Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Aummer 48 Saarbrilcken, den 2. Dezember 1022 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
Jahrgang 8 
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Erscheint jeden Samstag, für die Mitglieder gratid. — ür wirtschaftli Geschãftsstelle des Saar⸗Berglnappen“, Saarbruͤcken 
Preis: für Zahlstellenabonnenten 0.80 Fr. monatlich ohne 5 e * ,,gee Hhebung St Johannerjtraßze 40. 
e da Vel. vpietiesatruch ergarbeiterstandes FZernsprech-Auschluß: Amt Saarbrücken, Rummer 1530 
v⸗ — 
Pgm Werte der Werbrarbeit 
Vor einigen Wochen stand an dieser Stelle ein 
Aufruf zur lebendigen Tat. Was darunter zu ver⸗ 
ftehen ist wurde in kurzen Strichen dargelegt; Werbe⸗ 
arbeit auf der ganzen Linie. Erfreulicher Weise hat 
die Werbearbeit in vielen Zahlstellen neu eingeisetzt. 
Opferbereite Kameraden suchen die Unorganisierten 
in ihren Wohnungen auf, um sie der gewerkschaftlichen 
Bewegung zu gewinnen. Und was doppelt erfreulick 
ist: die se Werbearbeit brachte bisher schon über⸗ 
raschende Erfolge. Das belebt den Eifer der Werber 
muß aber auch zur Nachahmung in allen Zahlstellen 
anspornen. Dann auch noch: es müssen sich mehr 
Kameraden in den Dienst der Werbearbeit stellen 
Je größer, die Werberschar ist, desto größer gestalter 
fich auch die Erfolge. Das ist klar. Und zudem: die 
Erfassung der Unorganisierten geht schneller 
bdor sich. Das ist sehr wichtig. Schnelles Erfassen 
der Unorganisierten bringt diese eher in den gererk 
schaftlichen Erziehungsbereich, stärkt früher die 
Stellung der Bergknappen gegenüber dem Unter— 
nehmer und dient auch der finanziellen Erstarkung. 
Also; In allen Zahlstellen müssen sich vie hbe Werber 
zwecks schneller Erfassung der Fernstehenden in 
den Dienst der Werbearbeit stellen. Daß auch die 
XRugend bei der Werbearbeit nicht fehlen darf 
ist in dem nächsten Artikel klar gesagt. 
Der Wert der Werbearbeit ist ein vielgestal« 
tiger. Er ist persönlicher und allgemeiner Art. 
Die Werbearbeit ist von Wert für die Bergknappen 
für unsere Bewegung und für die allgemeine Volks— 
sache. 
Wer Werbearbeit vornimmt, muß Rede und Ant— 
wort stehen können. Um das zu können, muß man 
wirtschaftliche und gewerkschaftliche Kenntgisse be— 
sitzen. Also ist der Werber, der erfolgreiche Werber 
zum Studjium gezwungen. Mit Phrasen und Schlag— 
worten vermag man keine befriedigenden, und vor aäͤllen 
keine überzeugenden Antworten und Begründunger 
zu geben. Wer das versucht, gilt als hohler Schwätzer 
wird nicht ernst genommen. Das Aneignen wirt 
schaftlicher und gewerkschaftlicher Kenntnisse ist von 
aroßem perfönhichem Wert. Ein Ardeiter, der 
darüber verfügt, kann überall mitreden, und was 
noch wertvoller ist, überall mitberaten. Das trägt 
Achtung ein, auch von Seiten der Nichtarbeiter. Neu— 
lich sommt ein Kamerad zu mir, der jahre: ang Verde⸗ 
arbeit schon leistet, und sagt freudestrahlend: „Es ist 
doch eine schöne Sache mit der gewerkschaftlichen und 
wirtschoftlichen Schulung. Wenn man die besistzt 
dann kann man doch üherall mitreden. War ietzt 
eine Zeitlang in einem Heilbade, in dem Potienten 
aus allen Schichten waren. Kam die Rede auf wirt— 
schaftliches Gebiet, dann brauchte ich nicht zu schwei— 
gen, konnte manche Unr'chtigkeit Lorrigieren, weonn 
von der Zweckmäßigkeit der Gewerkichaften gesprochen 
wurde. So konnte ich einmal dem Verständnis rür 
die christliche Gewerkschaftssache dienen. dann aber 
auch den Beweis erbringen, daß man nicht zu schwei— 
gen braucht, wenn wichtige Lebensfragen des Volks 
besprochen werden, weil man Arbeiter ist. Das konnte 
ich aber nur. weil der Funktionärposten in unserer 
Zablstelle der mit viel Werbearbeit verbunden war 
mich zum Studium gewerkschaftlicher und wirkschaft⸗ 
licher Fragen zwang. Das Benehmen der übrigen 
Vatienten. die keine Arbeiter waren mir gegenüber 
zeugte von großer Achtung. Das löste in mir doch 
ganz andere Gefühle aus, als wenn ich über die 
Schulter angesehen worden wäre.“ Das vom persön⸗ 
lichen Wert der Werbearbeit für den Werber seibst. 
