Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Seite 2. Nr. 4. 
Der Artikel sorgt auch für etwas Humor. Es heißt 
arin, daß das Fallen der Kohlenpreise auch ein 
Fallen der Lebensmittelpreise bedeute, das Steigen der 
dohlenpreise aber ein Steigen der Lebensmittelpreise 
Biermal, im Laufe des Jahres, so erklärte Herr 
Direktor St. Clairede Vrlle, der von der gejam. 
ten Tirektion, sowe, it wir die Herren persönlich ken— 
den gelernt haben, nach Weggang des Herrn Direk— 
ors Daum bis jetzt das meiste Verstindnis 
ür die Lage der Bergarbeiter gezeigt hat. ist im 
Fahre 1921 der Kohlenpreis abgebaut worden. Zwei— 
nal allein auf Kosten der Bergarbeiter, und die Le— 
»ensmittel im Saargebiet sind trotz Abbau der Koh— 
enpreise gang gewaltig gestiegen. Das ist ja auch er— 
lärlich, ja selbstverständlich, weil das kleine Saar 
zebiet jaggar keinen, Einflusß auf den gllgemei— 
nen Weltwirtschaftsmarkt ausüben kann, ja selbst kei— 
ien Einfluß auf den eigenen Markt hat. So be · 
rug z. B. die Teuerungsziffer für das Saargebiet im 
MNärz 1921 1095, Oktober 1502, November 2209 und 
m Dezember 2479. Tas sind schallende Ohrfeigen 
ür den unkundigen Scribifarx im „Saar-Kurier“. Der 
seferent, so schreibt der „Saar-Kurier“ weiter, hätte 
n der Neujahrsversammlung nicht logisch gesprochen. 
kr hätte die Krise anerkannt, die Kohlen zu teuer 
jefunden und es nicht für nötig gehalten, den Leuten 
uu sagen, daß die Gehälter der Bergleute gekürzt 
verden müßten. Ter Schreiber des Arfikels im frau— 
ösischen Teil ist neugierig, zu erfahren. welches 
Wunder wir anwenden wollen, um die Kohlenpreise 
u, senken. Nun, wir haben oft genug Mittel ange— 
jeben, zunächst können mal die höhen Gehälter 
»er obersten Beamten abgebaut werden; in der 
LBerwaltung sind sehr viele Unproduktive Kräfte, 
yie letzten Endes abgestoßen werden können. Wir sind 
er Ansicht, daß innerhalb der Verwaltung noch viel 
zespart werden kann. Die Unkosten für Reu— 
Auten dürfen nmicht auf die Produktionskosten der 
dohle geschlagen werden. Die Wohnhäufer find doch 
Sigentum der Werksverwaltung, sie stellen ein 
besonderes Vermögen dar. Und dann kann,— 
das haben wir schon oft genug betont — die Koh— 
ensteuer noch gesenkt werden. 
Im Artikel wird gefragt: Gibt es eine Krise? Ja 
»der nein? Wir antworten: Ja, es gibt eine Krise 
m Saarberghau. Dann wird weiter gefragt, weiche 
Deittel und Wege gibt man an, um diese Krife zu 
eheben? Wir antworten: Auch da haben die Saar— 
ergleute schon länast eine Antwort drauf gegeben, 
och der „Saar⸗Kurier“ hat ein so furchtbat kurges 
svedächtnis. Deshalb müfsen wir dieses Gedächtnis 
iuffrischen. Zunächst wollen wir nochmals feitftellen. 
aß wir diese Krise im Kohlenbergbau nicht herauf⸗ 
eschworen haben. Wer will es leugnen, daß wir 
Deittel und Wege angegeben haben, um die Krise 
ehr lange hinauszuschieben, damals wurden wir qaus— 
zelacht. Darüber sind sich heute doch wohl alle Volts- 
virtschaftler klar, daß die Krise im Kohlenbergbau des 
Saargebiets noch nicht in Erscheinung getreten wüũre, 
venn die Verwaltung auf uns gehört hätte. Und 
venn wir heute fordern und immer wieder den 
Wunsch aussprechen, daß die Verwaltung, die diese 
drise mitverschuldet hat, dafür Sorge trägt, daß die 
Arbeiter nicht so empfindlich getroffen werden, daß 
ie sich sozial fortschrittlich zeigt, dann entfpricht das 
anz dem franz. System, denn Frankreich verlangt 
a auch immer, daß der als schundig Bezeichnete die 
janzen Kosten tragen muß. Es ist und bleibt ein 
Inrecht, wenn seitens der Verwaltung die Krise in 
er Weise ausgenützt wird, wie es in lester Zeit ge— 
chehen ist. RKündigungen, hohe Bestrafun— 
zensschlechte Behandlung usw. Der Gewerk— 
xrein hat in der Zeit der besten Konjunktur auch 
richt mit Gewalt alles durchzusetzen versucht, auch 
Lerständnis gezeigt für die Entwicklung des Berg. 
aues; infolgedessen hat die Verwaltung auch jetzt 
die Verpflichtung, die Härlen der Krife mitzu⸗ 
und fie den Arbeitern nach Möglickfeit zu ér⸗ 
eichtern. 
