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— Ruhrgebietes nachlesen konnen, Tausenden
deben und Gesundheit. (Lebhafte Rufe in der Mirt
und links: Hört! Hört!) Das ist nicht übertrieben
Hamals wurde gesagt, die Aufhebung der Familien
rsorge sei notwendig gewesen, weil das Geld fehlte
b stelle jest, daß es an Geld nicht fehlte. Die Fa⸗
Ilienfürjorge in der alten Form hätte für das Jahr
s924 drei Millionen Mark gekostet, und im gleichen
Jahre hatte die Ruhrknappschaft, die die Familien—
Irsorge abschaffte, einen Ueberschuß in Penstons— umnd
arankenkasse von insgesamt, 65 Millionen Mark
Hhoͤrt! Hört! im Zentrum.) Trotgdem ließ man ein.
ach die Menschen zugrunde gehenn. Es wurde sogar
die Besprechung dieser Frage in der Generalversamm
ung für die Ruhrknappschaft von den Unternehmern
ansach verhindert. Also die Vertreter von 400 900
Leisicherten wollten die Frage besprochen haben, und
die paar Unternehmer sagen „Sie wird nicht be⸗
proqen“ und verhindern das. (Zurufe, von den So
sialdemofraten; ‚Und was sagt der Reichsarbeits
inister?) — Was der sagt, wird er Ihnen wahr—
scheinlich nachher erzählen. (Erneuter Zuruf: Sit
wissen es auch, aber Sie wollen es nicht sagen!—
Doch! Aber ich bin nicht dessen Vertreter, dessen Vor
auüd. Allio der wird schon seine Meinung sagen.
uun wird behauptet, die Aenderung de—
Lerwaltungsrechte — zwei Fünftel und dre
Fünftel — hätte schlimme Folgen für den Gedanker
der würde das gute Verhältni—e
wischen den Unternehmern und Arbeitern stören
Ich bin vom Gegenkeil überzeugt. Das Verhältnie
jt durch die geschilderten Ereignisse so geworden, daß
s wirklich nicht mehr verschlechtert werden lann, und
ine solche Aenderung der Verwaltungsrechte kann
aur günstige Folgen in dieser Beziehung haben
Wenn die Ünternehmer nicht mit brutalen Zwangs
maßnahmen kommen können, dann müssen sie mit
Gründen kommen, und dann werden sie schon zu einen
anderen Haltung und auch zu einem anderen Ver—
hältnis zu den Arbeitern kommen müssen. Es gib
üͤbrigens auch Unternehmer, die in der Aenderund
der Verwaltungsrechte keine Gefahr erblicken. E—
sibt weirsichtige Unternehmervertreter, die in diesen
poie me inen Standpunkt teilen. (Zustimmung im
zentrum.)
Sohr viel wurde in der letzten Zeit über
die Höhe der Belastung
die das Gesetz bringt, geredet und geschrieben. Die
Belastung ist angeblich unerträglich. Das ist nichts
Auffaällendes. Bei jeder Gesetzgebung, die einen
sozialpolitischen Fortschritt brachte, war die Belastung
unerträglich, (sehr richtig! im Zentrum) und gerade
im Bergbau haben wir ein Beispiel, das klarer wie
sedes andere zeigt, daß bei solchen Gelegenheiten
grundsätzlich immer von unerträglicher Belastung ge—
redet wird. Nach der Aenderung des Knappijschafts
ege in Preußen im Jahre 1906 kam es an der
uhr zu einem großen Streit, der sogar zur Einfüh—
tung einer Zwangssatzung durch die Behörde führt—
wegen eines Pfennigs Wochenbei
bdeitrag! (ört! Hört! im Zentrum.) Das war
der ganze Streitpunkt. Ein Pfennig Wochenbeitrag
m dem früheren reichen Deutschland war unerträg
lich, und deshalb mußte die Behörde eingreisen und
mußte man eine Zwangssatzung kammen lassen. Ueben
hie fommende Mehrbelastung liegen sehr viele Be—
rechnungen vor. Die angegebenen Zahlen schwanken
wischen 8 Millionen Entlastung ohne Krankenkasste
und 80 bis 100 Millionen Mehrbelastung. Die besten
Zahlen, vom Unternehmerstandpunkt die höchsten
wurden nach der ersten Lesung von Herrn General—
direktor Miskott angegeben. Er sprach von 80 bie
o0 Mihionen. Spater hat sich keiner mehr zu diesen
Zahlen bekannt, auch Herr Wiskott nicht, denn er
erwühnt sie in seinem lettoen Artikel nicht mehr
Pieines Erachtens sind alle Berechnungen zu un—
n weil die Grundlagen zu ungünstig sind. Man
ut auf den Ergebnissen der letzten Krisenjahre
anormal ungünstiger Krisenjahre, und weil man das
ut, deshalb müssen alle Berechnungen zu ungünstit
ein: denn die Wirt'ichaft wird nicht wie in den letzten
dahren weiterleben. Die Berechnung der Knapp
chaftsmathematiker hat den Fehler, daß im allge
meinen zuviel Arbeiter in den höheren Klassen ange
kommen werden. Die letzte Berechnung der Regie—
dung. die mehrfach nachgeprüft wurde und an der die
Regierung jesthalt, spricht von 18 Millionen Mehr
delastung in der Krankenkasse. Diese Mehrbelastung
st aber eigentlich keine Mehrbelastung, sondern nu
ie Miederherstellung des alten Zustandes
NRun zu der Frage: Ist die Belastung zu tragen?
