Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Nummer 13 
Saarbrücken, den 1. April 19022 
3 Sahrgang 
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4 9 * 2 — — 7 — —— ——5 J353— 3 *51 * 
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
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Erscheint jeden Samstag, für die Mitglieder ZIratis. -21 Geschäftsstelle des „Saar⸗Bergknappen“, Saarbcücken 8. 
Preis: für Zahlstellenabonnenten 2.00 Mẽ. monat!ich ohne Für wirtschaftliche “. seistig⸗ 58 ebung St Johannerstraße 49. 
Botenlohn, für Postabonnenten 6.00 Mt. vierte:iabrlich. des Bergarbeiterstandes Fernjprech⸗Anschluß: Amt Saarbrücken. Nummer 1540. 
—n 
Sinn der Saarbergleute sich nicht umnebeln ließ. 
lusgerechnet heute, wo es nur mehr Zentralge— 
verkschaften in allen Ländern gibt. joll das Heil der 
Saarbergleute von einem Lokalverbändchen abhängeni 
Im Siegerland vegetierte ein solcher aus engherziger 
dirchturmspolitik heraus bis in die Neuzeit. Nun— 
nehr ist er vom Gang der Geschichte binweggespüst. 
Wer hat jemals etwas von dem praktiichen Wir⸗ 
ken dieses Verbändchens für die Bergleute gehört? 
Niemand. Sogar der „niedrige“ Beitrag, den die 
Mitglieder dieses Verbändchens zahlten, war für die 
datz'! Wer hier im Saargebiet in der Jesttzeit den 
uinmöglichen Gedanken einer „Saar⸗Einheitsorganifa- 
ion“ propagiert, ist der schlimmste Feind der Berg⸗ 
eute. Der arbeitet bewußt oder unbewußt den Leuten 
n die Hände, die schon lange die Zersplitterung der 
Zaarbergarbeiterschaft und deren Loslösung von den 
estehenden Zentralverbänden anstreben. 
Welches sollen denn die Aufgaben einer iolchen Kud« 
»elmuddel·Organisation sein? Glaubt man hier die An⸗ 
ãnger der verschiendensten Weltkanschauumgen unter 
inen Hut bringen zu können? Törichter Gedanke! Die 
deltanschauliche Trennung der deutschen Gaverkschaf⸗ 
en war eine geschichtliche Notwendigkeit. Sehen wir 
doch auf die „freien“ Gewerkschaften, die sich fast nur 
uis Anhängern der sozialistischen Weltanschauung zu⸗ 
ammensetzen. Wird nicht dort das praktische Arbeiton 
irg behindert durch den in sie hineingetragenen poli— 
ischen Meinungskampf, der zwischen den Arten des 
Zozialismus tobt! Denke sich erst einer den Zustond, 
benn in der „Einheitsorganiso!nin“ neben den So— 
ialisten nich die Anhänger einer anderen Weltan— 
chauung um Geltung rängen. Wo bliebe da Naum 
zur Vertretung der notwendigen wirtschaftlichen Fra— 
zen? Der Gedanke einer Einheitsorganisation für 
Deutschland ist vollftändig undiskutabel, erst recht ein 
olcher von der utopienhaften Saor“ Ginheit a2oraani-⸗ 
ation. 
Wie in der letzten Abhandlung unter vorstehender 
Heberschrift schon angedeutet wurde, wollen wir uns 
beute über Opferschen und Einheitsorga- 
rwisationsrummel unterhalten. Damit wäre 
dann auch die zweite Erscheinung besprochen, die 
mir ber meiner Drientierung im Saargebiet unange⸗ 
nehm aufgefallen ist und die eine große Gefahr für 
das gewerlschaftliche Leben als solches und die Berg⸗ 
arbeiterichaft schlechthin bedeutet. — 
Wenn in der letzten Nummer die Notwendigkeit des 
gewerkschaftlichen Zusammenhaltens betont wurde, 
dann ist jelbstverständlich, daß solcher nur dann in rich- 
tiger Weise gegeben ist. wenn „eine echre Bruderliebe 
bre Form und ihre äußerliche Gestalt“ darin findet. 
