Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Seite 2. Lir. 28. 
dohn und Einkommen ihrer Mitglieder zu regeln. 
Dies ist ein großer Irrtum. Wollen wir aus all der 
Kot und dem Elend unserer Tage heraus, besseren 
Zeiten entgegengehen, daun ist es Pflicht eines jeden 
Peitgliedes der christlichen Gewerkschaften, sich auch 
»en großen ideellen Zielen zu widmen, die sich die⸗ 
elbe gesetzt hat. Und gerade wir Jungen in den 
Jugendabteilungen müssen die Erreichung dieser ideel⸗ 
en Ziele als unsere vornehmste Aufgabe betrachten. 
Wenn wir es nicht fertigbringen, daß dieselben wie— 
der Geltung bekommen in unserm Volke, werden wir 
nie zu einer Gesundung kommen. Beschauen wir uns 
die Lage, in der wir uns augenblicklich befinden, und 
die Betrachtung derselben muß das heiße Bestreben; 
wach werden lassen, zu unserm Teil mitzuhelfen, daß 
es anders wird: Deulschland liegt zerschlagen und ohn— 
mächtig an Boden. Im Innern des Landes sehen 
wir Bruderhaß und Bruderkämpfe. Schieber, Wuche 
rer und Kriegsgewinnler zehren an den letzten Kräf—. 
sen unseres armen Volkes. Und ein großer Teil des 
selben, das alle Seligkeit von der Sozialdemokratie 
erwartete, das die Erfüllung des Erfurter Program- 
mes sehnend erhofft hatte, ist erbittert und enttäuscht 
hinübergegangen in das Lager der Sparigkiften, Bol 
chewisten und wie die Vertreter dieser radikalen Par— 
eien alle heißen mögen. Dieses unser unglückliches 
bolk und Vaterland wieder herauszuführen aus dem 
Jammertal der Tränen zu den reinen und lichten 
söhen des Glückes und des Friedens sind wir, ist die 
christliche Gewerkschaftsbewegung in allererster Linie 
mitberufen. Das ist die große ideelle Aufgabe der 
hristlichen Arbeiterschaft, von der sie inimer mehr 
durchdrungen werden und für die vor allen Dingen 
auch das letzte Mitglied begeistert werden muß. 
.Aunf dem Boden des christlichen Solidarismus und 
emeinschaftsgedankens stehend, ist sie in der Lage, 
unser Volk von Klassenkampf und Klafssenhaß weg 
besseren Zeiten entgegenzuführen. Wir trägen die 
LBerantwortung, dafür zu sorgen, daß immer größere 
Massen der christlichen Gewerkschaftsbewegung zuge⸗ 
führt werden, auf daß dieselbe umso besser ihr gefteck- 
es Ziel erreichen kann. Notwendig dazu ist aller⸗ 
ings, daß wir selbst vor allen Dingen christlich han⸗ 
deln und leben. Das ist gerade das große Unglück 
inserer Tage, daß es so viele Menschen gidt, die sich 
christlich nennen, deren Handeln und Wirken abet 
nichts mit dem Christentum gemein haben. In unse— 
ren Jugendabteilingen wollen wir dafür eintreten, 
daß Männer, groß werden, die charakterfest und mutig 
all überall im öffentlichen Leben für unsere Sache 
hren Mann stellen, die vor allen Dingen mit echtem 
Kämpfergeist erfüllt sind. Es ist manchmal tiefbe— 
dauerlich, wenn, man in unseren Reihen sehen muß, 
daß es Leute gibt, die bei einem Wort irgend eines 
großmäuligen Radikalinskys zusammenklappen und 
sast mit Bedauern zugeben, daß sie christlich organi— 
siert sind. Wir haben es nicht notwendig, uns vor 
diesen Schreiern zu verkriechen. In erfolgreicher Ver— 
tretung unserer Arbeiterinteressen haben wir uns noch 
don keiner andern Bewegung übertrumpfen lassen. 
Wir haben unsere Jugendbewegung ferner gegrün— 
det, um vor allen Dingen auch dahin zu arbeiten, daß 
der alte Bergnannsstand, der früher hoch geachtet war, 
wieder zu Ehren kommt. Unsere alten Väter haben 
ahrzehntelang für die materiellen Rechte des Berg 
nannsstandes gekämpft. Uns obliegt es, die Gleich 
bewertung und Gleichachtung dazu zu erringen; denn 
es gibt hente immer noch Leute, die den Bergmann 
als Menschen 2. Klasse betrachten. Denen rufen wir 
zu, wir dulden das nicht länser. Wir wollen einge— 
reiht werden in die große Volksgemeinschaft und in— 
ierhalb derselben mitarbeiten zum Wohl für Volk und 
Baterland. Durch Schulung und Bildungmüssen wir 
Jungen dazu beitragen, daß ein jeder NAußenstehende 
uns diese Rechte von selbst zuerkennt. 
