Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

UHummer 16 
Zaarbrücken, den 22. April 1922 
Sahrgang 3 
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Organ des Gewerkvereins christl. Vergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
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Erscheint jeden Samstag, für die Mitglieder gratis. — Geschaetaitelle des „Saar⸗Bergknappen“, Saarbrucken e 
Preis: für Zahlftellenabonnenten 2,00 Mk. monatlich ohne St. Johanner“ge 40. 
Botenlohn, für Postabonnenten 6.00 Ml. viertetiährlich Fernsprech-Anschluß: Amt Saarbrücken, Nummer 186300. 
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heitsfähigkeit durch ärztliche Behandlung, Wochenhilfe, 
Die Neuoronung des beutschen nhilfe- 
Arbeitsrechtes Daraus erfolgt, daß die Stellung des Staates im 
In Deutschland ist man seit einigen Jabren dabei, die Rechte sich ändern muß. Solange es sich im wesent- 
Brundlagen eines einheitlichen Arbeitsrechtes zu schaf⸗ lichen um Güterverkehr handelt, kann das Gesetz es 
sen. Der gesamte Komplex des Arbeitsrechtes soll in den Parteien überlassen, ihre Verträge ganz nach eige⸗ 
—— ———— nsenaed geede nem Ermessen einzurichten. Wenn es sich aber um 
o rbeitsgesetzbuches eut⸗ 5 Re ältn ische i Bü 
pricht den Bestrebungen der ———— daß Seeetene n oy ee Ae 
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— eine Gesundheit, seine Persönlichkeit verfügat, dann 
ine Abhandlung des hervorragenden Arbeitsrechttenners ann der Staat nicht neutral bleiben und nicht der 
Dr. Heinz Potthof (GMünchen) erschienen, die in Villkür der Parteien die Regelung freistellen. Denn 
flarer Werse das Wesen des Arbeitsrechles dariut und veder stehen sich hier gleiche Kräfte gegenüber, noch 
die Grundlagen des zu schaffenden Arbeitsgesetzbuches zleiche Interessen. Im Streite zwischen den Vermö⸗ 
—JeX A w ee ee e jensinteressen des Arbeitgebers und den Lebensinte— 
sind und anderseits die hiesigen Behörden ersehen sollen Ien 3 des Arbeitnehmers muß aeh herzhaft 
α ,, re bar ergreifen zugun sten von en, Gesundheit 
not durt, bringen wir in zwei Teilen die äußerst beacht⸗ ind Arbeitskraft der Millionen, die zum Leben auf ein 
iche Abhandlung zur Kenntnis unserer Miigueder und Arbeitsverhältnis angewiesen sind. Und er uß das 
der Oeffentlichkeit. Unsere Mitglieder bitten wir, diese ür richtig und notwendig Erkannte auch durchsetzen. 
Abhandlumg eingehend zu stadieren. damit das Wesen Das Arbeitsrecht muß in erheblichem Umfange sozia⸗ 
des Arbeitsrechts quch allseilia biar erfaßßt wird. es Zwangsrecht sein. Arbeiterschutz und Versiche⸗ 
Die Schriftleitung. ung können nicht dem Belieben der Beteiligten über⸗ 
assen werden. Für die Regelung des Ärbeitsvertra— 
jes muß das Gesetz Mindestbedingungen festlegen, 
inter die kein wirtschaftlich schwacher Arbeitnehmer 
edrückt werden darf 
Diese Verstärkung staatlichen Zwanges hat ihr Ge⸗ 
jenstück. Der Hauptgedanke staatlicher Neuordnung, 
er in der Verfassung durchgeführt ist, muß auch in 
ie Wirtschaft eindringen und das Arbeitsrecht beyerr⸗ 
Hen: Demokratie. Allerdings muß Demokratie 
m Wirtschaftsleben anders aussehen als im Staats- 
eben. Der Staat ist nichts als die organisierte Ge— 
amtheit seiner Bürger; er darf kein Ziel über sie 
inaus haben. Deswegen ist es richtig. der Volksge⸗ 
amtheit die volle Gewalt über den Staat, über Ge⸗ 
etzgebung und Verwaltung zu geben. Aber der Be— 
rieb ist nicht um seiner selbst willen und nicht um der 
zarin Tätigen willen da, sondern sein sozialer Zweck 
st die Miiwirkung an der Versorgung der Gesamt⸗ 
seit. Um diesen zu sichern, darf nicht die volle Ver— 
ügung in die Hände der Arbeitnehmer gegeben wer— 
»ꝛen. Die eee Verfassung des Betriebes kann 
uicht republikanisch sein, sondern nur konstitutio— 
re Il. So ist sie auch in Artikel 165 der Verfassung 
eftgelegt. wonach die Arbeitnehmer berufen sind, 
leichberechtigt mit den Arbeitgebern an der 
Regelung der Arbeitsverhbältnisse mitzuwirken. 
