Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Seite 4. M. 24. 
engericht als Gutachter auf. Die Anklage stützte sich 
auf den 5 124, Abs. 1 der Bergpoligeiverordnang vom 1. 
Mai 1907. Dieser lautet: 
„Vor dem Anzünden eines Schusses und vor dem An⸗ 
hängen der Zünddrähte an die Zündmaschine hat der 
Schießmeister dafür zu sorgen, daß die Zugänge zum 
Orte gesperrt werden. Die in der Nähe befindlichen Per⸗ 
sonen sind durch den lauben Ruf: „Es brenntl!“ zu war⸗ 
aen. Mit dem Wegtun ist zu warten, bis die Kamerad⸗ 
chaft sich in Sicherheit gebracht hat. 
Hat ein Schuß versagt, oder bestehen Zweifel darüber, 
jo darf der Betriebspunkt vor Ablauf von 10 Mimnten 
nicht wieder betreten werden.“ 
Durch die Beweisaufnahme wird festgestellt, daß der 
Schießmeister die beiden Schlepper in der richtigen Weise 
anwies, die Zugänge zu dem Ort abzusperren. Er unter⸗ 
ließ es wur, fich zu überzeugen, ob jeder der Schlepper 
wirklich an der richtigen Stelle stehen würde. Der Revier— 
beamte Groß als Sachverständiger vertrat die Ansicht, daß 
sich jeder Schietzmeister vor Abgabe der Schüsse durch per⸗ 
sönlichen Augenschein überzeugen müsßtte, ob die Zugänge 
zur Schießstelle wirklich richtig abgesperrt seien. Es ge⸗ 
nüge nicht die einfache Anweisung: „Du gehst dorthin und 
Du dorthin.“ Von der Verteidigung wurde eingewandt, 
daß eine solche Anweisung technisch laum durchführbar 
wäre, dann ginge vor dem Abtun sovbiel Zeit verloren, 
daß dann die Bergarbeiter wieder wegen Mindest⸗ 
le i stungen angeklagt würden. Der Revierbeamte be— 
harrte aber bei seiner Ansicht. Der Schießmeister wurde 
mit 500 Mark bestraft. Der Schlepper erhielt die gleiche 
Strafe, weil er nicht auf die Anweisung des Schießmeisters 
genũcend geuchtet habe 
VNeue Veroronung betr. Wochenhilfe 
Durch eine weitere Verordnung vom 22. Mai wird bas 
Zesetz betr. Wochenhilfe und Wochenfürsorge vom 29. Juli 
1921 und 28. 12. 1921 mit Wirkung vom 22. Mal im Saar⸗ 
zebiet eingeführt. 
Wir werden auf die Nachteile, die durch die * Ein⸗ 
führung des Gesetzes den Knappschafts-Krankenkassen ent— 
tehen, noch zurückkommen, sobald uns die erbetenen 
Unterlagen vorliegen. 
Knuappfchaftlicheß 
Ueue Kursprengel 
Die Verwaltung des Saarbrücker Knappschaftsbereins 
eilt folgendes mit: 
Vom 1. Juli ds. Is. ab ist die Verwaltung des neu⸗ 
zgebildeten Kursprengels Wemmetsweiler, umfas⸗ 
send den Ort Wemmietsweiler ausschließlich Michelzberg, 
dem praktischen Arzt Herrn Dr. Neuhauser in Wemmets- 
weiler übertragen worden, dem vom gleichen Tage auch 
die Versorgung der Familienangehoöͤrigen unserer in 
Wemmetsweiler wohnenden Vereinsmitglieder obguliegen 
hat. Der Kursprengel führt die Nr. 4240. 
Vom gleichen Tage ab werden der Ort Uchtel⸗ 
en dem Knappichaftsarzt Herrn Sanitätsrat Dr. 
üch in Illingen und der Ort Michelsberg dem 
Inaopschaftsarzi Herrn Dr. Schmidt in Merchweiler 
zugeteilt. 
ugend“, das Einkassieren der Beiträge, das Fertigstellen 
der Abrechnungen und andere Arbeiten, erfolgt eine ge—⸗ 
wisse dauernde Konzentration der Kräf:e. Auch die⸗ 
ses ist sehr wichtig. Das Charalteristische an jeder Jugend 
ist die Unbeständigkeit, was heute mit Eifer von ihr gemacht 
wird, ist morgen sehr oft »schon wieder verworfen. Durch 
die regelmäßig wiederkehrenden Arbeiten in der Jugend- 
abteilung lernen die Mitglieder planmäßig, geord⸗ 
net und zielbewußkt arbeiten 
Die Versammlungen sind ebenfalls zur Schulung und 
Erziehung sehr geeignet. Einmal dadurch, daß in den 
Versammlungen lehrreiche Vorträge der verjch'edensten Art 
zehalten werden, dann aber lernen die Jungen auch, wie 
eune Versammlung geleitet wird und wie man sich in einer 
Versammlurg verhalten muß. In einer Versammlung dvon 
Erwachsenen würden die Jungen nicht reden; da sie aber 
m der Jugendversammlung unter Altersgenossen find, so 
cheuen sie sich nicht, dort ihre Ansichten, Wünsche und Be— 
schwerden vorzutragen. Erst geht es eiwas holperig, bald 
wer können sie ihre Gedanken sehr gut in Worte ileiden. 