Eijne weitere Aufgabe der Jugendbewegung der 
hriftlichen Gewerkschaften ist ferner die Pflege 
des Volksgemeinschaftsgedankens. Im 
Begensatz zu der auf dem Boden des Klassenkampfes 
tehenden freien Gewerkschaften steht die christliche Ge— 
werkschaftsbewegung auf dem Boden des Solidaris- 
nus und Gemeinschaftsgedankens. Wir wissen, daß 
nicht in Klassenhaß und Klassenkampf die Erlösung 
egt, sondern einzig und allein auf dem Boden, auf 
dem wir stehen. Ebenso wie im einer Familie nicht der 
Vater despotisch allein alle Rechte für sich in Anspruch 
nehmen darf, ebenso geht es in der großen Volks— 
familie. Nur wenn die einzelnen Klassen und Stande 
mieres Volkes sich in wahrer christlicher Lebe wieder 
tinden, wird es besser werden. 
Als schönes Ziel unserer Ingendbewegung nenne ich 
dann noch die Verftiefürnngg und Anerken 
rung des Autoritätsgedankens. Waoas 
wir da manchmal von der heutigen Iugend hören kön— 
nen, überschreitet alles Maß. Keine Antorität wird 
dnerkannt, man dünkt sich vollkommen und ohne Fehl, 
kein Aelterer darf etwas sagen. Und wenn wir manch⸗ 
mal alte Kameraden über die Rohheit und Entartung 
der heutigen Ingend sprechen hören, so muß man 
bugn leider Gottes in vielen Fällen Recht geben. 
Wir wollen dazu beitragen, daß in unseren Reihen 
umnge Menschen Froß werden, die Achtung und 
—— 
elben mit Liebe und Verehrung hercuifschanen und 
zut denen das Alter auch wieder mit Achtung berab. 
chauen fann 
„Der Saar-Bergknappe« 
Zur Pflege des Autoritätsgedankens gehört auch 
ie Beobachtung des 4. Gebotes. Was gerade auf die 
em Gebiete gesündigt wird, ist einfach unglaublich 
zchon viele Eltern nut weißem Haar und tiefen Run— 
jeln, die die Sorge für ihre Söhne gegröben, sind 
ut uns gekommen und haben sich beschwert über ihre 
dinder, die mit 17 und 18 VRabren Kostaeld zahlen 
vollen. 
Ein Mitglied der Jugendabteilung des Gewerkver— 
ins muß vor allen Dingen auch ein guter Sohn sein. 
Wir wollen immer daran denken, was die Ellern für 
uns getan haben und daß ein christlicher Jung⸗-Ge— 
eeste gerade in dieser Sache vornehm handeln 
nuß. 
Doch nicht nur für geistige und ideelle Güter haben 
vir in der Jugendabteilung zu kämpfen sondern ganz 
esonders auch für unsere materiellen Interessen. Das 
st heute notwendiger als je, zumal im Saarbergban. 
Dies sind in großen Zügen die Anufgaben unserer 
zugendabteilung. Sie sind so herrlich und schön, daß 
ich ein jeder junger Kamerad dafür begeistern. vor 
Alen Dingen aber auch zur Mitarbeit bestimmen las— 
en muß. An alle Außenstehenden aber, besonders an 
insere alten Kameraden, richten wir die dringende 
Bitte, helft und unterstützt uns. „Wer die Jugend 
hat, hat die Zukunft“, hört man zwar an allen Ecken 
und Enden rufen; wenn es sich aber darum handelt, 
diese Zukunft sicher zu stellen, indem man die Jugend 
anterstützt, so finden wir sehr oft, daß diese Rufer 
zicht da sind, wenn die Jugend um Filfe bittet im 
dampf für ihre Ziele. Das muß besser werden. Wol— 
en wir aus diesem Durcheinander und Chaos heraus, 
dann ist es notwendig, daß immer größere Massen 
der schaffendenJugend, die nun einmal die erdrückende 
Mehrzahl der Jugend überhaupt darstellt, den In— 
gendabteilungen der christlichen Gewerkschafi zugeführt 
verden, daß aber vor allen Dingen die Aukenstehen— 
Zur Beherzigung 
Man kann viel, wenn man 
lich nur recht viel zutraut. 
