Nummer 30
Saarbruücken, den 9. September 1922
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet
er die Me ceeer gratis. — FIs 3 — J ——— — — — — — —
ee — —8 Fr. monatlich — Für wirtschaftliche u⸗ geistige Sebuns St. 49.
Botenlohn, für Postabounenten 15.00 Mk. vierteljährlich des Bergarbeiterstandes Fernsprech- Anschluß: Amt Saarbrücken, Nummer 18680.
Hie moralischen Wirbungen der
Gelden wertung
Der Versailler Vertrag hat in der ganzen Welt Um
gestaltungen von weittragendster Bedentung im Ge⸗
folge gehabt. Die Weltwirtichaft, äist
danuernd in Gefahr und die Lage ändert sich
von Tag zu Tag. In ungezählten Konferenzen be⸗
schäftigen sich die Staatsmänner mit der heutigen
dage, man versucht ein Heilmittel zu finden. um die
Welt resp. die Wirtschaft ins Gleichgewicht zu bringen.
Doch alle Besprechungen und Konferenzen sind nach
unserer Ueberzeugung zwecklos, solange nicht Maß
nahmen ergriffen werden, die vom christlichen Geiste
getragen sind. Der Geist, der heute herrscht, ist nich
er Geist des Aufbaues, sondern ist der Geist der Zer
törung. Tatsächlich sehen wir, daß der Geist der Un
idnung größer, ftärker und mächtiger wird. Die Kon
erenzen, die angeblich zur Genesung der Welt statt
inden, öffnen der Spekulation Tür und Tor, scho—
von dem Augenblick an, wo sie der Oeffentlichkeit an
gezeigt werden. Je aussichtsloser eine solche Konfe
renz für Deutschland von den Börsenjobbern bewerte
wird, je größer die Entwertung der Mark. Die Fol—
gen für das Wirtschaftsleben sind geradezu entsetzlich
Wirtschaftlich, ist das deutsche Volk fast
zugrunde gerichtet und die schwersten
Reparationskosten, die Deutschland zu
tragen hat, werden getragen bei jedem
Ausverkauf, der als Folge der Geld
entwertung in Deutschland stattfindet!
Es gibt so viele Menschen, die über Deutschland nich
gerecht urteilen. Deutschland wird nicht selten einge
schätzt nach dem äußern Schein. Doch wer die wirt
schaftliche Lage in Deutschland gerecht beurteilen wil
darf nicht die Weinlokale aufsuchen oder sich die Ver
gnügungsplätze der Großstädte ansehen, wo 4 Fünfte
der Anwesenden Ausländer sind, die die Valusa aus
nützen, sondern muß die Haushaltungen der Beamten
und Arbeiter inspizieren. Dort sieht jeder, der sich nock
einen offenen Blick für Wirklichkeit bewahrt hat, wi⸗
elendig das arme deutsche Volk augenblicklich dran ist
Die Kleider werden jeden Tag erbärmlicher, das Geld
reicht für neue nicht aus. Leinen und Bettwäsche kanr
nicht mehr beschafft werden. Das Fleisch mußte schon
ängst vom Küchenzettel verschwinden. Falls irgend
etwas besonderes in der Familie vorkommt, wird ein
Stück Möbel nach dem andern verkauft. Immer er
bärmlicher wird die Lage der Arbeiter und Angestell
len. Ja, wirtschaftlich sieht es sehr traurig aus.
Und doch ist das nicht das Schlimmste. Viel schlim
mer wie die wirtschaftlichen sind die moralischen Wir
kungen der Geldentwertuug, die Deutschlands frühere
Feinde durch ihre Maßnahmen herbeiführen. Beum
Erzeuger fängt es an. Jede Geldentwertung soll
und muß ohe ausgenutzt werden. Der Erzeugei
verlangt am selben Tage, an dem die Mark sich ver
schlechtert, höhere Preife. Ob die Erhöhung berechtigt
oder unberechtigt ist, das ist ihm gleichgüllig. Der
Beldentwertung muß nach seinem Dafuchalten Rech
nung getragen werden. Und dann geht die Kette wei⸗
ber. Eine Masche fügt sich an die andere. Bald mit
Berechtigung, bald ohne verechtigung.
Daneben laufen noch so und so viele, die aus Ge—
winn und Habsucht die Ware zurückhalten, bis fie einen
entsprechend höheren Preis erreicht haben Industrie
und Kaufleute haben sich infolge der Geddentwer.
tung ans Spekulieren gegeben. Das Geld das friiher
auf den Banken lag und lediglich dazu diente, Roh⸗
produkte oder Waren einzukaufen, wird jetzt nicht sel⸗
ten dazu benutzt, um Devisengeschäfte zu machen. Viele
Rohprodukte oder Waren müssen ja jetzt — nicht nur
im Sdargebiet, sondern auch in ganz Deutschland —
in Franken, in Gulden oder Dollar gekauft werden.