sage. das Rotwendige muß sein und muß ge—
hen und eine ausreichende Fürsorge für die Verg—
ute muß getragen werden. Es hat doch keinen
—A großer Grubenkatastrophen den Berg
leuten immor fromme Sprüche zu sagen und ihnen die
Sympathie auszusprechen, wenn man sonst nichts für
se tun will. Es ist doh eine Tatsache. daß die Berg
arbeit außerordentlich gesundheitsschädlich und auf—
keibend ist. das zeigen schon die Zahlen über Lebens—
und Diensialfer, die sch nicht wiedetholen möchte. Es
muß genügend geschehen für die Bergleute
Ein Wort zu den Klagen über soziale Lasten über
haupt. Rieje peden sia bn dea joneasen Abcaben vis
„Der Saar-Bergknappe
von unmwirtschaftlichen, ja schädlichen Ausgaben
manche sehen in den sozialen Ausgaben eine eigent
lich nicht gerechtfertigte Schmälerung des Betriebs
gewinnes.“ Auch der Versicherungsbeitrag der Ar
beiter und Angestellten wird zu den sozialen Lastern
gerechnet, die die Unternehmen zu tragen haben. In
Wirklichkeit ist der Versicherungsbeitrag doch ein Tei
der Vergütung für geleistete Arbeit (Sehr richtig!)
im Zentrum), ein Teil des Lohnes. Das ist doch nicht
zu bestreiten, Hätten wir die Versicherung nicht, dann
müßten die Loͤhne höher sein. Ja, ich gehe noch wei—
ter; ohne den in der Sozialversicherung liegenden
öffentlichen Sparzwang zur Erhaltung der Eesund—
heit und Arbeitskraft der versicherten Bevölkerung
uͤnd ohne den durch die Versicherung getroffenen
Risikoausgleich müßten die Löhne auch um mehr al—s
den Versicherungsbetrag höher sein (Sehr richtig! im
Zentrum), sonst ginge es doch gar nicht.
Wir haben — damit komme ich zum Schluß — nod
eine Anzahl Verbesserungswünsche zu dem vorliegen—
den Entwurf. Wir haben noch Anträge eingebracht
die zum Teil auch den Wünschen anderer Fraktioner
in weitgehendem Maße entgegenkommen. Wir hofifen
auf die Annahme unserer Anträge. Wir hofsfen, daf
das Gesetz so ausgestaltet wird, daß es wirklich be
friedigende Verhältnisse schafft, und daß endlich ein
nal die notwendige Ruhe im deutschen Bergbau ein
ktehrt. (Beifall im Zentrum.)
Grubensicherheit und
Arbeitslohn
In der Sicherheitsmännerkonferenz unseres Ge
werkvereins am 7. April d. Is. (vergl. „Saarberg
inappe“ 17) wurde lebhaft Klage geführt über die
vermehrten Strafen von Seiten der Vergaufsichts
behörde. Die häufigen Unfälle der letzten Zeit schei
nen das Gewissen der Mitverantwortlichen beun
ruhigt zu haben, weshalb sie mit Anzeigen und Ver
hängung von Strasen ihrem Pilichtbewußtsein Ge
rugtuung verschaffen wollen
Ohne den Vorgänger unserer heutigen Bergaufsich
veder zu loben noch zu tadeln finden wir die Klagen
wie sie heute erhoben werden, über die frühere Berg
behörde in der Arbeiterpresse nicht, selbst heute noch
nicht im übrigen Deutschland. Wer glaubt, mit der—
artigen Methoden, wie Verhängung von Strafen, der
Grubensicherheit zu dienen, kennt entweder die Zu
ammenhänge der Betriebssicherheit nicht oder er han
delt auf höhere Anweisung oder in dem Bestreben
sich eine „gqute Nummer“ zu schinden. Ein Engländer
sagt in Bezug auf Einhaltung von Bergpolizeivor—
schriften: „Der Gerichtshof ist eine schlechte Schule zur
Vermittlung von Gesetzeskenntnis und Einhaltung
von Bergpolizeivorschriften.“ Dieses dürfte man in
der Gewerbepolizei aller Länder erkannt haben. Aber
warum sollte das Saargebiet als „eigenartiges“ Fleck
hen Erde nicht auch seine „eigenartige“ Bergpolize
haben — die anstatt vom Staate, vom Grubenbesiker
den sie beaufsichtigt, bezahlt wird! Es ist das ein
Novum, das sich würdig den vielen anderen, die wie
hier auf allen Gebieten haben, anreiht.
