Uummer 40
Saarbruücken, den 7. Oktober 1922
Sahrgang 8
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Organ des Gewerkvereins christl. Vergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
ẽ̃ cscheint 7 —E für die Mitglieder gratis. 2 Für wirtschaftliche A Hebung Geschaftsitelle des Saar⸗ Bergknappen⸗ Saarbrücken sn
Preis: für Zahlstellenabo ten 0.80 Fr. natlich oh St. Joh rstraße 49.
e e * e des Bergarbeiterstandes Zernsprech- Anschluß: —— 1680.
2*
von unseren Grundsützen
wenn die Arbeit mit Gott verbunden wird, dann
wird sie zur Religion. „Bete und arbeite!“ sagt das
Christentum. Die Anhänger von Marx aber haben
das Beten verlernt. Arbeit aber ohne Gebet ist Fluch
und führt zur Flucht von der Arbeit. Und daß heute
so viel Menschen die Arbeit fliehen, um auf Kosten
der Arbeit anderer zu leben, das ist das Unglüch
unserer Tage. W. W.
— Doooo—————
Arbeit
Alten wären dann für die Zukunft umsonst gewesen
Die alten Kämpfer unserer Bewegung werden sagen:
„Das darf unter keinen Umständen geschehen!“ Ganz
recht! Unsere Jugend muß vor bereitet werden
auf die Aufgaben, die ihrer harren. Frühzeitig muß
der Sinn für ernste Lebens- und Berufsfragen in ihr
geweckt werden. Wer soll das tun? Unser Gewerk.
verein hat dazu seine Jugendbewegung ins Leben
gerufen. Soll diese den rechten Nutzen bringen, dann
müssen die alten Kämpfer auch in ihr mithelfen. Die
dringende Parole lautet: Rege Mitarbeit der
alten Kameraden in der Jugendbewe—
gung.
Meine alten Freunde! Nimmt euch stets u. überal
der Jugend an und lenkt sie mit euerem Beispiel au
ihre eigentlichen Lebens⸗ und Berufsaufgaben hin.
SGewiß, die Jugend ist, meist flatterhaft.
Bald fliegt sie hierhin, bald dahin.
Bald erkennt sie dieses für richtig an, bald jenes. Es
ehlt halt noch die Beständigkeit des Willens und die
Moͤglichkeit des richtigen Erkennens. Solche Flatter—
hafügkeit ist eine Gefahr für die Gewerkschaften.
dauft die Jugend unorganisiert durchs Leben, dann
stärkt sie den Zeinden der Arbeiter —
venn auch unbewußt — den Rücken und
wächst unvorbereitet in den Aufgabenkreis
des Mannesalters hinein. Hier mülssen
unsere alten Freunde eingreifen. Sie müssen der
Jugend erzählen, was sie in ihrem Leben als Arbei—
der durchgemacht haben. Erzählen von den bösen Zu—
ftänden einer früheren Zeit, und wie erst durch das
Finsetzen und Erstarken der Gewerkschaften die schlim—
men und drückenden Verhöltnisse. unter opfervollen
Kampfen nach und nach beseitigt wurden. Es muß
so der Jugend greifbar deutlich nahegebracht. werden,
daß die heutigen Verbältnisse nicht von selbst heran⸗
reiften, sondern großer Opfer und mühevoller Kämpfe
bedurften. Die Jugend muß lebendig an Beispielen
erfassen lernen, daß solche Errungenschaften wieder
verloren gehen, wenn die Arbeiter nicht von jung auf
sich gewerkschaftlich betätigen und sich geistig schulen
zur Beherrschung wirtschaftlicher und gewerkschaft⸗
lcher Aufgaben. Tun das unsere alten Freunde, dann
beweisen sie, daß sie Interesse an unserer Jugend und
deren Zukunft haben. Wohl sagt man, Jugend kennl
keine Tugend. Jedoch, bei allen beklagenwerten
Auswüchsen der Neuzeit, es gibt noch einen guten
Teil der Jugend, der auch noch Tugend kennt. Suche
daher du als alter Kämpfer das schlummernde Tu—⸗
gendfeuer unserer Jugend zu heller Flamme zu ent⸗
fachen. Gehe hinein in die Jugendversammlungen
und spreche aufmunternde Worte zu unserer Jugend!
