Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Saarbruͤlcken, den 80. Dezember 1922 
»541 575 — ——B JI—— 
—2 — * 9 4 —2 — J d 4 J 4 59 49 8 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlanos für das Saargebiet 
— scden SWeiag für die Nmcme der gratis Für wirtschaftliche v. geistige HSebung Geichẽ nenen⸗ des .Saar⸗Bergknappen?, Saarbrũcen 
eis: fũr Za enabonnenten 0. monatli — — nerstra 
——— 8 — des Bergarbeiterstandes ——*—8 de Rummer 1600. 
Aummer 652 
— —— — — 
ααα Eine sehr starke Gruppe. die Materialisten und alle 
Der Jahresschluh diie den freien Willen des Menschen sonst noch leugnen 
u —F derneinen deshalb einen Kulturfortschritt, weu sie 
Neigt sich det Tag zum Abend, dann über'chaut der eine Tätigkeit des Menschen nicht anerkennen, sondern 
gewissenhafte Mensch fein Tagewerk. Er macht einen sich bei ihnen alles noch norwendigen Naturgesetzen 
Tagesabjchlußz, stellt fest. ob er das, was er sich vorge⸗ niwickelt. Es muß ja alles kommen und werden 
nommen, auch geleistet hat oder, ob es Versäumtes für vie es ist, unabhängig vom reien Willen des 
den nächsten Tag besonders zu berüchsichtigen gibt So Henschen, wie kann man da von Kultur und Kultur— 
nuß es der Mensch auch haiten. wenn sich das Jahr ortschritt sprechen? 
zum Abend neigt. Wie stehen nun wir gläubigen Chriften 8 iesei 
Am Jahresschluß gieht der Geschäfismann seine Frage des Kuiturfortichtites? Für uns steht die 
Bilans. macht eine Schlußßzrechnung- um Gewinn eele des Nenschen und damit die wirtliche Kultur 
der Verluit festzustellen. Er itellt seine Bermögens- in Miltelpunkt der Weit. von der uns der Schopfer 
nurd qQG —r ere — 535— besser disponieren inst gesagt hat: Macht fie euch untertan! Das bhöchste 
zu nen. m r ãftsemann tun, wenn er 
nicht bald erledigt sein will. Aber nicht nur eine ge⸗ oennwrunniunhnnin un.uüecenmunteu 
schäftliche Schlußrechnung soll der Mensch am 
Jahresende aufstellen; er muß auch oine Abewägung über 9 
eine Vebens auswirkung am Jahresende mit besonderer Zum Jahreswechsel 
Bewissenhaftigkeit vornehmen. Hier gilt es festgzustellen. 3 
b man fein Leben gemäß den Anordnungen des Wellen- ee Juh ece e wer 
chöpfers im Verlaufe des Jahres verwertet hat. Da — 9— Run kritt au⸗ dratlem wolkentor 
S sehr viel Berãumtes festzustellen geben, Passiven. die das junge kernge schmückt hervor. 
im kommenden Jahre ausgeglichen werden müssen. will ẽe gruhet in die ein bineln 
nan vor seinem Herrgote in Ehren bestehen. Weiter muß 84 seh verzuat groß und dein. 
er Arbeiter am Jahresende eine gewerkschaftliche die bitii ——— 
Slußzrechnung zieben. Hier mutz eine Bilaug aufgestellt ——— nicht! 
werden über gewerkschaftliche Pflicht er fül lung umd das rte —8 — auzu sanecht, 
Pflicht beir sã u m nis Man muß prüfen, ob man den v* hꝛifte da dom veucn erar 
richtigen Beitrag gegahlt. in dec Werbearbeit seinen Mann da lacheln nild das acue Jahr: 
zejstellt. Versammlungen und Konierengen besucht. die Ih rag cuch Blumen u 2*— ar 
Bildungsnõglichkeiten des Gewerkvereins richtig bemutzt, Zring Feeude euch und Lachensang 
das Organ wöchentlich eingehend studiert hat. Gar manche Ich shie Tuelien cun doß dang 
Pflichwersäumnis wird da erkannt werden. Das muß derschaff ench Segen und vedeihn 
gu answornen, im kommenden Jahre gewerkjchaftliche Und euern Tagen Sonnenschein. 
Pflichterfüllung recht gewissenhaft wahrgunehmen. wollen zant nun zu neinem irten hr, 
vir nicht wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten. Genau — wie it nie 
so wie der Kaufmann bald erledigt wärt, der keine, enubet hut anr eden dan 
Schlußrechnung zöge. weil ihm dann die Erlenntnis ür And besseri. vd en fehien nag— 
ntige Sescaftsfübruug fettte o erledigten wir um such And zwingt die Haosucht, vannt den Zwin, 
ewertichattlicn wenn wir micht eing gewifsentaite Schluß. üünd Uebte was deyr ind önuch in 
zechnung anitellten. Durch sie micssen die Ve. umnisse./ dann werdet ihr weisen Gau'n 
ie immer wieder im gewerkschaftlichen Leben einreißen. In mir ein Juhr des Seiles schaunm. 
