Hummer 36
Saarbrücken, den 4. September 1926
7. Zahrgaug
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Yrgan des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet
— — — — — — — — — —— — — Bü— — — —
ijcheint jeden Samstag für die Mitglieder gratis. — Für wirtschaftliche u. geistige Hebung Geschäftsstelle des „Saar-Bergknappen“: Saarbrüchen 2
as für die Zahlstellenabonnenten 5,— Fr. tl. St. Job Strahe 40. — chAnschluß: Amt
— eneee — des Bergarbeiterstandes eeen 53 3— 5353 —
glend in den Vergarbeiter amlien
Lohnverhandlungen am 27. August. — Die
Lohnregelung ab 1. September—
Wer erinnert sich nicht der Notzeit, die die Berg—
tdeiterzamiliem in der Kriegszeit durchgmacht
uven. Der Lohn war knapp, die Lebenshaltung
umng, selbst für Geld war ost nichts zu erhalten.
ie Schaufenster, jetzt mit Waren überfüllt, wiesen
imals nur Dekorationsgegenstände und Warener—
tz auf. Nicht nur Lebensmittel, nein, auch die
neisien Bedarfsartikel wurden nur gegen Marken
xrkauft. In dieser Notzeit mußten nicht selten —
ofern welche da waren — mühsam erworbene und
om Munde abgesparte Vorräte aus einer besseren
eit von der sorgenden Mutter schweren Herzens in
en Haushalt gestectt werden. Die ersparte Wäsche
nußte herhalten, in der Hoffnung auf bessere Zeiten
purde sie rerbraucht. Das waren schreckliche Zeiten.
zur mit Schmerz denken wir an dieses Elend zurück
ts kam vorübergehend eine bessere Zeit, doch nach
ꝛen 5 mageren Jahren gab es keine 5 fetten Jahre
die Zeit, wo sich der Bergmann für seinen Lohn
was anschaffen konnte, war zu kurz. Kaum hatten
bdie Familien eingedeckt, da ging es schon los mit
schichten über Feierschichten. Es kam kurz nach
rrankeneinführung Lohnabbau in einer nie ge—
1 Form. Fast um wurden die Löhne der
eute gekürzt. An Neuanschaffungen war nicht
zu denken. Die Bergleute mußten das letzte
l anwenden, um wieder einen einigermaßen
eichenden Lohn zu erhalten und die Teuerung
unaufhaltsam weiter. Seit 1923, wo der Inder
vetrug, stieg derselbe auf 647,1 im August 1926
zin Ende ist noch nicht abzusehen. Demgegenüber
die Lohnsteigerung nur ganz langsam vonstat—⸗
Von 21,50 Frs. im Mai 1923 stieg der Hauer—
chschnittslohn im August auf 34,15 Fr., entspre—
Ider Teuerung eine zu geringe Echöhung der
e. Infolgedessen hat die Kauftraft der Bergar—
eiter wesentlich nachgelassen. Nur für das Allernot⸗
dendigste ist Geld vorhanden: Brot, Kartoffel, Fett,
onst wird gespart an allen Ecken. Wird ein Fami—
ienmitglied krank, dann vergrößert sich das Elend
on Tag zu Tag. Die Knappischaftsärzte können
aruhbet erschütternde Bilder entrollen. Sie wagen
aum zu sagen, der Patient müßte gute kräftige Nah—
ung zu sich nehmen, weil sie genau wissen, daß der
zergmann trotz seiner ewigen Plackerei mit seinem
orb. nicht in der Lage ist, selbst für Kranke eine
täsrige Nahrung zu beschaffen. Das Borgsystem
timmt wieder bedenkliche Formen an. Viele Berg—
eute sind wohl wieder in der Gewalt der kleinen
heschäftsleute, die wicderum bei den Großhändlern
ollständig verschuldet sind. Waren sind jetzt genug
vrtanden, Warenkarten nicht mehr notwendig, doch
eider ist kein Geld vorhanden, um kaufen zu können
der Saarbergmann ist am Ende des Lateins und die
dergwerksdirektion hat die Pflicht einzugreifen, da—
nit dem Elend, das tatsächlich vorherrscht, Schran—
en gesetzt werden. Gewiß, die Bergverwaltung
nacht, wenn wir die elende Lage der Bergleute schil—
ern, immer und immer wieder darauf aufmerksam
aß im Revier viele festlichen Veranstaltungen seien
kinzelne Herren erklären, daß Sonntag für Sonntag
draußen in den Ortzschafien Klimbim sei, wofür die
hergleute Geld zur Verfügung hätten. Wir bedauern
ichet die vielen nutzlosen Festveranstaltungen, die
en Ancchein — es sei besonders betont — nur den
nschein von Wohlergehen erwecken, möchten aber in
Fateresse der Wahrheit nicht verfehlen, darauf auf
merksam zu machen, daß durchweg alle Veranstaltun
den mit einem Minus abschneiden. Die Leute machen
nit, aber verzehrt wird nichts. Es kann eben nicht
ausgegeben werden, weil nichts da ist. Die Geschicht—
eigt uns, daß fast alle Völker in der größten Not
ait viele Festlichkeiten veranstalteten, um sich über
