Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Selte 2 Nr. 68. 
gar nicht, wohin mit diesen Gewinnen. Sie werden 
berpraßzi. Die chrjstliche Gesamntbewegung muß mit 
Hrer aanzen Kraft sich dafür einseßen, daß es in 
punkto Steuerleistung anders wird. Die Lohn und 
Behaltsempfänger sind es satt. daß fie allein die 
Steuern gufbringen sollen, die dann noch vieliach zu 
Zwecken Verwendung finden, für die das Saarvoll 
absolut kein Interesse hat. Städte und Gemeinden 
stehen vor dem finanziellen Bankrott, weil die Ge— 
winnemacher sich der richtigen Steuerleistung ent⸗ 
pebeme Hier muß mit eisernem Besen ausgekehrt 
werden. 
Dann muß gegen die unerhörte Preisgestaltung 
Front gemacht werden. Das ganze Volk muß es 
sein. das sich hier zur Wehr seßzt unter Führung der 
Gewerkschaften. DTem Ausbeutergeiste müssen wir zu 
Leibe rücken. Besonders jetzt, wo die Umstellung der 
Warkpreise in Frankenpreise vorgenommen wird. Tas 
Sondergericht gegen Wucher, Preisprüfer usw. müssen 
wieder mehr in Funktion kommen. Sonst zahlen wir 
Frankpreise, daß uns die Augen bluten. Wir betonten 
schon, daß die Menschen an große Zahlen gewöhnt 
sipd. Rechtzeitig muß daher für das richtige Maß 
er Frankpreise gesorgt werden. 
Der Himmel zeigt am Jahresende ein recht düsteres 
Bild. Recht sorgenvoll stehen wir dem neuen Jahre 
—— Wuchtige Aufgaben harren der Reisterung. 
a wollen wir uns nicht niederdrücken lassen. Schon 
oft standen die Schwierigkeiten turmhoch vor uns 
Vereinter Kraft gelang aber die Bezwingung. Sc 
muß es auch im kommenden Jahre sein. Daher sei 
unser Gelöbnis am Jahresschlusse: Einer für alle 
alle für einen. dann werden wir im neuen Jahre uns 
burchringen allen Widerwärtigkeiten zum Trotz. 
Aus der Vorstanoͤssitzung 
bes Saarbrücker Knappschaftsvereins 
vom 23. Nov. 1922 
„Der Vorstand nimmt davon Kenntnis, daß baut einer 
Mitteilung der preußischen und der baherischen Regierung 
die an außerhaib des Saargebietes wohnenden Vereins⸗ 
mitglieder in Frankwährung gewährten Baudarlehn nicht 
in das Grundbuch eingetragen werden dürfen, da die Ein⸗ 
ragung fremder Devisen für diese Zwecke unzulässig sei. 
Da die Eintragung einer sogenannten Höchsjtbetraghypothet 
in Markwährung mit Rücksicht auf die dadurch für die Dar— 
lehnsempfänger entstehenden außerordentlich hohen Kosten 
nicht tunlich ist, erklärt sich der Vorstand zur Sicherung der 
Forderung des Knappfchaftsvereins mit der Uebertragung 
eines ideellen Anteiles an dem Eigentum der Schuldner 
an den Knappschaftsverein einverstanden, die solange be—⸗ 
stehen bleibt, bis das Darlehn abgetragen ist. 
Für, die demnächstigen Verhandlungen mit den Re⸗— 
pierärzten über Neufestsetzung ihrer Bezüge werden 
Richtlinien festgesetzt, und zwar werden 6 Francs für die 
Aktivenbehandlung und 10 Francs für die Familienfür. 
lsorge als ausreichend angesehen. 
Der Vorstand beschließt, von den in knappschaftlichen 
Hhäu'ern wohnenden Knäppschaftsärzten vom 1. Januar 
ju2s ab die Miete in Frankwährung zu erheben, und 
zwar für 1 Mark der Vorkriegsmiete 2 Frank. 
Der Vorstand erklärt sich grundsätzlich mit der Zahlung 
der Vergütung an die Iddin in Frankwährungç 
einverstanden. 
Der Heilstätte Sonnenberg wird eine einmalige 
red von 10000 Francs bewilligt, die aus dem 
rantenüberschuß der Inbalidenversicherungsbeiträge zu 
bestreiten ijt. 