Welches sind die Sicherheitsfaktoren im Bergbau?
Im allgemeinen werden genannt: 1. das Berg
zesetz, 2. die Bergpolizeiverordnungen, 3. die Anord.
nungen der Betriebsleiter. Die aufsichtsführenden
Organe find: Die Betgbehörde und die Bertriebs—
beamten, soweit die Beaufsichtigung der Arbeiter in
Betracht komme
Bei Veriehlungen und Uebertrerungen der Berg—
polizeinorschristen ist man gleich bei der Hand. von
den leichtsinnigen und argwöhnenden Bergarbeitern
zu reden und zu schreiben, ohne die schwierige Lage
der Bergleute zu kennen. Man gibt sich auch nicht die
Muünhe, sie in etwa verstehen zu lernen. Leichtsinnige
Umgang mit Mienschenleben ist von der Arbeiterprest
stets verurteilt worden und es gäbe für sie wirklich
nichts törichteres als etwas zu verteidigen, was
scharfe Mißbilligung verdient. Wir wären schon viel
weiter, wenn auf der Gegenseite so viel Mur zu
offenem Schuldbekenntnis aufgebracht würde wie auf
Arbeiterseite. Man siehr die Splitter im Auge des
Boergmannes. aber nicht die Balken in den Augen
einer Betriebsleitung und eines Grubenbesißers. Man
weiß auch oder will wonigstens davon wissen, daß die
Splitter in den Augen der Bergleute zum größten
Teil von den allgemeinen menschlichen Schwächen. wie
Gewöhnung an die Gefahden und unzulänglichem Er
fassen der Gejahrenguellen, jowie von der perma—
nenten Steigerung der Arbeitsintensität (Antrei—
berei) verursacht werden. Ist schon jemals einen
Bergmann soviel „Heil“ widerfahren, daß ihm am
Monatsschluß gesagt wurde: „Du hast genug ge—
arbeitet und hast dein Letztes hergegeben.“ Noch nie
mals — im Gegenteil, es heißt immer und immer
wieder: „Du mußt noch mehr leisten.“ Daß man an
einer Leistungsschraube nicht dauernd nachh vorwärts
drehen kann, dürfte der Krieg allen Völkern — nicht
nuletzt cuch Frankreich — gelehrt haben. Wir kennen
war den Ausdruck. dakß man nich: Rerabau alicit
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betreiben könne um Unfälle zu vermeiden, wissen
aber auch, daß der Bergmann nicht allein arbeitet,
um Kohlen und wieder Kohlen zu fördern, sondern
um den Unterhalt für sich und die Seinen verdienen
zu können. Nicht gegen die Arbeit als solche sträubt
sich der Bergmann, sondern gegen die geringe Be—
wertung derselben. Was in der Hinsicht durch den
oerzeitigen Arbeitgeber im Bergbau an der Saar
gesündigt wird, haben wir noch bei jeder Lohnbewe—
gung beleuchtet. Entferne man also zunächst den
Balken aus dem eigenen Auge, dann werden auch
die Splitter aus den Augen der Bergleute schwinden.
Ein Außenstehender wird diese Einwendungen nicht
ganz verstehen können, weil er die Druckmittel des
Arbeitgebers nicht kennt und auch die Lage des Berg—
mannes sowie sein Pflichtbewußtsein der Familie
gegenüber nicht zur Abwägung stellen kann. Das
Lohnverhältnis im Bergbau wirkt sich in Zeiten
niedergehender Konjunktur als ungeheurer Druck
aus. Die Sorge um die Existenz wird zum obersten
Gesetz und zwingt den Bergmann, Gesundheit und
nicht selten das Leben aufs Spiel zu setzen. Würden
die Gedinge so bemessen, daß ein ausreichender Lohn
unter genügender Wahrung aller bergpolizeilichen
Vorschriften garantiert wäre, dann wäre manche
Hefahrenquelle verstopft. Jedoch wir sehen, daß es
auch in anderen Bergbau treibenden Ländern noch
nicht gelungen ist. das Antreibesystem zu überwinden.