bt Elend hinwegzutäuschen. Zudem sei zur Steue
xXt Wahrheit erklärt, daß die Mehrzahl der Berg
eute an den vielen festlichen Veranstaltungen über
Rupt nicht teilniremt, auch nicht teilnehmen kann
weil oft für den Mann der gute Anzug und für di—
gau ein besseres Kleid fehlt. um sich sehen lassen zr
Bli
fönnen. Ist es ein Wunder, daß angesichts dieser
Tatsachen der Gewerkverein eine Lohnbewegung nack
der andern gemacht hat, um die Bergleute aus die
em Elend herauszuführen. Nur schwerfällig gibt di⸗
Bergwerksdirektion nach. Frankreich will den Fran
ken stabilisieren auf Kosten der Arbeiter, ganz be
sonders aber auf Kosten der Bergarbeiter. Daß wia
ins dagegen wehren, daß die Lasten allein auf
unsere Schultern gelegt werden, ist selbstverständlich
Deshalb haben die Organisationen erneut unterm
23. August gemeinschaftlich eine Lohneingabe einge;
reicht, worüber am Freitag, den 27. August, auf der
Bergwerksdirektion verhandelt wurde. Die Arbeiter
oertreter schilderten
die Not der Bergarbeiterfamilien
und erklärten der Direktion, daß es unbedingt not.
wendig sei, eine wesentliche Aufbesserung der Löhne
vorzunehmen. Nach langen Verhandlungen gab die
Bergwerksdirektion bekannt, daß sie den Multi—
plitkator ab 1. September von 215 auf
223erhöhen wolle, sodaß
der Hauerdurchschnittslohn ab 1. Septembet Fr. 36,78
der Lohn der 1. Lohnklasse unter Tage Fr. 34,11
der Lohn der 2. Lohnklasse unter Tase Fr. 32,833
der Lohn der 1. Lohnklasse über Tase Frt. 32,33
der Lohn der 3. Lohnklasse unter Tage Fr. 30,55
der Lohn der 2. Lohnklasse über Tage Fr. 30,55
der Lahn der 3. Lohnklasse über Tage Fr. 209,21
beträgt. Die Lohnerhöhung im September macht in—
solgedessen genau so viel aus wie die Erhöhung im
Monat August.
Ferner will die Direktion den 2. und 3. Abschlag
ür die Vollhauer und die erste Lohnklasse unter und
iber Tage um 20,— Fr. und den Abschlag für die
Familienväter um weitere 10. — Fr. für die Frau
ind jedes Kind erhöhen.
Wir sind mit den Bergarbeitern der Ueberzeugung
daß die Lohnerhöhung nicht ausreichend ist, und wir
wollen in der nüchsten Zeit mit dem Sechzehner-Aus—
chuß beraten, was im Saargebiet zu tun ist, um die
Löhne mit der Teuerung in Einklang zu bringen
Die momentane Stabilisierung des Franken hemmte
naturgemäß die Arbeiten der Organisationen, da die
Bergwerksdirektion auf dem Standpunkt steht, das
der augenblickliche Stand des Franken sich auch aus
die Teuerung im guten Sinne bemerkbar macht. Wi
äind ja nicht so optimistisch wie die Bergwerksdirek
ion und nehmen nicht an, daß die Teuerung wesent:
ich heruntergeht. Wir werden nichts unversuch:
'assen, um die Interessen der Kameraden bis zun
Aeußersten zu vertreten. F. K.
Guter Lohn als Krisenheilmittel
Man hat von Arbeiterseite in den letzten Jahren
mmer wieder darauf hingewiesen, daß durch Zah
lung guter Löhne die Produktion gesteigert wird
Durch die Hebung der Kaufkraft, die für die Produk
ion entscheidend ist, hebt sich das gesamte Wirt
chaftsleben. Allmählich dämmert's auch bei den Ar
beitgebern, und zwar bei den Vertretern der Fertig
ndustrie, die unter der Kaufarmut der breiten
Volksschichten ganz besonders zu leiden hat. Wir
geben nachstehend einige Auslassungen diesert Kreise
vieder, die wir um so mehr begrüßoen, da sie sick
wohltuend von den sonst üblichen Reden der Arbeit.
reber auf ihren Tagungen und Konaressen unter—
cheiden:
Der „Schuhmarkt“ schriob am 20. Dezember 1925
„Im allgemeinen Interesse kann man sich hier einma
die Frage vorlegen, ob die Beschäftigungs- und Lohn—
politik in manchen Branchen in allen Punkten richtig
ist ...nun wird uns auch noch unser bestet Inlands
unde, der Arbeiter ... genommen. Das Versagen der
Kauftraft im Inlandsmarkt sollte besonders den treiben
den Kräften zu denken geben.“
Aehnlich schrieb Dr. Koppel im „Konfektionär‘
Nr. 12, 1926):
vertrete ich die Auffassung, daß die verarbeitend
Industrie viel meht. als es geschah. ihren Einfluß hätt«
weinseßzen müssen für eine böbere Entlobanuna—
der Arbeiter, die doch schließlich die Träget des
Massenkonsums sind. Ich erblicke eines der schwersten
Hemmnisse für den Wiederaufstiea der Koniunktur in
dieset AUshöhlunag der Kaufktrafit der brei—⸗
testen Massen.
