Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Aummer 39 Saardrucken, den *0. September 1922 
—— E — * M * 9— — d V — —7 664 * 69 
— 
Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
Zar wirtschaftliche u. geistige Sebung * 
des Bergarbeiterstandes gernsprech· Anschluhe Amne Soerbeuden. Nummer 1dso 
SFahrgang 2 
rTfcFeint jeden Samstag, für die Mitalieder gratis. — 
Preis: für Zahlstellenabonnenten 0.80 Ir. monatlich ohne 
Fosenlohn. für Postobormenten 54. 00 MI. vierteliãhrlich. 
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Was sagtrus 81 unserer 6uzurgen? 
stimmten Gewerbezweiges das Motto des Solidari⸗ gen die wegen der Kohlenknappheit entstanden war 
isempfindens zum Ausdruck gebracht: Einer fin abzuhelfen. Diese Ueberschichten wurden seinerzeit ein⸗ 
Ae, alle für einen. gestellt. Viele Gründe sprachen dabei mit, nicht zuletzt 
Aus diesen kurzen Darstellumngen. die längft noch die Rücksicht auf die Arbeitskraft der Vergarbeiter. 
nicht erschöpfend sind, ersehen wir, welch' Fülle von Inzwischen verschlimmerte sich die Kohlennot in 
Zedanken sich allein in dem 51 der Satzungen un⸗ Deutschland. Die Reparationslieferungen wurden 
seres Gewerkvereins, in seinem kurzen Namen zu nicht entsprechend den deutschen Anträgen ermãßigt. 
ammendrängen, dort gewissermaßen konserviert sind im Gegenteil, sogar die Nachli serung der rückstän⸗ 
Dir efehen daraus, daß ungehbeure geistige Arbeit digen Mengen strikte verlangt. Um dieselbe BZeit 
dei der Fassung solcher Paragraphen geleistet werden ging der großte Teil des oberschlefischen Gebietes ver⸗ 
muß. Mit solch wichtigen Paragraphen der Satzun loren. Es entstand der bezeichnende Zustand, daß in 
enꝰ unferes Gewerkvereins müssen wir uns zu unter. Amerika. England, ganz besonders in Frankreich und 
ten ahen Der Gein der in ihnen konserviert ist im Soargebiet ein erheblicher Ueberschutz an Kohler 
Ard dann iebendig werden und zu uns sPprechen. Er bestand, in Deutschland hingegen Kohlennot. Trotz 
— dem erfolgte keine 
mu in rungen. In den deutschen Großstädten trat empfind 
— lichster X an 8 ee 
eisenbahnen zehrten an ihren letzten Vorräten un 
Offene Worte manche Industriezweige e mntelse Kohlennoi 
au ũb der Strom der Zeiten geh'n, den Betrieb einstellen. utschland war gezwungen 
bnn ——8 drte vor vder 2 um dem Schlimmsten vorzubengen, englische Kohle 
Betennermut mũft allzeit ihr bekunden * en woin enicrden Parheeet wer 
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ũnd umerschüttert wie die Felsen steh'ne Lebensmitteln aus dem Auslande entzogen wurden 
auch zur weiteren Enwertung der deutschen Nar!t 
führten. Im Zeitpunkte der höchsten Not entschlossen 
sich die in der Arbeitsgemeinschast zusammengeschlos 
senen Bergarbeiterorganisationen nach eingehender 
und reiflicher Prüfung der Sachlage. mit dem Arbeit. 
geberverband ein Abkommen zu treffen, das die Ver— 
fahrung von sechs Ueberstunden je Woche vorsieht 
Diese üeberstunden werden neben dem normalen 
Tariflohn mit einem Aufschlage von 50 Prozen“ 
besonders vergütet. 
Gegen dieses Abkommen laufen nun die Unionisten 
und Kommunisten Sturm. Sie faseln von Verrat 
der Bergarbeiter an den Kapitalismus und von be— 
stochenen Gewerkschaftsführern und dergleichen mehr. 