Immerhin kann die Lohnpolitik im deurschen Berg⸗
bau günstiger beeinflußt werden, weil die Gewerk—
schaften dortselbst über die Regierung dem Unter—
nehmer zu Leibe rücken können, während uns im
Saargebiet eine mit starken sozialen Vollmachten aus—
gestattere Regierung fehlt. Wir müssen daher nach
wie vor unser Hauptgewicht darauf legen, unsere
Gewerlkschaftsbewegung stark zu erhalten, dam't bei
den unmittelbaren Verhandlungen mit dem Arbeit⸗
geber die Vertreter der Berglente die notwendige
Machtposition besitzen. Rur so wird es möglich sein,
die Klagen über Grubensicherheit nachgemach zum
Verstummen zu bringen S—5.
Gesetz und Necht
Erhkhung der Versicherungsgrenze und des Grund⸗
lohnes in der Krankenversicherung
Schon seit Jahr und Tag führt der Gewerkvperein
einen zähen Kampf um ausreichende Bemessung der
Leistungen in den einzelnen Zweigen der Sogial—
versicherung. Dutzende von Anträgen diesbezüglicher
Art wurden sowohl von den Gewerkschaften wie auch
vom Landesrat der Regierungskommission unter—
breitet. Auch dem Völkerbundsrat wurde in Form
von Denkschriften die unzulängliche Leistungsgestal⸗
rtung nachgewiesen und von ihm die Abstellung der
unhalrtbaren Zuitände verlangt, die die Bezieher von
Krankengeld oder irgend einer Sozialrente zu einem
wahren Hungerdasein verurteilen. Alle diese Schritte
blieben erfolglos; erfolglos, weil das Saargebiet eben
als Reparationsgebiet gewertet wird. Nunmehr
scheint man den Wünschen der Gewerkschaften etwas
geneigter zu sein. Am 7. Juni kam ein Erlaß des
Herrn Minister Koßmann — dem jetzt die Sozial—
abteilung unterstellt ist — heraus, welcher die Ver—
sicherungsgrenze und die Grundlohnbeträge in der
Krankenversicherung heraufsetzt. Die Ver—
dicherungsgrenze wird durch den angezogenen
Erlaß von 12000 auf 19 200 Fr, die Mußgrenze
zur Festseßzung des Grundlohnes von 12
auf 25 Ir. und die Kanngrenze zur Fest—
fetzung des Grundlohnees von 20 auf 35 Fr.
rhöht. Scheinbar ist eine nicht unerhebliche Herauf—
setzung der maßgebenden Sätze erfolgt. Aber auch nur
scheinbar; denn die Sätze, die nunmehr in der Kran—
benrorficherung gelten, mußten schon vor mehr als
Jahresirist in Geltung sein und mußten sie jetzt ent—
sprechend der Frankenentwertung heraufgesetzt wer—
den. Jedoch wollen wir nicht verkennen, daß immer—
hin der Anjang gemacht ist mit einer Anpassung der
Veistungen der Sozialversicherung an die vorliegen—
den Notwendigkeiten. Gegenüber dem Verhalten der
früheren Sozialabteilung, die zum Machtbereich des
oewrejsenen Präsidenten Rault gehörte und dem ver—
storbenen Berghauptmann Vaudeville unterstand, ist
doch ein wesentlicher Fortschritt zum Besseren zu ver—
zeichnen. Wir wollen hoffen, daß die Leitungz-—
oerhöhung in den übrigen Zweigen der Sozialner—
sicherung — Invaliden- und Hinterbliebenenversiche—
rung, Unfallversicherung, Knappjchaftsversicherung —
bald nachfolgt. Es bedarf keiner weiteren Wotte
mehr. daß insbesondere die Leistungsgestaltung in der
Unsallversicherung geradezu erbärmlich ist. Der neue
veiter der Sozialäbteilung, Herr Dr. Thissen,
weiß, wie die Leistungen in den einzelnen Versiche—
rungszweigen des Reiches gestaltet sind und kann so
aus eigener Kenntnis der Dinge beurteilen, wie un—
geheuer weit die Leistungsgestaltung der oben ge—
nannten Zweige der saarländischen Sozialversiche—
rung hinter den Leistungen der Sozialversicherung
des Reiches zurückbleiben. Von ihm erwarten wir,
daß er, sich mit aller Kraft für eine auskeichende Lei—
tunasbemesuncg einletzt und im engiten Einperneß