Mancher hat dadurch einsehen gelerni. daß bei gün—
stigem Kauf oder Verkauf der Devisen ein Geschäft zu
machen ist. Und nun werden nicht selten die tollsten
und waghalsigsten Geschäfte auf Kosten der Allgemein.
heit getätigt.
Daneben wird nun die Situaltion — da zum Teil
ausländische Ware in einer anderen Währung gezahl
norden muß — wiederum im Geschättsinfereie 8
genützt. Es kommt eine ungünstige Nachricht für
Deutschland. Die Folge ist dann, daß die Mark fäöllt,
sie fällt immer tiefer, rasend geht es herunter. Die
Börse notiert den Dollar mit 1200. —, 1400. -, einem
Tag mit 1600.—, dann 1800. —, ja sogar 2000. —. Ge
nau so, wie die Mark fällt, steigen zusehends die
Preise. Eigentümlich! Kein Kaufmann, kein Handels
mann hatte noch Dollar für 600. —, für 800.- oder
1000. — gekauft, um seine Waren eindecken zu können
Nein, sie alle haben 1800. — und 2000.— Mark ge
zahlt und dementsprechend werden die neuen Preist
festgesetzt. Ja, viele Kaufleute, die früher stolz waren
auf ihren Ramen, die unter keinen Umständen ein
weifelhaftes Geschäft machten, sie haben gelitten ap
ihrer Moral. Sie machen heute mit, sie wollen selbst
verständlich das Vaterland nicht schädigen, wollen auch
nicht den kleinen Mann ins Unglück stürzen, nein, sie
vollen sich ja nur schadlos halten. Sie sind schnelb
hdei der Hand, wenn die Mark fällt, aber beim Steiger
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Gerechtigkeit und Weltlauf
In den verderbten Strömen dieser Welt
Kann des Verbrechens goldbewehrte Hand
Das Recht verdrängen, und ein schnöder Preis
Erkauft oft das Gesetz. Nicht so dort oben!
Da gilt kein Kuustgriff, da erscheint die Tat
In ihrem wahren Antlitz, und wir sind
Genötigt, unsern Fehlern in die Zähne
Ein Zeugnis abzulegen.
Shakespeares.
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Die Jugend von heute, wie leidet sie unter diesen
Verhaͤlinißen? Für den Frank gibt es mehr Mark.
Die Löhne der Markempfänger werden erhöht, viel—
leicht in manchen Betrieben für die Jugendlichen ge⸗
nan so wie für die älteren Kameraden, weil viele Ar—
beiter und Angestellte noch nicht das genügende Ver-
ständnis für den Sozial-Lohn in sich tragen.
VHiele dieser jungen Leute zahlen vielleicht Kostgeld.
Das Kosfigeld steigt mitunter nicht so schnell. Der
sunge Arbeiter ohne Familie hat schließlich noch etwas
uübrig, indessen der Familienvater nicht genug hat;
doch sparen kommt ihm nicht in den Sinn. Der Sinn
zum Speren ist ja getötet durch die Entwertung der
Mrk. Vergnügüngen, die früher unsere Jugend
nicht kannte, sind an der Tagesordnung. Gerissene
Wilte wissen ständig was Neues zu bieten, um das
Geld der Rergnügungssüchtigen in ihre Finger zu be—
temmen. Immer neue Veranstaltungen werden ge
rählt. Es werden Vergnügungen geboten, die dem
Wirt schließlich Geld einbringen, die aber der Jugend
schaden und uns nicht selten zeigen, wie tief die Morol
gesunken ist. Leider Gottes ist es Tatsache. daß viele
unserer jungen Leute, statt für das Geld Ware zu kau—
fen, die hallbar sind, die sie päter auch sehr notwen—
dig brauchen es für Vergnüqungen aweifelhafter Ar!
vderwenden
Ein schrecklicher Geist wird groß ge
rzüchtet durch die Entwertung des Gel«
des. Ein Geist macht sich bemerkbar, der ganz Eu—
ropa ins Unglück stürzen muß. Die Verantwortungç
tragen jene Bänner, die vom blinden Haß diktiert ein
solches Friedensgebilde aufgerichtet haben. Sie tra—⸗
gen nicht nur für die wirtschaftlichen Schäden, nem
auch für die moralischen Schäden der Geldentwertung
die Verantwortung. Sie sind mit Schuld, daß die
Aufklärungsarbeiten, die viele und vor allen Dingen
unsere Organisationen leisten, nicht mehr Erfolg
haben. Lafsen wir uns trotz der schrecklichen Folgen
der Geldentwertung nicht vom richtigen Weg abbrin—
gen. Je ernster die Zeiten, je notwendiger ist unsere
Aufklärungsarbeit. Wenn von oben herunter die
Staatsmanner — die heute unser Schicksal in Händen
haben. blindlings das Volk ins Verderben führen
dann haben wir erst recht die Pflicht, von unten her—
af zut arbeiten, um die schweren moraleschen Folgen
nach Möglichkeit zu unterbinden. Der Geist der Zer—
störung muß gebannt und der Geist der Ordnung wie
der einkehren.