Ihre Absicht läuft auf Unterbindung der Ueberstun— 
den hinaus. Dieses Treiben zeugt von einer großen 
Verantwortungslosigkeit gegenüber der 
arbeitenden Bevölkerung. Die Ueberstunden 
werden nicht zum Fettmachen des Kapi— 
talismus verfahren, sondern um weite 
deutsche Arbeiterschichten vor Arbeits— 
lofigkeit, Not und Elend zu retten 
Unterbleiben die Ueberstunden, dann kann die deutsche 
Industrie nicht voll beschäftigt bleiben, die Eisenbahn 
muß den Verkehr verringern, die Bevölkerung in den 
Großstädten muß frieren. Wer also gegen die Ueber— 
stunden Sturm läuft, versetzt den Arbeitern der 
anderen Industriezweige und gerade den Aermstern 
der Armen Keulenschläge schlimmster Art, beschwört 
über diese das Gespenst des Hungers herauf, jetzt, we 
der Winter mit seinen harten Gesellen im Anzuge ist 
Es ist blühender Unsinn, wenn die Kommunisten 
davon reden, nur dem Kapitalismus sei durch die 
Ueberstunden gedient. Wenn die Bergarbeiterorgani 
sationen das Ueberstundenabkommen trafen, danr 
nur deshalb, um deutsche Arbeiter mit ihren Familier 
vor traurigem Schicksal zu bewahren. Es ist ja schwer 
sich in dem Tohnwabohu auf dem Kohlenmarkt— 
zurechtzufinden. England, Frankreich, Saargebie 
usw. haben Ueberfluß an Kohlen, in Deukschlan 
müssen wegen Kohlenmangel Ueberstunden verfahrer 
werden. Woran das liegt, haben wir ausgeführt 
Abtrennung wichtiger Kohlengebiete von Deutschland 
Reparationsleistungen an Länder, die im Ueberfluf 
schwimmen. Die Geldenwertung macht es Deutsch 
land unmöglich, die notwendigen Fehlmengen ar 
Kohlen aus dem Auslande zu beziehen. Die Mengen 
die es bezog um dem Schlimimsten zu begegnen 
müssen mit ungeheuren Milliardensummen bezahlt 
werden. die der Ernährung verloren gehen und zur 
weiteren · Entwertung der Mark beittagen. Angesichta 
dieser Verhältnisse blieb als einziges Ret— 
tungsmittel für weite deutsche Arbeiter⸗ und 
Volksschichten, für die Sicherstellung des Herbsttrans— 
portes an Kartoffeln und sonstigen landwirtschaft 
lichen Produkten, nur die Verfahrung von Ueber 
stunden übrig. Werden sie nicht verfahren, danr 
sinken Arbeiterschichten in Not, wichtige Lebensmitte 
verderben, weil sie nicht transportiert werden können 
podurch der Hunger gerade in den Sreisen der Be— 
M. 
