Aummer 21 Saarbrücken, den 21. Mai 1822
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
Jur wirtschaftliche a. geistige Sebuns —33 —R— —
des Beraarbeiterstandes dernspoech · Anschluß: Ammt Saarbrücen, Nummer 16000.
Jahrgang 8
Erscheint jeden Samstag, für die Mitglieder gratis. —
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Botenlohn, für Postabonnenten 6,00 M. viertelijährlich.
*
Die Religion im Wirtschafts⸗
leben
annt. Einer der größten Dichter des alten heidni⸗
hen Griechenlands bricht einmal in die ergreifende
dlage aus: 3
Schon oft in langen Nächten sann ich schlaflos nach,
Vie doch so unglucklich unser Leben sei.
ind nicht nach unseres Geistes Art; im Gegenteil
Ztets das zu tum, was uns Verderben bringt,
das Gute kennen wir und haben 8 vor
Ind tun es dennoch nicht.“
Die Moral ohne Gott ist theoretisch zweideutig, un⸗
eftimmt, ohne Verpflichtung und ohne Kraft und
rattisch wird sie mehr oder minder in einer rein Nütz⸗
ichteitsmoral oder in der Barbarei enden. Wenn es
Ifo dennoch Ungläubige gibt, die ein sittliches Leben
Außerordentliche Neviergeneralversammlung des
Gewerkvereins für das Saargebiet
ühren, dann tun sie dies nicht wegen sondern trotz
hres Unglaubens und beweisen eben damit, daß die
acht des ihnen angeborenen göttlichen Sittengesetzes
tärker ist als ihr Unglaube.
Da nun die Religion die einzige feste Stütze der
Sistlichteit und der stärkste sittliche Erdieluengsfaltor
st und da andererseits ohne ein starkes sittliches Ver⸗
antwortlichkeitsgefühl der wirtschaftenden Menschen
das Wirtschaftsleben selber zur gegenseitigen Ausbeu⸗
ung und zur Gewoltherrschaft führen muß, so ist da⸗
nit die grohße Bedeutung der Religion für das Wirt⸗
chafisleben für ieden Einsichtigen klar erwiesen.
Dr. J. K.
Die Religion hat mit dem Wirtschaftsleben nichts
zu tun. Für manche ist dieser Satz eine unumstõoßliche
Wahrheit, die nur noch von Dummköpfen geleugnet
werden könnte. Andere sagen, darin liegt ja gerade
eine der Hauptursachen unserer wirtschaftlichen Not.
Wenn die Menschen keine Religion mehr haben, dann
verden sie — wie die Erfahrung nur allzu deutlich
beweist — leicht wie die Bestien, die nur darauf be⸗
acht sind, sich gegenseitig aufzufressen. Aber so wird
nan vielleicht erwidern, das Wuchern und Betrügen
verstehen die Frommen gerade so gut wie die Gott·
losen. Daß es auch Christen gibt, die sich aufs Betrü—⸗
gen gut verstehen und daß es auch Ungläubige gibt, die
ehrlich handeln, wird gewiß niemand leugnen können.
Aber die eien die unehrlich sind, handeln gegen
hre religiöse Ueberzeugung, während der unehrlich
handelnde Ungläubige ja ganz folgerichtig handelt;
denn wenn es keinen Gott gibt, kann es auch keine
zöttlichen Gebote und damit auch kein Gewissen geben.
dier liegt in letzter Linie die Bedeutung der Religion
n Wirtschaftsleben.
