Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Samstag, den 26. August 1922. 
Wirklichkeitssinn und ihren richtigen Grundsätzen 
werden sie auch international ersolgreich für die 
Bergleute wirken. 
Weiteres Ergebnis der Verhand⸗ 
lungen mit der Vergwerhedirektion 
Die Verhandlungen auf der Bergwerksdirektion 
wurden Samstag, den 5. August und Samstag, den 
12. August weiter geführt. Nachdem die Kohlen 
tfeuer von 10 auf 754 Prozent ermäßigt ist, ver— 
fuchten die Bergarbeitervertreter nochmals eine 
Lohnerhöhung für die Bergarbeiter heraus— 
zuholen. Die Bergwerksdirektion erklärte aber, daf 
sie, falls die Bergarbeiter auf einer Erhöhung der 
Löhne beständen, die Verhandlungen abbrechen müßte 
An eine allgemeine Erhöhung der Löhne in der jetziger 
Zeit sei nicht zu denken; zudem seien in Wirklichkei 
im Inli die Löhne gegenüber Juni bedentend besser 
ausgefallen. 
Der Abbau der Kohlensteuer könne nicht den Berg 
arbeitern zugute kommen, sondern es müßten unbe— 
dingt die Kohlenpreise abgebaut werden und 
io hätte die Verwaltung bereits einen Abbau der 
Kohlenpreise ab 1. August vorgenommen. Tie 
Organisationsvertreter verlangten dann wenigstens 
eine Erhöhung der Mindestlöhne. Die 
Sirektion will sich über diesen Punkt nochmals mit 
der Generaldirektion, unterhalten und bekommen die 
Organisationen dann darüber Mitteilung. J 
Bezüglich der Arbeitszeit für Uebertage 
arbeiter erklärte die Direktion, daß alle diejeni— 
gen, die keine geregelte Pause machen könnten, weil 
sie von der Förderung abhängig seien, in Zukunft nur 
756 Stunden zu arbeiten brauchten. 
Auch bezüglich der Zulagen, die in besonderen 
Fällen zum Schichtlohn gegeben werden, wurde eine 
Lerbesserung erzielt. In dem ersten Absatz des be— 
kreffenden Abschnittes der Lohnordnung wird eine 
Aenderung vorgenommen, und zwar in der Weise 
„aß diese Zulagen nicht lediglich durch den Ingenieut 
»der dessen Stellvertreter gewährt, sondern in der 
Zukunft mit Einvernehmen des Sicherheitsmannes 
oder Ausschußmitgliedes bewilligt werden. 
Der von den Organisationen eingereichte Entwur— 
zwecks Einrichtung eines Tarifausschusses und 
einer Schlichtungsinstanz soll, wie die Direk 
tion versicherte, als Grundlage zur Schaffung solcher 
Instangen dienen. 
Weitere Verhandlungen über die anderen Punkte 
fanden am 18. August statt, und werden wir über 
das Schlußergebnis in der nächsten Nummer berichten 
— 
z Mi F 
Prabtische Wirkung der Rechtschuß— 
Viele Bergleute des Saargebietes sind in früheren 
Jahren nach dem Ruhrgebiet verzogen, um auf einer 
— 5 
An unsere Jugend 
Von Hermann Stillemunkes, Wiebelskirchen. 
Wenn Jugend zu Jugend sprechen will, soll man es 
zu fördern trachten. Kamerad Stillemunkes will das, 
weshalb wir ihm von Herzen gern den Raum unseres 
Saar-Bergknappen zur Verfügung stellen. Aber nicht 
nur unsere Jugend soll die Worte ihres Altersgenossen 
beachten; auch die älteren Kameraden, insbesondere 
die Eltern von Jungknappen. Die Jugend ist unsere 
Zukunft! Vergesse das keiner, dann vergessen wir 
auch die Pflichlen nicht, die wir Fegenüber unseren 
Funendheweaung au criüllen haben. 
Die Schriftleitung. 
Unser gesamtes wirtschaftliches und gesellschaftliches 
Leben ist heute in düsteres Dunkel gehüllt. Einerscits ist 
es der Versailler Vertrag, der uns niederdrückt, anderseits 
ist es Wucher, Egoismus und Schiebertum, die verheerend 
auf die menschliche Gesellschaft wirken. Unsere Zukunft 
liegt gang besonders dunkel vor uns. Da gegiemt es sich 
daß der Hoffnung auf unsere Zukunft ganz besonders das 
Wort geredet werden muß und das ist unfere Jugend. 
Ja euch meine junge Kameraden möchte ich erinnern 
an den Ernst unserer Zeit. Nicht eiwa wollen wir, daß 
beim Aufwachen später, alles das, was erlämpft worden 
war, uns verloren gegangen ist. Das stimmt ganz be— 
bonders auf unsere gewertichaffliche Organi— 
dation. 