Ttannt werden gwecks Wejeitigung im Interesje der wirt⸗ da richt he us rnstemn Hreis: 
chaftlichen Sicherfitellung. J FFs leb die Mühe, seb der Schweißt, 
Das Jatzr neigt sich zu Ende. Sem Abemo igt * Es leb, was Tren und Tugend heißzt: 
*o vwie wir umer Tagewerk am Abeno überblicken, o Der echte alte deutiche Heist. 
voslen wir jetzt unser gewerkschaftliches Jahreswerk nach Und tausend Blicke strahlen klar: 
rüfen. diehe joder eine genaue gewertschaftliche Willkommen uns, du aeues Jahr. 
zilanz Die Akltiven müssen mit den Pafsiven verglichen VKestina 
verden. Wer hier große Altivposten een ß wird e 
jenau so herzliche Freude empfinden, wie um wenn qmnsn n in n mi —e —— 
man sein Tagcwerk gut vollbracht dar Werden große —⏑—⏑— ———— — — ⸗ 
Baisivposten iestaeitellt dann mußz ↄas den Vorsae aus- 
õsen. im tommenden Jahre die gewerlschaftlichen Pflich- 
en so wahrzunehenen. daß die Vassivseite in oer nächst⸗ 
ãhrigen Schlußzrechnung dollständig verschwindet. Dann 
vird die Freude und der Erfolq nicht ausbleiben. 
und dienen dazu. neue Kräfte zu sammeln, um wie 
der kräftiger empor zu steigen. Nur wenn die 
stulturkraft eines Volkes ganz erloschen ist, mocht es 
einem anderen Platz und stirbt, nachdem es dieem 
sein Kulturerbe übergeben hat. So war es mit den 
Griechen und Römern, an deren reichem Erbe wir 
hdeute im gesamten Abendlande noch immer kräftig 
ehren. Beorg Nowottnick 
Das Jahresende steht im Zeichen unerhörten Au 
chwellens der Teuerung. Gleich einer Lawine brau 
ñe daher. Hindernisse dennt sie nicht. Wuchergerichta 
werden ⸗ↄerlacht. Die Moral ist geschwunden, Tren 
und Glauben sind unbekannte Begriffe. Alles ig 
aufs Errasjen eingestellt. Das Erraffen geht vielen 
nicht schnell genuga. Täalich, ja stündlich aͤndern sich 
die Preise. Was morgens noch 10 000 Mark kostete, 
kostet mittags schon 26 000 Mark. „Wiederbeschaffungs⸗ 
preis“ ist die lakonische Antwort. Der Verbrauchen 
kennt sich nicht meht ein und aus. Sofern er nmoch 
Einkommen aus Lohn oder Gehalt hat, findet er, daß 
die Preise mit Siebenmeilenstiefeln seiner Einkom- 
mensentwicklung vorauseilen. Die Spannung wird 
immer riesiger zwischen Einkommens⸗ und VPreisge- 
staltuna. Noch schlimmer ist der Verbraucher dran. 
der nur Einkommen aus irgend einer Rente hat 
VBiele davon saben ein monatliches Einlommen, das 
noch nicht mal für ein rationiertes Brot reicht. Kostete 
voch ein solches in der Woche nach dem 17. Dezember 
chon 7390 Mark. Weltmarktpreise sind bei vielen 
Artikeln schon überschritten. Not und Elend vermehrt 
olche Teuerung in den Kreisen aller Bedürftigen und 
Rentenempfänger bis zur Unerträalichkeit. Hunger 
und Tod sind hier die bösen Begleiter der Teuerungs- 
lawine. Wirksame Maßnahmen. die diesen Menschen 
helfen sollten, bleiben aus. Die Regierung sorgt in 
erster Linie für sich und ihre Beamten. Für die 
Darbenden genügen ein paar Brosamen. Die können 
m Elend verkommen. 
Daneben wächst die Gier nach dem Franken. Au 
den Ortschaften draußen wird vielfach fast nur mehr 
gegen Franken verkauft. Auch wenn die Waren aus 
Deutschland stanmen. Für die Festsetzung der Preise 
n Franken zat man jedes Maß verloren. Die 
Menschen sind an die hohen Zahsen gewöhnt. Also 
muß auch der Frankenpreis möalichst hoch sein. Ueber 
dem Welmartktpreis. Vesonders schlimm ist es in 
dieser Beziehung auf dem Baumarkte. Verlangte ein 
dandwertker doch nur für seine reine Arbeitstätigkeit 
oro Taa M Franken. Was ijetzt in betreff Preis 
testaltung zu beobachten est, qt noch nie dagewesen. 