Wer glaubt, die Religion habe mit dem Wirtschafts-
leben nichts zu tun, der hat entweder einen falschen
Begriff von Religion oder vom Wirtschaftsleben oder
don beiden. Wer meint, damit schon seine religiöse
Pflicht erfüllt zu haben, daß er mal betet oder auch
Sonntags zur Kirche geht, also sonst die Woche nicht
aach den Forderungen der Religion lebt, für den ist
die Religion nur ein Sonntagsmäntelchen, das er nach
em Kirchgang in den Schrank hängt, damit es ihn
m seinem Handel und Wandel nicht einengt. Eine
solche Religion hat natürlich mit Wirtschaftsleben
nichts zu tun. Und wer im Wirtschaftsleben nur einen
nach des Lebens Notdurft automatisch sich vollziehen⸗
en ökonomischen Prozeß sieht, der für ihn nur die
Zelegenheit bietet, möglichst rasch und bequem reich
u werden ohne Rücksicht auf seine Nebenmenschen, für
zden ist die Religion im Wirtschaftsleben nur ein
demmschuh. Aber gerade das soll die Religion sein.
Sie muß eine Schranke sein gegen die rücksichtslose
Birtschaft. Die christliche Relegion hat zwar kein po—
itives Wirtschaftsprogramm, aber sie setzt dem wirt⸗
chaftlichen Leben durch ihre sittliche Normen bestimmte
Schranken, innerhalb deren das wirtschaftliche Leben
äch vollziehen muß, sonst geht die Wirtschaft selber
nd vor allem die wirtschaftenden Menschen zugrumde
des Aeie klar ae Völker, die
ils so gottlos wurden, verfielen auch dem wirt
chaftlichen Ruin.
Die Beziehung der Religion zum Wirtschaftsleben
ãegt also in ihrem Verhältnis zur Ethik. Diese hat
nun gewiß nicht mit jeder religiösen Lehre etwas zu
tun, aber doch sicher mit dem Glauben an die Existenz
Bottes und dem Bewußtsein der sittlichen Veranswort-
lichkeit Gott gegenüber, oder mit dem gewissenhaften
dandeln im Wirtschaftsleben. Deshalb haben die
Bründer der christlichen Gewerkschaftsbewegung auch
theoretisch in richtiger Erkenntnis gehandelt, als sie
in den Mainzer Leitsätzen den Glaubhen an Golt und
die Verpflichtung des christlichen Sittengesetzes auf—⸗
zahmen. Dadurch, daß man später aus äußeren Grün—
ie detsate Diee wn betonte, wollte man die
che keineswegs leugnen; denn die Verpflichtung des
hristlichen Sittengeseßzes muß für alle en de
auch alle wirtschaftlichen Verbände, gleich welcher Art,
eine Selbstverständlichkeit sein, die man ohne weiteres
nicht noch besonders betonen muß.
Aber gibt es denn keine Moral ohne Gott? Darauf
muß man mit einem glatten Nein antworten. Das
Sittengesetz ist der Wille Gottes, der alle Nenschen
bindet. Alle Moral, die nicht in Gott verankert ist,
st nicht sanktioniert, verpflichtet nicht im Gewissen
Ihr oberstes Prinzip ist die Selbstsucht und die soti
a gerade im Wirtschasts leben bekämpft werden. Eine
Moral ohne Gott bietet den Menschen auch keine Hilfe
fie zu beobachten und kann keine Belastungsprobe ver⸗
ragen. Dabei ist auch noch zu bedenken, daß die Men—
chennatur von Haus aus krankt an dem Hang zum
Bösen. Das sittlich Schlechte übt infolgedessen trotz
einer inneren Hãßlichkeit etnen starken Anreig guf den
Menschen aus Dies haben die alben Heiden schon er⸗
n
Am 14. Mai fand im Ludwiospark Saarbrücken eine
ußerordentliche Generalversammlung für das Saar-
ebier flait. die wirtschaftlich ungůnstigen Zeitver⸗
altnisse und die ständig fortschreilende Geldentwer⸗
ung hatten auch die Organisation in starke Mitleiden⸗
haft gezogen. In dieser Beziehung Abhilfe zu schaf⸗
en, sollte Aufgabe der Generalversammlungsdelegier⸗
en am 14. Mai sein. Und es mußk zugestanden wer⸗
hen, die Generalversammlungsdelegierten hatten ihre
kufgabe und ihre Verantwortung voll erfaßt. Sie
aßlen Beschlüffe, die der Organisation und der Mit⸗-
liedschaft voll Rechnung tragen.