Hült man heute einmal Umschau, so wird man die se 
Eorge um unsere Zukunft bestätigt finden. Wieviele gib 
e heute — trotzdem sich unsere Organisationen so bewahr 
haben im Laufe der Jahre — die ihren Wert trotzden 
nicht zu schätzen wissen. Unter dem Tantam unserer Zei 
dergiszt der größte Teil unserer Jugend gang sein geistige 
und berufliches Fortlommen. Fortgerissen vom Zeitgeift 
ber Vergnügungssucht und des übermäßigen Sportes leb 
piese Jugend in den Tag hinein. Gott sei Dank haber 
—VV 
sunden. Konferenzen, Unterrichtskürse und Versamm 
ungen unsjerer Jugendbewegung beweisen das. Aber viel 
sehen noch absrits und mirssen noch erfaßt werden. 
In ernster Zeit muß auch rin ernstes Wort aerede 
norden. Auch ihr, meine jungen Freunde mähzt iibelfen 
„Der Saar-Bergknappert Seite 3. Nr. 34. 
dortigen Grube in Arbeit zu treten. Mancher von! hilft daß der Gewerkverein den Aermsten der Armer 
diesen Kameraden ist inzwischen pensioniert worden ein Helfer sein kann. Das ist nur ein Teil der erfolg 
oder gestorben. Im ersteren Falle erhält er, im reichen Tätigkeit des Gewerkvereins, der aber schon 
setzteren die Witwe des Pensionsberechtigten die beim genügt, um einen edel denkenden Menschen mit dem 
Saarbrücker Knappschastsverein erdienten Renten zu leistenden notwendigen Beitrag auszusöhnen. Ver— 
gleichfalls durch den Allgemeinen Bochumer Knapp⸗' geßt es nicht Kameraden, euren Frauen diesen Artikol 
chaftsverein ausgezahlt, in dessen Bereich die letzte zum Lesen zu geben, dann wird bei ihnen das Ver— 
Beschäftigungsstelle lag. Nun zahlt der Saarbrücker ständnis für die Notwendigkeit des Organisiertseins 
Knappschaftsverein seit 1. Inli 1921 die Renten in wachsen und benützt ihn für die Agttation, weil 
Frank aus. Diejenigen Rentenberechtigten des solche praktische Beispiele am übor-enugendsten wirken! 
Saarbrücker Knappschaftsvereins, deren Rentenaus 
ane an den 35 Lngppichaltwerein er 
olgt, erhielten den Franken nur zu drei Mark umge n 23 
rechnet. Da jedoch durch das Sinken des dentichen Ans der srunz Arbeiterbewegung 
Markwertes 1. Franken beim Umtausch eine immer 
größer werdende Zahl an Mark ergielt, wurde seitens“ Die Spaltung des politischen Sozialismus 
unseres Recht schußbüro in zwei Fällen gegen die hat in Frankreich auch zu einer Spaltung der sozialisti— 
Umrechnungsmethode Beschwerde erhoben und Nach- schen Gewerkschaften geführt. Die sozialistischen 
zahlung, des Differenzbetrages von 8 Mark bis Gewerkschaften Frankreichs, die nicht das straffe zen— 
zum amtlich ermittelten Kurs gefordert. Es handelte tralistische Gesüge der deutschen Gewerkschaften zeigen 
sich um den Berginvaliden Josef Ei 84er aus Bottrop;, waren früher sämtlich in der sogenannten CGT. ver— 
Westfalen) und die Witwwe Heinrich Müdller aus einigt, die der Amster dam er sozialistischen Gewerk⸗ 
Herrensohr (GSaargebiet). In beiden, Fällen wurde schafteinternationale angeschlossen ist. Seit burzer Zeit 
der Beschwerdeschrift der seit 1. Juli 1921 ermittelte ist es aber den Kommunisten gelungen, einen starken 
amtliche Durchschnittskurs beigefügt, dessen Zusam Flügel der sozialistischenGewerkschaften von der CGT. 