W. v. Humbold. 
Beispiele tun oft mehr 
als viele Wort und Lehr. 
en, besonders aber die alten Kameraden mehr Inte— 
esse dieser Jugendbewegung entgegenbringen. Niur 
venn wir Hand in Hand, energisch und opferbereif 
irbeiten, werden wir erlangen, was wir alle sehnlichst 
rwünschen: in einem glücklichen Deutschland einen 
lücklichen Bergmannsstand. 
Die Saargruben im ersten 
Viertelsahr 1022 
Uebersicht über die Förderung. 
Die „Sgar⸗Wirtschaftszeitung“ bringt die amtliche 
Ztatistik über die Monalsförderungen der Saargru— 
en. Soweit wie möglich brachten wir früher diese 
zörderergebnisse auch m onatlich zur Kenntnis imn— 
erer Mitglieder. Für diese ist es ja von großem 
interesse, betreffend Förderergebnis auf dem Laufen. 
den zu bleiben. Nun muß aber so viel wichtigen Fra— 
zen in unserm Organ Raum gewährt werden, daß 
ich die monatliche Bekanntgabe nicht mehr durchfüh— 
ren läßt. Wir wollen daher zukünftig die Ergebniffe 
eines Vierteljahres bekannt geben und beginnen erst. 
nalig damit in vorliegender Nummer. 
Die reine Kohlenförderung (ausgelesen und ge— 
paschen) betrug: 
Monat 
Staatli⸗ 
Bruk⸗⸗ 
R 
2 
—XX 
1022 
tanuar.....242 850 21 860 864 210 
—X 20 108 —X 
—— — — 
im I. Vierietijadr In gc 3826 26 
Die Förderung vwöerteise v 
Monat 
Arbeitssstaor 
—— 
Durchschnitt⸗ 
iae Taaet·. e 
leiftung Igg as 
192⸗ 
Januar 
februar 
Närz 282.* 
Aus dieser Aufstelsung gent hervor, daß die För 
rung nicht unbeträchtlich gestiegen ist. Auch die 
iftung vro Uopf des unter un über Toae beigf. 
Samstag, den 10. Juni 1022. 
—ejetß — — 
igten Arbriters. Wir betonen hier nochmals, daß die 
dier übliche Leistungsberechnung keinen dnenß bil⸗ 
det Für die Leistung der in der e gentlichen 
e ohle ngewinnung beschäftigten Bergleute, Es 
aun guhig behauptet werden, dab die Leistung der 
»or Kohle beschäftigten Bergarbeiter die Friéedens- 
eistung erreicht, wenn nicht gar übersteigt. Umso be— 
auerlicher ist es aber, daß in demjelben Zeitraum, wo 
iese an sich erfreuliche Steigerung der Leistung in die 
ẽrscheinung tritt, der Lohm nicht unweéesent 
üch gesunken ist, wie wir weiter nnien nachwei⸗ 
en können. Daß'darüber mit Recht die 
Bberglente erbittert sind, versteht sich 
am Rande. Es ist einfach unbegreiflich 
wie man so, die Berglente behandeln 
kann. Und hinzu,kommt noch daß die 
Bergleute jeßt wie noch nie mit klein— 
Aqen Schikanen richtig geanält wer— 
den. 
Der Gesamtabsats betrug im Januar 9833 499, 
im Februar 942 889, im März 9867681, insgesamt 
843 489 Tonnen. Mithin überftieg der Gesamtabsatz 
ie Förderung um 48179 Tonnen, die den Haldem 
eständen entnommen wurden. VDiese beliefen sich 
mit Koks)) Ende 1821 auf 688 272 Tonnen gegen 
337337 (mit Koks) Tonnen Ende März 1922. 
