Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Nummer 9 
Saarbrücken, den 4. März 1922 3 Jahrgang 
—,,,——— 98 ——390—30007106 
24 —— ——— 
Organ des Gewerkvereins christlicher Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
Veschenenee des Saac —— ———— 
Zar wirtschaftliche u. geistige Hebuns channnete dee —— 8 Vaarbeschnv 
des Bergarbeiterstandes Fernsprech⸗ Anschluh Ann Searbecen. Lummer 1580 
— 
vird in den allermeisten Fällen als verbitterter und 
nttäuschter Mensch sterben. 
Lassen wir uns aber dadurch nicht abhalten als 
hristliche Gewerkschaftler und als Menschen unsere 
bflichten zu erfüllen, den Kameraben. dem Verufe, der 
zamilie umnd dem gesamten Volke gegenüber. Wir 
vberden daunn, wenn der Tag kommt. wo wir unsere 
dechnung mit dem Leben begleichen müssen. mit dem 
zewußtsein scheiden können, unjere Pflicht erfüllt und 
richt umsonst gelebt zu haben. 
Dein wahres Glück. o Menschenkind 
O' glaube doch mit nicht nichten. 
Daß es erfüllte Wüniche sind— 
Es sind erfüllte Pflichten 
ẽrscheint jeden Samstag, für die Mitglieder zratis. — 
Preis: für Zahlstellenabonneüten 2,00 Mk. monatlich ohne! 
Botenlohn, für Postabonnenten 6,00 Mk. viertelährlich. 18 
Bergmannstand weder wirtschaftlich noch geistig heben. 
Was wir heute als Beraarbeiter in dieser schweren 
Zeit so notwendig brauchen, ist: mehr Mannes- 
nmut, wollen wir leichter über die Schwierigkeiten 
hinwegkommen. 
Mehr Mannesmut auf der Arbeitsstelle und 
vo wir mit unseren Gegnern zusammenkommen. 
Mehr Mannesmut auch in sittlicher Beziehung. 
Mehr Mannesmut wo wir als die Vertreter 
inserer Kameraden auftreten müssen, ganz 
deich, sei es als Vertrauensmann, als Zahlstellenvor⸗ 
itzender, als Sicherheitsmann, als Knappschafts⸗ 
iltester, als Mitglied des Gemeinde- oder Stadtrats 
11W. 
epr Mannesmut auf der Arbeits— 
telbe. * 
Dort müssen wir den Mut finden, uns selbst, sowie 
insere Kameraden anständig aber bestimmt gegen 
egliche ungerechte Angrifife zu schützen, ganz aleich von 
velcher Seite sie konmen. Wie trauria ist es doch, 
venn Arbeiter ihre Kameraden, mit denen sie eine 
Zchicksalsgemeinschaft in dunklem Schoß der Erde, 
tändig von Gefahr und Verderben umgeben, bilden 
im ein bischen Ruhm und Ehre oder um ein paar 
rentimes dem Henker überantworten. 
Mutig müssen wir uns bekennen als christlich 
rganisierte Bergarbeiter. 
Der Gewerkverein hat seine Pflicht den Kameraden 
egenüber erfüllt und stets jo gehandelt, wie es die 
Interessen der Bergarbeiter erheischten. 
Die Mitglieder des Gewerkvereins brauchen sich 
hrer Organisation nicht zu schämen. 
Mehr Mannesmut in sittlicher Be— 
rie hung. 
Niemals dürfen wir es dulden, daß in unserer 
zßegenwart die heiligsten Gefühle der Menschen in 
»en Kot getreten werden. Ist es nicht traurig, wenn 
Menschen mit kahlem Scheitel oder weißem Haar in 
Begenwart junger Menschen, die kaum den Knaben— 
chuhen entwachsen sind, Reden führen oder Erlebfkisse 
rzählen, die die Leidenschaften im jungen Menschen⸗ 
herzen aufpeitschen und ihnen die Wege ins Verderben 
ereiten. Und gerade diese Sorten von Menschen sind 
s, die dann nachher am meisten über die schlechte, 
erdorbene Jugend schimpfen, die keine Achtung 
nehr vor dem Alter habe. 
Ein junges Menschenherz ist weich wie Wachs, es 
ummt sehr leicht und rasch alles in sich auf, wo es 
zann sitzen bleibt und manchmal zum Verhängnis 
vird. Sind wir uns der großen Verantwortung 
»ewußt, die wir gerade der Jugend gegenüber haben. 
