Full text: Der Saarbergknappe (3 [1922])

Nummer 29 Saarbrücken, den 22. Juli 1922 
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Organ des Gewerkvereins christl. Bergarbeiter Deutschlands für das Saargebiet 
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2 Geschäftsstelle des „Saar⸗Bergknappen“, Saarbrücken 2 
Für wirtschaftliche u. geistige Hebung d eee 
des Bergarbeiterstandes Fernsprech-⸗Anschluß: Amt Saarbrücken, Nummer 1830 
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erenz ihrer Vertrauensmänner in Bochum ab, der auch findenden Sitzung des Reichskohlenrates forderte un 
die beiden Reichsminister Dr. Brauns und Schmidt ser Vorsitzender Imbusch, unterstützt durch die Vertre— 
anwohnten, um zu dem Abkommen Stellung zu neh⸗ ter der anderen Organisationen, eine weitere bedeu⸗ 
men. Reichsarbeitsminister Dr. Brauns sprach über sende Lohnerhöhung ab 1. Juli. Nach längeren Ver— 
die wirtschaftliche Lage Deutschlands und den Stand handlungen gelang es, weiere Lohnerhöhungen ab 
der Brennstoffversorgung und wies nach, daß die Berg- 1. Juli zu ergielen. Nach dieser neuesten Lohnrege— 
leute mit 15,00 Mtk. Lohnerhöhung auf Grund einer lung, an die die Bergleute schon nicht mehr glaubten 
zu bewilligenden Preiserhöhung nicht zufrieden sein erfolgt im Ruhrgebiet eine durchschnittliche Fen 
vnnten, weshalb andere Möglichkeiten einer weiteren des Lohnes zje Schicht ab 16. Juni um 265,00, ünd e 
dohnerhöhung erschlossen werden müßten. Diese er⸗ J. Juli um 40,00, insgesamt ab 1. Juli um 65,00 Mk. 
zäben sich aus der Mehrförderung durch Verfahrung im Wurmrevier ab 16. Juni um 22,00, ab. 1. Juli um 
don Ueberstunden, die zur Behebung der Kohlennot 33,70, insgesamt um 88,70 Mk.; in Sachsen ab 16 
und Beseitigung der englischen Kohleneinfuhr notwen⸗Juni um 2000, ab 1. Juli um 4100, insgesamt um 
dig seien. Die Konferenz lehnte aber, obschon auch 61,00 Mk.; in Niederschlesien ab 16. Juni um 2000, 
der sozialdemokratische Reichswirtschaftsminister mit ab 1. Juli um 33,50, insgesamt um 5850 Mk.: Rhei— 
eindringlichen Worten auf die Notwendigkeit der Be⸗nisches Braunkohlengebiet ab 16. Juni um 2500, ab 
ceitigung der Kohlennot hinwies und die Bergleute 1. Juli um 40,00, insgesamt um 65,00 Mk. 