Erfafse die Jugend für den Gewerkverein und die
Jugendabteilungen!, Sei unserer Jugend allüberall
ein wahrhaftiger Führer, rüge mik den rechten Wor⸗
len Tadeinswertes, spare aber auch nicht mit deinem
Zobe da wo es angebracht ist, suche durch Güte die
Anebenheiten ihres Charakters auszugleichen! Durch
solches Vorgehen hilfst du sie zu denkenden Menschen
erziehen und machst sie anhänglich; denn du stößzt sie
nicht ab, sondern ziehst sie an. So mußt du ein Agi«
dalor unserer Jugendbewegung sein. Selbstver
ändlichkeit muß es sein, daß deine jungen Söhne
tatige Mitarbeiter unserert Ingendbewegung sind. Ge⸗
winne auch deine jungen Arbeitskameraden für unsere
Jugendbewegung. Wenn so alle alten Kameraden
für die Jugend und deren Zukunft wirken, dann wird
es um diese gut beftellt sein.
unsere Jugend muß auch in gewerkschaftlicher Be⸗
ziehung aufgeklärt und beiehrt werden. Auch hiet
bielet sich den alten Kameraden ein dankbares Taätig⸗
keiisfeld. Frühzeitig muß die Jugend über ihre ge⸗
werkschaftliche Richtung und deren arundsätzliche Ein⸗
fletlung Bescheid wissen. Wer ohne genügende Kennt⸗
ns dieser Grundfragen ins Mannesalter hineinwöächst.
wird nicht fest stehen. Ein heftiger Sturm macht ihn
wonkend fegt ihn hinweg. Das junge Gemüt ist em.
pfänglich. Belehrt daher die Jugend, warum wir ung
qhrisi lich nennen und macht sie mit unseren
Grundfätzen vertraut. Das prägt sich dem jun—
gen Gemüt ein, wird Dauergut. Und wenn dann die
Jugend euer gutes Beispiel, das mehr noch wirkt als
Worte, ständig vor Augen hat, dann wird sie sich
sagen: „Die Gewerkschaftsbewegung, die Männer zu
solch edlem Tun oanspornt, muß etwas wertvolles sein
Unsere christliche Gewerkschaftsbewegung ist grund
fätzlich ganz anders eingestellt, wie die sozialdemo—
kratische Die grundsätzliche Stellung der
oagenannteg „freien“ Gewerkschafts—
ewegungistvon der Sozialdemokratié«
best im mt worden. Der Geist in der politischen
Sozialdemokratie ist zugleich auch der führende Geisi
in der „freien“ Gewerkschaftsbewegung. Vieser sozial·
demokratische Geist war auch die Ursache zur Grün⸗
dung der christlichen Gewerlschaftsbewegung. Die
christlichen Arbeiter hatten ursprünglich keine Sonder—
gelüste. Sie wurden aber durch den sozialdemokra⸗
tischen Geist aus den „freien“ Gewerkschasten heraus
getrieben. Dieser hat die Sprengung der Einheits-
front der Arbeiter auf dem Gew'assen.
Die freien Gewerkschaften erklären: Religion ist
Privatsache. Bei dieser unheilvollen Einstellung bleibt
es nicht. Sie stehen sogar in Kampfstellung
zur christlichen Religion. Wir dagegen
sagen: Religion ist nicht nur Privatsache; Religion
ist Volkssache; Religion ist nicht Nebensache, sondern
Keligion ist die Hauptsache, nicht nur im stillen Privat⸗
kämmerlein, sondern ebenso sehr im Wirbel des
Wirtschaftslebens. Hier sehen wir den er sten und
tiefsten Gegensatz zwischen unserer und der sozial⸗
denokratischen Gewerkschaftsbewegung, Der gruͤnd⸗
sätzlichen Religions fendlichkeit setzen wir die
grundsätzliche ReligionsSfreundlichkeit gegen ·
ber. Wohin die Mißachtung der christlichen Reli⸗
—A im Wirtschaftsleben sührt, haben wir in
en Jletzten Jahrzehnten zur Genüge erfahren. Wenn
die Gewerbefreiheit sich zur Volksknechtung auswuchs,
wenn die Unternehemungslust sich steigerte zur Unter⸗
mehmungswut und der Gewinnreiz zur Gewinnsucht
wurde, dann deshalb, weil die christlichen Sittengesetz
m Wirtschaftsleben nicht mehr beachtet wurden, Der
antichristliche. materijalistische Geist ist der tiefste Grund
unseres sosialen Niederganges. Das ist die Tragil
der freien kapitalistischen Virtschaft. daß in ihr die
gewissenlosesten Leute den Kurs bestimmen, alle
anderen aber mehr oder weniger willig der Konkur—
xrenz folgen müssen
Der marxistische Sozialismus aller Schattierunger
dwill den Kapitalismus beseitigen und der kranken
anenschlichen Gesellschaft Genesung bringen. Dieses
ird ihm nicht gelingen, weil, er dieselbe materiali
tische Grundeinstellung hat, wie der herzlose Kapita
ismus. Solange der Sozialismus von dieser
Srundlage ausgeht, ist er nicht Arzt, sondern selbs
Schwerkranker. Der materialistische Geist ein
selner kann nicht von dem materialiftischen Geist
vieler überwunden werden. Der theoretische
Unterschied zwischen dem herzlosen Kapitalismus und
dem marxisftischen Sozialismus ist folgender: Der
Vapitalist will Geld und Wohlleben für fich allenn
Der, Marrxist will Geld und Wohlleben für alle.
Praktisch gber ist es so, daß auch jeder Marxist, von
wenigen Ideglisten abgesehen, rücksichtslos in erste,
Linie an sich dentt.
