UAummer 17
Saarbrücken, den 20. April 198
Sahrgang
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Organ des Gewortyeins christl. Vergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet
srscheint jeden Samstag, für die Mitglieder gratis. — ⸗ äftsste ESaaurbreu
88 * ee 2.00 8 — hne Fur wirtschaftliche u. geistige —VR —— I —
elenlotn, sar Poftabonnenten 600 M. viertelährlich. des Bergarbeiterstandes dFernsprech⸗Anschluß: Anct Saarbrücken, Nummer 1680.
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emerbenswert war der Festzug unserer Jungknappen.
Die Neuoroͤnung des deutschen ———— —
vir von einer Jugendbewegung im Gewerkverein
Arbeitsrechtes reden. Die alten Gründer und Führer waren über den
AIufmarsch der Jugend hocherfreut. Sie erkannten, datß the
Verk, das sie geschaffen hatben, durch die Jugend weiter
repflegt und damit der Bergmannssband zu einer achtbaren
vöhe emporsteigen werde
Der Bergmannsstand hat eine ruhmreiche Vergangenheil
zor Ichrhunderten vwahm er einen Ehrenplatz in der
menschlichen Gesellschaft ein. Alte Sagen, Lieder und Ge⸗
ichte, die bis auf den heutigen Tag erhalten blieben, legen
avon Zeugnis ab. Der Bergknappe in früherer Zeit genoß
esondere Vorrechte in Siaot und Gemeinde. Er hatte
chtes Standesbewußzisein. Liebe zum Beruf, Familiensinn.
debe zur Kunst und Nabur. Der alte Knappenstand war
ief veligiös und verehrbe ohne Unterschied der Konfession
ʒt. Barbara als Schutzpatronin der Bergleute. Das ge⸗
neinschaftliche Gebet vor der Schicht, das auch heute noch
im Sauerland gepflegt wird, erinnert uns recht eindring⸗
lich an den tiesen religiösen Sinn der Bergleute.
Der Berufsstolz und das echte Standesbes
vpußtise in war auch äußerlich erlennbar. In schmucked
ꝛnappenuwiformm bewegte sich der Bergmann nach der
dagedarbeit im Kreise der üͤbvigen Volksgenossen. Schon
rüuhgeitig vereinigten sich die Bergleute zu Genossenschaften
ind spãler gu Knappenvereinen, um ibre besandere Sban⸗
estultur zu pflegen.
Der veine Knappenberuf, wie er in früheren Jahhr⸗
underten zur Geltung kam, ist auf immer verschwunden.
ẽr hat infolge der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands
em industriellen Knappenberuf Platz machen
müssen. Die Entwicklung der Bergbauindustrie vom Klein⸗
zetrieb zum Großbetrieb hatte tiefeingreifende Verãnde⸗
ungen im Bergmannsberufe zur Folge Die technische
uswertunsdg der Berchauprodukte trug dazu bei, daß
ie Arbeiterzahl über Tage die Arbeiterzahl unter Tage
lellenweise ůberflügelte. Diese gewaltige techniiche Unuge⸗
baltung des Berabaues brachte es mit sich, daß neben den
igertlichen Knappen unter Tage der Zechenhandwerker.
MNoschenist und Tagesarbeiter mehr als bisher zur Geltung
am. Dieser Entwicklung hat sich der Gewerkverein von
ornherein angepaßt und sich als Industrieverban d
ür den Bergbau betäbigt. Er ist somit die moderuste ge⸗
verkschaftliche Organisation der Bergleute unter und über
dage und umsaßlt alle Berufskategoven des Bergbaues.
die alte bergnännische Standeakultur kann in der friiheren
dorm nicht mehr errungen werden, dafür sind die Zeit-
ind Berufsberhältnisse zu sehr andere geworden. Was aber
nöglich ift, das ist die Verbindung des Alten mit dem
Neuen, um so den veränderden Verhältnissen entsprechend
ine meue bergmännische Standeskultur zu
chaffen. Der Träger dieses neuen industriellen berg
nännischen Berufsstandes ist unser Gewerkverein
ind in ihm vor allen Dingen unsere Junaknapbpen—
ewequng.
aurch den sozialen Zwang der Berufsgenog⸗
enschaft. Das gilt für Arbeitgeber wie Arbeit⸗
rehmer. Alles muß sich einfügen in eine Ordnung,
ziec nach sozialen Bedürfnissen den Willen der Ge⸗
amtheit zum Ausdruck bringt. Wir haben niur die
Vahl, ob wir den Staat mit seiner Bürokratie oder
ie Selbswerwaltung durch die Berufspereine an die
zerrschaft bringen wollen.
Damit wird das neue Recht in großem Umfange
uf die Organisation der Parteien gestellt. und zwar
uff eine bestimmte Form: Man lann das Arbeits-
vcht der letzten drei Jahre direkt als ein gewerk
chaftliches bezeichnen. Damit wird den Gewerk
chaften wie den Unternehmerverbänden und den
wischen ihnen errichteten Arbeitsgemeinschaften neu⸗
zedentung gegeben. Aber zugleich wird ein neues
wronezeichen in die Entwicklung gestellt. Sind die
zerufsvereine stark und lebensfähig genug. um Trä⸗
n des künftigen Arbeitsrechtes zu werden? Der
Indikalismus hat durch die Einführung der Be⸗
—T
—
An den Wankelmüutigen
Virf nicht in verkehrtem Zorun
die Flinte ins Korn,
Ind stell dich nicht grollend an die Waudb.