Der Namen des Gewerkvereins sagt uns drittens 
baß wir es mit einer reinen Arbester-Organisa 
tion zu ftun haben. Nur die Arbeiter des Gewerbe— 
zweiges Bergbau und seiner Nebenanlagen werden 
bom Gewerkverein erfaßt, die in diesem Gewerbe— 
zweig beschäftigten Beamten und Angestellten hin 
gegen nicht. Die aus dem Arbeitsverhältnis sich er— 
gebenden Interessen der Beamten und Angestellten 
sind vielfach anders gestaltet. Die Beamten sind Ver— 
frauenspersonen des Arbeitgebers, sind die ausfüh 
renden Organe von dessen Anordnungen. Sie stehen 
also zwischen den Arbeitern und den Arbeitgebern 
Deshalb können sie nicht mit den Arbeitern in eine; 
und derselben Organisation sein. Die Arbeiter könn 
ten zu einer wirtschaftlichen Organisation kein 
Vertrauen gewinnen, die alle Personen eines Gewer— 
bezweiges, Beamte, Angestellte und Arbeiter zu um— 
fassen versuchte, weil die aus dem Arbeitsverhältnis 
sich ergebenden Interessen dieser verschiedenen Grup— 
pen nicht überoll die gleichen sind. Das durch gleiche 
wirtschaftliche und soziale Lage bedingte Verbunden⸗ 
sein des Arbeiters mit dem Arbeitsbruder besteht nicht 
in dem gleichen Maße oder überhaupt nicht zwischen 
Arbeiter und Beamten. Wohl besteht zwischen Arbei— 
ter, Beamten und Angestellten ein Verbundensein 
das aus gleicher Weltanschauung, gleicher Staats- und 
politischer oder sozialer Auffassung, lebenswichtigen 
Fragen des Gewerbezweiges sich ergibt. Wichtige 
Sebensfragen des Staudes vertritt jede Gruppe in 
eigenen Standes-Organisationen: der Berg 
arbeiter in seiner Arbeiter gewerkschaft, der Ange 
stellte in seiner Angestellten gewerkschaft und 
der Beamte in seiner Beamten gewerkschaft. Alle 
diese Gruppen finden sich aber in einer Ueber 
organisation zusammen gemäß dem Verbunden 
sein durch gleiche weltanschauliche Auffassung, gleichen 
Meinung bezüglich Gestaltung des Wirtschafts-, So 
zial- und Volkslebens. In der Ueberorganisation ver 
einigen sie ihre Kraft auf die Erreichung der der 
engeren Berufs- und Standesfragen übergeordneter 
gemeinsamen Fragen, die alle gleich stark berühren 
So gehört unser Gewerkverein mit Angestellten- und 
Beamtengewerkschaften zu der Ueberorganisatior 
Deutscher Gewerkschaftsbund, der die all diesen Be— 
rufs- oder Standesorganisationen gemeinsamen gro 
zen Fragen vertritt. Der Gewerkverein ist also eine 
reine Standesorganisation fiir Arbeiter. was deir 
Name klar zum Ausdruck bringt. 
Viertens heißt es Gewerkverein christlicher Berg 
arbeiter Deutschlands. Hieran erkennen wir 
daß es eine Organisation ist, die für ein ganzes 
Land gilt. Dies eine Wort sagt uns, daß wir eine 
Zentralorganisation vor uns haben. Bei der 
Gründung lautete der Name Gewerkverein christlicher 
Bergarbeiter für den Oberbergamtsbezir! 
Dortmund. Damit war zum Ausdruck gebracht 
daß es eine Loka lhorganisation war. Solches lag 
in der Natur der damaligen Verhältnisse. Eine Or 
ganisation wächst nicht auf einmal im ganzen Lande 
aus der Erde. Es war noch immer so, daß sie sick 
an einem Punkte, lokal begrenzt gebildet hat und von 
da aus mit den Jahren sich ausdehnte und auswuchs. 
So auch der Gewerkverein. Der Gewerbezweig Berg— 
bau ist aber auf verschiedene Gebiete Deutschlands 
verteilt. Die Vergarbeiter aller dieser Gebiete sind 
durch gemeinsame soziale. arbeitsrechtliche, wirtschaft 
liche und ideelle Fragen trotz großer röumlicher 
Trennung miteinander verbunden. Lokal be— 
grenzte Organisationen wären bei zentral ge 
stalteter Regierung und Gesetzgebung Deutschlande 
unwirksam geblieben. Das logisch richtige war also 
eine Zentralorgansation für ganz Deutschland. Zu 
einer solchen wuchs sich der Gewerkverein aus und 
wurde das in seinem Namen zum Ausdruck ge 
bracht. Durch die Zentralorganisation werden ailt 
Arbeiterkräfte eines bestimmten Gewerbezweiges des 
ganzen Landes zusammengefaßt. Dadurch kann zur 
Erreichung bestinemter gemeinsamer Ziele höchste kon 
zentrische Kraftentfaltung erfolgen. Auch ist durch 
die ꝛentrale Zusammenfaffund aller Arbeiter eineg ho
	        
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