Und doch brüllt der Chorus der Erraffer, die hohen“ 
Löhne der Arbeiter sind schuldl Dabei hinken die 
Markentlohnten immer weiter hinter der Teuerung 
her, während die Franfentlohnten in der Vergangen- 
beit bejonders unsere Beralente, gehörig Haare lassen 
mnußten. Und das trotz steigender Leistung im Berge 
bau. Seit Januar 1821 ist die Leistung dro Schicht 
und Arbeiter um 115 Kilogramm gesiiegen. Vom 
zweiten zum dritten Vierteliahr 1922 um 26 Kilo- 
aramm. Der Lohn ist im selben Zeitraum erheblich 
jesunken. Fast 10 Franken steht der Durchschnitts- 
lohn niedriger. wie im ersten Halbjahr der Franken— 
entlohnung. Tas Verhältnis wwischen Lohn⸗ und 
Preisgestaltung hat sch sehr ungünstig für die Berg⸗ 
eute entwickelt. Diese ungünstige Entwicklung 
chreitet noch mit jedem Tage fort. Da muß ein 
Lusaleich erstrebt werden. Das kann nur eine starke 
Draanisjation. Ob eine Organilation stark oder 
dwach ist. das liegt bei den Bergleuten. Die erste 
Aufaabe unserer Organisation im neuen Feee ift 
die Srstrebung eines Ausgleiches 
gegenüber der Teuerunaga. Wollen die 
Beraleute das erreichen. dann müssen fie dafür sorgen, 
daß die Unorganisierten verschwinden. Das muß 
besondere Aufgabe in den ersten Wochen des neuen 
Jahres sein. 
Weiter mutz für ausreichende Unterstützung, aller 
dedürftigen eingetreten werden. Das ist möglich, 
wenn alle zur Steuerleistung herangezogen werden, 
entsprechend ihrem Vermögen und ihren Einnahmen. 
verade diejenigen die Riesengewinne Tag für Tag 
inheimsen, zahlen dalt keine Steuern. Viele wissen 
zin aoer. womit die menschliche Seee zur Bewältr 
uung ihrer Aufgabe ausgerüstet ist. das ut der 
nenschliche freie Wille, der die Kräfie da einseter 
äßt. wo er es für aut hält. Wir ollen uns die 
Welt unterwerfen, damit sie uns Mittel verde, uns 
lelbst und die ganze Menschheit mmer weicer zu ver 
vollkommnen. Darum ist uns ver Trieb zur Arbei 
ind zum Streven vom Schöpfer rief in die Seele 
gepjflanzt worden und hier wurzelt auch die christlich 
Auffassung vom schönen Berufsgedanken. Einst sind 
vir durch den Sündenfall im Paradies von unsere 
Zeelenhöhe durch eigene Schuld herabgestürzt, und 
nun sollen wir uns wieder vermöge unseres freier 
PVillen und mit Unterstützung wöttlicher dilse and 
Snade emporarbeiten, möglichst vollklkommen werden 
vie es uns das Idealbild zeigt, as anzerstörbat ir 
er Brust der ganzen Menichheit vohnt. OHinauf 
zinaufl ruft es uns immerfort zu, und unser Gewisser 
nahnt uns eindringlich wenn wir etwas Böies tun 
d. h. etwas, was uns auf diesem Wege wieder zurück 
virit und damit zuch gegen den Willen Bottes r 
tößt. — 
So erkennen vir reudig die Möglichkit .et 
ulturellen Aufstieges an sind Kulturoptimisten. And 
e Geichichte der Menschheit legt ja ein beredtel! 
Zengnis für unsere Auffassung ab. daß auch die 
veitesten Kreise, die nicht direkt zu uns gehören 
insere Auffassung doch teilen. Die Geschichte zeigt 
vie eine Generation immer auf dem Erardeiteten der 
orausgehenden weiterbaut und damit die stulturlinie 
nmer im Steigen begriffen bleibt. Wobl kommer 
ich immer wieder Zeiten des Niedergangs und Ver 
iIIs, aber diese drücken meist die Erschöpfung aus 
* z 
Giht es einrn Knunriorrnrunt? 
Die Frage aufzuwerien, ist ehr bedeutsann. Ihre 
Lösung wird nämlich iehr verschieden versucht. ist 
abhängia von der Weltanschauung und besitt aroßen 
Wert für die weitere Kulturbetätigung. 
Eine Richtung behauptet, daß es überhuror inen 
Zulturfortichriti deshalb geben könne. weil die ꝛultur 
an fich ein Uebel sei. Je mehr Kultur desto mebr 
Unglück für die Menschen, und die entschiedene Forde- 
rung kann nur heißen: fort von der Kultur. zurütg 
jur Natur. die allein qut und edel ist und alücklich 
macht. Diese Kulturpessimisten nehmen in der Neu⸗ 
jeit ihren Anfang bei dem Franzoien Rousseau. der 
dor der französischen Revolution in Zuständen wirklich 
tiefer kusturelser Verwobtioiung lebte, wo jeder ollen 
eigenen Wollüsten einer entarteten Kivilisation frönte 
und venn darüber Mif- und Nachveit zugrunde 
dinae. MNach uns die Sintflut? 
Andere behaupien. daß, der Weltlauf sich nur immer 
mKreise wiederhole, daß zin Kulturfortschritt daher 
mmer nur scheinbar sei. Volker und Menschen gnt⸗ 
ieln sich nach ihren Grenzen, und dann folg Ver— 
all und Abfterben. Im Grunde find die Mernchen 
— heute genanu diefelben wie vor Jahrtausenden 
es wiederholt sich mmer wieder.
	        
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