Vo der Kampf noch entbraunt.
das Leben ist Streit, und die Arbeit will Brot!
ind es liegt auf der Erde wie Nacht und Not,
Ind hüllt sich so düster die Zukunft ein—
da fliehn und sich drücken ist feig und gemein,
Ind hättest zu Wunden du Undank empfangen,
lud ie du von Brüdern selbst hintergangen,
ßor der Person die Soche!
Ind Flucht ist verkehrte Rache.
drum stell dich aufs neu in die Reihen du wieden
Ind rege die Häude!
And tönen dir nimmer auch Siegeslieder,
driumph st dein Ende L. Kessing
— D——
riebsraäte zweifellos erhebliche Stärkuna erfahren.
Wenn es den Gewerkschaften nicht gelinat. die Be—
riebsräte in der Hand zu behalten, so ist deren Zweck
vire das neue Recht sogleich gefährdet.
Eine letzte Gesahr ist die radikale Strömumg in
nunchen Gewerkschaften, die an dem Gedanken des
müberbrückbaren Kiassengegensatzes festhält und das
n der Verfassung vorgesehene Zusammenwirken mit
»en Arbeitgebern nicht will. Auch die Regelung des
Arbeit kampfes ist eine Hauptaufgabe des
euen Rechtes. Sie muß auf der Anerkennung der
Irganisction beruhen und verschiedene Möglichkeiten
ur Schlichtung von Streitigkeiten bieten. Die Frage
st nur, inwieweit ein Zwang zur, Benutzung dieser
kinrichtungen und zur Befolgung ihrer Entscheidung
eichaffen werden soll. Ganz ohne Bindung der
Irganisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
m eine Friedenspflicht wird es auch nicht aehen. Sie
nuß Bestandteil jedes Tarifvertrages sein. Vertrags-
reue auf beiden Seiten ist Vorausseßung einer Grün-
ung des Rechtes auf Selbstbestimmung aleichberech-
igter Parteien. Aber die deutsche Volkswirtschaft in
rer elenden Lage verträgt es guch nicht, daß streitende
jerbönde einfach wichtige Teile stillenen und damit
er Gesamtheit schwersten Schaden zufügen. Mir
cheint dos kanadische Vorbild richtig, das für lebens⸗
vichtige Betriebe verbietet, zu Streik oder Aussper
ung zu schreiten, ehe nicht der Versuch zur Einigung
enacht und der Spruch eines unvarteliichen Schieds
erichtes abgewartet ist
un
——
Die konstitutionelle Verfassung beruht auf
z Grundsaätzen: Nicht die Willkür des Leiters ent⸗
5 sondern bindende Regel. Diese wird nicht
dom Leiter allein, sondern unter rerng der
Feleiielen aufgestelll. Die Vertretung der Arbeit⸗
nehmer im einzelnen Betriebe ist der Betriebs
rat; im Wirlschaftszweige die Gewerkschaft:
künftig sollen auch noch umfassende amtliche Körper⸗
schaften eintreten. Das Gesetz, das von ihnen mit den
Arbeitgebern vereinbart wird ist für den Betrieb die
Arbeitsordnung, für das Gewerbe der Ta⸗
rifvertrag. In der Ausbildung dieser Einrich-
rungen liegt eine Hauptaufgabe des Anbeitsrechtes.
Der demokratische Gedanke hat noch eine zweite
Auẽewirkung im Arbeitsrechte. Bisher war es vor⸗
wiegend bürokrarisch: künftig muß es auf Selbst⸗
erwalbung gegründet sein. Noch 1911 bei der
Neuordnung der sodzialen Versicherung wurde die
bescheidene Selbstverwaltung der Beteiliaben beschnit⸗
den zugunsten der staatlichen Bohörde: die künftige
Reform muß umgekehrt verfahron. Der —
var rein bůͤrokratisch: Reichsskanzler. Landesgentral-
behörde. obere, untere Verwaltungsbehörde. Orts⸗
polizei und andere Behörden hatben die Regelung
ind Aufsicht. Künftig muß beides den Bebeiligten
elbst in die Hand gegeben werden. Die Arbeitsgemein⸗
chaften sind eine Vorstufe dafür. Die Rechtsprechung
liegt houte schon größtenteils in den KHänden der
Beteiligten (Gewerbe · und Kaufmannsgerichte).
Darüber hinaus muß die Setzung des Rechts in
hiel höherem Waße den Beteiligten überlassen werden.
Zchon heute ist die wichtigste Quelle neuen Arbeits-
echtes nicht das Gesetz, sondern der Tarisvertrag. Es
st erfreulich in wie hohem Maße die neuesten Gesetze
hm Freiheit zugestehen. Das muß die Reael werden.