mnit eindringlichen Worten vor einem Streike warnte. Wir sehen also, daß hauptsächlich durch das geschickte 
das Abkommen ab. —— der ren er v8 Jedw 
—TXX nnmnu aufbesserung kurz na— ällung des iedsspruches 
hpannd sinunnudh.aaninnmumtte uannnnnee reg Wen konnte. n zur Beurteilung die— 
er Lohnaufbesserung ist, daß die Bedingungen zum 
Mahnworte Verfahren von Ueberstunden nicht mehr daran ge— 
Stilles Wirken, treues Werben knüpft sind. Diese hat man fallen gelassen. Ein Be— 
Und ein Mühen mit Bedacht weis für die Bergleute, daß sie weit besfer fahren, 
Heben harter Arbeit Erben wenn sir sich der Führung verantwortungsbewuüßten 
Wiederum zu Glanz und Macht. Gewerkschaftsführer anvertrauen, als wenn sie jenen 
unverantwortlichen Hetzern und Radikalinskis nach— 
laufen, die jede Gelegenheit und jedwede Unzufrieden— 
eit der Vergleute ausnützen, um hirwerbinnnte 
Ppolitische Ziele zu erreichen, bei deren Verwirklich— 
ung der Arbeiterstand in Not und Elend zugrunde 
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Erscheint jeden Samstag, für die Mitglieder gratis. — 
Preis: für Zahlstellenabonnenten 0.80 Fr. monatlich ohne 
Botenlohn, für Postabbonnenten 15.00 Mk. vierteljährlich 
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Ne Lohnfrage 
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im dentschen Kohlenbergban 
Durch das mangelnde Entgegenkommen der deut 
schen Zechenbesitzer, besonders auch in der Lohnfrage, 
war die Lage im deutschen Bergbau eine sehr ernste 
geworden. Seit längerem schon dauert der Kampf um 
eine die Teuerung einigermaßen ausgleichende Lohn— 
erhöhung. Bei früheren Lohnerhöhungen wurde eben 
eine entsprechende Erhöhung der Kohlenpreise durch 
den Reichskohlenrat und die Reichsregierung bewilligt 
Diesmal standen dem große Schwierigkeiten entgegen, 
weil die deutschen Kohlenpreise inzwischen den Welt— 
marktpreisen nahe gerückt sind. Es darf aber bei der 
Bewertung der deutschen Kohlenpreise nicht vergessen 
werden, daß von diesen 40 Prozent an Kohlen 
ste uer erhoben werden. Von den resiverbleibenden 
b0 Prozent werden neben den Löhnen der Bergarbei—. 
ter die Gestehungskosten der Zechen sowie die Gewinne 
der Unternehmer gedeckt. 
Die letzte Lohnerhöhung erfolgte durch Schiedsspruch 
ab 20. April d. J. Dieselbe ergab für den Ruhrberg 
bau durchschnittlich 40 Mark je Schicht, für das Wurm—, 
revier 3475 Bayern 36,00, Niederschlesien 3600 Sach— 
sen 36,00, Rheinisches Braunkohlengebiet 40,00 M. 
In den Lohnerhöhungen sämtlicher Reviere, ausschließ 
lich des Wurmrevieres, waren die Erhöhungen der so— 
zialen Zulagen, wie des Kindergeldes auf 6.50 und 
des Hausstandsgeldes auf 5,00 Mt. enthalten. Im 
Wurmrevier erfolgte die Erhöhung dieser Zulagen 
wußer halb der angegebenen 34775 Mk. 
Die Entwertung der deutschen Mark schritt aber 
weiter fort und damit auch die Steigerung der Teue— 
rung, sodaß die Bergarbeiterorganisationen zum Stel— 
len neuer Lohnforderungen gezwungen waren. Diese 
begegneten aber großen Schwierigkeiten, die einmal 
die Unternehmer machten und dann auch denen, die 
sich aus der geltenden Kohlen-Preisgestaltung ergaben. 