Für die Entschädigung der mit knappschaftlichen Arbeiter 
beschäftigten Werksbeamten werden 20 000 Franes für daf 
Jahr 1922 azur Verfügung gestellt.“ 
3 
Generalversummlung des Unabhängigen 
* 
Bergarheiterverbandes 
Am, 9. Dezember tagte in Kolmar die Generalver 
sammlung unseres Bruderverbandes, des Unabhängi 
gen Bergarbeiterverbandes von Elsaß⸗ Lothringen 
Dem dort erstatteten Geschäftsboricht ist zu entneh 
men, daß der Verband trotz der schwierigsten Verhält 
nisse seinen Mitglisderbestand im letzten Jahre hal 
ten konnte. Begrüßt wurde die endlich zur Tat 
gewordene schon lange erstrebte Arbeitsgemeinschaf 
mit dem elsaß-lothringischen Bergarbeiterverband 
Im sonstigen drehten sich die Verhandlungen in der 
Hauptsache um berufliche Fragen der Bergarbeiter 
schaft. Das Resultat der Verhandlungen wurde in 
folacunden Entschließungen niedergelegt: 
1. Achtstundentag. 
Die am 9. Dezember in Kolmar tagende General 
versammlung des Unabhängigen Vergarbeitervor 
bandes spricht fich für die Beibehaltung der der⸗ 
45 — Gesetzgcbung über den Achtstundentag 
m Bergbau als Mindestforderung der Berg— 
arbeiterschaft aus. Sie protestiert gegen die durch 
das Projekt des Abgeordneten Engerand angestrebte 
Verlängerung der Arbeitszeit im Bergbau. Ange 
fichts der Tatsache, daß der Bergmannsberuf zu den 
iee und schwierigsten zu zählen ist, und die 
rbeitszeit im Bergbau des Auslandes durchwog 
kürzer ist als in Frankreich ist dieser Standvunk 
aur z2u Mdründ⸗e* 
„DerSanr⸗Bergrnappe 
2. Pensionswesen. 
Die Generalversammlung des RxXx Berg 
irbeiterverbandes protestiert gegen die jeit Jahrer 
zeübte Verschleppung der Reform des Bergarbei⸗ 
ser Pensionswesens. Die traurige Lage 
unserer Pensionäre verlangt dringende Abhilfe. Die 
Generalversammlung verlangt daher die schleunige 
Erledigung der Knappichaftsreform nach den Vor 
chlägen des Unabhängigen Bergarbeiterverbandes 
Die Organisationsvertreter sind zu den Reformwer 
handlungen hinzuzuziehen. Ein Anschluß an die Caisse 
Autonome muß unter allen Umständen abgelehn 
werden, weil er eine schwere Schlechterstellung für die 
elsaß⸗lothringischen Bergarbeiter bedeuten würde. 
3. Arbeitsgemeinschaft. 
Die Generalversammlung protestiert gegen die fas 
iberall zu verzeichnenden Uebertretungen der gesetz⸗ 
ichen Bestimmungen über Strafen, Sonntagsruhe 
usw., und die nur zu oft hierbei in die Erscheinung 
retende Untätigkeit der Aufsichtsbehörde. Sie begrüßt 
zesonders warm, die im lothringischen Kohlengebiet 
zustande gekommene Arbeitsgemeinschaft 
beider Verbände und richtet an die Arbeiter ämtlichen 
elsaß⸗lothringischer Bergbaureviere den dringenden 
Appell, sich *8 Verteidigung ihrer beruflichen Inter 
zssen gewerkschaftlich zu organifieren und durch die 
Zusammenarbeit in ihren Organisationen zielbewußte 
Vewerkschaftsarbeit zum Aufftiege der Bergarbeiter 
schaft zu leisten. 
Die Durchsetzung dieser Forderungen hat starke Or 
ganisationen zur Voraussetzung. Ohne starke Orga 
nisationen bleiben sie auf dem Vapier stehen. Die 
Arbeitgeber und der Staat respektieren nur die 
Machlt. Eine Macht bildet die lothringische Berg 
arbeiterschaft. wenn sie sich restlos organisiert. Di 
in Lothringen selbst wohnenden Bergleute müssen für 
JVSDDODCOCOCOSOGCA 
6 * 
Saͤmtlichen vorstandsmitgliedern, 
Vertrauensleuten, Mitgliedern und 
ihren Familienangehörigen wũnscht 
ein 
J 
J 
gesegnetes, glückliches 
neues Juhr! 