So lernen sie das Reden in Gegenwart von frem⸗ 
den Personen und können dann auch jpäter überall, auf der 
Arbeitsstelle oder sonstwo im Leben ihre Interessen wahren 
SDer Sinn für Unterordnung und Gehorsam 
wird in ihnen gepflegt. Der Einzelne in der Abteilung 
muß sich, bei einer gemeinschaftlichen Handlung, der Mehr⸗ 
heit fügen. Er kann nicht immer „mit dem Kopf durch 
die Wand“ rennen. Er sieht, daß nicht nur er, sondern 
auch andere eine Meinung haben. Er muß sich unter 
Umständen von anderen sagen lassen, daß seine Meinung 
falsch sei So wird sein Stolz und fein Eigen— 
sinn gebrochen. Er sieht auch, wie das einzelne Mit- 
IAled den Weisungen des Vorstandez folgen muß, wie der 
sugendliche Vorstand dem Rat des Obmanns folgt, wie 
die gangze Abteilung der Zahlstelle folgt und wie auch diese 
oirderum der Bezirksleitung und die Bezirksleitung der 
hentrallettung zu soigen hat. Sein Versland fal ihm 
ichgeitig, daß es anders gar nicht sein Dnne. So wird 
rot aller Demokratie in der Jugenbobleilung der Auto r b⸗ 
ätrnebdanke gestärtt 
„Der Saar-Bergaknappe 
— — — 
* 
Ein neues Massenunglück 
32 Bergleute auf der Zeche Amalie bei 
Essen verunglückt. 
Wieder ist der Ruhrbergbau von einer schweren 
datastrophe — worden. Nach den letzten 
Massenunglücken auf den ee „Konustantin“ und 
‚Mont Cenis“ ist nun die Zeche „Amalie“ bei Essen 
on einem schweren Unglück betrofsen worden. Die 
Jahl der Toten beträgt 18 und der Verletzten 29 
Anßerdem sind noch fünf Bergleute vermißt. die aber 
ermutlich ebeufalls der Katastrophe zum Opifer ge⸗ 
allen sind. Das Unglück ereignete sich nach Been— 
igung der Mittagschicht und während der Seilfahrt. 
Resem Umstände ist es zuzuschreiben, daß die Verluste 
in Menschenlehen nicht noch größer geworden sind. 
Das Unglück ereignete sich am 81. Mai abends 
jegen 8 Uhr, während des Schichtwechsels. Nachdem 
nehrere Koͤrbe der Mittagschicht ausgefahren waren, 
rfolgte eine gewaltige Explosion und Erschütterung. 
der entstandene Vuftdruck war so stark, daß die im 
rüllort am Schacht zur Ausfahrt bereitstehenden Leute 
um Teil schwere Verletzungen davontrugen. 
Die Entstehungsursache des Unglücks ist 
ioch nicht eimwandfrei festgstellt. Es stebt zwar fest, 
uß sie ron einem Blindschacht zwischen der 676. und 
er 8548-Meter⸗Sohle ihren Ausgang nabm. In die⸗ 
eia Blindschacht sollte erne Bremsscheibe ausgebaut 
verden. Ob hierbei Schlagwetter zur Entzündung 
gekommen sind und eine Kohlenstaubexplosion folgte, 
der ob es 9 um eine reine Kohlenstaubexplosion 
andelt, ist noch nicht genau ermittelt worden. 
Die amtlhiche Untersuchung wurde vom 
Oberbergamt in Dorkmund sofort unter Hinzuziehung 
»es Betriebsrats eingeleitet. Der Gewerkverein 
hristlichet Bergarbeiter ersfuchte telegra 
hisch den Herrn Minister für Handel und Gewerbe 
im eine sofortige Untersuchung durch, die vreußische 
sßrubensicherheits Kommission. Sobald 
ꝛähere Einzelheiten über die Ursachen des Unglücks 
und des amtlichen Untersuchungsergebnisses bekannt 
ind, werden wir darüber berichten. 
