und seine innere und äußere Verfassung ein neuer Wendepunkt ge⸗
worden. Zwar hatte dieser Fuͤrst unter forgfältiger Vermeidung des
Scheins das Wesen der Alleinherrschaft gewonnen und durch kluge
Verschmelzung der Interessen Aller 9 seine Macht glücklich zu behaup⸗
ten gewußt. Allein der Soldatenstand, nicht das Buͤrgerthum, bildete
den Stützpunkt des neuen Herrscherthums, und der Soldat hatte die
Wichtigkeit seiner Stellung?) eben so vollkommen begriffen wie die Herr⸗
scher nach Augustus ihre Abhängigkeit von demselben. Um in Rom
ungestört die letzten Trümmer der Freiheit niedertreten zu konnen, gab
Tiberius die Provinzen der Willkür der Soldaten und den Erprefsun⸗
gen der Beamten preiß. Die im 8. Jahre der Regierung des Tibe—
rius, im J. 21 n. Chr. ausgebrochenen Empörungen der Trevi⸗
rer unter Julius Florus und der Aeduer unter Julius Sacrovir,
von denen der erstere leicht, der letztere nur durch große Anstrengun⸗
gen unterdrückt werden konnte, waren durch grausame Bedrückungen
der Präsides, durch schutzloses Preißgegebensein an römische Wucherer
und durch die schonungslose Härte des römischen Gerichtsverfahrens
hervorgerufen worden. 2)
Die Gräuel eines Caligula 9 mögen unter der Regierung
des Claudius, der den Interessen unserer Provinz eine größere
Sorgfalt widmet, theilweise wieder vergütet worden seyn. So wird
wenigstens durch die Grundung der Veteranencolonie Colonia Agrip-
pina am Niederrhein —nach Chr. für die Folgezeit ein
wichtiges Bollwerk zum Schutze der Rheingränze gewonnen. Die
Gründung der Colonia Claudia Augusta zu Lyon gehört vielleicht
demselben Jahre an.
Die schamlose Regierung eines Ner o veranlaßt im J. 68 n.
Chr. in Gallien die Erhebung des Julius Vinder und durch diese die
Wahl und Anerkennung des Galba als Kaiser: ein Unternehmen,
das zwar den unmittelbar betheiligten Völkern einen theilweisen Ab⸗
9 Tacitus Ann. J. 2. ) Tacitus Ann. J. 31. 33. Dio Cass.
LVII. 5. 2) 8. Taeitus Ann. III. 40 C 46. Vellejus I. 129.
Der erstere berichtet mit historischer Treue die Wahrheit, der andere, wie maun's bei
Hofe gern hörte. ) Suetonius Calig. 89. 40. Dio Cass. LIX. 21. 22.
) Tacitus Ann. XII. 27.