Echte Bruderliebe ist aber unlösbar mit Opsfer- 
dringuncgç verbunden. Wer dazu nicht bereit ist, 
end zwar mit ganzem Herzen. hat das Wesen der Bru— 
derliebe undl auch den Sinn der Gewerkichaft, die 
„Form und äußerliche Gestalt“ der Bruderliebe ist, 
nicht erfaßt. Die Opferpflicht verlongt von dem Ge— 
werkschaftler nicht nur Treue zu seiner Gewerkschaft 
in guten und schlechten Tagen. nicht nur ununterbro— 
henes Bemühen durch Zuführen neuer Mitglieder 
eine Gewerkschaft an Mitaliederzahl zu stärken, son- 
dern vor allem anch praktische Pflege der materiel— 
den Doferleistung, wodurch der Gewerkschaft frucht⸗ 
bares Leben und Wirken erst möalich gemacht wird. 
Was nützen alle schönen Reden von Solidarität, wenn 
es an der notwendigen Einsicht und dem festen Willen 
seblt. der Gewerkichaft auch das an finanziellen 
Dpfern zu geben. was zur folgerichtigen Vertretung 
und Durchführung die Gesamtheit des Standes be— 
rührender Fragen unbedingt erforderlich istt Wenn 
ein Familienvoter draußen schöne Worte findet über 
gweckmäßigkeit des Familienlebens. die Tugenden 
einer Frau preist, dieser aber nur die Hälfte des 
dohnes gibt, sodak es derselben an den notmendigen 
Mitteln zur Durchführung ihrer bohen Rifgaben de⸗ 
bricht, dann ist solcher Mann ein Schwätzer und 
Rabenvater, der nir an sich und immer wieder an sich 
denkt. Aehnlich ist es mit den Arbeitern die zwar 
biel von der Notwendigkeit des Organifiertseins zu 
reden wissen, aber niemals aus eigener Erkenntnis 
deraus bereit sind, der Gewerkschaft auch das an 
finanziellen Opfern zu geben. was dieser zukommt. 
Nun babe ich festgestellt, datz. abgesehen von Mies- 
nachern. es manches Mitalied unseres Gewerkvereins 
eibt, das von hohen' Beiträgen zu teben weiß, oder 
ener die Notwendigkeit eines Beitraas Abbaues“ 
mir vielem drum und dran berründet unter gleich- 
zeitigem Hinweis ouf seine vervorragenden sonftigen 
Kewerkschaftlertuagcuden Letszterer Himweis soll nur 
die mangelnde Cpfergesinnung verbergen. was mal 
unverblümt gesagi werden muß, soll, diese mungelnde 
Opfergesinnung nicht wie ein Krebsleiden weiter um 
aci. greifen. Was der Gewerkoderein zur Durchfübrung 
einer Ausochen in der heutigen Zeit an finanziellen 
Dpfern undedingt benötigt, das haben die Abgeordne- 
len der Mitglieder auf der Generalversamm- 
bunag beschlossen und in den Geseßken'des 
Gewerkverems, den Satzungen vorgeschrieben. 
An dieses Gesetz muß sich jeder, der ein Gemerkichaftler 
lein will. halten. 
Aber wie sieht es damttaus? Wir wür— 
ben uns freuen, wenn schon an einen Abbau der 
Beiträge bei eintretendem Lobnabbau gedacht 
werden lönnte. Dann wöre nämuch die erfreuliche 
Totjache zu verzeichnen, daß schon seit laͤngerem die 
aßungsmähzigen Beiträge bezabhli würden. Lei— 
zer sind wir aber davon noch weitentfernt. 
Laut Satzungen (8 12, Abs. 2) ist die Beitragslei- 
tung wie folot vworgeschrighen, 
4. Bei einem Durchsichnittsslahn bis 12 4 .1,00 4 
2 über 12518 1308 
3. 18 24 00 
. 2430 50 — 
5. 4 36 d 
3. 642 2,50 
17. * V 3, 0 
8 50 
9 5440 . 5,00 
Bei weiterem Steitgen der Durchschnittsäzn ahühen sich 
ie Belträge für je ßF MA. Lohn um weitere nfa 
Zei ein Mann und sei ein Held! 
Sei ein Fels, der nicht zerschellt! 
Wie es woget auch und wallt, 
Biet dem armen Schwimmer Halt— 
den in Nacht und Fiusternis 
Fort die wilde Woge riß. 
Der Gewerkverein christlicher Bergarbeiter ist ein 
»inheitlicher, in Innern fsestgefügter 
tZau. Er ist das, weil er unter Beachtung christlicher 
rundsätze und Verwerfung des Klasfsenkampfes wirt⸗ 
chaftliche Besserstellung im Rahmen des Möglichen 
vurchzuführen bestreben bleibt und geistige sowie ful, 
urelle Hochhebung des Bergamannsstandes dabel 
nicht vergissit. Der Gewerkverein ist und bleibt 
ie Organisation der christlichen Saarbergleute, allen 
m Innern gelben Zersplitterern und deren Hinter— 
nännern zum Tros! 