Das Mitgefühl mit den Hinterbliebenen der so jäh 
ims Leben gekommenen Berglente und den verletzten 
dameraden ist ollgemein. Wir sprechen auch an 
Aieser Stelle den so schwer betroffenen Angehörigen 
uinser innigstes Beileid aus. Wir hoffen und erwarten, 
aß die verletzten Kameraden bald wieder hergestellt 
verden. Möge das traurige Unglück ein erneuter 
ulaß sein daß dem mit so vielen Berufsgefahren 
ingenden Bergmannsstande innerhalb der Volksge— 
amtheit mehr Achtunga uund RNnerkennung 
nlgegendebracht werde 
Ein hoher vielseitiger Erziehungswert liegt vor allem 
uch in der Tätigkeit des Vertrauensmannes, der die 
Knappenjugend“ austragen muß. Diese Arbeit muß auch 
egelmäßig und pünktlich erfolgen. Er weiß, daß seine 
dameracen die Zeitung erwarten. Er muß sich, wenn auch 
erst unwillig, dazu bequemen, ihnen die Zeitung ins Haus 
zu bringen. Das ist nicht nur ein Dienst für seinen Ge— 
verkverein, sondern auch für seine Rameraden. So lernt 
ex zu dienen. Und wenn er in die Häuser kommt, so 
»ringen ihm die anderen jungen Kanmeraden ihre Wünsche 
uind Beschwerden vor So lernt er für andere sorgen 
Zei dem Austragen der Zeitung kommt er in viele Familien 
ẽr sicht gute und schlechte Familienverhältnisse. Daraus 
ann er seine Folgerungen für sen Familienleben 
iehen. Er lernt auch die Not seiner Mitmenschen kennen 
wird das Vätletd in ihm gewedct; sein Sozial— 
mpfinden wird stärler. Er sucht in solchen Fällen 
ach Möglichkeit zu helfen und ohne daß er es selbst merkt, 
rkennt er die wahren Werte des Lesens. Er wird edel und 
ut. 
Sieh, Mutter! Ich weiß nicht, ob du meinen Ausfüh— 
ungen aufmerksam gefolgt bist. Solllen sie etwas schwer 
erständlich sein, dann lese und denle sie noch mald duvch 
du wirst mir dann beipflichten, wenn ich sage, die Jugend⸗ 
Steilungen sind nicht nur Gewerkschafts⸗, sondern auch 
charakterschulen. Nur einige wenige Momente habe ich 
rus dem großen Konmplex herausgegriffen, um dir darzu⸗ 
un, wie vorteilhaft es für deinen Sohn, allein vom Stand⸗ 
unkt einer guten Erziehung aus gesehen ist, wenn er nicht 
iur Mitglied, sondern auch WMitarbeiter in der 
Jugendabteilung ist. Nun wirst du auch verstehen, warum 
in anderer Stelle mit großer Sicherheit behauptet wurde, 
aß ein guter christlicher Gewerkschaftler auch ein guter 
Zohn ist. Und wenn ich dich nun dringend bitte, deinen 
sohn zur fleißigen Minarbeit in der Jugendabdeilung au-⸗ 
ueifern, danu wirst du mir als kluge und gute Mutter 
tese Bilte sicher erfüllen. Mit deiner Hilfe wollen wir 
ins bemühen, aus deinem Sohn einen guben, char aklervol⸗ 
en und brauchba ven Menschen zu machen. 
Samstag, ben 17. Juni 1022. 
5rsammlung des Saarbrücker 
Knappschaftsvereins 
Am Samstag, den 24. Juni 1922, vormittags 9 Uhr, 
indet im ee eine Generalversammlung deñ. 
3. K. V. (Saarbrücker Knappschaftsvereins) mit oi- 
ender Tagesordnung stait: 
L. Geschäftsbericht. 
2. Festsetzuug der Teuerungszulage zu den Knapp- 
— für die Zeit vom T. Iuni 1922 bie 
Juni 123. 
Umbildung der Beamtenabteilung in eine Ange⸗ 
stellten pensionskasse und deren zukünftiges Ver⸗ 
hältnis zum Knappschaftsverein. 
bVerichiede neß. 
— 
Von den Arbeitsstätten 
der Kameraden 
Deputatkohlenbezug. Seitens der Bergwerksdirek⸗ 
ion ging uns folgendes Schreiben zu: 
„Wie mir von einer ganzen Anzahl Gruben milgeteilt 
vird, ist der Absatz an Teputatkohlen für Vergarbeiter 
zur Zeit sehr schwach, ein Zeichen, daß die Belegsschaft 
ie Abnahme der Kohlen bis gegen Ende der Abfuhrfrist 
hinausschieben will. da jetzt anscheinend kein Bedarf 
orharden ist. Ich bitte, Ihre Mitglieder darauf hinzu⸗ 
veisen, daß das Hinausschieben der Kohlenabfuhr bis 
Ende Juli zu Stockungen Anlaß gibt und daß dadurch 
der Fall eintreten kann, daß es nicht sämtlichen Bezugs- 
zꝛerechriglen möglich ist, ihre Kohlen abzujahven. Ich 
nache Sie daher jetzt schon darauf aufmerksam, daß 
ine Verlängerung der Abfuhrfrist in keinem Falle er⸗ 
folgen wird“* 
geg. Cuvinol. 