Was nun die Behebung der augenblicklichen Krise 
inbelangt, so sind wir auch hier bereit, Mitlel und 
Wege anguführen, um aus diefem Wirrwarr heraus⸗ 
ukommen. Es gibt ein Allheilmittel. Die französi⸗ 
che Bergwerksdirektion und die Saarregierung brau⸗ 
hen nur unsern Ruf in Paris zu unterstützen, der da 
autet: Verzicht guf die deutsche Repa-— 
ationskohle“. Wenn Frankreich auf die deut⸗ 
chen Reparationskohlen, die zu Schleuderpreisen auf 
den französischen Markt gewoörfen werden, verzichtet, 
dann ist die Krise im französischen Berghau, geuau i0 
mut wie im Saargebiet, behoben. 
Der Gewerlverein hat im hiesigen Gebiet die rich— 
ige Politik eingeschlagen. Nur vernagelte Menschen, 
die sich auf ein bestinuntes Ziei eingestellt haben, fin⸗ 
)en an der, Taktik des Gewerkvereins etwas auszu- 
etzen und sehen überall Gespenster, wo keine sind. 
Dit einer Politik, wie sie der SoarKurier⸗ beliebt, 
st der Bevölkerung und ganz' besonders den Saar⸗ 
dergleulen nicht gedient. Hoffentlich fieht das auch 
dald die Bergverwaltung ein. Sie hat' mit einem so 
zewaltigen Faktor, wie der Gewerkverein ihn dar⸗ 
tellt, zu gechnen und die Echwierigkeilen, die die Krise 
owohl für die Verwaltung wie fur die Ardeitcischaft 
elbst bringt, können am besten behoben werden, uenn 
in gegenseitiges Sichverstehen Platz greift. 
Dieses darf aber nicht lediglich auf Kotten der Ardeng 
Der Saar⸗Rergknavver 
geschehen. Die Wünsche und Forderungen der Or— 
anisationen können nicht, wie es in letzter Zeit im— 
ner geschieht, mit einer Handbewegung abgetan wer— 
»en, dürfen auch nicht immer als unberechtigt bezeich 
ret werden, wenn der eine oder andere Beamte, der 
daran Interesse hat, sie in seinem Interesse so 
ennzeichnet. Nicht mit Fanatismus, wie der „Saaur⸗ 
durier“ es besorgt, ist das Volkswohl im Saargebiet 
u fördern, sondern lediglich durch ein Handinhand- 
erbeiten, wie es in Teutschland zwischen Arbeitgeber 
ind Arbeitnehmer geschieht, und der Gewerkoerein 
m Saargebiet es stets angestrebt hat. 
Eamstag. 28. Januar 1922. 
enigen Aufklärungen auf wirtschaftlichem Gebiete zu 
jeben, die es ihm ermöglichen, die Arbeiterschaft in 
er notwendigen Weise zu belehren.“ Selbstverständ— 
ich muß der Vertreter der Arbeiterschaft im Betriebs- 
ut sich ausschließlich von sachlichen Interessen leiten 
asfen; alle sonstigen Spekulationen. etwa rein egoi- 
tischer und vor allem politischer Art. müssen ausge— 
chlossen bleiben. 
So muß die Gemeinschaftsarbeit die ge— 
amte Wirtjschaft durchtränken; sie muß allerseits 
uneäügennützig und ehrlich gemeint sein. Nur 
o wird fie tatsächlich zu einem Mittel des Wie⸗- 
deraufbaues von Wirtschaft, Volk und 
aterland. 