Kebierleltung un) Kedablion 
den Unabhängigen Bergarbeiterverband, die im Saar⸗ 
gebiet wohnenden für unseren Gewerkverein gewon— 
nen werden. Beide Organisationen verbindet seit 
Jahren ein Kartellverhältnis. Wer die Erreichung 
obiger Forderungen und Verbesserung des Arbeits 
verhältnisses will, sorge für Stärkung beider Orga 
nisationen. Dann besitzen die lothringischen Berg 
seute eine Macht, die reipektiert werden muß. 
— 
Aus der Internutionalen Arbeiterhewequn 
Bergarbeiterlöhne in Holland. 
Die holländischen Bergarbeiterlöhne gehen immer 
weiter zurück. Ihren höchsten Stand hatten diese im 
4. Vierleljahr 1920. Von da ab ging es immer ab— 
wärts. Folgende Gegenüberstellung mit dem 3. Vier⸗ 
telijahr 1922 zeigt den Lohnrückgang. Von der unter 
Tage beschäftigten Arbeiterschast haben wir nur die 
wichtigsten Kategorien herausgegriffen. Es betrugen 
die Loͤhne einschlieklich Teuerungszulage in Gulden 
pro Schicht: 
4. Quariq 
7920 
JFahrhauer 1102 
dauer 9,79 
dimmerkauer 9,.7 
ehrhauer 0 39 
Schlepper vor Ort 
—28* üb. 18 Jahre 880 
Durchschnittsl. u. Tage 8 
Durchschnittsl. ü. Tage 658 
Durchschnittslöhne aller 
Grubenarbeiter 7,37 6,62 1,76 
Das erste Vierteljahr 1922 hat gegenüber dem 
14. Vierteljahr 1920 einen Rückgang aller Bergarbei— 
terlöhne um 1,18 Gulden, während das 3. Vierteljahr 
1922 bereits einen Rückgang um 1.75 Gulden aufweist. 
besonders die Untertagearbeiter wurden von dem 
Rückgange betroffen mit 2.43 Gulden, während die 
DOberirdischen nur 1.05 Gulden in Kauf nehmen muß—-— 
ten. Von den Untertagearbeitern wurden, abgesehen 
der Fahrhauer, gerade die eigentlichen Kohlengewin— 
ner, wie Hauer, Lehrhauer und Schlepper vor O— 
am schsnunisten betroffton 
2Ouartal Lohnrück 
1922 gang umn 
3,38 271 
7,78 2,01 
—X 2.34 
6.17 2,28 
8,47 1,96 
4.49 12 
na 1,27 
4,48 1,06 
Samstag,. den 80. Dezember 1022 
Die holländischen Kameraden klagen, daß die deut 
ischen Valutaarbeiter, die fich im hollän— 
dischen Bergbau für jeden noch so geringen Lohn an 
bieten, ihre Löhne gewaltig drücken. In Holland 
herrischt ein Ueberangebot billiger deut 
scher Arbeitskräfte, sodaß die holländischen 
Arbeiter brotlos werden. Die holländische Regierung 
7— Maßnahmen zur Ausweisung der deutschen 
rbeiter. 
Eine Streikstatistit. J 
Ueber Ausstände in den wichtigsten Industriestaaten 
während des ersten Halbjahres 1922 gibt die schweize⸗ 
rische Arbeitgeberzeitung eine Zusammenstellung. Das 
Bild ist ungeachtet aller Vorbehalte, die sich aus der 
Verichiedenheit der statistischen Methode in den ein⸗ 
zelnen Ländern ergeben, sehr lehrreich und anschau— 
lich. Demnach stehen an der Spitze die BPereinig- 
be Staaten mit fast 2 Millionen Ausständigen; 
ihnen folgen in nicht allzu weitem Abstand Deutsch⸗ 
lband mit 14 Millionen und an dritter Stelle Eng« 
land mit 796,000 Ausständigen. Erst an vierzehnter 
Stelle steht mit 75,000 Ausständigen Frankreich. 
Außer der Zahl der Ausständigen hat die Ueber— 
sicht auch die Fahl der verlorenen Arbeits— 
tage festzustellen versucht, und aus einem Vergleich 
dieser beiden Zahlen läßt sich dann ein Schluß guf die 
Dauer der Kämpfe ziehen. Auch in dieser Hinsicht 
stehen die Vereinigten Staaten wieder an der Spitze, 
da dort bei 63 Millionen verloren gegangenen Arbeits- 
tagen auf den einzelnen Ausständigen nicht weniger 
als 31 entfallen. Das deutsche Ausstandsbild stellt 
fich dagegen gimstig, indem hier bei 1.4 Millionen 
Ausständigen 27,7 Millionen verloren gegangene Ar⸗ 
beitstage gezählt werden. Danach hätten die Arbeits⸗ 
einstellungen in Deutschland durchschnittlich noch nicht 
WTage gedauert gegen 26 in England, 2A4 in Italien 
und 28 in der Tschechoslowakei. 