Bei einer antichristlichen, malerialistischen Einstel⸗
lung muß sich jeder sagen: Wenn es kein ewiges
Jenseits gibt und keine Vergeltung der Taten durch
einen höheren Richter, wenn mit dem Tode alles aus
ist, dann ist derjenige, der auf Erden ireu auch unter
den größten Opfern und Entbehrungen seine Pflichten
ersüllt hat, augenscheinlich der Dumme und jener, der
Nnuf Kosten seiner Mitmenschen geschwelgt und gepraßl
hat, der, Gescheite. Diese Schlußfolgerungen kamn
jeder ziehen und sie ist leider von vielen, nicht nun
von den sogenannten Kapitalisten, gezogen worden
Auch hier dämmerts schon bei vielen unserer Gegner
Sie beginnen schon mit der Gründung religiöser
ethischer Vereinigungen. Das ist ein Forischrutt. Aber
den entscheidenden Schritt zum Glaͤuben an da
Ewige haben sie noch nicht geian. Der Mensch glaubt
entweder an einen Gott oder einen Götzen. So ha
auch die Sozialdemokratie ihre Götzen. Arbeit 'is
die Religion des Soßzialismus“, so saglen jogialdemo—
kratische Führer nach dem Zusammenbruch. Sicherlich
üst Arbeit keine Reéligion, die sehr beliebt ist. Die
nackte Arbeit ohne höheres Motiv wird stets eine Las
für den Menschen sein und ihn niederdrücken. Wahre
Religion aber muß den Menschen emporbeben. Er
Arbeit! Sie ist die Phalanx
Im Krieg mit den Gewalten;
Nur Arbeit kann im Kampf ums Brot
Die Menschheit auch erhalten!
Wer am Amboß den Hammer schwingt,
Wer mit der Scholle täglich ringt,
Sie seien uns gepriesen!
Wer in der Erde dunklem Schoßz
Nach Quarz und Erz muß suchen;
Wer aus des Geistes tiefem Schacht
Gedankengold läßt buchen;
Wer sorschend Wissensdursi uns stillt,
Wer als der Musen Jünger gilt —
Sie alle laßt uns loben!
Doch wer nur Schätze auf Schätze häuft,
Dem Nächsten zum Verderben;
Wer als sein Ideal sich wählt,
Nur möglichst reich — zu sterben;
Der geht als Schuldner aus der Welt,
Im Herzen arm, nur reich an Geld,
Ein Bettler trotz des Geldes.
Grütter, St. Gallen.
— ⏑⏑⏑,,,,————
Von einem jungen Kameraden erhalten wir fol
gende Zuschrift:
Unsere heute bestehende Organisation ist von un—
eren alten Freunden nur unter Aufbietung von vie—
ler Mühe und Not aufgebaut, erhalten und weiter
geführt worden. Die letzten Jahre haben unseren
alten Kämpfern gezeigt, daß ihre Opfer nicht umsonst
gebracht wurden. Tausende sind ihrem Sammelrufe
gefolgt und stehen heute in der Kämpferreihe der Or⸗
ganisation. Ein Millionenheer hat sich unter dem
Banner der Gewerkschaften gesammelt, handelnd nach
dem Grundsatz: Einer für alle, alle für einen. Grof
sind auch die Erfolge, die auf das Konto der Organi
sationen zu buchen sind.
In der Vergangenheit erstreckte sich die Mitglieder—
gewinnung der Gewerkschaften in der Hauptsache auf
die älteren Kameraden. Um die Jugend kümmerte
man sich weniger. Man dachte, der gewerkschaftliche
Gedanke wäre ihr doch nur sehr schwer beizubringen.
So finden wir denn auch in der Vergangenheit die
Jugend meist außerhalb den Reihen der Organisation
Hier und da trifft dies ja auch heute noch zu. Es
gibt Orte, wo das Gros der Unorganisierten von der
Jugend gestellt wird. Dies bedeutet für die Organi-
salion sowie für uns alle eine große Gefahr. Hat
eine Familie keine Nachkommen, dann stirbt sie aus.
Das gleiche ist auch bei der Organisation der Fall
wenn nicht für Nachwuchs gesorgt wird. Der Nach;«
wuchs der Organisation isit die arbei
tende Jugend.
Wir müssen daher erstens die Jugend für unsere
gewerkschaftliche Organisation möglichst restlos er
fassen und zweitens zur Bewölfigung der ihr har—
renden Aufgaben er ziehen. Bei dieser wichtigen
Arbeit können wir nicht aͤuf die Mitarbeit der alten
erfabrenen Kameraden verzichten. Würde unsere heu—
tige Jugend ohne gewerkschaftliche Erziehung in den
Aufgabenbereich ihres Mannesalters hineinwachsen,
dann hätte der Unternehmer mit soschen ungeschulten
dräften leichtes Spiel und die mühsam aufgebaute
Irganisation wäre bald zerschladgen. Die Opfer dee