Inwieweit diese Angaben der Gruben zutreffen. 
önnen wir ja nicht nachprüfen. Es ist aber immerhin 
anerkennenswert, wenn die Direktion uns solche Mel— 
dungen der Gruben mitteilt, damit wir die Kamerad⸗ 
schaften unterrichten können. Die Stockungen, wenn 
olche tatsächlich bestehen, dürften aber nicht aus der 
Frunde eingetreten sein, weil die Bergleute zur Zeit 
einen Bedarf an Kohlen haben sollen. Der besteht 
bei den Bergleuten das ganze Jahr hindurch, da doch 
auch jetzt morgens, mittags und abends Essen gekocht 
werden muß. Wir waren schon des öfteren in der 
letzten Zeit gezwungen, auf Schwierigkeiten hinzu— 
veisen, die den Bergleuten bei der Abfuhr von Koh— 
len gemacht werden. Dieser Umstand, wie auch die 
seit einiger Zeit erfolgenden Verlegungen, haben doch 
zuch Rückwirkungen quf die Kohlenabfuhr, ohne auf 
die Möglichkeiten hinzuweisen, die sich aus der Fuhr⸗ 
werksgestellung ergeben, da bekanntlich bei großer 
Hitze die Besitzer von Zugrindvieh dieses nicht gern 
zu Fuhrzwecken zur Verfügung stellen. Immerhin 
empfehlen wir unseren Kameraden, rechtzeitig ihre 
Kohlen abfahren zu lassen, damit keinem durch Ver—⸗ 
weigerung einer Fristverlängerung die Kohlen ver— 
oren gehen 
Grube Manbach, Ostschacht. Auf dem Ostschacht wird der 
zentilator und die Fördermaschine elektrisch betrieben. 
ẽines Tages seßzte der Strom aus, wodurch der Ventilator 
zum Stillstand kam aind die Frühschicht nicht rechtzeit'g 
zusfahren konnte. Als der Strom wieder einsetzte, wurde 
uerst mit der Förderung begonnen und erst nachher der 
Lentilator wieder in Betrieb gesetzt. Als ein Kamerad den 
Fahrhauer R. darauf aufmerksam machen wollte, daßz doch 
erst der Ventilator wieder in Betrieb gesetzt werden müßte. 
vurde er von diesem saugrob angefahren und erhielt zue 
Antwort, das ginge ihn „Lausert“ und „Rotzbuben“ nichts 
in, er Krüppel“ sei ja noch kein Bergmann, obschon der 
betreffende Kamerad bald 80 Jahre alt ist. — Wir wissen 
— — 
chulen gelehrt wierd. Jedenfalls ist es bezeichnend für die 
geistige Beschaffenheit ciwes Beamten, wenn er sich derge⸗ 
talt „gebildet“ ausdrückt. Manche müssen halt die feh—⸗ 
ende geistige Grütze durch einen „Kasernenhofton“ erseten, 
im an gcewisser Stelle lieb Kind au bleiben. Arme 
Menschen! 
Sammlung. Am 18./19. Mai wurde auf der Grube 
Dilsburg eine Sammlung für die Hinterblieberen des 
ödlich verunglüdten Kameraden Alois Becker aus Reih— 
veiler abgehalten. DTer Witwe Becker lonnden als Ergebnis 
zatßz 0 Frank und 638,40 Mark übergeben werden, die hier⸗ 
nit allen Gebern beralichst danftt 
Tauschmann. Der Lehrhauer Jakob Ulrich aus Hüh— 
erfeld, beschäftigt auf Grube Camphausen, sucht Tausch- 
nann zur Verlegung nach Grube Sulzbach, Altenwald oder 
Nabbach. Meldungçgen an die Redakltion 
Der Schlepper Jobann Urschel aus Luisenthal sucht 
causchmann zur Verlegung von Grube Friedrichslhal nach 
zutsenthal. Meldung an Nedaktion. 
— 
Bekanntmachungen J 
Der 24. Wochenbeitrag (Woche vom 11. bis 17. Juni) 
ist in dieser Woche falliag. 
— —— — 
Füc die Redaktion beranuvorti.: Veter Kiefer, Saarbrücken. 
Druck der Saarbrüder Druckerei- und Verlags⸗A. GV. 
gert des Gewerkvereint christl. Bergarbelter Deutschlandß.
	        
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