In langwierigen Verhandlungen der vier in der Ar— 
veitsgemeinschaft vereinigten Bergarbeiterverbände 
mit den Vertretern der Zechenbesiher war ein Ab 
kommen zustande gekommen, das eine Lohnerhöhung 
um 25,00 Mk. je Schicht ab 16. Juni vorsah, die zu 
15.00 Mek. aus einer zu bewilligenden Kohlenpreiscr⸗ 
höhung und zu 10,00 Mk. aus Rückvergütungen von 
Fohlensteuer von den während der Ueberstunden ge⸗· 
förderten Kohlen aufgebracht werden sollle. Dieses 
Abkommen sah nämlich auch das Verfahren von Ueber⸗ 
stunden, vor und zwar in der Weise, daß an vier 
Tagen in der Woche an die regelmäßige siebenstün— 
dige Arbeitszeit eine Ueberstunde angehängt werden 
sollte. Diese Ueberstunde sollte besonders vergütel 
werden, indem neben dem tariflichen Lohn noch ein 
Zuschlag auf diesen von 80 Prozent für die Ueber— 
stunde vorgesehen war. Die Üeberstunden erschienen 
notwendig wegen des empfindlichen Kohlenmangels 
in Teutschland, der die Einfuhr englischer Kohle not- 
wendig machte. Der Kohlenmangel Deutschlands hat 
seine Hauptursache in den Zwangslieferungen, die auf 
Grund des Versailler Vertrages an Frankreich Monot 
für Monat erfolgen. Sodann zeigt die Förderung 
des Ruhrgebietes eine rücklaufige Tendenz weil in— 
folge besserer Bezahlung anderer Berufsgruppen viele 
Taufend Bergarbeiter nach Angaben des Reichs- 
ministers Schmidt in diese besser bezahlten Berufe 
abwandern. Durch die Einfuhr englischer Kohle wan⸗ 
dern erhebliche Milliardenbeträge ins Ausland, die 
falls die Menge der eingeführten Kohlen durch Stei— 
gerung der deutschen Förderung infolge Verfahrens 
on. Ueberstunden ausgebrächt würde, für die Be—⸗ 
chaffung von Lebensmitteln und unentbehrlichen Roh 
toffen ans dem Ausland Verwendung finden könnten 
Die ausländische Kohle muß bei dem bestehenden Koh⸗ 
eninangel hereingelassen werden, sollen nicht Taufende 
Arbeiter anderer Berufe arbeitslos werden. Der Koh⸗ 
lenmangel ist nach Ansicht der Kenner der deutschen 
Wirtichaftwerhältniffe zunächft nur durch Verfahtung 
pon Ueberstunden zu beseitigen, wodurch die Einfuhr 
englischer Koble und der Milliardenabfluß überflüssig, 
owie die Gefahr des Arbeitsloswerdens Angehöriger 
inderer Berufe gebannt würde. 
Dieses Abkonmmen unterlog der Zustimmung der 
eiderseitigen Organisationen. Die vier Bergarbeiter⸗ 
erbände bielten am 11 Funi eine gemänign 6on. 
Segen liegt im treuen Streben, 
Und es sagt ein mild Gebot: 
Nicht nur nehmen, nein, auch geben 
Fordert auf des Bruders Not. 
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Zur Lage im Ruhrgebiet 
In dem vorhergehenden Artikel haben wir unseren 
Mitgliedern den Kampf der deutschen Bergleute, an 
deren Spitze die Ruhrbergleute marschieren, um die 
letzte Lohnerhöhung in seinen einzelnen Phasen ge— 
schildert. Wir konnten erkennen, daß es der zicelbe— 
wußten Arbeit unserer Gewerkvereinsleitung und den 
anderen Organisationen gelungen ist, obschon die 
Bergleute selbst an eine derartige Möglichkeit nicht mehr 
glaubten, ab 1. Juli eine weitereer hebliche Lohn— 
aufbesserung zu erzielen. Es wurde auch klar— 
gelegt, daß die Kohlennot Deutschlands dringend der 
Abhilfe bedarf und es dürfte jedem einsichtigen Berg— 
mann einleuchten, daß im ee des deutschen 
Bergbaues und der deutschen Bergarbeiter selbst die 
Verdrängung der englischen Kohle vom deutschen 
Markte angestrebt werden muß. Um der Verhetzung 
der Vergleute, durch das angestrebte Ueberstundenab— 
kommen sollte wieder der Achtstundentag im Bergbau 
unter Tage zur Einführung gebracht werden, zu be— 
gegnen, ist die Verabschiedung des Arbeitszeitge— 
setzes beschleunigt worden, das der Reichstag in 
seiner Sitzung vom 28. Juni in zweiter und dritter 
Lesung angenommen hat.. Durch dieses Gesetz wird, 
(vergl. Saar⸗Bergknappe Nr. 25) die in den Tarif— 
verträgen vereinbarte Arbeitszeit als gesetzliche 
Arbeitszeit vorgeschrieben. Im Ruhrgebiet ist die Ar— 
beitszeit unter Tage tariflich auf sieben Stunden 
festgesetzt, sodaß diese Arbeitszeit nunmehr als ge— 
setzliche gilt. Wenn also Ueberstunden wegen dem 
herrschenden Kohlenmangel und den großen Gefahren 
die die Einfuhr engl. Kohlen nach sich ziehen müssen, 
zwischen Arbeiterorganisationen und Zechenvertrekern 
vereinbart, werden, dann bedeutet solches absolut 
keine Gefahr für die Siebenstundenschicht, sondern ist 
es eine freiwillige Maßnahme der Beteiligten auf 
Grund der Erkenntnis, daß es kein anderes Mitte 
zur Zeit gibt, um der Kohlennot Dentschlands à 
steuern. 