Die Generalversammlung wurde um 10 Uhr durch
en Kollegen Kuhnen eröffnet. Nach herzlicher Be—
rüßung der erschienenen Delegierten und Gäste hielt
reine kurze Ansprache, in welcher er gauf die große
gedeutung und Wichtigkeit der Generalversammlung
inwies. Wir entnehmen seinen Ausführungen ge—
rängt folgendes:
Zeule üegt ein wichtiger Anlaß vor, um diese Sonder⸗
eneralversammlung fürs Saargebiet abzuhalten. Die
heneralbersammlung ist notwendig wegen der Beitrags
eform. — In der Beitragsfrage haben wir bis jetzt
eider immer nur Stückwerk geschaffen. In der heutigen
zeneralbersammlung wollen wir jedoch gange Arbeit lei⸗
sen, damit wir uns in Zukunft nicht mehr mit der Bei⸗
vagsfrage zu beschäftigen brauchen. Bekanntlich wurden
ie Beiträge in der Generalbersammlung in Betzdorf schon
vesentlich erhöht, d. h den besiehenden Teuerungsverhält⸗
issen beiv. der Geldentwetung und den Löhnen angepaßt.
durch eine Reihe besonderer Umstände ist das, was in
zetzdorf beschlofsen wurde, im Saarrevier nicht ausgeführt
borden. Es steht nun zweifelsohne fest, daß wir im Ge⸗
berkverein an der Saar augenblicklich lange nicht die Be i⸗
rãge zahlen, wie das entsprechend der Löhne überall sonst
iblich ist. Die letzte außerordentliche Generalversamm⸗
ung konnte wegen verschiedener, ihnen bekannter Verhält⸗
risse in der Beitragsfrage nicht so beschließßen, wie dies
m Intkeresse der Organisation und der Mitglieder not⸗
vendag gewesen wäre. Heute, nachdem der alte Verband
einen Geschäftsbericht herausgegeben hat, sind die Wer⸗
ältnisse gwingend geworden es muß gange Arbeit geleistet
erden. Andere Verbande haben durch zeitgemähße Bei—
rãge ihre Kassen gewaltig gestärkt. Wir müssen als selbst⸗
ãndige, stark sein wollende Organisction dasselbe tun.
Die heutige Sochlage bedeutet — da wir noch nicht mal
ie Halfte der Beitraͤge wie der Verband erheben — für
»en Gewerlverein eine Gefahr. Faltz wir die Beiträge
ucht erhöhen, bleiben wir auf die Dauer nicht lampffähig.
5ẽ8 geht nicht an, daß wir noch nicht einmal die Hälfte der
beiträge erheben, wie andere Verbände. Darum wollen
vir heute den Beschluß der Generalversamm—
ungein Betzdorf durchführen. 6s entsteht hier
zei ns aber die Frage, wie entschließen wir uns? Sollten
vir geitgemãhe Borie oder Frankbeiträge nehmen? Ent-
hließen wir uns für Mark, so müssen nach dem heutigen
Zerdienst laut Statut 83 Nartk an Wochenbeitrag er⸗
oben werden. ohne Lokalzuschlag. Dies vbringt uvns aber
mederum erneut gewaltige Schwierigkeiten. Die schwan⸗
ende Valuta läßt eine feste Regelung in Mark bei Frant⸗
ʒhnen, die wir nicht gelordert haben scuecht zu. Suibl
ierbei zu große Unterschiede in der Beitragserhebung. do
ciele Vertrauensleute — um keine Mitglieder zu verlieren
gern geneigt sind, den rieddigsten Beitrag zu erbeben
luch entstehen im Revier bezüglich der Unterstutzungen ex⸗
ebliche Schwierigkeiten. Ich verwetse nur auf die Unter⸗
chiede in der Ausgahlung von Krankengeld, Sterbe—
ze Id usw. bei uns und dem alten Verband. Darum müs⸗
en wir uns mit unsevren Beiträgen so einstellen, wie e
as Interesse unserer Mitglieder erfordert. Es ijt Wunsch
eler Vertrauensmänner und Mitglieder, daß wir unsere
Satzungen bezüglich der Beitragsfrage so regeln, daß sie
nit den Satzungen des Verbandes übereinstimmen. Bei
inserem Beschluß. den wir jetzt zu fassen haben, sind 2
zesichtspunkte zu berücksichtigen:
1. die Verhältknisse im Saargebiet, Lokalkalse;
Satzungen des Gewerkvereins und Unterstützungd⸗
wesen.