der Mark, da dauert es lange, bis sich die Preise dem
entsprechend wieder entwickelt haben. Alles ist immer
teuer eingekauft. Wer will es leugnen, daß die Geld—
entwertung sowohl dem Erzeuger wie dem Hande!
große Gefaͤhren bringen und viele darin umkommen?
Die Waren gehen entsetzlich in die Höhe, die Preisc
werden unerschwinglich und nun kommen die Lohn«
forderungen. Verhandlungen sind notwendig
doch die Erhöhung der Löhne, sie erfolgt viel späte—
wie der Aufstieg der Preise für Bedarfsartikel. Ver—
handlungen sind notwendig, Unterlagen müssen be
schafft werden, und wenn nun die Gehalts- oder Lohn
erhöhung bewilligt ist, dann ist der Markempfänge
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erärgert und verbittert steht er da. Er schimpft aquf Der wirtschaftliche und damit der soziale Aufstie
den Kaufmann und stellt fest, daß er derjenige ist der deutschen Arbeiterschaft ist, geschichtlich Ansüen
ouf den letzten Endes alles abgewälzt wird. Der Han⸗ iemslich schnell vor sich gegangen. Viele woilen dies
del kommt schlecht bei ihm weg, er schimpft über die dicht wahr baben und doqh ist ce so. Die schwere Rot-
Regierung. Die Kluft zwischen Verbraucher. neuger und Drangzeit der Arbeiterschaft ist noch gar nicht so
und Handel wird immer größer. Die Stände koömmer songe vorbei. Selbst jene, die sich nicht zu den Alten
weiter auseinander. Eine Folge der Geldentwertung zühlen, können noch über den wirtschaftlichen und so⸗
. Und die linksradikalen Elemente machen sich diese Figlen Tiefstand der Arbeiterschaft berichten. Das war
Stimmung zunutze, die letzten Endes eine Atmosphär. zie Zeit, an dem am Arbeiter nurseine Arbeits
erzeugt. die für alle gefährlich wrrd. In eine; kraft geschätzt und gewertet wurde. Tiefer und er⸗
solchen Stimmung kann man nmicht uf,; niedrigender war die Zeit, in der selbst mit der Ar⸗
bauen. Es ist die Stimmung, die letzten Endet heitskraft Raubbau getrieben wurde. Auch diese wurde
aur niederreißen will. deshalb nicht mehr entsprechend gewertet, weil das
Bei der Geldentwertung ist ferner noch daran zu schnelle Wochsstum der Menschen häufig ein Ueberan—.
denken und das ist die heführlichste Erschheinung — gebot von Arbeitskräften zur Folge hatte. Das, war
datß jeder Sparsinn getötet wird. Es gak die Zeit, in der totes Material liebevoller gepflegt und
Leute, die ihre Ersparnisse zur Kasse brachten. Mil behandelt wurde als die Arbeiter, und — das s das
5 Mark ost noch weniger, gingen sie zur Kasse. Nach Schmachvolle — wo dieses als selbstverständlich
ind noch erboͤhle sich der Betrag. Die erften Hunderi angesehen wurde. Es wurde nur mit den starken Hän—
Nart waren voll, welche Freudel Nun wurde weiter den des Arbeiters gerechnet und geflissentlich über
espart. damit die ersie Tausend Mark erreicht wurde sehen, daß gauch der Mann im Arbeitskittel ein Mensa
Juf manche Annehmlichteit wurde verzichtet und die war, der Herz und, Seele hatte. Man glaubte nich
Groschen zurückgelegt für die Tage der Not. Und jetzt mehr an die Renkabilität der elementorsten morali—
stehen die Leute da, mit ihren ersparten Groschen, sie schen Regeln.
hätten sich ganze Einrichtungen kaufen, schlietziich im] Fragt die älteren Kameraden nach der Zeit, wo sie
Frieden ein Haus erwerben können. Jetzt bekommen mit dem Hut in der Hand, zagend, mit stockende
ne für ihre Ersparnisse kaum einen anständigen An-Rede und je nach dem Grade ihrer Not mit flehender
zug. Die Faust ballt sich, sie grollen mit dem Schick Blicken um Arbeitslohn geradezu gebettel
jal und rufen aus: Wie kann die Welt aufgebaut wer haben. Die ungünstige Stellung des einzelnen Arbei
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