Die Werbearbeit ist aber auch für das durch fie 
gewonnene Mitalied von erbeblichem persönlichem 
Wert. Es erwirbt sich mit der Mitaliedschaft den 
aewerkschaftlichen Sch uv der vielgestaltig ist. Es 
erwirbt sich Anspruch auf die gewerlschaftlichen Unter⸗ 
stütrungen den Rechtichutz den Rezug der Zeitschrift: 
es tritt ein in den gewerkschaftlichen Erziebungskreis, 
mird ein „Komerad“ der übrigen Gewerkschaftler. die 
sich mit ibhm nun solsdarisch verbunden fühlen. Das 
alles ist für das neu gewonnene Mitglied von per 
zänlichem Wert. Es ist eingetreten in eine Jam 
deren Glieder sich ihm nunmehr verbunden fühlen, die 
seine Sorge zu der ihrigen machen. 
Der Wert der Werbearbeit für unsere Bewegung 
liegt in der Vermehrung der Mitgliederzahl, der 
tinanziellen Stärkung, dann vor allem in der Schwö- 
chung der Stellung der Unternehmer durch Vermin 
derung der Unorganisierten, in der größeren Kraft⸗ 
konzentration auf die Ziele der Bewegung. Eine 
große Unorganisiertenzahl ist ein böses Hindernis 
für den bergmännischen Aufstieg. Zur Genüge hat 
das die Geschichte bewiesen. Gewerkschaftliche Betö— 
tigung dient der wirtschaftlichen, geistigen und kultu 
rellen Höherführung des Bergmannsstandes. Daher 
ist Stärkung unserer Bewegung durch Werbearbei 
3 unschätzbarem allgemeinen Werte für die Berg 
eute. 