Damit habe ich meine Betrachtungen zu Ende ge—⸗ 
racht. Ich mußte manches schroffe Wort gebrauchen, 
im die christlichen Saarbergleute Qufzurütteln, 
»amit sie die der Saarbergarbeiterschaft drohenden Ge⸗ 
ahren erkennen und zu ihrer Bekämpfung sich auf— 
affen. Beachten die christlichen Kameraden des 
Zaargebietes das, was in den drei Abhandlungen be—⸗ 
euchtet wurde, bekunden sie in ihrem gewerkschaft⸗ 
ichen Tun und Lassen das. was einen Hermann Köster 
ein Leben lang auszeichnete. dann braucht weder 
Zegenwart noch Zukunft geschaut zu werden! 
Sei ein Mann und sei ein Held! 
döwe sei im Kampf der Welt! 
Trotzend Sand und Sonnenglut, 
Setze ein mit Königsmut, 
Daß durch deines Beispiels Kraft 
Hundertiach die Tugend schafft. 
L. Kessing. 
Agm⸗ nf b 9 
Moq Biv Mi 
Beherzigen wird doch alle das, was schon einmal an 
zieser Stelle aus dem „Arbeiter-Taschenbuch“ zitiert 
vurde: „Das ist wäahrlich recht sozial gedacht, wenn der 
einzelne sich zum Opfser bringt für die 
ßesamtheit. Nur wenige sind solcher Seelengröße 
ãbig. Und doch beruht aller Erjsolg. aller Fortschritt 
n der Kulturbewegung der christlichen Arbeiterschait, 
ruuf diesem Geheimnis des freudigen Opfergeistes. Nie- 
nals wird sie Lorbeeren pflücken, niemals die gesteckten 
ziele erreichen, ohne daß jedereinzelne Opfer ge⸗ 
zracht hatte. Opfer persenlicher Wünsche und Rücksich 
en. Opier der Bequemlichkeit. Opfer an Keit, Mühe 
ind Geid.“ Solcher Opfergeift entspricht dem Ge⸗ 
ot der Bruderliebe, die in der Gewerkschaft Form und 
ußerliche Gestalt gefunden hat. Und diesen Opfergeist 
vollen wir hier an der Saar pflegen, dann verschwin⸗ 
den all die Einwände, die nur eine Verdeckung man⸗ 
gelnden Opfergeistes sind. — 
Wie verhäli es nun mit dem. Gedanken einer 
Soaar-Einheitsorganisgtione, der zur 
Zeit wieder von einigen Wirrköpfen verfochten wird? 
Wer sind die Leute, die diesen Gedanken au verbreiten 
uchen? 
Zunächst sind es solche Leute. denen es an dem not 
vendigen gewerkichaftlichen Opferwillen gebricht! Mit 
mniedrigen“ Beiträgen suchen sie Dumme zu ködern. 
inm ihren eigenen Stand hier im Saargebiet in den 
Treck reiten zu helfen. Der Gedanke von einer „Sogr⸗ 
Tinbeitsorganisation? ist nicht neu. Seit Einjegen der 
Sewerkschaften tauchte er immer wieder auf und hat 
noch jedesmal beim Versuch zur praktischen Verwirk 
lichung kläglichen Schiffbruch gelitten. weil det gelunde 
„Auf dem Wege zum 
Reichsknappschaftsverein“ 
Wir haben in unserem Organ in den letzten Jahren 
ortlaufend über die Vorbereitungen zur Schaffung 
ines R. K. V. (Reichs-Knappschaftsverein) berichtet. 
die Vorarbeiten sind bis zur Fertigstellung eines Ent⸗ 
vurfes des Reichs-Knappschafitsgesetzes gediehen. 
Die gesetzgebenden Körperschaften des deutschen Reiches 
verden in der nächsten Zeit den Entwurf verabichie⸗ 
en. 
Sofort nach Inkrafttreten des Geseßes wird dann 
nit der Schaffung des Reichs Knappschaftsvereins be 
sonnen. Man rechnet, mit den Vorarbeiten bis Ende 
»es laufenden Jahres fertig zu sein, sodaß ab 1. Jan. 
923 der Neichs-Knappschaftsverein ins Leben kreten 
'ann, womit dann die bisherigen ein zehnen Knapp 
chaftsverein aufgelöit sind
	        
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