Drei Jahre industrieller 
Arbeitsgemeinschaft 
Am 8. November 1921 waren es drei Jahre, seit⸗ 
em durch ein umsassendes Abkommen zwischen 
»en Verbänden der industriellen Arbeitnehmer und 
Arbeitgeber der Grundstein gelegt wurde zunächst zu 
der zentralen Arbeitsgemeinschaft. die dann 
n den Reichsarbeitsgemeinschaften für eine Reihe 
von Berufszweigen ihren weitern Ausbau erfahren 
at. Hier schworen die Arbeitgeber ihren lang ge⸗ 
vahrten Herrn-im-Hause-Standpunkt ab, die soziali—- 
tischen Arbeiterverbände gaben praktisch ihren Klas-⸗ 
enlampistandpunkt auf, indes die christlich nationalen 
Arbeiterverbände ihre Auffassung von der Gewerbe⸗ 
olidarität bestatigt fanden. Eine Menge nützlicher 
Arbeit haben die industriellen Arbeitsgemeinschaften 
isher geleistet Aber auch an Schwierigkeiten hat 
s bisher nicht gefehlt. Auf beiden Soiten drangen 
mmer wieder Hemmnisse durch jene an die Ober⸗ 
läche, die sich innerlich immer noch nicht mit den 
Arbeitsgemeinschaften abfinden können, so nämlich, 
»aß aus der formalen Arbeitsgemeinschaft tatsächlich 
ine bewußte, von dem Gedanken wahrer Gewerbe— 
ind Berufssolidarität getragene industriesse Gemein— 
chaftsarbeit wird. 
Umfenen idealen Zustand nach menschlicher Mßq— 
ichkeit zu erreichen, muß sowohl im Lager der Ar—⸗ 
eitgeber wie der Arbeitnehmer noch eine inten— 
ive Erziehungsarbeit geleistet werden. Mit 
merkennenswerter Offenheit gestand dieser Tage aurf 
iner Veranstaltung der deutschen Arbeitgeberverhönde 
9— 
Knappschaftliches 
Aus dem Saarbrücker Knappichafts⸗ 
verein 
In der Sitzung des Knappschaftsvorstandes vom 6. Jan. 
rnahm Herr Berghauptmann Franzen zu dem EStreit 
im die Kündigung des Rüchersicherungsvertrages Stel— 
ung. Seine Ausführungen wurden don dem Sozialbüro 
er Borgwerksdirektion in Rundschreiben den Knappichats- 
btesten und der Taogespresse zugestellt. Das Büro er— 
uchte uns durch Schreiben, dieses Rundschreiben zum Ab⸗ 
ruck zu bringen. 
So sehr wir die Mitarbeit der Bergwerbsdirektion am 
Saarbergknappen“ begrüßen, müssen wir es uns versagen, 
as Schreiben wörtlich zum Abdruck zu bringen, sondern 
die markanteften Stellen aus demselben herausgreifen und 
nsere Ansicht dagu äußern. 
Wenn in dem Schreiben angeführt wird, „die Kündi⸗ 
sung des Rückversicherungsvertrages zum knappsfchaftlichen 
tückversicherunggsverband Charlottenburg, seitens des 
borstandes des Saarbrücker Knappfchaftsvereins habe eine 
tarke Erregung und Beunruhigung in den Kreisen der 
Bergarbeiter hervorgerufen, weil man der Meinung ist, 
daß mit dieser Kündigung der Rückversicherung auch die 
Frage der Freigzügigkeit im engsten Zusammenhange stehe“, 
o stimmt das. Irreführend ist aber die Behauptung, daß 
»er Vorstand die Rückbersicherung gekündigt hätte, son⸗ 
dern das Oberbergamt hat durch einseitige dem 
Rechtsempfinden der Bergarbeiter widersprechenden Weise 
inter Außerachtlafsung der elementarsten progessualen Vor⸗ 
chriften, worauf wir an anderer Stelle zurückkommen, 
einen Beschluß gefaßt, der den versagten Vorstandesbe⸗ 
chluß ersetzen soll. Die Rechtsgültigkeit des Beschlasses 
o3 O. B. A. steht in Frage. 
Ueber den engen Zusammenhang zwischen 
Rückversicherung und Freizügigkeit haben 
vir soviel geschrieben, daß uns jedes weitere Woct über—⸗ 
lüssig erscheint. Will die Bergwerksdirektion unseren 
lusführungen, die von ihr sachlich noch nicht widerlegt 
den keinen Glauben schenken, so verlange man erst vecht 
nicht, daß wir der Bergwerkedireltion und dem O. B. A. 
n Herlin der r idretter dr Vee zuch nur ein Wort glauben und wenn uns jedes Wort 
älischen Sprena stoff⸗A.⸗G. * — 53 zoch und heilig auf seine Richtigkeit versichert wird. Der 
Internehmertum in weiten Schi en be arf kauni Abgrund zwischen Arbritgeber und O. B. A. einerseits und 
peniger dieser Erziehung als die Ibe weept en Knuppschaftsmitgliedern und ihren Vertretern ander— 
3 inetee dansen — rr 5 b8 eits durch die Art des Veraebens beider unüberbrückbar 
d — jeworden. 
