Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

AUAummer 22 
Zaarhrilcken, den 8. Juni 1023 
Jdahrgang 3 
h— 9 29 — J — 9 
—— — —A —3 J 
HOrgan des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlandos für das Saargebiet 
ec ————— T Geschaftestelle des Saar Derginappen Saa 
e * e 2,00 Ve. 5— FJur wirtschaftliche u geiftige 8 ebuns St. Johannerstraße 40. 
Bolenlohn, für Postabonnenten 600 Wek. vierletsahrlich. des Bergarbeiterstandes gernsprech⸗ Anschluß: Amt Saarbrücken, Nummec 18010. 
̊— — 
Unser erster Jung⸗-Knappentag für das Saargebiet 
Nun liegt er hinter uns, der Tag, den unsere Jung⸗ 
nappen seit langem ersehnt hatten: der erste Jung⸗ 
fnappentag für das Saargebiet. Frohbewegt können 
vir sagen. daß der gewägte Wurf über Erwarten 
Jut geglückt ist. Unser Jugendtag war ein Glanzkoag, 
owohl seiner Aufinachung wie dem Geiste nach, der 
hn beherrschte. Die Natur hatte an diesem Toge ihr 
jerrlichstes Gerwand angelegt. Goldener Sonnenschein 
ag auf den taufrischen Maienfluren, die nun, wo der 
zähe diesjährige Winter endgültig überwunden, in 
aftigstem Grüne prangten. Kein Wunder, daß bei 
dieser Festtagsstimmung in der Natur auch wahre 
Fefttagsstimmung bei den jungen und älleren Knap— 
pen herrschte, die aus nah und fern mit ihren Mülttern 
und Frauen zum Ingendtage eilten. Und wahre Fest— 
agsstimmung durchzog den ganzen Jugendtiag. der 
ansendon von Teilnehmern so bald nicht vergessen 
nirnh. 
Aufgabe unseres Jugendtages am 214. Ma war, 
ie Bedentung der christlich⸗gewerkschaftlichen Jugend⸗ 
»ewegung hervorzuheben. Zweierlei Gründe sprachen 
dafür: die Verkennung der christlich gewerkschaftlichen 
Jugendbewegung in HKRichtarbeiterkreisen und die zu 
geringe Bewerkung in Kreisen der älteren Gewerk— 
chaftier und Arbeitereltern. Es ist daher erfreulich, 
zaß dem Jugendtage auch Angehörige anderer Stände 
und ganz besonders viele Hunderte ältere Verlrauens- 
eute mit ihren Frauen anwohnten. Diese bekanien 
aun ein Bild von dem wahren Geisie, der in unserer 
Jugendbewegung lebendig ist und werden sicher zur 
Ausbreitung unserer Jugendbewegung zukünftig ihr 
Bestes kun 
Als Festlokal diente der städtische Saalbau in 
Saarbrücken Der Riesensaal war bis auf das letzte 
Stehplätzchen besetzt. Tansende Jungknappen und äl⸗ 
ere Kameraden, ein getreuliches Abbild der Zusam⸗ 
menseßung unseres Gewerkverein, bekundeten samt 
hren BWütltern und Frauen ihre Treue zum Gewerk- 
berein und Interesse zu dessen Jugendsache. In der 
zeutigen Zeit, wo ödeste Vergnügerei ungezählte Scha— 
en von der Beschäftigung mit Zeit- undLebensfragen 
iblenkt, ist solche Feststellumg doppelt wertvoll und be— 
zeutungsvoll. Der Gewerkverein kann sich freuen. daß 
eine Mitglieder in der leichtlebigen Periode den 
Blick und das Verständnis für ernste Zeit und Le—⸗ 
bensfragen nicht verloren haben. Möge es immerdar 
o bleiben! Das ist der heißeste Wunsch. den wir. 