Wenn das einige Arbeitsrecht gelingen soll. so muß
das Reichsgesetz sich darauf beschränken. allgemeine
Grundlimien aufzirstessen; Mindestbedrenaungen festzu—
legen, unter die keiner heruntergedrückt werden darf;
im übrigen aber Organe der Selbstverwaltung zu
schaffen ünd es ihnen zu überlassen, das neue Recht an
die Besonderheiten der eizelnen Berufe und Wirt-
schaftskreise anzupassen; es durch Ergänzung Tarif,
ertrag, Rechtsprechng,. Arbeitsorduumg usw. mit
en wechselnden Bedürfnissen der ichnellebigen Zeit
u ändern; es stets mit neuen Leben zu erfüllen. Die
Aufgabe der ebgebune geht vom Staat auf seine
Bürger, von den Juristen auf die Volksgesamtheit
üͤber. Bildung von Sitlte wird ein wirksamstes Mit⸗
tel neuer Rechtsbildung.
Damit ist eine weitere grundlegende Aenderung
erbunden. Unser bisheriges Recht war grundsätzlich
Indibidualrecht, das heißt, maßgebend waren die
Abmachungen der Parteien des einzelnen Vertrages.
Noch heute bestimmt 8105 der Gewerbeordnung, daß
die Regelung der Arbeitsbedingungen Sache des ein⸗
zelnen Arbeitgebers und Arbeitnehmers sei. In Wirk.
richkeit ist das längst nicht mehr der Fall, sondern Ar⸗
eitsbedingungen werden vorwiegend durch Tarifver⸗
räge geregelt. Aber bis 1918 hat unser Recht solche
Wbmachungen mehr gehindert als gefördert. Und das
Reichsgericht hat unbedingt daran festgehalten, daß
dei einem Widerspruche zwischen Tarifvertrag und
einzelnem Arbeitsvertrag dieser, daß heikt die Indi-
didualabmachung, für das Arbeitsverhältnis entschei⸗
dend sei. Seit der Verordnung vom 28. De-Zember 1918
ist der Tarisvertraa unabdingabar. dos heißt—
eine Bestimmungen gelten (in der Regel nur als
Mindestbedingungen) unter allen Umständen. Ent—⸗
gegenstehende Vereinbarungen im eimelnen Arbeits
ertrage werden ohne weiteres durch die Tarifbedin
zungen ersetzt, wenn die Parteien des Arbeitsver
trages am Tarifvertroge beteiligt sind. Unter Um⸗
tanden kann der Reichsarbeitsminister einen Tarif⸗
vertrag für allgemein verbindlich erklären: dann hat
er die Kraft eines zwingenden Gesetzes auch für die
Lußenseiter.
Auf dieser Grundlage wird das künftige Arbeits-
recht ruben. Es wird die individuelle Freibeit erseßen
Die alten Führer und Gründer des Gewerkvereins haben
en Weg bereitet, das Geröll beseitigt und den Aufistieg der
hergleute ermöglicht. Die Jugend hat größere Aufguben.
Sie muß die geschaffenen Möglichkeiten benutzen, um den
naleriellen, sittlichen und gesellschaftlichen Aufsiieg des
dnappenstandes zu vollführen. Die Vorausetzung dafür
— Jugendabteilung oder ein
zugendausschuß gebildet wird. Dann ist notwendig die
cchulung, Belehrung in gewerkschaftlicher und wirtschaft⸗
icher Beziehung, die berufliche Bildung, das Vertrautk⸗
nochen mit der Sozialpolitik usw. Zur geistigen und sitk⸗
ichen Hebung des Standes sind von Nöten gute Vorträge
Wort und Bild in Versammlungen und Unterrechta⸗
uvsen. Besichtigungen von Musern, das Lesen von guteit
zeitungen, Schriften und Büchern. Die ebenso nobrendige
interhaltung und Erholung muß veredelt werden durch
Re Veranstaältung und den Besuch von guten Theatern.
dichterabenden und durch Wanderungen. Eine vernünftige
rörper⸗ und Gesundheitspflege darf nicht außzer acht ge⸗
assen werden. Wir haben in Zukunft ein gesundes Ge⸗
chlecht notwendig. Eine weitere wichtige Aufzabe aller
Jungknappen ist es, sich mit starlem Willen an Ordnung,
Sparsambeit Puͤnktlichteit, Höflichtelt und strengste Pfliht⸗
erfüllung zu gewöhnen. dann wird sich auch die eigene
Wertschätzung und das Standeshewußtsein bals einstellen.
zins darf aber unter keinen Umständen von unseren jungen
rnappen außer acht gelassen werden: bie Pflege einer auben
Die Knappenjugend als
Trägerin einer neuen
Standeskultur
Am 19. Auqust 1019 wurde in Verbindung mit der 16.
SenerAversammlung en Essen das SBjährige Bestehen des
vewerlvereins gefeiert. An dieser JIubelgeneraiversamm⸗
ung fand eine Ehrung unserer Gruünder und Jubilare
datt. Dee Feier war schlicht und eindrucksvoll. Besonders