Eine große Unorganisiertenmasse ist auch eine 
Gefahr für die Volkssache. Auch das hat die 
Geschichte bewiesen. Bis zur Revolution war das 
Heer der Unorganisierten riesengroß. Riesengroß 
—XD0 
das Schlagwort. die nur Unbheil arnrichten, finden 
unter den Ungeschulten gläubige Aufnahme. Nie— 
mals hätten Kommunisten und Unionisten die wirt— 
schaftlichen Erschütterungen anrichten können in 
Deutschland, wenn nicht ungeheure Arbeiterscharen 
der gewerkschaftlichen Erziehung vorher fern gestan⸗ 
den hätten. Daß es anderseits doch nicht zu russischen 
Zuständen in Deutschland kam, ist der Einsicht der 
newerkichaftlich Geschulten und Erfaßten zu danken 
Wenn also durch gewerkschaftliche Erfassung und 
Erziebung unvernünftiger wirktschaftlicher Erschütte, 
rung. des Mißbrauchs der Arbeiter für politische 
Hirngespinste entgegen gearbeitet wird. dann ist das 
wertvollster Dienst für die Volkssache. So ist die 
Merbearbeit. die auf Erfassung der Anorganisierten 
die Erziehung der gewonnenen Mitglieder zu Ge— 
wer schaftlern binausläuft, von außerordentlichew 
Wert für die Volkssache. Gewerkschaftliche Werbe—⸗ 
arbeit ist Dienst an der eigenen Person, Dienst an 
anderen, durch agleiches Schicksal verbundenen Ver— 
jonen, Dienst an der gewerkschaftlichen Bewegungç 
und Dienst an der gemeinsamen Volksioche 
Opfer zu bringen, beachtet nicht das Gebot der Mäßi 
gung, bäumt sich auf gegen die Autorität. In den 
Wirrnissen dieser Zeit müssen wir als Jugend unserr 
Blick auf die alten wackeren Vertrauensleute richten 
Es ist doch geradezu bewundernswert, wie diese Ka— 
meraden unter den schwierigsten Verhältnissen für 
ihren Stand zu Jämpfen verstehen und die größten 
Opfer bringen. Ihnen sind nicht so mühelos wie untß 
Boͤrteile in den Schoß gefallen. Ja, meine lieben 
Freunde, wir leben doch heute als Jugend von den 
Erträgnissen der Arbeit unserer älleren Kameraden. 
Und diese älteren Kameraden sind es heute noch, die 
uns kämpfend vorangehen und den Weg zeigen, den 
auch wir gehen müssen. Unsere Pflicht ist es, durch 
Besolgung des heutigen Sammelrufes diesen Hame 
daden unjeren Dank abzustatten. Uns obliegt die 
Pflicht, mit größtem Eifer die Werbearbeit 
gerade in der Jetztzeit unter den jun— 
gen Bergleuten zubetreiben. 
Es ist in Wahrheit für die Arbeiterschaft Gefaht 
im Verzuge. Wir haben doch in den letzten Wochen 
gesehen, wie man in Frankreich an der Beseitigung 
des Achtstundentages arbeitet. Auch in Deutschland 
arbeiten einflußreiche Kreise an diesem Ziele. Hier 
im Saargebiet mußten doch gerade wir als Jugend 
in den letzten Monaten spüren, datz man die alten 
Behandlungsmethoden wieder einführen wollte. Ge— 
rade unter der Jugend wollte man dadurch den ge⸗ 
werkichaftlichen Gedanken verekeln. Verschlechterung 
des Lohn⸗- und Arbeitsverhältnisses würde die Folge 
sein, wenn die Jugend ihre beste Zeit mit unnstigem 
Krimskrams vertrödelte und der gewerkschaftlichen 
Pflichten vergäße. Unsere Zeit müssen wir gerade jetzt 
zur Schulung ausnutzen. In allen Bezirken bietet sich 
dazu Gelegenheit in den eingelegten Unterrichts 
kurssen. Eine solche Bildungsmöglichkeit darf kein 
vorwärtsstrebender junger Kamerad versäumen. Auch 
in den Zahlstellenversammlungen muß die Jugend 
sich dege beteiligen. Dort müssen wir uns Aufschluß 
verschaffen, wie es um die Sache der Berg— 
leute eigentlich steht. Sodann sind die Winter— 
abende vorzüglich zum Studium unserer Bßeit, 
schriften „Saarbergknappen“ und Knappenjugend 
und Gewerkschaftsliteratur geeignet. In unserem 
Gewerkschaftsverlaa in Saarbrücken ist für billi— 
53 reichhaltige Literatur erhältlich. All 
— 4926820 müssen, wir ausnützen, um uns für dire 
Juzend, hereus guuf die Scanzen Aufgabendurchtühruna in späterer BSeit vorzube 
*53 reiten. Studium der Gewerkschaftsliteratur ist auck 
Ein jüngerer Kamerad schreibt uns notwendig, um die Gewerkschaftsbewegung voll ver 
In der jüngsten Zeit waren einige Rummern un stehen zu lernen. Wenn wir diese unsere Bewegunt 
eres Saat Beargtnodpen der Werbearbeit geridmet kennen, dann, ist auch die Vereitschaft vorhanden. ihi 
In vielen Nctikein urde zezeigt was der Jewert mit allen Kräften zu dienen. Berufs, und Standes 
dafiliche Zusainnenischiut demn Vergmannsstande an ragen müssen uns mehr wert sein als Sportfragen 
hHorleilen debracht hat Wir haben über auch daraus Die Jugend, die Sportfragen an erste Stelle stellt 
ersehen kennen, daß an die Arbeiterschaft gang andere wird unvorbereitet in den Aufgabenkreis des Mannes 
Amorderungen heute gestellt werden wie rübet Die glters hineinwachsen. In, dieser Frage müssen wir 
Arbeiterschaft ist in einen erweiterten Aufgabenbereick klar sehen. Wir müssen der Welt zeigen, daß wir 
neingeachlen, der größere Verantwörtung fordert wollen was wir wissen. aber auch wissen, was wi 
Aber auch etwas anderes haben wir gegzeigt erholten wollen. 