menstellung einen großen Aufwand an Arbeit erfor abzusprengen und in der kommunistisch orientierten 
derte, die sich aber reichlich lohnte. CGTU. zusammenzuführen. Damit war die Spal— 
Dem Kameraden Eisler wurde auf die Beschwerde tung der sozialistischen Gewerkschaften Frankreichs in 
hin aus den Rentenanteilen des Saarbrücker Knapp- zweeri,. Teile Tatsache geworden. Am 26. Juni und 
chaftsverein ein Kursdifferenzbefrandg für die nachfolgende Tage hielten die in der CGTU. ver— 
Zeit vom 1. Juli 1921 bis 31. Juli 1922 in Söhe von einigten kommunistischen Föderationen einen Kongreß 
95 Mark nachgezahlt und der Witwe Müllen ab, der zeigte, daß auch hier weitere Spaltungs— 
3736,14 Mark. bestrebungen sehr stark sind. Diese gehen von den 
Durch unser Vorgehen erhielten dann säm thiche, Anarchisten aus. die gegen jede Ordnung, mithin 
Wiswen und Pensiongre, welche durch den Bochumer, auch gegen eine kommunistische Dittatur sind. Die 
nappschaftsverein die beim' Soarbrucer KHnpp in der CGTU. vereinigten Komunisten sprachen fich 
schaflsverein erdienten Reuten ansgegahlt erhalten für die Moskaner, Gewerkschaftsinternationale 
den Kursdifferenzbetrag aus den Rentenanteilen des saug während die gnarchistischensSyndikalisten dagegen 
letzteren Vereins Ib 1. Fuli 1921 nachgezahlt, Die son waren, die keine Zentralinstanz dulden wollen. Es 
auif Vorgehen unseres Rechtschußzbüros erfoldte Nach- wird, nicht mehr lange dauern dann wird guch die 
zahlung velanft sich auf mehrere underttau'. dritte Spaltung in der soziglistischenGewerksschafts— 
send Mark, wodurch zweifelsohne gerade bei den bewegung Frankreichs perfekt sein. 
in der hentigen Zeit Beduͤrftigften hittere Not gelin-— Auch die frangösische sozialistische Bergarbei— 
dert wurde. Besonders wertvoll für diese Leute iststerbewegung ist in ähnlicher Weise gespalten. 
aber, daß zukünftig die Umrechnung des Saarbrücker! Von der französischen alten Bergarbeiter-Föderation, 
Rentenanteils zum amtlichen Kurs erfolgt. an deren Spiße Bartuel steht, hat sich ebenfalls der 
Dieser erfreuliche Erfolg rückt so recht die Bedeutung kommnnistische Flügel abgetrennt, der den Namen 
und, Nützlichkeit unserer Rechtschutzeinrichtung ins Einheits-Föderation führt und zum Generalsekretär 
richtige Licht. Welche Unsumme stiller aber praktischerseit dem letzten Kongreß, Ende Juni d. J. Delfosse 
Arbeit wird hier geleistet, die zwar in dem —— Die erstere Föderation, die auch sehr wort;- 
Getriebe der hentigen Zeit unbemerkt bleibt, aber! radikal ist, gehört der Amsterdamer soziglistischen Ge⸗ 
bei denen dankbar empfunden wird, die heute bittere werkschaftsinternationale an, während die letztere den 
Not leiden und vielfach vergessen werden. Diesen Anschlutz an die Moskauer Gewerkschaftsinternatio— 
Darbenden ist der Gewerkverein ein praktischer“nale vollzogen hat. Der sozialistische Elsaß-Lothrin⸗ 
Helfer, wie vorstehendes Beispiel so treffend dar gische Bergarbeiter-Verband gehört dieser kommuni— 
tut. Es darf aber nicht vergessen werden, daß solche tischen Föderation, mithin auch der Moskauer Ge— 
Rechtschutztätigkeit nur von einer finanzstärken werkschafisinternationale an. Aber auch diese sogen. 
Organisation durchgeführt werden kann. Ohne Opfer Einheits-Föderation“ ist alles andere, nur nicht ein— 
— kein, Erfolg. Diese Binsenwahrheit müssen win heitlich. Auf dem Kongreß Ende Juni d. J. in Saint- 
allezeit beherzigen. ktienne platzten die Meinungen der Kommunisten. 
Es ist doch etwas Erhebendes, wenn man durck Syndikalisten und Anarchisten sehr scharf aufeinan— 
Zahlung zeitgemäßer Beiträge mit dazu beitragen der. Besonders scharf zum Ausdruck kamen die Gegen— 
w — e 
wieder Licht in das dunkle Menschenleben hineinzuiragenJdie sich bis heute noch nicht aufhalten ließ. Diese Arbeiter— 
in diese stockfinstere Nacht, in der wir uns befinden. trennte sich in zwei Richtungen, in Sogialistische— 
müßt ihr mithelfen, dieses Licht anzuzünden, damit wir und Christliche-Arbeiterbewegung. Erstere versuchte wie— 
alles Niedrige erkennen, dieses räuberische, schandhafte sderum mit äußeren Mitteln, den Arbeiter aus seinem 
Tun, das die moderne Welt erfüllt. Erheben wir un⸗ wirtschaftlichen Elend herauszuführen, die ich oben schon 
gegen diese bestialischen Elemente, denen Ordnung, Sitte angeführt habe, die da in Umsturz, Klassenkampf und Auf— 
Menschlichkeit und Gercchtigkeit unbekannte Begriffe ge hebung ·des Privateigentums bestehen. Aber auch ihre 
worden sind. Mit allen Mitteln versucht man jene Organi Mittel müssen verderblich wirken; denn sie beruhen auf 
sationen, die wahre Kultur und Zwilisation erstreben, zà Haß und Neid. Haß und Neid können nie etwas gutes 
zertrümmern. War es nicht die moderne Entwicklunf ergielen, da es doch Untugenden find, die eine Seele ver— 
der Freiheit im Wirtschaftsleben im letzten Jahrhundert giften. 