vo nun der herrliche Jugendtag hinter uns liegt, noch 
zu äußern haben 
Eine besondere Bedeutung erlangte der Jugendtag 
aoch dadurch. daß er gleichzeitig als Kessingtag 
galt. Wer kennt nicht unseren schlichten Rudvig Kes- 
sing, wenn auch nicht der Person, so doch seinem 
Beiste und Denken nach, die sich uns seit vielen Jah⸗ 
ren in seinen herrlichen Gedichten und Liedern offen⸗ 
haren! Ist es uns nicht immer ein besonderer Ge⸗ 
nuß. in den Tagen des Hastens und Jagens nach 
iußeren Dingen. die Koft in den Gedichten Ludwig 
Kessings zu finden, die unsere Seele mit neuem 
Idealismus erfüllt, sie hinaus hebt ibber das mate⸗ 
jalistische Gehaben des Alltags! Freuen wir uns 
aicht, daß er es versteht, in schlichten Reimen den er⸗ 
habenen Sinn der christlichen Gewerkschaftssache in 
ins zu vertiefen! Schöpfen wir nicht neue Kraft aus 
einen aufmunternden Worten, für unsern Gewerk—⸗ 
derein, auch dann zu wirken, wenn der Unverstand 
eigener Arbeitskameraden uns die Lust und Freude 
zum Wirken zu verekeln droht! Sind wir nicht stolz 
darauf, daß er die Bedeutung des Bergmanns stan⸗ 
des so treffend zu besingen weiß und in uns die 
Freude am schweren Berufsleben weckt und fördert, 
wodurch manches seinen Stachel verliertl Empfinden 
wir Jungknappen nicht fast in jeder Nummer 
anserer „Ftnappen-Jugend“ sein junges Herz. das uns 
zu begeistern versteht für die hohen * unserer 
Jugenosache! NRedet er nicht, obschan durch das schvere 
Siährige Berufsseben als Bergmann unter Tage 
ütngsteüs ergraut. recht meisterhaft die Söurache der 
Jugend! — Er, war nun persönlich gekommen 
nit seiner Tochter, um den Jungknappen der Saar 
eine Liebe und, Trenue zur Jugendsache zu bekunden 
im sie durch seinen und seiner Tochter Mund zu be⸗ 
eistern, auch weiterhin treue Schildknappen der christ- 
ichen Gewerkschaftssache an der Saar au bleiben. 
Fürwahr! Die Hallen des Saalbaues haben wohl 
elten solche Stürme der Begeisterung durchbrausft, wie 
in unserem Jugendtaa, als Fräulein Kessing 
nit geschulter und überaus wohllautender Stinime 
die Lieder und Gedichte ihres Vaters wie Perlen an⸗ 
inanderreihte und lebendig auf unsere Seele wirken 
ieß. Wie strahlten da die Augen der Jungen und 
Ilten! Ganz besonders aber, als die Worte des Gedich— 
es „Saar und Ruhr“ durch den Saal wuchteten: 
Strecke euch grüßend die Hände entgegen. 
Spotbend der Zeiben in Ketbe und Joch. 
Mag sich die Willkür zu trennen uns regen, 
Nutzlos ist all ihr Bemühen ja dochl 
Fester verkittet das Schicksal uns nur: 
Treu stehn zusamnen Me Saar und die Rubr 
Auch als Kessing einige seiner Gedichte vor⸗ 
rug, klang der Jubel der Freude durch den Saal 
Nan empfand: hier steht ein schlichter ergrauter Berg 
nann, der unsere Nöten kennt, sie tagtäglich erlebt, ein 
Nann, der unsere Sprache redet und den von vielen 
erachteten und doch so bedeutungsvollen Bergmanns⸗ 
eruf mit heiliger Poesie umwebt. Und wir alle ge— 
oblen still bei uns, seine Mahnworte“ getreulich zu 
nen. die er uns aus dem Innersten seiner Seele 
urief; 
Treu den hohen Idealen. 
dallte allzeit deine Wache! 
deil'ger Zorn für rechte Sache 
Muß aus deinen Blichen strahlen, 
denn nur der sich selbst begeisterl. 
Ist ey. der das Schichial meistert. 
Nun, wo die Feler hinter uns liegt, wollen wir alle 
ochmals ihre Bedentung, auf uns wirken lassen und 
mns dann zur lebendigen Tat aufraffen, wo⸗ 
u gerade iebt so reiche Gelegenheit geboten ist. Dann 
rweisen wir Kessing, wie er sa selbst in seinen ernsten 
—V—— 
er hervorhebt, wirklichen Dank. Und auch feine 
Lochter wird sich frenen, wenn unsere Jungmannen 
en Anregungen ihres Vaters folgend für destigung 
adestüns der Jugendbeweqgung unermüdli 
virken. 
War schon durch die Anwesenheit des Dichters Ke⸗ 
ing unsere Jageptgaung ou dem gewöhnlichen 
stahmen gewerkschaftlicher Veranstaltungen heraus⸗ 
gehoben, dann auch noch durch die Mitwirkung des 
heisters im Orgelspiel, Herrn Lehrer Freiberger 
ind des unter der Leilung des geschätzlen Dirigenten 
derrn Lehrer Petry stehenden katholischen Männer⸗ 
esangvereins Konstantia Malstatt. der über aute 
ztimmen verfügt. 