Gemäß Artikel 157 der neuen Reichsverfassung soll 
zas Reich ein „einheitliches Arbeitsrecht“ schaffen, des⸗ 
sen Hauptzweck „besonderer Schutz der beane 
bezeichnet ist. Seit fast drei Jahren besteht ein Sach— 
derständigenausschuß zur Vorbereitung des neuen Ar— 
beitsgesetzbuches. Aber seiner Tätigkeit entstehen 
große Schwierigkeiten aus den Verhältnissen, die nicht 
erlauben, daß in langwieriger, gründlicher Vorberei— 
tung das Einheitswerk als Gesamtheit entspringt. 
Die Einzelfragen des Arbeitsrechtes sind so dringend, 
daß immer wieder Stücke vorweggenommen und in 
Sondergesetzen geregelt werden müssen; so die Ver— 
ordnungen über Tarifverträge, Schlichtungswesen, Ar⸗ 
beitszeit, das Betriebsrätegesetz. Als Entwürfe liegen“ 
bor: Gesetze über Arbeitsgerichte, Arbeitsnachweis,, 
Hausgehilfen usww. Viele Dinge sind politisch so in 
ärmpft, daß nicht arbeitsrechtliche Erwägungen die! 
Fassung entscheiden. Und in dem Zerren der Parteien 
in den verschiedenen gesetzgebenden ahe aen 
werden die Einzelentwürfe so gestaltet, daß sie nicht 
zusammenpassen. Bisher haben wir uns dem Ziele 
des einheitlichen Rechtes noch nicht genähert; sondern 
uns von ihm nur weiter entfernt. Es steht uns also 
neben der Teilarbeit noch die Zusammenschweißung 
der Stücke bevor. Desto wichtiger ist es, sich stets vor 
Augen zu halten, auf welchen einigen Grundlagen das 
neue Recht sich aufbauen soll. Denn der Inhalt ist 
wveit wichtiger als die Form, und das neue Gesetz soll 
aicht nur die hundert bestehenden lückenhaften Son⸗ 
dergesetze durch ein umfassendes Recht vereinigen und 
ergänzen, sondern soll vor allem es zu dem Recht 
machen, das mit uns geboren ist. 
Das bisherige Recht war in erster Linie Sachen⸗ 
recht, Güterverkehrsordnung, Vermögensschutz. Das 
entsprach dem Verfassungszustande Roms, von dem 
vir die Grundlagen unseres Rechtes übernommen 
haben. Dort war der Typus des arbeitenden Men— 
schen der Sklave, der vor dem Gesetze nicht als Mensch 
und, Bürger, sondern als Sache, als Haustier galt. 
Er stand im Eigentume des Arbeitgebers, wurde ge— 
auft oder gemietet. Deswegen brauchten die Römer 
kein Arbeitsrecht, sondern sie wandten auf das Skla— 
denverhältnis die Regeln von Kauf und WMiete einer 
Sache an. Weiit Recht, denn für sie war der Arbeiter 
eine Sache. Es ist berechtigt, daß wir auf Kauf und 
Peiete eines Pferdes auch Sachenrecht anwenden Aber 
es ist logischer Unsinn, wenn wir Sachenrecht anwen. 
den wollen auf das Arbeitsnerhältnis. Denn der Ar— 
beiter ist inzwischen gleichberechtigter Stgatsbürger, 
vollberechtigter Mensch geworden. Am AÄrbeilsver, 
trage wird nicht mehr eine Sache verkauft oder ver⸗ 
mietet, sondern ein Bürger stellt sich selbsft in bden 
Dienst eines anderen. Es wird über die Arbeitskrafi. 
damit zugleich ibher Leben und Gesundheit eines Mit— 
galiedes unserer Volksgemeinschaft verfügt. Deswegen 
muß das neue Recht von anderer Grundlage ausgehen 
Und vom Arbeitsrechte aus muß das gejamte deutsche 
Recht neu, sozial qusgerichtet werden. 