Treten wir denen mit Wannesmut entgegen, die die 
Jugend gewollt und ungewollt verderben. Schittzen 
vir die Jugend in den Gruben vor körverlichen und 
ittlichen Gefahren, vor sittlichen Gefahren, die 
hnen von seiten gewissenloser Menschen drohen, dann 
vird die Jugend das Alter gachten und ehren können. 
dann werden guch die Männer heranwachsen, die 
vir in der Zukunft als Verqarbeiter so notwendig 
rauchen. 
Mehr Mannesmut, wo wir als Ver— 
reter unserer Kameradensteben. 
Hierüber möchte ich nur kurz folgendes sagen: 
zergessen wir niemals, daß wir mit dem Tage, wo 
vir vom Vertrauen der Kaĩmeraden bestimmt wurden. 
hre Vertretung zu übernehmen, wir damit aber auch 
ine große Verantwortung übernommen haben? Ver⸗ 
gessen wir nicht deß unsere Stellungnahme entschei⸗ 
en kann über Glüdch und Unglück in vielen Arbeiter- 
amilien. 
Weder Versprechungen noch Drohungen dürfen uns 
ibhalten, das zu tun, wozu uns unser Gewissen ver⸗ 
flichtet. Wir müssen so handeln, daß wir bestehen 
önnen vor unseren Kameraden, vor der Geschichte. 
zor unserem Gewissen und wenn wir einmal von der 
Welt gehen, vor unserem Herrgott. 
Icwohl Kameraden, mehr Mannesmut müssen wir 
wujbringen wnd unentwegt vorwärts streben, auch 
zann wenn uns scheinbar von keiner Seite Dank und 
Anerkennung zu teil wird. Es ist nun einmal so im 
deben. Es gibt halt nichts undankbareres als die große 
Masse der Menschen selbst. Wer von Ehraeiz getrie— 
den auf den Dank breiter Volksschichten rechnet 
Zieh' heimwärts ich mit müdem Schritt 
Die schwer beschlag'nen Schuhe 
Daun geht die bleiche Sorge mit 
Als Wächter meiner Nube! 
Wen kümmert's, was ich schaff“ und tu'r 
napp ist mein Raum beinessen. 
Und schließ ich einst vas Auge zu 
Danu bin ich schnell vergessen 
So unerkaunt, bestaubt, berust, 
Ich hin die Wege wanke, 
Und doch: auch mir wohnt in der Bruft 
Der Ewigkeitsgedanke. 
L. Keising. — 
Die Weltkohlenförderung 
In dem Geschäftsbericht des Reichskohlenverbandes 
ut 192021 werden über die Weltloblenförderung fol- 
sende Angaben veröffentlicht: — 
Die Kohlenförderung der Welt 
etrug in Millionen Tonnen (die mite bezeichneten 
ZJahlen sind teilweise geschätzt): 
— 6 — 
iors 192 
— dr W 
tobie toble tobles tonle 
Europa 
deutschlane bine Saarbecken 1178.11 87.2 A — 
zaarbecken Saarrevier, Pialz 
Vothtin jsen.. 1701 — 12.6 — 
frautreich (ohne Lothringen) 401 OM 21.1 1.0 
lelaien . — — 2284. — 224 — 
ßroößbritannien.. 29.1 — 2430 — 
doslland.. 19 — 3. — 
zranien. J 4260 O.3 8.4 0.6 
talen — — O.7 — 1.7 
chweden.. 0.4 — O.4 — 
je Länder des früh Oesterr. 
Ingarn einscht Bosnien. 
Herzogowine und Galizien 
ußkland einschl Polen P 
Auf⸗ Guor⸗ 
dordAmerita (VBereinigre 
Staatanu and Kauada)e 
ndeamerilea 
ien .—0806 
afrika ..... 2 
Runrakien. 4 
Mehr Mannesmut! 
Er stand auf der Höhe des Lebens, groß, stark 
zesund und schön. Inmer war er tadellos gekleidet 
ind lächelte jeden liebenswürdig an. In seinert Brief— 
niche hatte er Geld, viel Geld, vielmehr als vorher 
n seinem Leben. Die Zeit sowie die Menichen ver— 
tand er seinen Zwecken dienstbar zu machen. Jeder, 
der ihm in die Finger fiel. war für ihn nur Nittei 
zum Zweck, wenn er ihn gehörig ausgebeutet und 
nmisgenützt und von ihm keine Vorteile mehr zu er— 
warten hatte, oder andere ihm größere Vorteile boten, 
tieß er ihn, wie es nun einmal in seiner brutalen 
Art lag, hohnlachend von sich 
Jaer hatte „Grundsätze“. Auf der Ar— 
eitsstelle war ex ein willfähriges Werkgeug in den 
dänden seiner Vorgesetzten. Ven treuesten, besten 
ameraden opferte er, wenn dabei für ihn selbst nur 
in Vorteil, und wär er noch so klein gewesen, heraus 
am. 