Eine gerechte Würdigung dieser Gesichtspunkte dürfte
mich eine gute Regelung der Beitragsfrage ermöglichen.
Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, sind durch vor⸗
zereitende Konfevengen und Versammlungen. durch rührige,
rufklärende Arbeit der Vertrauensmãnner und Zahlstel⸗
lenvorftände zum größten Teil aus dem Wege geräumt.
Daie Mitglieder geigen allseitig größtes Verständnis. Es
wäre nun wohl das Richdtigste, wenn wir sagten, der Stun⸗
enlohn ist der gerechteste Wochenbeitrag für die Organifa⸗
ion uͤnd dementsprechend handelben.
Die schwierigen Verhältnisse dürfen uns nicht ent⸗
autigen. Im Gegenteil! Gerade dadurch wird dem Ein⸗
ichtigen klar, wie notwendig die Organisation ist, daß
ie stark erhalten werden muß durch Zahlung zeitgemäßer
geiträge. Es gibt ja leider auch bei uns Pessimisten, welche
mmer schwarz jehen und auch bei der heute zu be⸗
chließenden Reform glauben, dem Gewerkverein entstän⸗
en Schwierigkeiten. Dies ist jedenfalls nach den gewerk⸗
chaftlich⸗· geschichtlichen Erfahrungen nicht der Fall. Die
Icbeiterschaft hatte von jeher noch das größte Verkranen
zu den Oxrganisationen, welche entsprechend den Löhnen
zeiträge erheben. Der befte Beweis liegt doch in dem
tändigen Mitgliederzuwachs. Der echte Gewerkschaftler
Aird die Beitragsreform begrühen. Kommen aber Mode⸗
ewerkschaftler und Schwargleher und treiben Mießmache⸗
cei, dann weise man sie auf die erforgreiche Arbeit
zes Gewerkvereins in der Vergangenheit
in. Der ehrlich denkende Mann läßt sich leicht überzeugen.
In der nächsten Zeit ist der Gewerkverein noch notwendiger
die in der Vergangenheit. Die Mitglieder des Gewerk⸗
ereins wissen in dieser Begiehung Bescheid.
Ich erinnere da noch besonders an die Vorgänge der letz⸗
en Wochen betr. Absatzichwierigkeiten im Saarbergbau.
Infolge gewaltigen Absatzmangels sollte einer großen An—
ahl Kameraden gekündigt werden. Der Kündigungs⸗
ermin ist bereits vertagt worden. Wodurch? Doch nur
urch die Organisation. Die geplanten Kündigungen be—
euben eine Banlkerotterklärung des Handelsbüros der Berg⸗
dertedireklion und eine glängende Rechtfertigung
der bisherigen Haltungdes Gewerkvereins.
deute müssen wir helfen, für die Saarkohle Absatzgebiete
u gewinnen, im Interesse unserer Mitglieder Nur durch
inreichende Absatßgelegenheit wird den Bergleuten Brot
uind KSebensmöglichkeit gegeben. Nach einer Reihe von
berhandiungen, die sowohl auf der Bergwerksdirektion, als
cuf dem Oberbergamt. wie auch bei der Regierungslom⸗
mission geführt wurden, hielt man an der Kündigung fest.
Erst im letzten Augenblick versprach man, die Leute zu hal⸗
zen. fallz die Orfganisatbionen für Absau