die alles dies mit logischer Konsequenz hewworgebracht hat? Der sogzialistischen Bewegung gegenüber steht die christ— 
Große Männer wie Kettler, Wichern und andere hatter liche Arbeiterbewegung, die andere, gegenteilige Mittel 
mit lauter Stimme gewarnt, aber ohne Erfolg. Die Indu in Anwendung bringt, die auf Innenwirkung eingestellt 
strie reckte sich unter ihrem System empor und bentete sind. Träger der chritlichen Arbeiterbewegung sind die 
aus, um selbst zu wachsen. Den nur Industriemenschen christhichen Gewerkschaften, die in ihr den Ur— 
waren die Grundsätze des Christentums abhanden gekom. sprung haben. Hlein ist die christliche Gowerkschaftsbewe— 
men, man glaubte ohne sie fertig zu werden und der Kapi gung ins Leben gerufen worden, aber sie ist zur Massen⸗ 
talismus nutzte seine Macht zu feinen Gunsten aus. S bewegung geworden. Sie müssen wir kennen lernen, 
wurde die Arbeit, die durch das Christentum geadeit wor mit ihr uns vertraut machen, was sie alles guie schon 
zur Ware herabgedrückt und der Leidtragende war der erreicht hat. Ihr Streben ging immer dahin, der Arbeꝛt 
Arbeiterstand, der vor dieser Willkür sich beugen mußte den heidnischen Stempel zu nehmen, ihr wieder den Wert 
Aeußerlich wurden so die Staaten groß und mächtig gen zu geben, den sie hat. Großes ist seit ihrem Bestehen 
macht, aber es war Talmigold. Innerlich hat der unchrist rreicht worden auf wirtschaftlichem und kulturellem Ge— 
liche Materialismus Staalen und Völker zerrieben und biete. Auf wirtschaftlichem Gebiete war und ist es die 
zermürbt. Es standen auf einmal Besitzende und Besitzlose Wahrnehmung des Lohninteresses der Arbeiterschaft, wozu 
sich gegenüber wie Feuer und Wasser und schon glaubie die sogiale Gestaltung des allgemeinen Arbeitsverhältnisses 
man, gewaltsamer Umsturz, radikale Aufhebung des Pri hinsutritt. Auf kulturellem Gebiete ist es, den Arbeiter 
vateigentums als Allheilmittel zu sehen; man hatte ver genau wie die andern Volksschichten an' der Kultur mit 
gessen, daß die Quelle des Uebels anders wo zu suche teilnehmen zu lassen. Es greift da hinein die Regelung 
war, und zwar in der Lieblosigkeit und Hartherzigkeit de der Arbeitzeit, Wohnungsfrage, Bildungsfrage ustw. Auch 
Menschen, in den falschen Grundsätzen des wirtschaftlichen meine jungen Kameraden müssen sich für diese Aufgaben 
Liberglismus seiner Zeit. Das gange Wirtschafisleber interessseren, müssen sich ihrer Pflichten bewußt werden. 
wurde beherrjcht von Aeußerlichkeiten und in dem Räder Der Kamerad der dies beachtet, lernt schon fvüh sich ein 
verk dieser Richtung war der Wirischaft die Seele ver Urteil bikden über die Geschehmisse, die fich um ihn abspie— 
loren gegangen. len. Nicht diese Phrasendrescherei wie sie von gewisser 
Viele gab es, die die Gesahren einer d. Seite betrieben wird! Nicht als Spielhall oder Werkzeug 
sre t — 3— e —; l der von der Unvernunft geschaffenen Zeiten und Verhänn 
die oderne Siromnnng ließ ahneteee 8 V nisse gebrauchen und gebieten lassen, nein selbit dae 
ragende daben war der Arbester der ven Sisewemoe Fuder in dier Vand genommen, Fendwst den urs. bestimint 
erfiel. ege er FJen Daher ihr, jungen Kameraden 
r. 3 * . mehr Interefsezu unserer Orpanisafion 
Er erhob sich deshalb, diese Sklavenfetten abgnstrerfe da mii — 8B be e Ir7 — drqa — 
ind es eimicelte lich io de Arbeiterhbeweene 66*4.*
	        
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