Soßzlal bedeutet das Vorrecht des lebenden Men⸗ 
shen vor allen Gütern und Einrichtungen der Erde. 
da packt er grimm den Hammer 
Und flucht dem Werkgerät. 
Ptan hat ihm, ach, zum Jammer 
Unkraut ins Herz gesält. 
Und fliehend Heim und Gotteshaus 
Bricht ex in wilden Weltschmerz aus. — 
Die Kohlenvorräte der Erde 
Wer will die Jugend halten, 
Wer ist ihr Weg und Gleib! 
Zersetzende Gewalten 
Umwerben sie gar heisj. 
Q.führe, Vater, Mutter du, 
Sie christlicher Gewerkschaft au. 
L8. Kessing. 
Die Verwendbarkeit der Kohlen für Heizungs und 
Feuerungszwecke war zwar schon im Altertum bekannt. 
non machte von dieser Kenntnis aber so aut wie gar 
cinen Gebrauch. Ein regelrechter, wenn auch fehr 
eschränkter Kohlenberabau begann erst im Miitel— 
Ater, und zwar wurde er hauptsächlich in England 
ind Deutschland betrieben. Zu ibrer großen Bedeu— 
ung gelangte aber die Kohle erst nachdem es dem 
19. Jahrhundert gelungen war, sie vur Massenherstel⸗ 
ung von Eisen und Stahl, zum Vetriebe von Maschi⸗ 
ien, Eisenbahnen und Schiffen sowie zur Erzeugung 
son Leuchtgas und Elektrizität zu verwenden. Die Ent⸗ 
vicklung der Weltindustrie und des Weltverkebhrs zu 
hrer derzeitigen Größe wäre ohne die gleichzeitige 
Zunahme der Kohlenförderung nicht denkbar. Die 
achstehende Zahlentafel 
Weltkoblenförderuug in Milllonen Tonnen 
1905 
1910 
1927 
1012 
1920 
—V— 3 fm — 
Nonnnnnhuunnnnhuninhhamun shunmithanuunhhu 
chen ist für den einzernen sehr gewinnreich. Für die 
zesamtheit aber ist er schwerster Verlust. Denn der 
Zolksreichtum beruht nicht in Geld, Häusern und an— 
eren Sachgütern, sondern vor allem in der Arbeits- 
raft der Buͤrger, in deren Ernährung und Erziehung 
nindestens drei Viertel des Einkommens und Ver- 
nögens angelegt wird. Deswegen ist die wichtigste 
Lusgabe des Rechtes, rationelle Ausnußung aller Ar⸗ 
eitskraft zu erzwingen, das heißt, eine solche, die auf 
ie Tauer die höchste Leistung der Gesamtheit sichert 
ndem sie die Leistungsfähiakeit erhält. 
Das ist der Zweck aller richtigen Arbeiterschutz⸗ 
gesezgebung. Nachtruhe. Sonntagsruhe. Beschran- 
ung der — und Kinderarbeit. Achtstundentag 
ind anderes werden nicht eingeführt. damit weniger, 
ondern damit mehr geleistet wird; im Ganzen und 
uij die Dauer. Deswegen ist auch der wichtiaste 
Zweck der sozialen Versicherung nicht die Versorgung 
der Arbeilssunfähigen, sondern die Erhaltung der Ar 
137,6 
219.9 
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zia? 
*67. 
äßt erkennen. daß sich die Förderung von 1800 bis 
913. also in etwas mehr als 50 Sabren, annähernd 
erzehnfacht hat. 
Diese starke Junahme des Kohlenderbrauches, der 
ach einem gewissen Rückgang in und nach dem Kriege 
»oraussichtlich sehr bald wieder einem weiteren An⸗— 
—83 der Verbrauchsziffer Platz machen dürfte, legt 
die FIrage nahe, wie groß eigentlich die Kohlenvor⸗
	        
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