daß die Feinde der Arbeiter wur, des —— Viele junge Kameraden stehen noch Außerhal! 
varten, die Arbeiter wieder zu Wirtschaftssklaven zu unserer Organisation. Für uns als Jugend 
nachen. Dieser Gefahr muß degegnet werden. Daher bedeutet das gerade keine Ehre, aber 
nich heute der Sammieltufe Jugend. heraus auf die e,ine sehr Kroke, Gefahr,fü, unser 
Schanzen! Zukunft. Also heraus auf die Schan— 
Liebe Freunde! Den Ernst des Lebens müssen wir Fen als Werber und die iungen Kame— 
uns son srüt klar nahenewir haben im Leben Faden in den kommenden Tagen unz 
aroße Aufgaben zu erfüllen. Nicht zum Scherze stehen Wochen restlos für unsern Gewerk— 
ir“ im Leben sondern um einen aroßen veiliger vereinerfaßt. 
Kampf zu kämpfen. Tiesen können wir nur min Wer sicher seinen Weg auf ein Ziel verfolgt, er— 
guten Waffen bestehen. Deshalb müssen wir als Ju wirbt sich Achtung und Vertrauen. Verjenige aber 
dend uns erstens bilden und schulen und zweitens der heute dieses und morgen jenes will wird fich 
etzt schon praktische Mitarbeit in unserer Gewert. niemals Vertrauen erringen können. Achtung und 
chaftsbewegung leisten. Ohne Pflege und Bildung Vertrauen bilden auch die sicherste Grundlage füt 
kann Großes nicht geleistet werden. Wollen wir alje Erfolge im praktischen Leben. Ein Ziel bhaben, be 
einst Großes vollbringen, die uns auferlegten Pflich deutet Charakter haben. Unser Ziel und unsere 
ten erfüllen. dann mußz heute schon unsere gonze Aufgabe muß sein: an der Bessergestaltung unseres 
Arbeit auf dieses Jel eingestellt sein. Uns als Ju- Standes mituarbeiten. Wenn wir uns in unseren 
gend ist uns die Aufgabe gestellt, an dem Gewerk. Stande umsehen. dann finden wir, daß aerade un⸗ 
schaftswerke unjerer Vater weiterziwauen. Stillstand noch manche rbeit obliegt. Wir nennen und bewuß 
im Leben bedeutet Rückichritt. Genau ist es mit der christlich. Damit sind auch besondere Pflichten ver 
Bewerkjchaftsbewegung. Alio oblieat uns die Pflicht bunden Die größte Pilicht ist, einen besseten Geif 
das Werk unserer Valer vorwärts und aufwärts zu innerhalb der Menschheit wecken pfiegen und us. 
freiben. Leider ist mancher junge Kamerad heute breiten zu helfen. Eine besondere Pflicht baben wir 
richt pvom richtigen Geiste beseelt. Er iträubt sich als Maend in unserer Saarheimat zu erfüllen
	        
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