Die auffallend starke Beteiligung der Vereinigten 
Staaten in dieser Uebersicht dürfte hauptsächlich dem 
großen Bergarbeiterausstand zugeschoben werden 
7 e — 
Wie ist die Belegschaft des 
Ruhrge bietes zusammengesetzt 
Das Ruhrgebiet ist das größte Kohlengebiet 
Deutschlands. Es wird daher nicht mit Unrecht das 
wirtschaftliche Herz Deutschlands genannt. Zurzeit 
ist über eine halbe Million Beraleute in diesem 
Gebiet beschäftigt. Die Arbeiterzahl wurde nach 
Beendigung des Krieges erheblich vermehrt. Das war 
notwendia infolge der immer größeren Ausdehnung, 
den die Untertage- wie Uebertagebetriebe nahmen, 
und zur Steigerung der Förderung. Der Bergbau⸗ 
Verein von Essen veranstaltete nun eine Erhebung 
über die Zusammensetzung der Belegschaft nach Na— 
tionalitäten. In der Zeilschrift „Glücksauf“ (Essen) 
wird das Ergebnis der Erhebung, die sich nur auf 
die Arbeiter erstreckte, befannt gegeben. Danach 
stammten von 545 380 Mann Ende September d. J. 
163 424 Mann oder 84,97 Prozent aus Bezirken 
Deutschlands in seinem jetzigen Umfang, 51 315 
Mann oder 996 Prozent haben durch den Friedens⸗ 
vertrag abgetretene Landesteile oder das Saarrevier 
zur Heimat. Besonders zahlreich sind die aus den an 
Polen abgetretenen Landesteilen stammenden Beleg⸗ 
schaftsmitglieder; zum größten Teil (34000 oder 
8696 Prozent von insgesamt, 49 288) haben fün 
Deutschland optiert, d. h. sie bleiben Deufsche 
Unter den Ausländern, deren Zahl sich auf 
27 640 oder 5,07 Prozent der Gesamtbelegschaft be— 
läuft, nehmen die erste Stelle die Oesterreicher mir 
7201 Mann oder 2605 Prozent ein, ihnen am näch⸗ 
sten kommen die Tichechoslowaken mit 6324 Mann 
oder 22,88 Prozent. Etwa halb so stark sind die 
Jugoslawen (3867 Mann oder 1399 Prozent) und 
die Nationalpolen (3400 Mann oder 1237 Prozenh) 
vertreten. Außerdem kommen noch mit einem Anteil 
von mehr. als 1000 Mann die Holländer (192 
Mann), die Ungarn (1777 Mann) und die Rufssen 
1539 Mann) in Betracht. Mit einem Anteil unter 
1000 Wann die Italiener (50 Mann), die Belgier 
(192 Mann), die Schweizer (134 Mann), die Fran— 
zosen — ohne Elsaß-Lothringen — (35 Mannd, die 
duxenburger (2 Mann) und sonstige Ansländer 
207 Mann, in der Hauptsache Rumaͤnen, Tuͤrken und 
Amerikaner. — Die Zusammenfetzung der veseg⸗ 
schaft ist alss eine äußerst, bunte. Vor dem Kriege 
ürste der prozentuale Anteil der Ausländer ein 
größerer gewesen sein, besonders an Italienern, die 
ia in den Vorkrieasinbron au Hunderltaisenden in 
Deutschland Brot und Erwerb hatten. Immerhin 
ist das Ausländerelement auch heute noch ahlreict 
vertreten. a 
Bekanntmachungen 
An alle Meitalieoder! 
Mit dieser Nummer wird der letzt e Beitrag für 
das Jahr 1922 erhoben. Sorgt dafür, daß alle rück⸗ 
ständigen Beiträge dann bezahlt werden. Im neuen 
Jahre kommen Marken in anderer Farbe zur Aus— 
gabe. Wer sich vor Schaden schützen will, bringe sein 
Mitaliedsbuch in Ordnung. Der letzte Termin dazu 
ist da. Restanten darf es zu Beginn des neuen Bei— 
tragsijahres nicht geben. 
Der 52. Wochenbe trag (Woche vom 24. bia 29. Dea 
»3 BNefor Rinho t— 
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