Inswischen haben sich, wie die eingeleglen Feier⸗ 
hichten beweisen, die Absatzverhälinisse wieder ver⸗ 
chlechtert. Man plante ja schon allen Ernstes eine 
Entlassung von Berglenten, die aber im 
etzten Augenblick durch das erfolgreiche Eingreifen 
ser Bergarbeiterorganisationen verhindert werden 
onnte. Die Bergarbeiterorganisationen bemühlen 
ich in Deutschland um Absatz, den sie auch erlangten, 
ind setzen diese Bemühungen weiterhin fort. Schwie— 
igkeiten bereiten allerdings die Saarkohlnpreise, die 
ie deutschen Kohlenpreise übersteigen. Hier muß die 
Zaargrubenverwaltung den Absatz durch Ermäßigung 
er Preise erleichtern. Allerdings sucht ihr da die 
ranzösische Presse Schvierigkeiten zu bereiten, die 
aber vergißt, daß Frankreich nicht ausreichende Ab— 
satzgebiete stellt, was möglich wäre, wenn Frank— 
reich entsprechend auf dentsche Repa⸗ 
ationskohle verzichten wollte. Wie die 
aargrubenverwaltung eine Ermäbigung der Preise 
ohne Kürzung der Löhne, die keine weitere 
Kürzung mehr vertragen, erreichen kann, 
ilst in mehreren Artikeln in den letzten Nummern 
unseres Organs und in den Entschließengen der 
außerordentlichen Revierkonferenz vom 21. Mai des 
Näheren dargeleat. 
Uebersicht über die Belegschaft. ⸗ 
‚Die Belegschaftsstärke stellte sich in den einzelnen 
Nonaten wie fole!; 
Monat 
Arbeiter 
unter 7*4 
Urs 
ũb⸗ 
— 
gde Vrgoe s 
angegl. un ugesam 
Betriebe —E aes 
—ööä——2——— 
1822 
Januar. 83714 16244 2242 29661 76 166 
februar. 58 834 16 110 2212 — 29761 73 129 
Närz . 538321 15993 1 2232 2884 75039 
Am Ende des Jahres 1921 betrug die Belegschafts⸗ 
türke 70 350 Mann; mithin ist eine Verminderung 
erselben um 311 zu verzeichnen. — Weder aus dieser 
Ztatistik, die die Grubenverwaltung herausgibt, noch 
ius der, die das Saar⸗Oberbergamt herausgibt, ist 
rsichtlich welcher Belegschaftsteil auf die eigentliche 
dohlengewinnung entfällt und wie hoch die Zahl de 
ugendlichen Arbeiter und der weiblichen Kräfte * 
eläuft. Wie schon einmal, richten wir auch diesmaf 
as Ersuchen an die beteiligten Stellen, ihre Statistik 
n dieser Beziehung der amtlichen Preußischen an— 
Assen 3u wolssen 
Uebersicht über die Lohngestaltung. 
Nach der Statistik des SaarOberbergamts 
ür das erste Vierteljahr 1922 betrug die Gesamtzahl 
»er verfahrenen Schichten 4784 169, woran 
95832 Arbeiter (oh ne die Arbeiter der Grube Fran— 
kenholz) beteiligt waren. Im letzten Vierteljahr 1921 
betrug die Gesamtzahl der Schichten 4441699 
die Anzahl der daran beteiligten Arbeiter (ohne Grube 
Frankenholz 70052. Die Zahl der Schichten hat sich 
gegenüber dem Vorquartal um d342 470 vermehrt, ein 
zeichen, wie stark der Schichtenausfall durch die im 
etten Vierteljahr 1921 eingelegten Feierschichten be—⸗ 
einflußzt war. 
Die verfahrenen Schichten verteilen sich auf Kohlen⸗ 
gewinnung unter Tage 3 464 025, Kohlengewinnung 
uͤber Tage 1135 784, Kokerei, Hafenamt, Faktorei 
usw. 143320, Vorrichtungen unter Tage 11915, solche 
und Nebenarbeiten über Tage 29055. Hier scheint 
nan alle Arbeiter unter und über Tane, mit Aus⸗ 
iahue der in Vorrichtungen und auf Anlagen be— 
schäftigten, zu den in der eigentlichen Kohlengewin— 
nung Beschästigten zu zählen. Wir verstehen darunm— 
er aber nur die Berglente, die die Kohlen graben und 
dis zur ersten Anschlansbühne befördern. Nur die hier 
zeschäftigten dürften der Errechnung des Leistungs⸗ 
rgebnisses zu Grunde gelegt werden, weil sonst der 
Außenstehende dauernd ein falsches Bild erhält. 
Der Dur c chneittslo hu jtellte sich nach der 
Ztatistik des Saar Oberbergamts (die wir allerdings 
ridn unchprüfen können) wie solat:
	        
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