Die richtige Stimmung wurde vorbereitet durch 
einen unter feierlicher Stille ausgeführten Orgelvor⸗ 
rag des Herrn Freiberger und die packendenStrophen 
»es meisterlich vorgetragenen Chorals Ehre Gottes 
in ber Natur“. Unsere schlichten Knappen kargten 
richt mit dem Beifall, als auch im weiteren Verlaufe 
es Tages sowohl Herr Freiberger wie auch der ka⸗ 
bolische Männergesangverein Konstantia Vorzügliches 
oten. Man —8* es auch all den Mitwirkenden an, 
daß sie bei dieser Feier mit ganzer Seele dabei waren 
ind darum ihr Bestes geben konnten. Wir Jung- 
nannen danken allen Mitwirkenden nochmals an die⸗ 
er Stelle, zumal diese Darbietungen noch lange die 
Zwere des bergmännischen Berufslebens etwas ver⸗ 
jessen lassen, und solch bereitwilliges Mitarbeiten an 
er Verschönerung von Bergnannsjugendtagen dem 
osoene ee in hervorragender Weise 
ient. Die Mitwirkenden selbst werden sich auch er⸗ 
aut haben an dem Geiste, der in der christlichen 
?nabppeniugendbewegung lebendiga ist. So dienen 
nnn solche Taqe wahrem Verstehen der einzelnen 
3fndo 
Der Jugendtag war auch ein Besinnungstag 
uf unsere wahren Aufgaben. Der Leiter der wohlge⸗ 
ungenen Veranstaltung, Jugendsekretär Schmitt., 
sob dies in seiner Begrüßungsansprache hervor und 
varen auch die Ausführungen der Festredner auf die⸗ 
es Ziel eingestellt. Die Kerngedanken der Ausfiüh⸗- 
ungen gipfelten in dem Bekenninis, daß unsere Ju⸗ 
endbewegung fest auf dem Boden christ- 
icher Grundsättze stehe, da das Christentum am 
esten geeignet sei, geordnete Zustände im Wirtschafts- 
eben und im Leben der Menschen untereinander zu 
ewährleisten. Notwendig sei, doaß diejenige Gewerk⸗ 
chaftsbewegung, die sich zu solchen Grundsüken be—⸗ 
enne, in ihrem Fortbestande gesichert würde. 
Zolches müßte durch möglichst restlose Erfas— 
ung der Jungarbeiter für die christl. 
vewerkschaftöbewegung geschehen. Die 
ẽrziehung der Jungarbeiter zu christlichen Gewerk 
chaftlern, standesbewußten Arbeitern und pflichtbe- 
vußten Bürgern sei Aufgabe der Jugendbewegung. 
Zo besäße diese eine über die Gewerkschaftsbewegnung 
inausreichende Bedentung. Daher handele jeder 
urzsichtig, der der christlichen Jugendbewegung 
zchwierigkeiten zu bereiten suche. 
Weiter pflege die christliche Jugendbewegung be— 
oußt den Gedanken der Voltsgemeinschaft. 
Nicht der Klassenkampf und Klassenhaß gewährleiste 
das Wohlergehen eines Volkes, sondern nur die Er— 
tenntnis und das allseitige Handeln danach, daß 
ain Volk ein organischer Körper sei, wo die ein⸗ 
zelnen Glieder dem Ganzen und damit sich felbst 
dienten. Dieser Volksgemeinschaftsgeist fände die 
ichtige Nahrung und Förderung durch VPfleage vrak- 
ischen Christentums. 
Sodann stärke die christl. Jugendbewegung den 
Tutoritätsgedanken, den Autoritätsgedan- 
en, der zum Erhalt des Familien- und Volkslebens 
o bitter nonvendig sei. Und dann vor allem den Geist 
der Verständigung, der aus dem Leben des 
Bolkes, der Völker und besonders aus denm Wirt⸗ 
chaftsleben verschwunden sei. Wenn hier bessere Ver⸗ 
älinisse sich anbahnen sollten, dann sei dies nur mög⸗ 
ich auf der Grundlage wahren Verstehens, das aus 
ziebe geboren werden niüßte, so wie sie das Christen- 
um gebiete · 
Väter und Mütter haben in Aubetracht die- 
er hohen Aufgaben der christlichen Jugendbewegung 
ind in Anbelracht der vielen Gefahren, die die her⸗ 
mwochsende Arbeiteriugend umlauern, die heilige El⸗ 
ernpflicht, ihre Söhne dieser Jugendbewegung zuzu⸗ 
ühren. Und die schon erfaßten Jungmannen haben 
ie besondere Pflicht, mit all ihren Kräften auf Stär- 
lung und Ausbau der Angendbewegung bedacht au 
ein. 
Nochtnoals: Un ser Jugendtag war ein großer 
dag. Er wird nicht ohne gute Wirkungen bleiben. 
die Begeisterung, die bei allem zum Durchbruch kam. 
var kein Strohfeuer, sie war echte Ueberzeugung. bie 
hie Bewegung vorwärtstreiben wird. Ein Schwur— 
dies zu tun, war das jubelnde Hoch auf die christliche 
ieddhenbewehimn das diese einzige Taaunga 
oßßz.
	        
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