ommen. Wenn auch die Revolution mangels genü— sers Zauffasi 
A n e eg ee eeee e eree 
ner zunächst in einem reinen Lohmforderungskampf —8 —* —IX ald⸗ 
erpuiste, so dürfen die tiefen etischen Kräfte, die in he ai deg zr rven —— 7 e— 
en Forderungen der Arbeitnehner zur Hebimag, ihrer ie berre ng e — 8 
— . ozee 
Aosse zäh umd umbeirrt wirkten, nicht unerschäut oder h arehhr n p51 ad en 
»erkannt werden. Ebemowenig darf ober auch ver⸗ehte unde die Frei4431 teit“ Zu Iree 
onnt werden, daß mit — Zertrümmerunghden.“ narg 
zirtscha J J et jd 8 
mserer, Wirgchoft dieses ethiet Ziennnicht 9 In einer Eutschließung wird zum Aucsdruck gebracht, 
eichen ist. Nicht nur das Volk. sondern auch die ie gebro 
grundlagen uneres ganzen Wirtschaftslebens müssen dir Icpecr onfereng des Verbendes der Bergarbeiter 
iach neuen Richtungen und auf neue Ziele eingestellt dtg trennungdes Saarbrücder Kwappe 
ne den. Sies aber ist nur öquch durch Erziehung wereins von dem Rücversicherungs« 
ier im Wirtschaftsleben tätigen Kräfte. arn dn Den a ie große Gefahr 
Der Gedanke der industriellen Gemeinschaftsarbeit, —*58* —ã i i e ee 
zer, Serufssolidarität aller in einem, Unternehmen a rün e en n e e 
zeschaftigten Kreise kann ,aber der Wirtichaft nicht hrren erblitt vVer⸗ 
eiwa von oben hep. durch die zentralen Arbeitsge - Tant stein ins einbeitri 
neinschaften, gewissermaßen, aufgepfropft werden nt steht eine einheitriche Rechtsauffassung 
dern er muß von unten auf gepflegt 8 noappschaftemitgliedet der Auffassung vom O. B. 
berden, um sodann durch alle Instanzen des Berufs- ene Arbeitgeber gegenũber. Fedes weitere Wort mi 
eee nun ver beruüflichen Selbstverwaltung von berflüssig. 
nten noch oben bindirrchiwachten, Tie Keinaelle Wenn weiter mitgeteilt wird, daß „das preußische Knapp⸗ 
ur une derartige Entwicklung muß der Betriebiß. aftsgesets vom 17. Juli 1912 in 8 82 für die preußschen 
rat sein. Ueber diese Einrichting der Betriebsräte duappschaftsvereine die Freizügigkeit regele, von mudver 
uis einem Weqge der Zusammenarheit von Arbeit- icherung in diesem Znicht die diede sei und die deuischen 
ebern und Ardeitnehmern unter vielen äußerte sich nappschaftsvereine die Freigügigleit durch verschiedene 
dr. Müller u. a. folgendermaßen: „Wohl hat das Lerträge regele“, so bedeutet das eine Verkennung der 
Bejetz dem Unternebmertum viele Fesseln und Hem— vahren Rechtslage und der Schwierigkeiten, die bei der 
rungen angelegt, die auch unangenehme Wirkungen berigen vertraglichen Regelung zu überwinden waren, 
nuf die Wirtschaft baben: aber das eine darf jch aus Bürden nach Aufhebung der verträglichen Bestimmungen 
neiner eignen Praris wohl betonen, daß dem Arbeit- aur die geseblichen Bestimmungen in Frage kommen, so 
jeber in dem Betriebsrat ein Organ in die Hand vürde die Freigügigkeit sogar zwischen den Knappichaits- 
egeken ist. durch welches er sich über die Stimmumg Xxeinen der Pfalg (Frankenholger und St. Ingaberter 
ind Wünsche der greßen Menge seiner Arbeiter dnappschaftẽverein) einerseits und dem Suarbrüder 
inler ichten kann. Wo der Betrichsrat sich im Sinne dnappschaftswerein anderseits aufgetoben, weil die gejetz⸗ 
es Eesebes zu einem Organ der Mitarbeit entwickelt che Grundlage für die drei Vereine eine verschiedene ist. 
vird er besonders dazu berufen sein können, den Gewiß ließe sich zwischen den zwei Knappschaftsvereinen 
zusammenhang zwischen Sozialpolitik und Wirtschaft »er Pfalz und dem Saarbrücher Knappschaftsrerein eine 
n die Tat umzusetzen. Abgesehen von der gesetzlichen Irt Gegenseitigkeit vereinbaren, aber man denle üch ein 
oflicht halte ich es daher quch ganz allgemein ür ein nal, der Saarbrücker Knappschaftsverein und die zr. ei 
dirtichnfissiches Erfordernis dem Betriebspat die- bfälger Vereine müßten nun mit allen deutschen Knappa 
MM—
	        
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