Eine eigene Meinung gab es bei ihm nur scheinbar, 
denn war die Mehrheit dafür, daß die Welt durch 
Feuer vernichtet werden sollte, dann war er bereit, 
die Streichhölzer, und wenn notwendig, duch noch das 
Stroh zu besorgen. Kam er zu den aͤndern. ja, dann 
sttellte er sich auf deren Seite und suchte auch hier 
wieder seine Vorteile zu wahren, indem er die ersten 
berriet. War er bei ernsten Menschen. dann verur— 
teilte er den sittlichen Tiefstand der heũütigen Zeit und 
war ein sehr strenger Sittenrichter. Keiner der gefehlt, 
iand bei ihm Gnade. 
War er aber bei Zotenreißern, bei denen, die länast 
mit den „dummen“ christlichen Sittengeseben gebrochen 
batten, dann bewies er, daß er schon lange vor allen 
andern, zu der Weltanschauung der Freidenker und 
der freien Viebe sich durchgerungen. 
Er ging Sonntags in die Kirche und machte ein 
recht ernstes Gesicht., um dann Montags im Kreise 
Bleichgesinnter, das mit Schmutz und Kol zu bewerfen, 
was andern heilig ist. Er sab jedem Recht von dem 
r irgend was erhoffte. So krieb er das einige Jahre. 
Als die Menschen ihn aber erkannten, saaten sie Es 
ist ein gefährlicher Lump, ohne Mannesmut, erfüllt 
von wahnsinnigem Ergeiz, ohne aͤuch nur ein Funke 
hon Ehrgefichl in sich zu haben. Sie verachteten ihn 
aind wandten sich von ihm ab. 
Wie viele dieser traurigen Jammergestalten gibt 
heute im Leben? In allen Berufen sind sie der— 
fteten. Wer ist ihnen nicht schon begegnet? 
Wir als Mitglieder des Gewerkvereins christlicher 
Bergarbeiter müssen solchen elenden Kreaturen. wo 
pir ihnen begegnen, mit Mannesmut entgegentreten. 
Sie sind unserem Stand gefährlich und machen ihn 
dei jeder Gelegenheit verächtlich. Sie reißen die- 
jenigen, welche in ihren Anschauungen nicht fest sind— 
mit sich und machen sie zu Lumpen. Sie können den 
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Zusammen Welter:eugun 
Die Weltkohlenproduktion des Kalenderjahres 1920 
var hiernach um 43.2 Millionen Tonnen, d. i. um nur 
3.2 Prozent kleiner als die Förderung des Jahres 1913, 
die wiederum eine Rekordförderung war. Für Stein⸗ 
tohlen betrug der Minderertrag 59.2 Millionen Ton⸗ 
nen, gleich 4c88 Prozent. 
Die Weltsteinkohleuförderung des Jahres 1920 ist 
zinter der Förderung des Jahres 1913 um 59.2 Mil- 
jonen Tonnen, d. i. im Bonatsdurchschnitt um rund 
49 Millionen Tonnen zurückgeblieben. D. h. also, 
zaß die Steinkohlenförderung im Monatsdurchschnitt 
Zeptember-Dezeniber 1929 um 3.1 Millionen Tonnen 
Jrößer war als im Monatsdurchichnitt des Jahres 
s913. Die Steinkohlenförderung in den Monaten 
September-Dezember 1920 würde somit mehr als aus⸗ 
jereicht haben, um den Weltbedarf selbst in voller 
döhe des Jahres 1913 zu decken. Tatsächlich war in 
iesen Mongaten ein Bedarf in Höhe des Jahres 1913 
zm mindesten für die europäischen Volkswirtschaften 
richt vorhanden. Allein der Minderbedarf Rußlands 
im Kalenderjahr 1920 gegenüber 1913 kann auf 25 
Missionen Tonnen geschätzt werden. Der Steinkohlen⸗ 
zerbrauch Deutschlands wurde durch die Zwangsab⸗ 
vaben an Frankreich, Belgien, Italien sowie an Oester⸗ 
reich künstlich niedrig gehalten. Er betrug abzüglich 
Zechenselbstverbrauch und Deputatkoble linnerhalb der 
Jgegenwärtigen Grenzen) 
im Jahre 190: 91.8 Millionen Tonnen, 
dagegen im Jahre 1913:. 125.1 Millionen Tonnen, 
also 33.3 Millionen Tonnen weniger. Dem Kohlen— 
hedarf der Welt standen somit allein durch den Minder— 
zerbrauch von Rußland und Deutschland im ZXRabre
	        
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