Auf dem Kongreß der deutschen Bekleidungsim⸗
dustrie am 9. Februar ds. Irs. der eime Resolution
faßte, in der es wörtlich heißt: „... Auf dem Ge⸗
biete der Lohnpolitik tritt die Tagung für die
Sicherung angemessener Löhne ein.,“,
tqgate der »enannte Dr. Koppel wörtlich:
„... In allen Ländern ist die Leistungsfähigkeit künst—
lich erhöht worden, während die Aufnahmeiähigkeit der
eigenen Bevölkerung allerorts zurückging. Neben der Not
der selbständigen Unternehmer tritt die Not aller
Lohn-und Gehaltsempfänger in Erscheinung,
deren Ersparnis im Frieden neben dem Unternehmerge—
winn die zweite Hauptquelle der Kapitalbildung waren.
Es ist ein grundsätzlicher Irttum, namentlich
der Inflationsseit, gewesen, dab nicht eine höhere
4JEntlohnung der Arbeiter und Lohnemp—
jänger durchgesetzt wurde. Die Einwände gegen
den Vorwurf der Aushöhlung der Kaufkraft der breiten
Massen in Ehren, aber die Bekleidungsindustrie kann nie
blühen, wenn sie sich auf billige Löhne stütüzt.
Diese Stimmen werden immer lauter. Es ist ja
auch nur zu einleuchtend, daß die niedrigen Einkom⸗
men der Arbeitnehmerschichten und die unzurei⸗
hende Bedeutung dieser auf dem Inlandsmarkt die
Rückbildung unserer Wirtschaft noch weiter als not⸗
wendig getirieben hat. Eine Steigerung der Kauf—⸗
lraft würde unsere heutige Krise sofort mildern und
viele Arbeitslose wieder in Arbeit bringen. Jede
Krise beruht ja auf der Tatsache, daß ein großer Be⸗
darf, hervorgerufen durch die verschiedensten Ur⸗
tachen, plötzlich abbricht und zurückgeht. Die Pro—
duktionsstätten haben sich inzwischen zu sehr ausge⸗
dehnt und laufen nun teilweise leer. Außerdem
tritt eine zu große Arbeitslosigkeit ein.
Wenn nun heute die Löhne gesteigert werden,
würde die vermehrte Nachfrage gerade umgekehrt,
wie eben beschrieben worden ist, wirken! Die Mög—
lichkeiten einer solchen Steigerung sind keineswegs
erschöpft. Kürzung des Unternehmergewinns (nicht
nur des offenen, sondern vor allem auch des in Auf⸗
sichtsrats-Tantiemen und den verschiedensten ominö⸗
sen Konten versteckten) und der Bezüge der oft viel
zu großen „Generalstäbe“ in den Direktionen der
Großfirmen sollen hier nur angedeutet werden
Mehrlohn erhöht Kaufkraft und Nachfrage und wirkt
damit produktionssteigernd.
Mehrlohn hat auch noch eine andere Wirkung als
Stärkung der Kaufkraft: gesteigerte Arbeitslust und
Arbeitsintensität, also auch größerer Betriebseffekt.
Treffend hat zu Beginn dieses Jahres der süd⸗
dun Mrostinvustrielle Bosch das anmngedeutet, als
er schrieh“
„ . . . noch höher aber schätze ich den indirekten
Nutzen ein, der dadurch entsteht, daß man
den Arbeiter mehr verdienen läßt: ein gut—
bezahltet Mensch ist ein zufriedener, er ist sorgloset, er
ist arbeitsfähiget. Kommt er erst gar so weit, daß er sich
rgendeine Liebhaberei leisten kann, oder daß er sich etwas
»rsparen kann, daß er ein gewisses Eigentum erwirbt .
so ist der Mann ein gansz anderer. Es gewinnt allmäh—
lich die Ueberzeugung in ihm Raum. daß er doch nicht nur
in Enterbter, ein Mensch zweiter Klasse ist.“
Wann werden die vorgezeichneten Gedankengänge
einzelner Großindustrieller Allgemeingut der Unter—
nehmoer werden?
——ö —————
In ernstem Skreben
Folge dem Rat:
Bleib' stels im Leben
Ein Mann der Tal!
Und willst Du wandeln
Am rechken Ort,
Bleib' stels im Handeln
Ein Mann von Wort!