten durchzumachen haben. Die Wirkungen
des vierjährigen Krieges, während dessen Verlaus
große Werte vernichtet wurden, sind längst noch nicht
übetwuünden. Immer noch ist die Volks- und Welt⸗
wirtschaft nicht so intatt, wiezdas in der Vorkriegs⸗
zeit zu verzeichnen war. Das Ueble, das sich daraus
ergibt, trifft am ersten und schwersten die Menschen.
di? dur ihres Körpers Kraft im Kampf ums tägliche
Brot einzuseten haben.
Nun ist es verständlich, daß jeder Mensch in seinen
jungen Jahren Luftschlösser baut und bessere Zeiten
herbeisehnt. Er glaubt auch, daß durch Einsetzung
iter Kraft recht bald die besserenn Zeiten her beizu