Wir alle wissen nun, daß die politische Lage 
unseres deutschen Vaterlandes eine äußerst zugespitzie 
ist. Der grauenvolle Mord an Reichsminister Rathe— 
nau hat uns blitzlichtartig die großen Gefahren ge 
zeigt, in der sich die gegenwärtige Regierung und die 
junge deutsche Republik befindet. Mit dem Mute der 
Verzweiflung kämpfen die verantwortlichen Männer 
der deutschen Republik gegen die von allen Seiten 
anstürmenden Schwierigkeilen. Wir wissen, daß dief 
Schwierigkeiten ihre letzten Wurzeln in den Berséeil 
or Meartrage haben, der von Sok unb Wibeni 
Mögen schamlos andre handeln, 
Feind den hohen Zielen sein: 
Liebe kann die Welt nur wandeln 
Und aus Not und Bann befrei'n. 
Drum im eignen Wunsch bescheiden, 
Wieket christlich sozial, 
Und es ist die Welt der Leiden 
Bald nicht mehr ein Tränental. 
L. Kessing. 
—ä— —— 
Infolge dieser neuen Lage mußte ein vom Reichs 
arbeitsministerium eingesetzter Schlichtungsausschuf 
in Tötigkeit treten, der am 15. Juni in Berlin tagte 
uind unter dem Vorsitz des Staatskommissars Mehlick 
inen Schiedsspruch fällte. Dieser schlug eine durch 
cchnittliche Erhöhung der Tariflöhne um 35,00 Mk 
bor, in der Weise, daß ab 16. Juni die Löhne eine 
Erhöhung um 25,00 und ab 1. Juli um weitere 10,00 
Mk. durchschnittlich im Ruhrgebiet erfahren sollten 
Auch dieser Schiedsspruch wies auf die Notwendigkei 
einer Steigerung der Kohlenförderung im Sinne des 
Ueberstundenabkommens hin, von dessen Durchfüh 
uung die Kohlenpreiserhöhung und damit auch di— 
dohnerhöhung abhinge. 
Die Ruhrbergleute gaben sich aber auch mit diesem 
Ergebnis nicht zufrieden, weii die Teuerung uner 
wartet große Sprünge nach oben machte. Eine außer 
ordentliche Generalversammlung unseres Gewerkver 
eins für das Ruhrgebiet am 8. Juni in Gelsenkir 
hen, beschäftigte sich eingehend mu der neuen Voge 
Dieselbe verurteille das Verhalten der Unternehmer 
in der, Lohnfrage und der Frage des Manteltarifes 
und beauftragte die Gewerkvereinslettung. soforl 
neue Lohnverhandlungen anzubahnen und auf einen 
Abbau der Kohlenfteuer, damit Weittel zur weileren 
Lohnerhöhung frei würden, hinzuwirken. Das wilde 
eberschicktenwerfahren, das das Ansehen der Berg— 
leute und ihrer Organisationen schädige, wurde scharf 
derurteilt und der Leitung des Gewerkvereins die 
Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des 
Schiedsspruches oder der Vereinbarungen übertragen 
vas von großem Vertrauen der Gewerkvereinsfuͤnk 
tionäre zu ihrer Leitung zeugt. 
Die Gewerkvereinsleitung bemühte sich eifrig um 
reue Verhandlungen, die auch am 28. Junizu 
fandokamen VNn einer an diefem Tooe Gön
	        
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